Read the book: «Kein Drummer zum Küssen»

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Katinka Uhlenbrock

Lilly An Parker

Jennifer Schreiner

(K)ein Drummer zum Küssen

– eine Office-Escort-Novelle –


www.Elysion-Books.com

Lilly An Parker

ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich bisher hauptsächlich im Liebesromanbereich einen (anderen) Namen gemacht hat. Neben Wollmäusen und Staubratten züchtet sie seltene Pflanzen wie die Wollustlilie oder die Aphrodisiaka.

2010 »Heiß«

2011 »Office Escort – Das Sekretärinnenspiel«

2014 »Merry XXX-Mas – Der Weihnachtsdeal« (»Office Escort«- Reihe) und »Office Escort – Schlagzart« (im Buch »Lila – der letzte Versuch«).

2016 sind die Office-Escort-Novellen »Schlagfertig« (im Buch mit »Singapore Nights«) und »Ein Escort zu Weihnachten« erschienen.

Jennifer Schreiner

gründete Elysion-Books 2010 und betreut dort zurzeit 40 Autoren, 85 fertiggestellte Projekte und die Planung für die kommenden drei Jahre.

Die Romane »Zwillingsblut« und »Honigblut« sind in überarbeiteter Auflage dort erschienen, ebenso der Abschluss der Vampirtrilogie »Venusblut«.

Weiter sind von ihr erhältlich: »Satanskuss« (Erotic Fantasy) und »ErosÄrger« (Urban Fantasy). Sie schreibt an den Serien »Office Escort« und »Catch and Kiss« mit.

2016 ist im Pro-Talk-Verlag ihr erster Chick-lit erschienen: »Ich bin dann mal ganz anders«.

Für 2017 ist ein erotischer Roman »Fick mich – wenn du kannst« bei Elysion-Books geplant.

Katinka Uhlenbrock

Jahrgang 1990, studierte Katinka Uhlenbrock Anglistik und vergleichende Religionswissenschaften in den USA, wo sie seit ihrem 20ten Lebensjahr lebt. Nach einigen englischsprachigen Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften erschien 2014 ihr erstes Buch »Männerbacken« bei Elysion-Books.

2017 wird »Mehr Lust auf Höhepunkte« erscheinen.

2017 wird »Porn Noir« erscheinen.

Die drei Autorinnen gestalten neben der Office-Escort-Reihe auch die »Catch & Kiss«-Serie, in der sie die unterschiedlichen Varianten von »der Widerspenstigen Zähmung« aufwerfen. Diese Zähmungen variieren von hart zu zart und sind nur bedingt politisch und moralisch korrekt; -)

Katinka Uhlenbrock

Lilly An Parker

Jennifer Schreiner

(K)ein Drummer
zum Küssen

– eine Office-Escort Novelle –


www.Elysion-Books.com

ELYSION-BOOKS

1. Auflage: Februar 2017

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2016 BY ELYSION BOOKS GMBH, LEIPZIG

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.dreamaddiction.de FOTO: © Bigstockphoto/prometeus © Bigstockphoto/Photocreo Michael Bednarek LAYOUT &WERKSATZ: Hanspeter Ludwig www.imaginary-world.de LEKTORAT: Inka-Gabriela Schmidt www.inwisch.de

ISBN 978-3-945163-70-2

www.Elysion-Books.com


Inhalt

Office-Escort-Vorwort

Prolog

1 – Arbeitsbedingungen

2 – Aufgeflogen

3 – Ehrlichkeit

4 – Der Job

5 – Der Deal

6 – Das Spiel

7 – Klammerspiele

8 – Eine Wachsstatue

9 – Me e/h r Musik

10 – Kerzenfesseln

11 – Bondage

12 – Vergangenes

13 – Abschiedsessen


Office-Escort-Vorwort

Ich muss mich bei Elysion-Books bedanken, dass mein Escort-Service in diesem tollen Verlag ein Zuhause bekommen hat.

Als ich anfing, eine SM-Begleitagentur zu entwerfen, die sich auf Business-Service spezialisiert hat, war der Office-Escort ein Novum. Nicht nur auf dem deutschsprachigen Markt, sondern auch weltweit. Generell als Begleitagentur, aber erst recht als eine Agentur für dominante Damen, die sich Männern widmet, die alles haben und mit Geld kaufen können.

