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Jens Lämmerzahl
Auftrag: Tötet mich
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Impressum neobooks
Kapitel 1
Eine längst stillgelegte Produktionshalle für Stahlprodukte: Verrostete Teile von alten Maschinen, bröckelnde Pfeiler, Schrottteile und zerbrochene Fenster dominierten den Anblick. Mitten in der Halle befand sich ein alter Stuhl. Darauf stand eine Person mit einem Sack über dem Kopf. Die Hände auf dem Rücken zusammengebunden und einer Schlinge um den Hals, die an einer der Stahlstreben festgeknotet war.
„Mein Name ist Steve, Spitzname „Black Panther“. Bis vor 33 Tagen hatte ich noch einen Job. Außerdem kam eine tolle Frau in mein Leben. Ich war Mitglied einer privaten Sicherheitsfirma für Sonderaufträge. Nun stehe ich auf diesem verfickten Stuhl und hoffe, dass alles schnell vorbei ist. Wie zum Teufel konnte es überhaupt so weit kommen?“
„Peng“, fiel ein Schuss und ein Stuhlbein brach weg. Steve balancierte dies gerade noch aus. „Peng“, ein zweiter Schuss und weiteres Stuhlbein knickte weg. Das Seil straffte sich und Steve zappelte in der Schlinge. „Nun hänge ich in dieser verdammten Schlinge, doch ich habe vor zu überleben.“
33 Tage zuvor: Die Hand griff nach einem kleinen Felsvorsprung, gerade genug, um einen sicheren Halt zu haben. Langsam zog sich Steve Manovsky an der steilen Felswand hoch. In vierhundert Meter Höhe gingen ihm die verrücktesten Gedanken durch den Kopf.
„Was für ein schöner Samstag. Die Sonne scheint und ich hänge hier in den Italienischen Alpen in der Wand, um in wenigen Stunden Francesco Escobar das Leben zu nehmen. Was soll´s. Diese miese Ratte hat sein Leben lang Geld gemacht, in dem er minderjährige Mädchen an irgendwelche reichen Wichser verkauft. Es ist nun mal mein Auftrag. Und ich habe nie einem unschuldigen und anständigen Mitbürger etwas angetan.“ Steve hatte die Spitze des Berges fast erreicht. Er rieb ein letztes Mal die Hände mit Magnesium-Kreide ein, um dem Schwitzen entgegen zu wirken. Es war immer wieder anstrengend mit einem zirka sechs Kilo schweren Scharfschützengewehr auf dem Rücken einer fünfhundert Meter hohen Felswand hoch zu klettern.
„Wenigstens ist es windstill und nicht ganz so kalt“, dachte er noch, als er die Spitze erreichte. Einmal schaute er noch nach unten. Jeder andere hätte weiche Knie bekommen. Doch Steve genoss diesen Anblick.
Er war oben angekommen, atmete erstmal tief durch und nahm sein Gewehr vom Rücken. Ein kurzer Blick auf die schwarze Militäruhr und gleichzeitig kaute er einen Energieriegel, Erdbeere-Mango-Geschmack. „Noch drei Stunden, bis dieser fette Wichser ankommt“, sagte er leise vor sich hin. Noch einen kräftigen Schluck aus der Feldflasche, dann ging er in Stellung, um das Visier des Gewehres zu justieren. Er mochte sein HK MSG90, während einige seiner Kollegen etwas anderes behaupteten.
Auf dem Bauch liegend und über die Felskante schauend, wagte er einen ersten Blick durch das Zielfernrohr. Im Fadenkreuz erschien eine kleine Blockhütte, mitten zwischen zwei Bergkämmen eingebettet.
Drei Monate hatte Steve diesen Widerling ausgekundschaftet. Jeden ersten und dritten Samstag im Monat kam er zu dieser Hütte, um wieder ein etwa zwölfjähriges Mädchen zu vergewaltigen und es anschließend zu verkaufen. Immer, wenn er gezwungen war, sich das vorzustellen, biss er die Zähne zusammen und wurde innerlich sehr wütend.
Steve war Single. Seine Eltern waren früh gestorben. Sein Job als Agent bei der privaten Militärfirma DarkFox hatte ihm schon so einige gute Beziehungen versaut. Im Laufe der Jahre hatte er es richtig gut drauf, immer eine gute Ausrede zu finden, um einer ernsthaften Beziehung aus dem Weg zu gehen. Dabei hatte er eine seltsame Eigenart entwickelt- Steve bog die Umstände immer so hin, dass die Frau ihn absolut nicht mehr attraktiv finden musste. Frauen stehen auf Männer, die auch Männer sind, und keine Heulsusen. Er war nur selten in der Situation, dass er die Frauen zum Teufel jagen musste. Einem flüchtigen Abenteuer war er nie abgeneigt. Er war ja auch nur ein Mensch. Sobald mehr daraus werden sollte, kam er mit seiner Klammer- und Heulsusen-Taktik.
