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Die mündliche Zivilrechtsprüfung im Assessorexamen

Die mündliche
Zivilrechtsprüfung im
Assessorexamen

14 Prüfungsgespräche

von

Julia Thürling Richterin am Amtsgericht, Berlin

und

Robert Pragst RiAG a.w.a.Ri., Berlin

2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage


www.cfmueller.de

Die mündliche Zivilrechtsprüfung im Assessorexamen › Autor

Julia Thürling ist seit Anfang 2015 Richterin in Berlin. Beide Staatsprüfungen bestand sie mit der Note „gut“; das Zweite Staatsexamen schloss sie als Beste ihrer Prüfungskampagne der Länder Berlin und Brandenburg ab.

Robert Pragst war lange Jahre Prüfer im Mündlichen Zweiten Staatsexamen. Er ist Referendararbeitsgemeinschaftsleiter seit mehr als 10 Jahren. Am Amtsgericht Lichtenberg ist er als weiter aufsichtsführender Richter u. a. für die Aus- und Fortbildung zuständig. Zum Thema Berufseinstieg für Staatsanwälte bzw. Richter hat er die Bücher „Verurteilt“ und „Auf Bewährung“ geschrieben.

Impressum

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-8114-8712-3

E-Mail: kundenservice@cfmueller.de

Telefon: +49 6221/1859-599

Telefax: +49 6221/1859-598

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Vorwort

Vorwort

Das vorliegende Buch enthält 14 Prüfungsgespräche aus dem Bereich des Zivilrechts, die eine mündliche Prüfung realitätsnah simulieren, allerdings mit der Besonderheit, dass der fiktive Kandidat sich häufig durch überdurchschnittlich gute Antworten auszeichnet. Dies ist allein didaktischen Erwägungen geschuldet. Der fiktive Kandidat ist jedoch keineswegs allwissend. Ist er unsicher oder auf der falschen Fährte, gibt der Prüfer Hilfestellungen – so wie in der tatsächlichen mündlichen Prüfung. Die weit überwiegende Zahl der Prüfer wird den Prüflingen in der Realität sehr wohlwollend gegenübertreten.

Die Gespräche vermitteln vor allem einen Eindruck von typischen Gesprächssituationen. In der Praxis können Prüfungsgespräche im Einzelfall ganz unterschiedlich verlaufen, je nach den persönlichen Vorlieben des Prüfers. Im Regelfall wird jedoch zum Einstieg ein Fall geschildert, der dem Prüfer zum Beispiel in seiner Praxis oder beim Korrigieren von Klausuren aus der aktuellen Kampagne begegnet ist (erkundigen Sie sich deshalb bei Kollegen, welche Themen in den Examensklausuren behandelt wurden, als Sie in Ihrer Wahlstation waren). Im Laufe des Gesprächs wird dann der Fall weiter entwickelt oder abgewandelt. Aus dem Gespräch ergeben sich häufig weitere Fragen des Prüfers.

Deshalb dienen die Gespräche nicht primär der Wissensvermittlung, solide Grundkenntnisse werden vielmehr vorausgesetzt. Ein erwünschter Nebeneffekt ist jedoch die Wiederholung und Vertiefung von Wissen; vielleicht werden Sie angeregt, sich mit bestimmten Themen noch einmal auseinander zu setzen. Der optimale Zeitpunkt zum Durcharbeiten des Buches ist deshalb die direkte Vorbereitung auf die schriftliche oder mündliche Prüfung, wenn Sie sich auf Ihrem „Wissenshöhepunkt“ befinden.

Die Gespräche decken die – aus Sicht der Autoren – wichtigsten Themen aus den Bereichen des materiellen Rechts und des Prozessrechts ab, die in mündlichen Prüfungen im Zweiten Staatsexamen immer wieder vorkommen. Die Themen wurden dabei nach Examensrelevanz ausgesucht, d.h. es ist gewollt, dass manche Themen mehrfach auftauchen und andere fast gänzlich ausgespart werden, wie etwa Sachenrecht und Zwangsvollstreckungsrecht. Fälle aus diesen Rechtsgebieten beinhalten regelmäßig komplexe Sachverhalte, die sich nicht für eine mündliche Prüfung eignen.

Die Fälle behandeln zum Teil Probleme aus der jüngeren Rechtsprechung bzw. Literatur und zum Teil klassische, immer wiederkehrende juristische Fragestellungen. Alle Fälle sind so gewählt, dass juristisches Argumentationsvermögen, Methodik und solide Grundlagenkenntnis geprüft werden können. Jedes der Prüfungsgespräche enthält sowohl leichtere als auch schwierigere Fragen. Letztere sind oftmals daran zu erkennen, dass auch unser fiktiver Kandidat nicht weiter weiß und der Prüfer Hilfestellungen gibt.