Der Slogan ist so einfach wie simpel: Grenzenlose Erregung, unvorstellbare Gier, sich immer weiter steigerndes Verlangen. Es ist ein Spiel um Dominanz, Lust und Leidenschaft für diejenigen, die ansonsten alles haben oder haben können: unmoralisch, sexy, der ultimative Kick. Aber wie lange will Mann widerstehen?

Inzwischen ist die Agentur ein wenig flexibler geworden, die Escorts bedienen auch Frauen und die Angestellten sind in allen Spielarten des BDSM bewandert, so dass für wirklich jeden Geschmack etwas dabei ist:

Ich wünsche Euch viel Spaß mit diesem Buch und auch den anderen Texten aus meinem Escort-Service,

Eure Lilly An

Buch

»Office-Escort: Das Sekretärinnenspiel«, 2011

geplant:

»Office-Escort: Strictly Business«, 2017

»Office-Escort: Business as usual«, 2017

»Office-Escort: Die Chefsache«, 2018

»Office-Escort: n.n.« im Match-Books-Verlag, 2018

Novelle

»Office-Escort Novelle: Merry X-Mas«, 2014

»Office-Escort Novelle: SchlagZart«, 2015

»Office-Escort Novelle: SchlagFertig«, 2016 / Ein Rockstar zum Küssen

»Office-Escort Novelle: Ein Escort zu Weihnachten«, 2016

»Office-Escort-Novelle: (K)ein Rockstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort-Novelle: (K)ein Drummer zum Küssen«, 2017

geplant:

»Office-Escort Novelle: (K)ein Anwalt zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Gitarrist zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)eine Keyboarderin zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Hollywoodstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Serienstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Künstler zum Küssen«, 2017


Prolog

Ich starrte meinen Chef an, während seine Worte nur langsam in meinen Verstand tröpfelten und noch langsamer einen Sinn ergaben. Dafür wurde ich umso schneller empört: »Das mache ich nicht!«

»Es ist nur dieses eine Mal«, beschwichtigte mich Ruben, wirkte aber nicht sonderlich überrascht von meiner Reaktion.

»Keine Paare und keine Berühmtheiten«, erinnerte ich ihn nichtsdestotrotz.

Im Gegensatz zu den meisten weiblichen Angestellten des SM-Begleitservices sonnte ich mich ungerne im Glanz irgendeines Stars. Hatte ich schon privat gehabt – war schrecklich schiefgegangen. Zum Glück hatte es aber nichts mit meinem Job als Escort zu tun gehabt, den hatte ich erst vor einigen Wochen angetreten. Hauptsächlich um meinem Sinn für Ästhetik Befriedigung zu verschaffen – und natürlich meiner Lust nach SM-Spielen … von dem guten Geld einmal ganz zu schweigen, schließlich musste Frau ihrer Mutter helfen, wenn die sich selbst mit Hilfe eines vermeintlich reichen Lovers in eine finanzielle Bredouille geritten hatte. Mal wieder.

»Liest du es dir wenigstens durch, bevor du ‚nein‘ sagst?«, drängte Ruben und legte die Akte auf meinen Tisch, um sie anschließend in meine Richtung zu schieben, während er sich mit der anderen Hand durch die Haare fuhr und einen Großteil seiner sorgfältig gekämmten dunklen Lockenpracht zerstörte.

Ich seufzte schwer, öffnete aber die erste Seite und starrte das Foto an, das einen attraktiven, jungen Mann zeigte, bei dem es mir beinahe instinktiv in den Fingern juckte. Sicher würde er sich sehr gut in meiner Sammlung erlesener Männer machen – so von Künstler zu Künstler. Allerdings wusste ich, dass das harmlose und beinahe jugendhaft-natürliche Foto log, denn andere Bilder von ihm zierten nahezu täglich die Klatschpresse. Und auf denen wirkte er eher gefährlich und wie ein außer Kontrolle geratener Rockstar der dringend Dusche, Haarschnitt und Rasur brauchte – von Schlaf und gesunder Ernährung ohne Drogen einmal ganz abgesehen.

»Ernsthaft?«, meinte ich, als ich Ruben tadelnd ansah. »Das Tier? Jacob Demson, den Schlagzeuger von ‚Bad, Bed, Music‘ soll ich begleiten?«

»Nein!« Ruben schüttelte den Kopf. »Du sollst ihn nicht begleiten und eigentlich ist er auch nicht auf der Suche nach sanfter Dominanz.«

Ich starrte meinen Chef über die Akte hinweg an und wusste nicht, ob ich lachen oder nach meiner Kündigung fragen sollte – oder nach einem Hörgerät, denn irgendetwas an Rubens Aussage konnte nicht stimmen.

