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Die Sonette auf Irene

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Die Sonette auf Irene
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I

 
Ich traf den Engel von der Mondkohorte
Am Friedhofstor. Er führte mich die Pfade.
Er badete in meinem Tränenbade
Die Trauerweide, die am Grabe dorrte.
 
 
Ihr toter Leib ist noch wie Sonnengnade.
Die Blumen spriessen hell in seinem Horte.
Aus seiner weit emporgerissnen Pforte
Treten Kamelie, Rose, Dalie, Rade.
 
 
Pflück eine Blume dir von ihrem Haupte,
Das so voll blonder Sonne war wie keines,
Das nur dem Licht und nur dem Lichten glaubte,
 
 
Und flüchte in die Einsamkeit des Haines,
Der euch so oft zu zweit dem Werktag raubte.
Und auf die Blume hin: dein Herz verwein es . . .
 

II

 
Ich habe nichts als diesen Wunsch: zu sterben
Und meinem Liebling ganz im Tod zu gleichen.
Dem Fergen lächelnd beide Hände reichen,
Dem Sanften hingegeben wie dem Herben.
 
 
Ich will mit Demut um die Seele werben,
Der keine noch so schönen Seelen gleichen.
Steht sie an Wolken, Türmen oder Teichen,
Will ich geduldig ihren Schatten erben.
 
 
Ich war voll Bosheit, Niederkeit und Schlangen,
Gewürm kroch durch des Hirnes schwarze Windung,
In meinem Dom geschwänzte Teufel sangen.
 
 
Verstoss mich nicht! Und prüfe meine Bindung!
Sahst du den Mörder auch am Galgen hangen:
Sein Herz ist rein von deiner Glutempfindung.
 

III

 
Und immer, wenn die Türe ging, du lauschtest,
Ob ich nicht käme. Und ich war so weit
Und wusste nichts von deinem letzten Leid,
Und dass du mit dem Tod schon Blicke tauschtest.
 
 
Wie eine Fledermaus im Dunkel rauschtest
Du zaubrisch zwischen Zeit und Ewigkeit.
Du schriest nach mir wie eine Eule schreit,
Und immer, wenn die Türe ging, du lauschtest . .
 
 
Die Totenglocke hat um eins gebimmelt.
Ich bin verschlafen aus dem Traum geschreckt.
Ich sah mein Haupt wie einen Pilz verschimmelt
 
 
Und meine Brust mit Messern ganz besteckt.
Mit Sternen war die Nacht wie nie behimmelt.
Ich schlief, bis mich ein Donnerschlag geweckt.
 

IV

 
Es war November. Draussen stob der Föhn.
Das Lob der Heimat schien dich zu beglücken.
Wir mussten näher aneinanderrücken,
Um Donau, Ill und Oberhaus zu sehn.
 
 
Und unsre Wangen streifen sich und wehn.
Blut klopft an Blut. Wir sehn in unsren Blicken
Erfüllung glänzen, lächeln, jubeln, nicken.
Und Lippe sank auf Lippe engelschön.
 
 
Nicht suchte Hand nach Hand. Es klang kein Wort.
Die Uhr im Zimmer tickte unverdrossen.
Und unsre Herzen schlugen fort und fort
 
 
Wie Wellen, die ins grosse Meer geflossen.
Du standest auf. Das Buch lag noch am Ort.
Leis hast du hinter dir die Tür geschlossen.