Das Buch kann auf zwei Arten durchgearbeitet werden:


In einer privaten Lerngruppe werden die Gespräche simuliert, wobei jeder mal die Rolle des Prüfers und die des Kandidaten einnimmt. Alternative Lösungen können hier direkt gemeinsam diskutiert werden.
Wer lieber allein lernt, dem sei geraten, zunächst die Antworten abzudecken und selbst zu versuchen, die Fragen zu beantworten. Dies ist wesentlich effektiver, als direkt die Antworten zu lesen.

Die Fälle bauen in gewisser Weise aufeinander auf. Fragen aus früheren Gesprächen tauchen in späteren Fällen nicht mehr auf, auch wenn sie sich thematisch angeboten hätten. Deswegen wird empfohlen, die Gespräche möglichst der Reihe nach durchzuarbeiten. Es ist aber auch möglich, zielgerichtet einen Fall zu einem bestimmten Thema herauszugreifen, da die einzelnen Fälle selbstständig und in sich geschlossen sind.

Wenn Sie bei bestimmten Themen noch Unsicherheiten zeigen, sollten Sie die Vertiefungshinweise zur Nacharbeit nutzen. In jedem Fall sollten Sie genannte Rechtsnormen aufschlagen und lesen. Zur Vertiefung sind vor allem Aufsätze angeführt, da diese in ihrer komprimierten Form bestens zur schnellen Wiederholung eines Themas geeignet sind und eine abwechslungsreiche Alternative zum klassischen Lehrbuch darstellen.

Berlin, im Februar 2021

Julia Thürling

Robert Pragst

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Fall 1 Die verlorene Handtasche

Fall 2 „Feindliches Grün“

Fall 3 Der australische Zwillingsbruder

Fall 4 Der Vorschaden

Fall 5 Der schnelle Prozess

Fall 6 Kein Parkett für flotte Sohlen

Fall 7 Schlüsselerlebnis

Fall 8 Kein Anschluss unter dieser Nummer

Fall 9 Angebot ohne Nachfrage

Fall 10 Werkvertragliche Leistungskette

Fall 11 Hundeelend

Fall 12 Doppelte Enttäuschung

Fall 13 Aus für den Hundesalon?

Fall 14 Wo ist der Grabstein?

Fall 1 Die verlorene Handtasche

Fall 1 Die verlorene Handtasche


Materielles Recht: Gesetzliche Schuldverhältnisse (Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, Fund, Deliktsrecht, Anwartschaftsrecht, Haftungsmaßstab)
Prozessrecht: Streitgenossenschaft, Zuständigkeit, prozesstaktische Erwägungen aus Klägersicht


