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2. Pläne in der Bauleitplanung

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Die Bauleitplanung soll 2-stufig erfolgen; dies regelt § 1 Abs. 2 BauGB:


FlächennutzungsplanVorbereitende Bauleitplanung
BebauungsplanVerbindliche Bauleitplanung



Abb. 12: Auszug aus dem Flächennutzungsplan der Stadt Karlsruhe und der dazu gehörenden Zeichenerklärung zur Art der Nutzung. Die Flächennutzungsplanung soll die künftige Bodennutzung steuern. Aus diesen Grundfestlegungen soll dann der konkrete Bebauungsplan entwickelt werden.


Abb. 13: Auszug aus einem Bebauungsplan mit konkreten Festsetzungen.

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FlächennutzungsplanBebauungsplan
Geregelt in §§ 5 bis 7 BauGBGeregelt in §§ 8 bis 10 BauGB
Darstellung der voraussichtlichen Bedürfnisse der Gemeinden in Grundzügen (Grundkonzeption der Gemeinde).Konkretisiert die Vorstellungen der Gemeinde.
Bindet zunächst die Verwaltung (interne Bindung und Anpassungspflicht anderer Planungsträger), nicht aber den Bürger.Besonderheit: Sachliche Teilnutzungspläne binden indes auch den Bürger, vgl. z. B. § 5 Abs. 2b, § 35 Abs. 3 Satz 3 und § 249 BauGBBindet die Verwaltung und die Bürgerschaft (rechtsverbindliche Festsetzungen).
Sprachlich: DarstellungenSprachlich: Festsetzungen
Inhaltliche Darstellungsmöglichkeiten: § 5 Abs. 2 BauGB – nicht abschließendInhaltliche Festsetzungsmöglichkeiten: § 9 Abs. 1 (städtebauliche Festsetzungen), §§ 1a bis 4 (andere Festsetzungsmöglichkeiten) BauGB
Rechtsqualität überwiegend als „Plan eigener Art“ angesehen.Rechtsqualität: Satzung, vgl. § 10 BauGB.
Bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, vgl. § 6 Abs. 1 BauGB.Bedarf nur in bestimmten Fällen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, vgl. § 10 Abs. 2 BauGB.

3. Die drei Bereiche

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Im Dritten Teil des BauGB handelt der Erste Abschnitt von der Zulässigkeit von Vorhaben. Diese Vorschriften (§§ 29 bis 38 BauGB) sind zentral für jede Planung, da sie die „Weichenstellung“ in bauplanungsrechtlicher Hinsicht geben.

Jeder Planer muss sich beim Einstieg in seine Planung eine Übersicht darüber verschaffen, welches Gebiet im Sinne des Baugesetzbuches vorliegt. Hier bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten:

– es liegt ein Bebauungsplan vor (vgl. vor allem § 30 BauGB, aber auch § 13a BauGB),

– es liegt kein Bebauungsplan vor, aber die tatsächliche Situation vor Ort gibt einen „Eindruck der Geschlossenheit“ („unbeplanter Innenbereich“, vgl. § 34 BauGB) oder

– es liegt kein Bebauungsplan vor und der „Eindruck der Geschlossenheit“ ist auch nicht gegeben („Außenbereich“, vgl. § 35 BauGB)

Besonderheiten gibt es im Bereich der Bebauungspläne, die bestimmte gesetzliche Vorgaben nicht erfüllen (vgl. § 30 Abs. 3 BauGB, „einfacher Bebauungsplan“).

a) Bebauungsplan

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Zum Einstieg einer jeden Planung ist zu prüfen, ob ein Bebauungsplan vorliegt. Auskünfte dazu kann die Gemeinde oder die Genehmigungsbehörde geben. Sollte ein Bebauungsplan für die Fläche, die als Baugrundstück gewählt wird, vorliegen, muss näherer Einblick in den Plan genommen werden.

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Ein Bebauungsplan, der mindestens folgende Angaben enthält:

– Art und Maß der baulichen Nutzung,

– überbaubare Grundstücksflächen,

– örtliche Verkehrsflächen,

ist ein sog. qualifizierter Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB. Die Planung muss sich an die im Bebauungsplan vorgegebenen Festsetzungen halten, um genehmigungsfähig zu sein.