Immer wieder überkam ihn ein flüchtiges Lächeln, wenn er daran dachte wie verrückt seine Vorgehensweise ist. „Na ja- verrückter Job, verrücktes Denken“, dachte er nur, als aufkommender Wind ihn etwas frösteln lies.
Zwei Stunden waren vergangen. Steve lag halb auf Fels und halb im Schnee. Mit seinen fünfundvierzig Jahren war er nicht mehr so Kälteresistent wie noch vor zehn Jahren. Schon länger beschäftigte ihn der Gedanke, den Job endlich an den Nagel zu hängen und einen normal-bürgerlichen Job anzunehmen. Einer seiner drei erlernten Jobs war Holzfäller. Eine kleine Firma in Kanada als Holzfäller könnte ihm gefallen. Die Kohle, um nach Kanada auszuwandern, hatte er längst beiseitegeschafft.
Sein Puls schoss plötzlich nach oben, als er im Fadenkreuz den schwarzen SUV und sein Begleitfahrzeug dieses schmierigen Typen sah.
Was nun kam, tat ihm unglaublich in der Seele weh. Er musste warten, bis dieser widerliche Abschaum das Mädchen fertig vergewaltigt hatte. Einfach daruntergehen und sich auf eine Schießerei mit den Bodyguards einzulassen, war viel zu gefährlich.
Die Chance, dass die Kleine dabei verletzt würde, war dann doch zu groß. Schließlich hatten die Eltern viel Geld dafür gezahlt, nachdem die Polizei keine Handhabe hatte, sie frei zu bekommen.
Einmal stand der fette Wichser schon vor Gericht, hatte sich aber freikaufen können. Jetzt wollten die Eltern der Kleinen ihn unbedingt tot sehen.
Noch ein letztes Mal ging er im Kopf alles durch: „Escobar geht in die Hütte. Seine zwei Bodyguards bringen ihm das Mädchen und gehen wieder hinaus. Eine dreiviertel Stunde später gehen die Bodyguards hinein und vergewaltigen sie ebenfalls nochmal. Nach zweieinhalb Stunden grausamer Qualen bringt einer der Bodyguards das Mädchen hinaus und fährt mit ihr davon. Sie liegt immer im Kofferraum. Also muss der Fahrer durch das Seitenfenster abgekühlt werden-so nannte er den Schuss auf das Ziel, um das Mädchen nicht versehentlich mit zu erschießen. Doch ein Scharfschütze braucht ein Warm-Up. Das ist der Schuss, der den Lauf aufheizt, um beim Zweiten besser treffen zu können. Also ist der Fahrer Schuss Nummer Zwei. Das Warm-Up gilt Escobar. Wegen der Gefahr, dass sich der Schuss verzieht und wegen des kalten Laufes, schieße ich auf den Gastank, direkt unter seinem Fenster. Die Explosion sollte den Mistkerl in tausend Teile zerreißen. Das Ziel ist größer als ein Kopf und die Treffer-Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch.“
Alles geschah genauso wie es Steve durchdacht hatte. Nach etwa drei Stunden brachte ein Bodyguard das völlig verängstigte Mädchen zum Wagen und sperrte sie in den Kofferraum. Steve beobachtete alles durch das Zielfernrohr. Er begann mit der sogenannten Kampf-Atmung, vier Sekunden einatmen und vier Sekunden ausatmen. Das beruhigt den Puls und minimiert das zittern der Hände. Es war soweit. Steve steckte das Magazin ins Gewehr und schob die erste Patrone in den Lauf.
Noch ein kurzer Blick auf den Windmesser und zwei Drehungen am Zielfernrohr. Alles war bereit. Das Fadenkreuz blieb genau mittig auf dem Gastank.
Steve hörte genau auf seinen Herzschlag. „Bumm, bumm, bumm-schuss, bumm.“ Genau zwischen zwei Herzschlägen drückte er ab.
Ein riesiger Feuerball zerriss die gesamte hölzerne Blockhütte und eine schwarze Rauchsäule stieg nach oben. Der Wagen hielt und der Fahrer stieg für einen Moment aus. Steve lud erneut durch. Der Fahrer stieg wieder ein. Jetzt musste sich Steve beeilen. Ein sich bewegendes Ziel ist immer eine schwierigere Herausforderung.