Prüfer: Sie sind zugelassener Rechtsanwalt. Wimmer betritt aufgeregt ihre Kanzleiräume anlässlich einer Erstberatung und berichtet von folgendem Vorgang: Vor drei Monaten hatte er im Gesundbrunnen-Center in Berlin-Wedding in der Tiefgarage geparkt. Im Erdgeschoss kaufte er sich bei der „Asia-Imbiss-GmbH“ etwas zu essen, bezahlte und ließ dabei seine schwarze Handtasche am Tresen liegen. Darin befand sich neben dem Personalausweis sein iPhone, dass er vor zwei Jahren neu für 600 € von der Deutschen Telekom AG unter Eigentumsvorbehalt erworben hatte. Von den 36 Monatsraten sind noch 12 Raten offen. 5 Minuten nach Verlassen des Imbiss bemerkte Herr Wimmer in der Tiefgarage das Fehlen der Tasche und erinnerte sich sofort daran, dass er sie auf dem Tresen liegen gelassen hatte. Er eilte sofort zurück. Die Angestellte Frau Ming erklärte ihm auf Nachfrage, dass sie die Tasche gefunden und dann hochgehalten habe. Dabei habe sie gefragt, wem die Tasche gehöre. Zwei Frauen hätten sich daraufhin gemeldet, die Tasche genommen und seien verschwunden. Herr Wimmer holte einen Polizeibeamten, demgegenüber Frau Ming ihre Aussage wiederholte. Konkrete Einzelheiten zum Aussehen der Frauen konnte sie nicht machen. Nachdem das Strafverfahren gegen die unbekannten Frauen und gegen Frau Ming (Letzteres mangels Vorsatz) eingestellt wurden, begab sich Herr Wimmer in den Asia-Imbiss und verlangte von Frau Ming Schadensersatz. Diese stritt nunmehr ab, eine Handtasche gefunden zu haben. Herr Wimmer ist von Frau Ming (die im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Charlottenburg wohnt) schwer enttäuscht und findet, dass sie Schadenersatz leisten müsste. Er wünscht erstmal nur eine umfassende Beratung bzgl. des weiteren Vorgehens. Das Gesundbrunnen-Center befindet sich im Sprengel des Amtsgerichts Wedding. Wie gehen Sie den Fall an?
Kandidat 1: Zunächst ist das Mandantenziel zu ermitteln. Dabei sind nicht nur Schadensersatzansprüche gegen Frau Ming sondern auch solche gegen die „Asia-Imbiss“ GmbH zu prüfen. Der Mandant ist zwar insbesondere über Frau Ming verärgert, hat jedoch Ansprüche gegen die GmbH nicht ausgeschlossen.
Prüfer:
Kandidat 2: Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die GmbH könnte insbesondere den wirtschaftlichen Vorteil bieten, dass diese Ansprüche eher realisiert werden können, als gegen eine einfache Angestellte, deren Einkommen die Pfändungsfreigrenzen nicht überschreitet.
Prüfer:
Kandidat 3: Es könnte ein deliktischer Anspruch bestehen …
Prüfer:
Kandidat 3: Ein vertraglicher Anspruch gegen Frau Ming dürfte ausscheiden, da Herr Wimmer lediglich ein Bewirtungsvertrag mit der „Asia-Imbiss“ GmbH geschlossen hat. Der Arbeitsvertrag von Frau Ming dürfte keinen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der jeweiligen Kunden darstellen, zumal diese eigene vertragliche Ansprüche gegen die GmbH haben können. Auch Ansprüche aus Vertrauenstatbeständen sind nicht ersichtlich.
Prüfer: Das stimmt. Wie sieht es mit gesetzlichen Ansprüchen aus?
Kandidat 4: Hier wäre nun ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu prüfen …
Prüfer: Sehen Sie noch speziellere Schuldverhältnisse, die vorrangig geprüft werde könnten?
Kandidat 4: Es könnte über einen Anspruch aus §§ 989, 990 BGB nachgedacht werden. Ein solcher Anspruch dürfte mangels Vorliegen eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ebenfalls ausscheiden. Die Angestellte Frau Ming stellt lediglich eine Besitzdienerin gemäß § 855 BGB dar. Als Besitzer kommt somit nur die GmbH in Betracht.
Prüfer: Sehr gut. Kommt noch ein weiteres gesetzliches Schuldverhältnis in Betracht? Frau Ming hat die Tasche doch irgendwie „gefunden“.
Kandidat 1: Vielleicht das Fundverhältnis nach §§ 965 ff. BGB?
Prüfer: Sehr richtig. Und?
Kandidat 1: Ansprüche aus §§ 965 ff. i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB scheiden ebenfalls aus, da kein gesetzliches Fundverhältnis entstanden ist. Die Handtasche war nicht herrenlos. Hinsichtlich der Gewahrsamsverhältnisse ist auf die tatsächliche Sachherrschaft nach den Anschauungen des täglichen Lebens abzustellen. Danach war der Imbissinhaber (Asia GmbH) mit seinem generellen Herrschaftswillen oder sogar noch Herr Wimmer, der sich nur kurz entfernt hatte und dem der Ort der Handtasche sogleich erinnerlich war, Gewahrsamsinhaber.
Prüfer: Das sehe ich ganz genauso. Bleibt also der § 823 Abs. 1 BGB. Besteht denn danach ein Anspruch gegen Frau Ming?