Enthält ein Bebauungsplan Teile der zuvor genannten Festsetzungen nicht, ist er rechtlich als sog. einfacher Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 BauGB zu behandeln. Angaben, die der Entwurfsverfasser benötigt, ergeben sich ggf. ergänzend aus weiteren Vorschriften, nämlich aus den §§ 34 oder 35 BauGB. Abhängig für die Ergänzung ist die tatsächliche Situation vor Ort: Wie sieht es dort aktuell aus und gibt es bereits eine prägende Bebauung (dann § 34 BauGB) oder nicht (dann § 35 BauGB)?

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Als weitere Möglichkeit kennt § 30 BauGB den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der nach §§ 12, 30 Abs. 2 BauGB zu beurteilen ist. Dabei handelt es sich um Planungen, die in enger Abstimmung mit einer Gemeinde „maßgeschneidert“ für ein spezielles Vorhaben geplant werden.

Beispiel:

Ein Investor plant einen Supermarkt. Hinsichtlich der Größe und weiterer Details hat der Investor seine Vorstellungen, aber auch die Gemeinde möchte aus städtebaulichen Gründen Vorgaben machen. Hierzu gibt der Gesetzgeber die Möglichkeit einer zwischen beiden abgestimmten Planung, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums umgesetzt werden muss.

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Relativ neu ist die Möglichkeit für einen Bebauungsplan, der nicht in § 30 BauGB, sondern in § 13a und § 13b BauGB geregelt ist. Systematisch befinden sich die rechtlichen Vorgaben im Ersten Teil und dort im Vierten Ab schnitt des BauGB (§§ 11 bis 13b). In diesem Abschnitt geht es auch um die Durchführung von Verfahren. Beim Bebauungsplan nach § 13a BauGB, dem sog. Bebauungsplan der Innenentwicklung (s. a. Rn. 71), spielen Besonderheiten zur Aufstellung des Plans eine wichtige Rolle. Es geht im Bebauungsplan der Innenentwicklung vor allem um Flächen, die schon einmal genutzt wurden, oder um solche Flächen, die sich aus dem Ziel der Flächenschonung zur Bebauung aufdrängen könnten. Außerdem gibt es Erleichterungen bezüglich des Umweltschutzes. Jedoch ist das Thema Artenschutz – wie bei jeder Bauleitplanung – auch im Fall des § 13a BauGB zu prüfen.

Der Bebauungsplan der Innenentwicklung ist vorgesehen für:

– Wiedernutzbarmachung von Flächen (z. B. Konversionsflächen, die frei wurden).

– Nachverdichtung (z. B. Bauen in zweiter Reihe) sowie

– sonstige Maßnahmen der Innenentwicklung (z. B. bei einer Fläche, die von mehreren Seiten bereits bebaut ist und sich für eine Bebauung innerörtlich gut eignet).

Durch die Regelung des (zunächst bis Ende 2019 geltenden) § 13b BauGB sollen Außenbereichsflächen der Wohnbebauung zugeführt werden können, wenn sich an diese bisher freien Flächen der Innenbereich anschließt.

Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit in § 9 Abs. 2a BauGB, wonach für Flächen im Innenbereich, also im Fall des § 34 BauGB, ein Bebauungsplan zur Sicherung der verbrauchernahen Versorgung ermöglicht werden soll.

b) Innenbereich

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Liegt kein (oder nur ein einfacher) Bebauungsplan vor, muss eine Bestandsaufnahme der baulichen Anlagen vor Ort erfolgen. Haben wir aber die Situation „eines im Zusammenhang“ bebauten Ortsteils, ist § 34 BauGB anzuwenden.

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In der Praxis ist die eindeutige Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich oftmals schwierig. Liegt das zu bebauende Grundstück schon im Innenbereich oder noch im Außenbereich? Notwendig ist daher, sich eine genaue Vor-Ort-Kenntnis zu verschaffen.