»Die Jobbeschreibung wäre im Grunde: Eine sehr dominante Escort-Dame mit Hand zu ästhetischen Aufgaben, die ihn sieben Tage lang sinnvoll beschäftigt, während er in der Stadt ist.«

»Ah«, machte ich. Hauptsächlich, weil mir nichts Besseres einfiel. Erst nach dem dritten Anlauf gelang es mir einen vernünftigen Einwand zu formulieren: »Das Problem ist doch schon das zweite Wort.«

Ich schenkte meinem Boss ein Lächeln, um nicht allzu verschnupft zu klingen: »Falls es dir nämlich noch nicht aufgefallen ist, ich bin nicht sonderlich dominant!«

»Aber den Rest würdest du hinbekommen?!«, ließ Ruben nicht locker und fuhr sich mit der Hand durch seine kurzen Locken, um auch noch den Rest seiner Frisur zu zerstören. Doch aus irgendeinem magischen Grund hatte es genau den gegenteiligen Effekt und ließ ihn jünger wirken, gewollt ungestylt. Ein Mann sollte einfach nicht so perfekt unperfekt wirken dürfen, aber Ruben war und blieb einfach der Inbegriff eines Traummannes, ohne sich dafür auch nur im Geringsten anstrengen zu müssen.

»Ich glaube, dass ‚das Tier‘ eine wirklich strenge Führung braucht, jemanden, der ihn sofort einfängt …« Ich verstummte und seufzte abermals. »Und das kann ich einfach nicht.«

Ruben musterte mich einen Moment lang, als sei er von meinen Einwänden immer noch nicht gänzlich überzeugt, weswegen ich mich wieder der Akte widmete. Großteils, um meinen guten Willen zu demonstrieren.

Ich überflog die persönlichen Angaben und Jacobs Erfahrungen mit unserem Service und blieb bei der ersten Buchung hängen. »Ist das nicht …?«

»Trish, die Frau des Leadsängers?« Ruben verzog seine Lippen zu einem bitteren Lächeln und seine nächsten Worte erklärten auch diese Reaktion. »Ja, jetzt schon.«

»Du meinst ‚The sexiest Man alive‘ Alex Roth hat sich deine Escort-Dame geangelt, als sie einen Job bei seinem Drummer Jacob hatte?«, hakte ich belustigt nach, verschwieg aber, dass ich Trish nicht vom Office Escort kannte, sondern von einer Performance für einen gemeinsamen Freund, den Künstler Hagen Taylor.

Ruben knurrte etwas, was verdächtig nach: »Und meine Frau Joanna hat sie unterstützt« klang, bevor er mich ernst ansah. »Genaugenommen haben mir Alex, Joanna und Trish diese Situation eingebrockt, denn Jacob sucht immer noch einen Ersatz für Trish.«

Ich runzelte die Stirn, da ich Trish nie als sonderlich dominant wahrgenommen hatte, eher als verspielt. »Kann ich sie anrufen?«

»Versuch dein Glück«, meinte Ruben und reichte mir den Telefonhörer. »Falls Alex sie nicht inzwischen in einer dunklen Folterkammer gefangen hält.«

Wieder runzelte ich die Stirn, nutzte aber die Zeit, während es am anderen Ende der Leitung bimmelte und las mir Trishs damaligen Auftrag durch. Dabei wunderte ich mich über Rubens Worte, denn der erste von Jacobs Aufträgen passte zu meiner Einschätzung und las sich so, als sei Trish dominant und nicht der Typ Frau, der sich gerne in einer Folterkammer einsperren ließ. Aber was wusste ich schon über die Gefühle von dominanten Menschen und ihren Wunsch, auch einmal dominiert zu werden?


Nach dem Gespräch mit Trish war ich mir sicher, dass Jacob der Falsche war. Er mochte harte Dominanzspielchen, Spiele, die selbst einem deutlich härteren Profi wie Trish zu hart gewesen waren – also müsste er bei jedem anderen als bei mir gut aufgehoben sein.