Kandidat 2: Als sonstiges Recht ist das Anwartschaftsrecht an dem iPhone im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB allgemein anerkannt. Mit der Herausgabe an die unbekannten Frauen dürfte Frau Ming eine zurechenbare rechtswidrige Ursache für den Schaden gesetzt haben. Zwar bestreitet sie den Vorwurf, jedoch dürfte im Rahmen der Beweisprognose der Polizeibeamte als neutraler Zeuge eine Überzeugung beim Gericht vermitteln können. Das Handeln dürfte fahrlässig und damit schuldhaft erfolgt sein. Irgendeine Art Legitimationsprüfung hätte durchgeführt werden müssen.
Prüfer:
Kandidat 4: Zwar liegt kein Fundverhältnis vor. Aufgrund der altruistischen Handlungsweise der Frau Ming könnte jedoch der gemilderte Haftungsmaßstab des § 968 BGB für den „Scheinfinder“ analog geltend.
Prüfer: Sehr guter Einfall. Was versteht man denn unter grober Fahrlässigkeit?
Wenn Sorgfaltspflichten verletzt werden, die jedermann einleuchten müssen.
Prüfer: Und liegt grobe Fahrlässigkeit vor?
Kandidat 3: Irgendeine Art Legitimationsprüfung durchzuführen und dazu mal nach dem Inhalt der Tasche zu fragen, muss jedem einleuchten.
Prüfer: Gut. Könnte dem Anspruch sonst noch etwas entgegenstehen?
Kandidat 1: Es steht auch ein Mitverschulden des Herrn Wimmer gem. § 254 BGB im Raum, der durch das Liegenlassen eine Mitursache gesetzt hat.
Prüfer: Und würden Sie den Anspruch kürzen?
Kandidat 1: Vielleicht um 50 %?
Prüfer: Halte ich für gut vertretbar. Wie sieht es denn mit Ansprüchen gegen die Asia GmbH aus?
Kandidat 2: Ein vertraglicher Anspruch dürfte sich aus dem Bewirtungsvertrag als gemischten Vertrag mit Schwerpunkt im Werklieferungsvertrag gem. §§ 241, 651a, 280 Abs. 1 BGB wegen Nebenpflichtverletzung ergeben. Zumindest beim Auffinden entstehen besondere Obhutspflichten.
Prüfer: Gut vertretbar. Kommen noch weitere Anspruchsgrundlagen in Betracht?
Kandidat 2: Darüber hinaus kommt ein Anspruch aus § 831 BGB wegen fehlender Belehrung der Verrichtungsgehilfin in Betracht.
Prüfer: Gut, dann gibt es also nach unserer Lösung gegen Frau Ming und die Asia GmbH Ansprüche. Bei Frau Ming ist vielleicht wirtschaftlich nichts zu holen und möglicherweise ist der Anspruch ihr gegenüber nach Ansicht des zuständigen Gerichts analog § 968 BGB ausgeschlossen. Das Gericht kann das mit der groben Fahrlässigkeit schließlich auch anders beurteilen. Beide Ansprüche könnten gem. § 254 BGB hälftig zu kürzen sein. Welche Schritte leiten Sie ein?
Kandidat 3: Es sollte aufgrund der wirtschaftlichen Prognose in jedem Falle die Asia-Imbiss GmbH verklagt werden. Ein Abzug von Mitverschulden sollte nicht erfolgen, da insofern gute Chancen bestehen, dass das Gericht keine Kürzung gem. § 254 BGB vornimmt.
Prüfer: Finde ich vom Ausgangspunkt her richtig. Ob und inwieweit das Gericht eine Kürzung vornimmt, kann letztlich nicht genau vorausgesagt werden. Der Mandant kann über das Kostenrisiko bei höherem Streitwert und einer drohenden Verlustquote belehrt werden. Aber sollte nicht auch Frau Ming verklagt werden?
Kandidat 4: Ja. Es könnte zwar zu einer Klageabweisung wegen § 968 BGB analog kommen. Auch ist insofern die wirtschaftliche Realisierung der Forderung fraglich und es entstehen weitere Kostenrisiken, insbesondere wenn sie einen weiteren Rechtsanwalt mandatiert. Jedoch können beide Beklagte beim Amtsgericht Wedding im Gerichtsstand des § 32 ZPO verklagt werden. Vertragliche Ansprüche sind aufgrund des einheitlichen Streitgegenstandes insofern mit zu prüfen. Das ergibt sich aus § 17 Abs. 2 S. 1 GVG. Daher entstehen die Gerichtsgebühren auf Klägerseite nur einmal und es kommt nicht zu einer Erhöhung des Gebührenstreitwertes.
Prüfer: Die Klage gegen beide als Gesamtschuldner scheint tatsächlich der beste Weg zu sein. Sieht jemand noch einen weiteren Vorteil?
Kandidat 4: Außerdem kann so verhindert werden, dass Frau Ming als Zeugin im Prozess mit der GmbH aussagt, wodurch sich die Prozessrisiken bzgl. der Beweisaufnahme verbessern könnten. Daher stellt die Klage gegen beide Beklagte den deutlich sicheren Weg dar. Das leicht erhöhte Prozesskostenrisiko muss demgegenüber zurücktreten.
Prüfer: Das lässt sich hören. Letzte FrageVon den Raten an die Telekom AG sind erst 2/3 gezahlt. Kann der Mandant trotzdem den gesamten Schaden einklagen?
Kandidat 1:
Prüfer: Das ist sehr gut vertretbar. Angenommen, die Rechtslage ist in diesem Punkt unklar. Vielleicht muss auch die Telekom AG klagen oder Leistung an die Telekom AG verlangt werden. Was könnte dem Mandanten geraten werden?
Kandidat 2: Er könnte sich den Anspruch der Telekom AG vorsorglich abtreten lassen.
Prüfer:


Vertiefungshinweise
EBV beim Besitzdiener: BGHZ 8, 130 – Platzanweiserin im Kino
Haftungsmaßstab beim „Scheinfinder“: LG Frankfurt NJW 1956, 873 f.; Oechsler in Mü/Ko, 8. Aufl., 2020, § 968 Rn. 2
Gewahrsamsverhältnisse im Einkaufscenter: KG Berlin NJW-RR 2007, 239–241