Abb. 14: Beispiel aus einer tatsächlich vorhandenen Situation einer Bebauung (gelbe Farbe) in einer Gemeinde: Links im Bild der Innenbereich, rechts der Außenbereich. Die Abgrenzung Innen- zu Außenbereich orientiert sich an der grün eingezeichneten Linie. Die Grenze läuft an der Außenwand der vorhandenen Bebauung und ist insoweit nicht grundstücksbezogen.

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Bei der Frage der Zulässigkeit der Planung im Innenbereich bildet das Kriterium des „Sich-Einfügens“ den Einstieg (der Begriff stammt aus der für den Innenbereich zentralen Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB). Das geplante Vorhaben muss sich nach der Art (also der Nutzung) und dem Maß (also der Größe) innerhalb des Rahmens der vorhandenen Bebauung halten. Gestalterische Kriterien wie beispielsweise die Dachform spielen beim Einfügen keine Rolle.

Beispiel:

Maß der baulichen Nutzung: Ein eingeschossiges Wohnhaus fügt sich in eine Umgebung, die ausschließlich durch Hochhäuser mit Wohnnutzung geprägt ist, nicht ein; es wirkt als städtebaulicher Störfaktor.

Art der baulichen Nutzung: Die Umgebung ist ausschließlich durch Wohngebäude geprägt. Ein Gewerbebetrieb, der z. B. Lärm verursacht, ist als Nutzung nicht zulässig.

c) Außenbereich

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Die nicht bebauten Flächen in größerem Umfang stellen den Außenbereich dar. Nach § 35 BauGB, der Regelung zum Außenbereich im Baugesetzbuch, sollen entsprechende Flächen möglichst nicht bebaut werden. Andererseits gibt es Vorhaben, die auf den Außenbereich angewiesen sind. Das kann damit zusammenhängen, dass viel Fläche benötigt wird (z. B. für die Landwirtschaft) und/oder dass es Störpotenziale für die Allgemeinheit geben könnte (Beispiel: Abfallbehandlungsanlage).

Andere bauliche Anlagen sind möglichst nicht im Außenbereich zu realisieren.

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Der Gesetzgeber unterscheidet die Außenbereichsvorhaben in zwei Gruppen:

– die privilegierten Vorhaben, § 35 Abs. 1 BauGB, und

– die nicht privilegierten Vorhaben (Gesetzestext: „sonstige Vorhaben“), § 35 Abs. 2 BauGB.

Die „klassischen Beispiele“ für privilegierte Vorhaben im Außenbereich sind solche für die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung, vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (dazu auch § 201 BauGB, in dem der Begriff der Landwirtschaft i. S. d. Baurechts definiert ist).


Abb. 15: Beispiel für landwirtschaftliche Nutzung.

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Weiterhin gibt es Regelungen zur Frage einer Folgenutzung von baulichen Anlagen. Hier spielt § 35 Abs. 4 BauGB eine zentrale Rolle. Das kann z. B. im Rahmen des Strukturwandels der Landwirtschaft wichtig sein, wenn bauliche Anlagen vorhanden sind, nun aber keine Landwirtschaft mehr betrieben wird.

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Einzelheiten zu den drei hier allgemein beschriebenen Themenbereichen Bebauungsplan, Innen- und Außenbereich enthalten die folgenden Abschnitte.

4. Erschließung

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Für eine Erschließung im Bereich eines Bebauungsplans, des Innen- oder Außenbereichs (vgl. §§ 30 Abs. 1, 34 Abs. 1 und 35 Abs. 1 BauGB) ist dessen „Sicherung“ nötig, so der Gesetzestext. Hintergrund ist, dass Erreichbarkeit und Nutzung des Gebäudes gewährleistet werden und keine Störungen für die Nutzer oder die Allgemeinheit entstehen.

Erforderlich in diesem Sinne ist für das Bauvorhaben:

– Ein Anschluss an das öffentliche Straßennetz (bei Wohngrundstücken sind auch eine Beleuchtung und grundsätzlich auch ein Gehweg nötig) und

– ein Anschluss an die öffentlichen Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen (mindestens Wasser und Abwasser).