»Was ist mit Niobe?«, erkundigte ich mich. Wenn es zurzeit in NY eine dominante Begleiterin gab, die hübsch genug war, um auch einem Rockstar zu gefallen, dann war es die exotische Schönheit.

»Niobe ist nur dominant, hat aber keinen Draht zu den Feinheiten, die hier erwünscht sind.«

»Ich lese nichts von Feinheiten«, meinte ich und drehte den aktuellen Auftragszettel in meinen Händen, als könne ich irgendwo eine Notiz übersehen haben. Dabei hatte ich den Text inzwischen dreimal gelesen und wunderte mich, warum Ruben immer noch nicht aufgegeben und Niobe angerufen hatte.

Als mein Telefon schrillte, war ich beinahe erleichtert, da es mir eine Ablenkung erlaubte – und vielleicht eine Ausrede bot, um Ruben und den Auftrag endgültig abzuwimmeln. Ich war definitiv die Falsche!

»Hei, Ava, Trish nochmal.« Ich atmete ein und starrte Ruben an, der gerade »Trish?« auf den zusammengefalteten Zettel geschrieben hatte, den er schon die ganze Zeit in der Hand hielt. Angespannt nickte ich.

»Wieso hat das so lange gedauert?«, erkundigte sich Ruben in Richtung Telefon.

»Weil ich mir erst einmal Gedanken zu dem Auftrag machen musste«, erklärte Trish, die die Worte ihres ehemaligen Chefs gehört hatte, schwieg dann aber. »Ich glaube auch, dass du und deine ästhetischen Fähigkeiten sehr gut zu Jacob passen würden.«

»Er heißt ‚das Tier‘«, erinnerte ich. Wie ästhetisch und künstlerisch konnte er da schon sein? Außerdem erinnerte ich mich spontan an das letzte Foto, das ich in einem Hochglanzmagazin gesehen hatte: ein langhaariger, bärtiger Zausel, der sich auf irgendeiner Party daneben benahm. Für den jungen, attraktiven Mann auf dem Foto in unserer Akte hätte ich sicherlich eine schmückende Verwendung finden können … aber für einen Zausel, der außer Rand und Band war?

»Und deswegen wird Niobe mitspielen und euch beide dominieren«, lenkte mich Trishs Stimme zurück auf das Telefonat und fort von dem gut aussehenden Mann auf dem Bild. »Du machst deine Performance doch sowieso immer mit jemandem zusammen?«

Ruben wirkte erleichtert und reichte mir den gefalteten Zettel. Dort stand fast wortwörtlich derselbe Vorschlag, den mir Trish gemacht hatte. Verwirrt starrte ich meinen Chef an. Trotzdem gelang mir ein ungläubiges: »Ich soll mich also von Niobe dominieren lassen?«

Ruben nickte mit geröteten Wangen und auch Trish meinte: »Ja, ich glaube, das wird bombastisch!«

Nun ja, dachte ich und legte mit einem halbwegs dankbaren Gruß auf. Immerhin zwei von dreien sind hellauf begeistert.

Ich selbst war mir da eher unsicher. Niobe war eine Augenweide, aber sie und ich befanden uns nicht gerade auf einer Wellenlänge, was unsere Sexualität anbelangte. Menschlich war sie ganz okay, aber mir persönlich zu herrschsüchtig und … naja, eben zu dominant. Außerdem stand ich auf eben genannte Feinheiten und war ein sehr visueller Mensch mit einem großen Hang zur Ästhetik. Oder mit anderen Worten: Wo ich ein Präzisionswerkzeug war, war Niobe der Durchschlaghammer.

Ich wog meine Chancen gegeneinander ab, aber so wie ich Ruben einschätzte, würde er ohnehin nicht locker lassen, bis ich zumindest irgendeinen Vorschlag machte. Blieb nur zu hoffen, dass er oder dieses »Tier« ihn ablehnten.

»Die Rollenverteilung ist dann also: Niobe ist die Dominante, ich spiele die Devote und Jacob? Du weißt, dass ich nicht auf Frauen stehe …« Ich ließ den Satz ins Leere laufen, denn eigentlich war ich auch nicht die Devote, sondern die, die die beiden anderen zum Spielen anleitete.

»Jacob wird zwischen Niobe und dir stehen und mit dir spielen dürfen.«

Ich trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch. Das fehlte mir zu meinem Glück gerade noch. Ein devoter Rockmusiker, der als unbeherrschtes »Tier« verschrien war, durfte an mir versuchen, ob er Spaß an Dominanz hatte – und das unter Anleitung von Niobe.

