Beziehungskisten

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Beziehungskisten
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Impressum

Konstanze Lunnee

Copyright: 2013 ©Konstanze Lunnee

Published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN: 978-3-8442-6181-3

Cover: Konstanze Lunnee

Das Schmuckstück

Seit fast fünf Jahren war Cecilie nun schon der gute Geist im weitläufigen alten Landhaus von Sir Geoffrey Winterfield inmitten der grünen Hügel von Wales. Er hatte sie nach dem schrecklichen Unfalltod seiner über alles geliebten Frau Claire engagiert.

Claire war mit dem Rover auf dem Rückweg von Cardiff gewesen und hatte ihn kurz vor der Rückfahrt noch von „Mary’s Bakery Paradise“ aus angerufen um ihm mitzuteilen, dass sie in etwa zwei Stunden zuhause sein würde. Der Anruf erfolgte gegen 17 Uhr und als sie um

21 Uhr noch nicht erschienen war hatte sich Sir Geoffrey große Sorgen gemacht und die örtliche Polizeidienststelle verständigt.

Zufällig hatte Officer Braxton Dienst, ein alter Freund der Familie. Er holte Sir Geoffrey ab und gemeinsam fuhren sie die Strecke Richtung Cardiff ab, von der sie wussten, dass Lady Claire sie, der schönen Landschaft wegen, gerne fuhr. Vielleicht war sie mit dem Wagen liegengeblieben oder hatte, wie des Öfteren, vergessen zu tanken.

Die Route war zwar sehr schön aber wenig befahren, außerdem war der Landstrich dünn besiedelt weshalb es hier noch kein ausgebautes Funknetz gab, demnach konnte man nicht mit dem Handy telefonieren.

Die beiden Männer fuhren mit gemäßigtem Tempo durch die hereinbrechende Nacht. Sir Geoffrey war äußerst angespannt und Officer Braxton versuchte vergeblich ihn zu beruhigen. Etwa auf halbem Weg Richtung Cardiff hatte man die Straße durch einen Felsen gesprengt und es hatte ab und zu kleinere Zwischenfälle wegen Steinschlags gegeben.

Im tastenden Licht der Scheinwerfer erschien weit vorne ein ziemlich großer Felsbrocken auf der Fahrbahn und als Officer Braxton den Wagen nach rechts lenkte um ihn zu umfahren, erfasste das Scheinwerferlicht den völlig zertrümmerten, auf dem Dach liegenden Wagen von Lady Claire. Eine Hand hing aus dem Fenster der Fahrerseite. Jede Hilfe kam zu spät.

Die erwachsene Tochter Violet, die eigentlich gerade ausziehen wollte und sich auch nicht besonders gut mit ihrem Vater verstand, hatte widerwillig beschlossen noch einige Zeit zu bleiben bis sie eine Haushälterin gefunden hatte.

Das ging glücklicherweise schneller als erwartet, denn Cecilie, eine entfernte Bekannte ihrer Mutter, bot von sich aus ihre Hilfe an.

Violet und sie verstanden sich gut und innerhalb eines Monats war Cecilie eingearbeitet.

Violet stellte ihren Vater vor vollendete Tatsachen und teilte ihm mit, dass Cecilie von nun an sein Haus führen und für ihn sorgen würde, packte ihre Koffer und flog nach Australien, wo sie einen Job als Chefsekretärin eines englischen Handelsunternehmens angenommen hatte.

Sir Geoffrey war alles egal, die Trauer umklammerte sein Herz, er dachte sogar daran seiner Frau in den Tod zu folgen.

Monate vergingen, es wurde Frühling.

Eines Morgens kam Sir Geoffrey, wie jeden Morgen, herunter um zu frühstücken. Die Terrassentür war weit geöffnet, frische Luft drang ins Haus und mischte sich mit dem Kaffeeduft, der aus der Küche herüberzog.

Leichtfüßig kam Cecilie durch die Küchentür, begrüßte ihn lächelnd und hielt ihn davon ab ins Esszimmer zu gehen; nein, heute hatte sie das Frühstück auf der Terrasse gerichtet.

Eher missmutig trat Sir Geoffrey hinaus und war überwältigt: Ein violettes Meer von Krokussen erwartete ihn, eingesäumt von breiten Bändern gelb und rot blühender Tulpen und im Hintergrund begrenzt von dichtem grünen Buschwerk. Die alten Kastanien- und Ahornbäume hatten ein zartes grünes Kleid angelegt, die Vögel zwitscherten in Heiratslaune.

Sir Geoffrey sank auf einen Stuhl und brach in Tränen aus, er konnte sie nicht zurückhalten. Aber mit den Tränen löste sich ein wenig die Starre, die sein Herz und seinen Geist gefangen gehalten hatte.

Cecilie ließ ihn in Ruhe und kam erst nach einigen Minuten mit dem Kaffee. Als er sich entschuldigen wollte meinte sie nur freundlich, dass ihm dieser emotionale Ausbruch sicher gut getan hätte.

Von diesem Tag an ging es Sir Geoffrey besser. Er lernte, die Anwesenheit und unaufdringliche Fürsorge von Cecilie zu schätzen, fast entstand so etwas wie Vertrauen und Freundschaft zwischen ihnen.

In den gesamten fünf Jahren änderte sich daran nichts. Cecilie wohnte nicht im Haus, sie kam morgens und ging abends.

Das Zimmer von Claire war noch genau so wie es zu ihren Lebzeiten gewesen war und Cecilie sorgte dafür, dass es nicht verstaubte. Wie jedes Jahr stellte sie auch diesmal wieder an Claire’s Todestag einen Strauß frischer Blumen aus dem Garten auf Claire’s Schminkkommode und ging dann wieder nach Hause, denn diesen Tag wollte Sir Geoffrey stets allein in Erinnerungen verbringen. Er ging dann in das Zimmer seiner verstorbenen Frau, betrachtete ihre Kleider und ihren Schmuck und dachte wehmütig daran zu welchen Gelegenheiten sie welches Kleid mit welchem Schmuck getragen hatte. Er blätterte in alten Alben in denen das Glück vergangener Tage festgehalten war und fühlte sich seiner Frau wieder ganz nah.

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