Abb. 16: Erschließung; falls diese nur über andere Grundstücke möglich ist, muss dies öffentlich-rechtlich abgesichert sein (s. im Beispiel Flurstücknummer 8/2), etwa durch eine Baulast, die der Eigentümer des Grundstücks mit der Flurstücknummer 6/2 zugunsten des Grundstücks 8/2 übernimmt. Eine andere Möglichkeit wäre die (dauerhafte) privatrechtliche Sicherung z. B. durch eine Übernahme einer Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB).

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Die Erschließung ist grundsätzlich Aufgabe der Gemeinde. Allgemein, d. h. über die zuvor beschriebene Notwendigkeit hinaus, wird das Thema Erschließung samt Kostenregelungen in den §§ 123 bis 126 BauGB geregelt.

Die hier angesprochene Erschließung im Sinne des Bauplanungsrechts erfordert, dass sie bis an die Grundstücksgrenze reicht. Ist das nicht der Fall – wie im Beispiel für das Grundstück mit der Flurstücknummer 8/2, das nicht direkt an eine öffentliche Straße angrenzt –, muss eine öffentlich-rechtliche Sicherung vorgenommen werden. Denkbar ist aber auch eine Sicherung im Sinne des Privatrechts, die dauerhaft und grundbuchmäßig vollzogen wird (z. B. über eine Grunddienstbarkeit nach den Regelungen des BGB). Ein sog. „Notwegerecht“ reicht etwa für die Zufahrt zu dem nicht an der öffentlichen Straße liegenden Grundstück 8/2 jedoch nicht aus.

Eine öffentlich-rechtliche Sicherung kann etwa durch Übernahme einer Baulast erfolgen (dies kann landesrechtlich geregelt werden, z. B. § 71 LBO).

II. Der Bebauungsplan

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Der Bebauungsplan ist ein Mittel der Gemeinden, um rechtsverbindlich die städtebauliche Ordnung festzulegen. So kann die Gemeinde mit einem Bebauungsplan bestimmen, welche Art der baulichen Nutzung (beispielsweise Wohngebäude oder Gewerbebetriebe) und welches Maß der baulichen Nutzung (beispielsweise Grundfläche und Anzahl der Geschosse) auf einer bestimmten Fläche zulässig sein sollen.

Während Flächennutzungspläne das gesamte Gemeindegebiet erfassen, betrifft ein Bebauungsplan in der Regel nur einen (kleineren) Teil des Gemeindegebiets. Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). D. h., der Bebauungsplan muss grundsätzlich den Vorgaben des Flächennutzungsplans entsprechen und setzt dessen Vorgaben durch konkrete und detaillierte Festsetzungen um (Besonderheiten gibt es beim Bebauungsplan der Innenentwicklung, wo ggf. der Flächennutzungsplan nach der Aufstellung des Bebauungsplans zu berichtigen ist, vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB; ebenso für den zunächst bis 2019 befristet geltenden § 13b BauGB). Ein Bebauungsplan setzt sich aus einem zeichnerischen und einem textlichen Teil zusammen. Außerdem muss einem Bebauungsplan stets eine Begründung beigefügt werden (§ 9 Abs. 8 BauGB). Diese Begründung erläutert die mit dem Bebauungsplan verfolgten Ziele, Zwecke und Auswirkungen und dient insoweit auch als „Interpretationshilfe“ des Bebauungsplans.

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Für Architekten und Bauingenieure sind Kenntnisse von Bebauungsplänen gleich in 2-facher Hinsicht von ganz wesentlicher Bedeutung: Zum einen sind es zumeist Architekten und Städteplaner, die die Bebauungspläne entwerfen. Zum anderen sind für einen Planer detaillierte Kenntnisse des Bebauungsplans unerlässlich, wenn er/sie im Geltungsbereich eines solchen Bebauungsplans ein Gebäude konzipieren soll.