Seufzend dachte ich daran, wie gut dieser Jacob früher ausgesehen hatte und wie schick er sich in meiner Sammlung machen würde. Scheiße, ich stand auf gut aussehend! Außerdem fielen mir auf Anhieb Spiele ein, die ich diesen Jacob gerne spielen lassen würde!

»Ich bestimme die Grenzen und die Spiele«, verlangte ich.

Ruben nickte. Auch damit schien er gerechnet zu haben.

»Sieben Tage, sieben ästhetische Spiele und Niobes Job ist es lediglich, als Boss aufzutreten, uns heiß zu machen und nicht kommen zu lassen – nicht mehr und nicht weniger! Das letzte Wort habe immer ich«, fixierte ich meine Bedingungen, ohne den Blickkontakt zu meinem Chef zu unterbrechen und mit fester Stimme.

Wieder nickte Ruben, schien aber immerhin für einen Moment überrascht. Sekundenlang wirkte er, als müsste er gegen ein Lachen ankämpfen, dem er schließlich doch nachgab und mich musterte, als sähe er mich zum ersten Mal wirklich. Endlich meinte er, immer noch mit einem leichten, amüsierten Unterton: »Weißt du … für eine semi-devote Escort bist du verdammt dominant!«


1 – Arbeitsbedingungen

Seltsamerweise war ich aufgeregt. Nicht so sehr auf das Treffen mit einem waschechten Rockstar, sondern auf das mit meiner Kollegin Niobe. Was aber auch daran liegen konnte, dass besagtes Treffen kurz vor dem Date mit dem Star stattfand, damit wir uns bereits in der VIP-Lounge des Flughafens auf eine vernünftige Linie einigen konnten.

Wenn ich schon mit einer hyper-dominanten Diva zusammenarbeiten musste, wollte ich sie vorher dahingehend einnorden, dass es bei den Sessions um Schönheit ging und nicht so sehr um Schmerz. Ich wollte Jacob zur Hingabe an die Kunst bewegen, nicht mich selbst in einem Strudel von Lust und sinnlichen Versuchungen wiederfinden.

Schließlich war ich nicht von Walt Disney großgezogen worden und kannte Niobes Schwachpunkte beinahe so gut wie meine eigenen. Sie konnte einer Herausforderung nicht widerstehen, und ich wurde schwach, wenn jemand kreativ war und meinen Sinn für Vollkommenheit teilte.

Vielleicht war auch das der Grund, warum mich Niobes Anblick, als sie in die beinahe leere kleine Aufenthaltshalle schwebte, wie immer ein wenig aus der Fassung brachte. Ihre langen, schwarzglänzenden Haare, ihre Haut, die an einen guten Milchkaffee denken ließ, und ihr perfektes Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den mandelförmigen Augen genau wie ihre hervorragende Figur, ließen mich jedes Mal an die junge Naomi Campbell denken – abgesehen natürlich von der Hautfarbe. Genau wie ihr stolzes Auftreten, das sie wie eine ägyptische Göttin aus vergangenen Zeiten wirken ließ. Wenn man auch nur ein winziges bisschen devot war, war man verloren. Man wollte vor ihr niederknien und ihre Füße küssen – wahlweise auch ihre Schuhe, auch wenn ich lieber Haut unter meinen Lippen spürte.

Selbst jetzt fühlte ich den Drang vor ihr zu knien, obwohl ich doch der Boss des Auftrags war.

»Hallo, Kleine!« Niobes Lächeln, mit dem sie ihren Koffer abstellte, war echt. Sekunden später küsste sie mich auf den Mund. »Ich freue mich, dass wir zusammen spielen.«

»Du weißt, dass ich nicht auf Frauen stehe?«, erkundigte ich mich, ein wenig perplex ob dieser Begrüßung.

Zum Glück schien Niobe kein Problem mit dieser Abfuhr zu haben, sondern meinte belustigt: »An was hast du denn sonst so gedacht?«

Ich reichte ihr den Zettel, auf dem ich kurz zuvor meinen extra für die Woche gebuchten Lieblingsort und einige meiner Lieblingsspiele skizziert hatte – und die, die ich schon immer hatte ausprobieren wollen.