Bumm, bumm-schuss, bumm.“ An den blutverschmierten Vorderfenstern konnte Steve durch sein Zielfernrohr erkennen, dass er getroffen hatte. Steve atmete tief durch. „Die Kleine war gerettet“, dachte er nur. Steve nahm ein Satellitentelefon heraus. „Panther an Nest. Die Schlange brutzelt, das Küken ist sicher.“
Er wusste, dass innerhalb von fünfzehn Minuten die Kleine abgeholt werden würde. Eine Weile schaute er noch durch das Zielfernrohr. „Wagen ist nah genug am Feuer, dass die Kleine nicht friert und weit genug, dass sie nicht gebraten würde. Alles perfekt“, sagte er leise vor sich hin und packte dann sein Gewehr weg und ging.
Kapitel 2
Sonntag, acht Uhr am Morgen. Der Schlüssel klapperte im Schloss. Steve öffnete die Tür zu seinem Drei-Zimmer Apartment am Stadtrand von Leipzig. Gleich hinter der Haustür betätigte er an einem kleinen Kasten an der Wand den Alarm-Code-fünf, sechs, vier, sieben. Das Kontrolllicht sprang von Rot auf Grün, alles in Ordnung. Als er die Haustür wieder schloss, schob er von innen drei schwarze Tür-Stopper unter die Tür.
Einfach, aber effektiv. Nun konnte man die Tür nicht mehr so leicht aufschieben. Außerdem legte er vier kleine Glühbirnen auf den Boden. Das Geräusch von zerbrechendem Glas, wenn jemand drauftritt, würde ihn sofort warnen. Er hatte das alles Mal gelernt.
Steve war unglaublich müde. Hatte ihm doch der Auftrag drei Tage keinen richtigen Schlaf gebracht. Seine Wohnung war sehr schlicht. Steve mochte keinen Schnick-Schnack. Ein hellgraues Big-Sofa, ein riesiger schwarzer Fernseher und ein mint-grüner Kühlschrank dominierten das Wohnzimmer. Er mochte diese amerikanischen Küchen, die praktisch mit dem Wohnzimmer verschmolzen.
Seine Lieblingsfarbe war Grau. Besonders stolz war er auf sein selbstgebautes Badezimmer. Weiß-graue Wandfliesen und ein grau-schwarzer Fußboden. Auch sein Schlafzimmer war sehr grau betont. Doch am liebsten schlief er vor dem Fernseher ein.
Müde und abgekämpft warf er noch einen Blick in den Kühlschrank. „Ein Radler und eine Packung Wiener Würstchen sollten ausreichen“, sagte er sich und lies sich damit auf die Couch fallen.
„Mist. Irgendwie ist Luft an die Würstchen gekommen. Hoffentlich schmecken sie noch“, dachte er, als er die Packung fühlte. Ein Griff nach der Fernbedienung und der Raum erhellte sich durch das Fernsehbild. Steve suchte irgendeinen langweiligen Film, der ihm beim Einschlafen half und verdrückte noch schnell seine Würstchen und trank das Radler in drei Zügen aus. Tatsächlich hatten die Würstchen einen seltsamen Beigeschmack. „Egal, ich spüle mit dem Radler den Geschmack weg.“
13.21Uhr: Steve wurde plötzlich wach, als ihm kotzübel war. Gerade noch schaffte er es zur Toilette. Zweimal musste er sich übergeben, er schwitzte stark, hatte extreme Kopfschmerzen und starken Schüttelfrost. Nach etwa zwanzig Minuten ging es wieder einigermaßen und er schlief nochmal ein.
Kapitel 3
Steve hatte bis Montagmorgen seine Couch nicht mehr verlassen. Es ging ihm wieder besser und er genoss die warme Dusche. Zu Essen traute er sich noch nicht, obwohl er Hunger hatte. Aber ein Kaffee musste sein-ein Löffel Zucker und viel Milch. Steve zog seine blaue Jeans und ein weißes Hemd an, streifte sich seine dunkelbraune Lederjacke mit Stehkracken über und schaute nochmal in den Spiegel. Die dunklen Tränensäcke unter den stahlblauen Augen sprachen Bände. „Ich muss mir Mal wieder die Haare schneiden“, dachte er, während er sich über seine schwarzen Stoppeln fuhr.
Als er die Haustür öffnete, begrüßte ihn Jennifer Krüger, seine freundliche und attraktive Nachbarin. Sie zog ungefähr eine Woche, nachdem Steve einen neuen Chef bekam, nebenan ein. „Guten Morgen“, begrüßte sie Steve und warf dabei ihr langes, blondes Haar hin und her.