1. Grundzüge des Verfahrens zur Aufstellung der Bauleitpläne

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Fall:

Der Bürgermeister einer Gemeinde wendet sich an ein Büro für Stadtplaner und Architekten mit dem Auftrag, einen Bebauungsplan für ein allgemeines Wohngebiet im innerörtlichen Bereich der Gemeinde zu konzipieren. Die zu überplanende Fläche beträgt 5000 m2. Der Bürgermeister möchte wissen, welche Verfahrensschritte für den Bebauungsplan erforderlich sind; er möchte, dass der Bebauungsplan so schnell wie möglich in Kraft gesetzt wird. Außerdem möchte der Bürgermeister wissen, welche Aufgaben und Verfahrensschritte von dem beauftragten Büro übernommen werden können und was die Gemeinde selbst erledigen muss.

a) Zuständigkeit

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Die Zuständigkeit für das Aufstellen eines Bebauungsplans liegt bei der Gemeinde, vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1, § 10 Abs. 1 BauGB. Die Aufgabenzuweisung innerhalb der Gemeinde ergibt sich wiederum aus dem jeweils geltenden Kommunalgesetz. In Baden-Württemberg ist für das Aufstellen eines Bebauungsplans innerhalb der Gemeinde der Gemeinderat zuständig, § 24 Abs. 1, § 42 Abs. 2 und § 39 Abs. 2 Nr. 3 GemO. Diese Regelung für die Gemeinden schließt jedoch keineswegs aus, dass die Kommune bei dem Bebauungsplanverfahren Hilfe von einem Planungsbüro in Anspruch nehmen kann. Ein Planungsbüro kann daher den Bebauungsplan konzipieren und weitere Schritte des Verfahrens vorbereiten. Allerdings sind Beschlüsse in dem Bebauungsplanverfahren und insbesondere der Satzungsbeschluss (§ 10 Abs. 1 BauGB) der Gemeinde vorbehalten und können nicht delegiert werden.

b) Aufstellungsbeschluss

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Das Bebauungsplanverfahren beginnt mit dem Aufstellungsbeschluss (§ 2 Abs. 1 BauGB). In diesem Aufstellungsbeschluss muss nur der zukünftige Geltungsbereich des Bebauungsplans dargestellt werden. Der konkrete Inhalt des Bebauungsplans muss noch nicht bekannt sein. Der Aufstellungsbeschluss muss ortsüblich bekannt gemacht werden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Mit der Bekanntmachung sollen alle potenziell betroffenen Bürger darauf aufmerksam gemacht werden, dass in dem durch den Aufstellungsbeschluss abgegrenzten Gebiet neue bauplanungsrechtliche Regelungen festgelegt werden sollen.

Hinweis:

Die ortsübliche Bekanntgabe erfolgt typischerweise (nur) in der örtlichen Tagespresse (Amtsblatt). Die betroffenen Bürger – auch wenn sie Eigentümer von Grundstücken im Geltungsbereich des Bebauungsplans sind – werden hingegen nicht unmittelbar (etwa per Brief) informiert.

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Im Anschluss an den Aufstellungsbeschluss erfolgen die Ermittlung und Bewertung aller abwägungsrelevanten Belange (§ 2 Abs. 3 BauGB) und eine Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB).

c) Frühzeitige Beteiligung

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Sodann folgt eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sowie eine frühzeitige Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB). In dieser Phase wird über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, wie beispielsweise die im Geltungsbereich vorgesehene Art der baulichen Nutzung sowie auch bereits über das Maß der baulichen Nutzung informiert. Diese frühzeitige Beteiligung dient einerseits der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, andererseits soll dem Planbetroffenen (z. B. Eigentümer aber auch Erbbauberechtigte) in dieser Phase die Möglichkeit gegeben werden, ihre Rechte geltend zu machen. Grund: Zu diesem Zeitpunkt ist die Berücksichtigung von Anregungen leichter zu realisieren als in einem späteren Stadium, in dem sich die Planungen bereits weiter konkretisiert haben.

d) Förmliche Beteiligung

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An die frühzeitige schließt sich die formelle Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung an. Diese beginnt mit einem Beschluss, den Planentwurf einschließlich einer Begründung, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen der Planung erläutert werden, für die Dauer von mindestens einem Monat öffentlich auszulegen (§ 3 Abs. 2 BauGB). Damit die Planbetroffenen von ihren Mitwirkungsrechten auch tatsächlich Gebrauch machen können, muss die „Offenlage“ der Planunterlagen zuvor öffentlich bekannt gemacht werden. In dieser öffentlichen Bekanntmachung muss auch darauf hingewiesen werden, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können und dass nicht fristgemäß abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan unberücksichtigt bleiben können (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB). Diese Bekanntmachung und die auszulegenden Unterlagen sind zusätzlich in das Internet einzustellen (§ 4a Abs. 4 BauGB), so dass sich interessierte Bürger auch auf diese Weise Kenntnis von der Planung verschaffen können.