Die glutäugige Schönheit überflog die Notizen und nickte schließlich anerkennend. »Ich hoffe, ich bekomme das hin!«

Ihr Tonfall war so besorgt, dass er mich wider besseren Wissens rührte. Anscheinend passten wir doch ganz gut zusammen und konnten uns gegenseitig unterstützen und vor Fehlern oder Versäumnissen bewahren. Etwas, was allerdings ohne Wissen des Kunden stattfinden musste, um unsere Autorität nicht zu untergraben oder den Fluss des Spieles zu gefährden.

»Kannst du noch Gebärdensprache?«, fragte ich, ohne Worte zu benutzen. Eine der wenigen Leidenschaften, die wir beide miteinander teilten: Ich, weil mich diese Möglichkeit der Kommunikation schon immer fasziniert hatte, und Niobe, weil ihre Mutter gehörlos war.

»Ja«, antwortete Niobe nach einer kurzen Pause, in der man ihr ihre Überraschung ansehen konnte.

»Dann werden wir uns so verständigen«, beschloss ich. Die Chancen, dass ein Rockmusiker mehrere Sprachen konnte, war deutlich höher, als die Wahrscheinlichkeit, durch haptische Zeichen aufzufallen.

Niobe starrte mich an. Sie schien immer noch verwirrt zu sein, weswegen ich mich genötigt sah, sie vollständig in meinen Plan einzuweihen. Und je mehr ich sprach, desto deutlicher konnte ich sehen, wie ihre Unsicherheit verflog. Schließlich zog sie mich in eine Umarmung und drückte mich kurz aber herzhaft. »Danke.«

»Wofür?«

»Ich hatte ein wenig Sorge, ob es klappt, weil ich mehr das Mädchen fürs Grobe bin und normalerweise nur extrem devote Männer übernehme, die wissen, auf was sie sich bei mir einlassen.« Sie strich mir über die Wange. »Aber so bleibst du die kleine, devote Unschuld, obwohl du mich leitest.«

Jetzt war ich diejenige, die starrte. Wer hätte gedacht, dass auch so eine wunderschöne, dominante Frau wie Niobe so etwas wie Selbstzweifel kannte und sich selbst hinterfragte? Unwillkürlich musste ich grinsen und ertappte mich bei dem Gedanken, dass dieses Experiment vielleicht doch interessant und ein klitzekleines bisschen erfreulich werden konnte. Zumindest dachte ich das, bis ich »das Tier« auf uns zuschlendern sah. Seine struppigen Haare waren zu lang, sein Bart zu voll und seine zerrissene, graue Kleidung schien noch nie eine Waschmaschine gesehen zu haben. Trotzdem wirkte er lässig und gefährlich und kein bisschen erfreut.


Meine ohnehin schlechte Laune sank ins Grenzenlose, während ich auf die beiden wartenden Frauen zuging, die ganz offensichtlich vom Escort-Service kamen. Entweder das, oder sie waren »Golddigger«, High-Class-Groupies, die für Aufmerksamkeit und die Aussicht auf eine feste Bindung mit einem Star alles tun würden.

Einschließlich sich von einem Escort-Service anheuern zu lassen, dachte eine fiese Stimme in meinem Inneren.

In letzter Zeit war ich immer häufiger dieser Sorte Frau begegnet und mal abgesehen davon, dass ich ohnehin die Nase voll hatte von Vertrauen und Kontrolle und eher lästigen SM-Spielchen, bei denen ich mich nicht wirklich fallenlassen konnte, hatte ich auch jetzt keine große Lust, mich auf neue Bekanntschaften einzulassen.

Stumm verfluchte ich meinen besten Freund Alex Roth, seines Zeichens Sänger, weil er mich überredet hatte, es noch einmal mit dem Office-Escort zu versuchen. Nicht weil er Recht hatte und auch die bezaubernde Trish, die er mir vor der Nase weggeschnappt hatte, eine von diesen SM-Profis war, sondern weil die eine wirkte wie eine Domina-out-of-Hell und die andere wie eine blutige Anfängerin, beziehungsweise in diesem Zusammenhang wie eine bunt gekleidete, softe Prinzessin. Eine Regenbogen-Barbie.