„Hallo Jennifer“, erwiderte Steve etwas müde. „Dieses Wochenende war es aber sehr ruhig bei dir. Wohl mal allein gewesen?“, fragte Jennifer. „Ich hatte eine kleine Geschäftsreise“, sagte Steve und sah ihr lange in ihre wunderschönen blauen Augen.
Jennifer tat es Steve gleich, hatte sie doch längst ein Auge auf ihn geworfen. „Aha…, wo warst?“ „Ach…, nur mal übers Wochenende in München.“ „Auch gut. Okay…, ich muss zur Arbeit. Bis später dann“, verabschiedete sich Jennifer und sprang die Treppe runter in ihren roten Absatzschuhen. „Ja, bis dann“, antwortete Steve und beobachtete sie noch, bis sie außer Sicht war.
Er mochte es sehr wie sich ihr Hintern in der engen Jeans bewegt und ihr Haar, das fast bis zum Hintern reichte. Ein paar Sekunden träumte Steve vor sich hin. „Oh, ich muss jetzt los“, dachte er beim Blick auf die Uhr und eilte die neun Treppen hinunter. Steve wohnte in der vierten Etage, direkt unterm Dach. „Das ist die letzte Wohnung die ein Einbrecher bevorzugen würde, da er keine Fluchtmöglichkeit hätte“, dachte er fast immer, wenn er die Stufen hinunter rannte.
Steves dunkler Audi A4 parkte an einem großen Bürogebäude. Er war bei seinem Arbeitgeber angekommen. Ein kleines, unscheinbares, bronzenes Schild am Eingang deutete eine private Agentur hin, zur Tarnung. DarkFox erfüllte Aufträge jeglicher Art, solange das Geld stimmte. Gerade, als er die Tür mit einer Schlüsselkarte öffnen wollte, hielt er inne.
Ihm wurde plötzlich schwindelig und er bekam heftige Kopfschmerzen. Ein Wachmann kam von innen auf ihn zu. „Ihre Schlüsselkarte, bitte“, forderte der Wachmann. Er durfte nicht einfach die Tür öffnen. Steve war so schwindelig, dass er die Karte nicht in den Schlitz bekam. Er stützte sich an der Tür ab, als ein Mann vom fünfzig Meter entfernten Parkplatz auf ihn zukam. „Sir, die Karte“, wiederholte der Wachmann etwas energischer. „Steve…, alles okay?“, rief der Mann hinter ihm. Es war sein Kollege Maik Meuser. Maik nahm die braune Aktentasche in die andere Hand und stützte Steve. Er zeigte dem Wachmann die ID-Karte, der öffnete schließlich die Tür.
Maik half Steve hinter der Eingangstür auf einen Stuhl, der neben einem Personendetektor stand. Das strengte Maik sehr an, hatte er doch selber zwanzig Kilo zu viel drauf. Er strahlte den typischen Bürohengst aus mit seiner zu großen Brille und der Halbglatze. „Steve…, alles okay?“, fragte Maik erneut und kniete sich vor ihn hin.
Der Wachmann hatte reagiert und kam wenige Sekunden später mit einem Glas Wasser. „Danke…, geht schon wieder besser“, kam Steve langsam wieder zu sich. Maik gab ihm das Glas Wasser weiter und Steve nahm einen Schluck. „Ich werde dich jetzt zum Arzt bringen und dann sage ich Kramer, dass du erstmal zum Arzt bist, okay?“
Steve nickte zustimmend. Auf Maik gestützt, gingen beide über den Hinterhof zum hauseigenen Arzt.
„Wieso ist denn der Doc jetzt nicht da?“, rüttelte Maik etwas erregt an der verschlossenen Tür. „Auch keine Nachricht irgendwo“, begutachtete Maik die Tür und die beiden Fenster links und rechts.
Maik nahm ein Handy heraus. „Meuser hier. Herr Kramer…, ich stehe hier unten vor der Arztpraxis. Dem Steve Manovsky geht es nicht sehr gut. Da die Praxis geschlossen ist, bringe ich ihn zu einem Hausarzt in der Stadt.“ Maik schaute nach oben. An einem der Fenster wackelte die Gardine. „Danke, Herr Kramer. Bin so schnell zurück wie ich kann“, nickte Maik zu dem oberen Fenster.
„Danke, Maik. Ich komm allein klar. Es geht schon wieder.“ „Du kannst aber so nicht arbeiten, Steve.“ „Ist schon klar. Ich werde ja auch einen Arzt aufsuchen“, tippte Steve Maik nochmal auf die Schulter und verschwand.
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