Hinweis:

In dieser förmlichen Beteiligungsphase besteht für den Planbetroffenen nicht nur eine Mitwirkungsmöglichkeit, sondern auch eine Mitwirkungspflicht, wenn er seine Rechte in dem Bebauungsplanverfahren effektiv wahrnehmen möchte. Äußert sich nämlich der Planbetroffene innerhalb der Offenlagefrist nicht, kann die Gemeinde verspätet vorgebrachte Einwendungen ignorieren (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB).

e) Abwägung

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Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Diese Abwägung ist zentrale Aufgabe der planenden Gemeinde. Bei der Abwägung wird geprüft, ob der Zweck der Planung die dabei eingesetzten Mittel rechtfertigt. Wie die Abwägung geschieht, ergibt sich aus § 2 Abs. 3 BauGB. Danach sind die Belange, die von Relevanz sind (sog. Abwägungsmaterial), zunächst zu ermitteln und zu bewerten und dann in die Abwägung einzustellen. Fehler in der Abwägung können von den Aufsichtsbehörden beanstandet werden. Nach Inkrafttreten des Bebauungsplans kann durch das zuständige Gericht (das höchste Verwaltungsgericht des jeweiligen Bundeslandes, in Baden-Württemberg: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg) die Unwirksamkeit des Bebauungsplans festgestellt werden, soweit ein relevanter Abwägungsfehler vorliegt.

Folgende Abwägungsgrundsätze sind zu beachten:

Abwägungsbereitschaft: Die Gemeinde muss für alle möglichen Varianten offen sein und darf nicht von Anfang an bereits auf eine ganz bestimmte Planung festgelegt sein.

Gebot der Rücksichtnahme: Bei der Planung ist die Umgebung mit einzubeziehen und unzumutbare Beeinträchtigungen müssen vermieden werden; insbesondere dürfen keine neuen Störpotenziale aufgebaut werden.

Gebot der Lastenverteilung: Bei Schaffung öffentlicher Einrichtungen müssen Belastungen möglichst gleichmäßig verteilt werden; privates Eigentum darf erst dann beansprucht werden, wenn kein vergleichbares öffentliches Eigentum vorhanden ist.

Gebot der Konfliktbewältigung: Städtebauliche Konflikte sollen möglichst vermieden bzw. gelöst werden.

Die Überprüfung der Abwägungsentscheidung einer Gemeinde durch die zuständigen Aufsichtsbehörden und Verwaltungsgerichte korrespondiert mit den zuvor dargestellten Abwägungsgrundsätzen und orientiert sich an Folgendem:

Abwägungsausfall: Es fehlt eine sachgerechte Abwägung; eine Abwägung wurde nicht durchgeführt.

Abwägungsdefizit: Nichtbeachtung von Belangen, die hätten einbezogen werden müssen (das, was sich aufgedrängt hat, oder das, was zwingend zur Lösung des Konflikts beachtet werden muss, wurde nicht in die Abwägung einbezogen).

Abwägungsfehleinschätzung: Die Bedeutung bestimmter Belange wird vom Gemeinderat falsch eingeschätzt (Beispiel: Der Gemeinderat hat Gesichtspunkte, die er kannte, nicht berücksichtigt, da er meinte, dies sei nicht erforderlich, obwohl es tatsächlich erforderlich gewesen wäre. Er hat also das vorhandene Abwägungsmaterial falsch eingeschätzt, die Bedeutung wurde nicht richtig erkannt).

Abwägungsdisproportionalität: Der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen wird so vorgenommen, dass die objektive Gewichtung außer Verhältnis steht (die Interessengewichtung ist im konkreten Fall unverhältnismäßig; sie wurde mit falscher Gewichtung vorgenommen).