Ich setzte ein Lächeln auf, obwohl ich überlegte, die beiden sofort in die Wüste zu schicken, um Alex zu ärgern. Schließlich hatte ich auch nur eine Begleiterin gewollt, nicht zwei und … mir kam ein Gedanke, der mich fast dazu gebracht hätte, mir mit der flachen Hand vor die Stirn zu schlagen: Trish! Natürlich! Sie musste sich eingemischt und irgendetwas arrangiert haben.

Mein Blick glitt von der Blonden zur Dunkelhaarigen und ich schwankte zwischen Belustigung und Verärgerung. Hatte ich es so nötig? Wirkte ich wie jemand, der auf Teufel komm raus gerettet werden musste?

Fast hätte ich abfällig geschnaubt. Keine der beiden wirkte wie jemand, der meine Träume erfüllen konnte oder überhaupt bereit war, es zu versuchen. Trotzdem gelang es mir, ein tiefes Seufzen zu unterdrücken, als ich zu ihnen trat und mich vorstellte.

»Das ist Ava Courtney«, stellte die ägyptische Schönheit ihre Kollegin vor, bevor sie mir ihre Hand reichte. »Ich bin Niobe.«

Ihr Händedruck war warm und nur ein wenig zu fest. So als bemühte sie sich, nicht noch dominanter zu wirken, als es ohnehin der Fall war. Sie war unbestreitbar schön, aber es war die Makellosigkeit der anderen, die mich ärgerte.

»Sie sieht aus wie Barbie«, urteilte ich über den Kopf der Blonden hinweg und in Richtung der Ägypterin.

»Sie ist taub«, zischte die Dunkelhaarige empört und tatsächlich musste ich mich zusammenreißen, um nicht zusammenzuzucken. Eine perfekte, blonde Model-Maus zu beleidigen war eine Sache, aber jemanden, der taub war … das war sogar unter meinem derzeitigen Niveau.

»Wie hast du dir die sieben Tage vorgestellt?«, lenkte Niobe ein, die meine Reaktion anscheinend richtig interpretiert hatte. »Der Auftrag war ja relativ offen und hat uns einiges an Freiraum gegeben.«

»Wir fahren in meine Suite und vertreiben uns die Zeit außerhalb der Sessions mit Events, Restaurants und Partys«, schlug ich vor. Hauptsächlich, weil ich den beiden Frauen dann zum größten Teil aus dem Weg gehen und mein Leben weiterleben konnte. »Die Sessions finden alle in der Suite statt«, ergänzte ich deswegen mit einem Blick auf die zwei gepackten Koffer. Immerhin waren die beiden vorbereitet!

Die Blonde schüttelte den Kopf und gestikulierte: »Nein, no way! Wir haben einen ruhigen Ort, ungestört und … schön.«

Und nur weil ich meine Hände gerade in meinen Hosentaschen hatte, gelang es Niobe zu übersetzen, bevor ich antworten konnte. Gebärdensprache? Das konnte vielleicht doch interessant werden!

Wieder glitt mein Blick von der einen zur anderen, bevor sich ein fieses Grinsen auf mein Gesicht schlich. Aber der Gedanke war genial und er würde genau die richtige Person – oder die richtigen Personen – ärgern. Selbst schuld, wenn ich immer noch den Schlüssel für Alex’ kleines Refugium hatte.

»Ruhig, ungestört und schön?«, wiederholte ich noch einmal, hauptsächlich um mich zu vergewissern und den Frauen eine Ausrede unmöglich zu machen.

Zum Glück nickte Niobe, auch wenn Barbie nicht allzu happy über diese Geste zu sein schien. Offensichtlich war sie die klügere von beiden – oder die misstrauischere.

»Dann habe ich etwas Unschlagbares!« Ich deutete auf die Koffer. »Und Sachen habt ihr ja anscheinend schon dabei!«

Ohne den Zweien die Chance auf Argumente zu geben, setzte ich mich in Bewegung. Entweder würden sie mir folgen oder ihren Auftrag verlieren.


Fünf Minuten!, dachte ich. Genau fünf Minuten hatte »das Tier« gebraucht, um mich wütend zu machen und jede schlechte Meinung zu bestätigen, die ich je von einem Rockstar gehabt hatte.

Trotzdem folgte ich ihm brav, was hauptsächlich Niobe zuzuschreiben war und dem geschickten Angebot, das Jacob uns zugespielt hatte. Wir konnten gar keinen Rückzieher machen!

Dabei hatte er von unserem Vorschlag alles andere als begeistert gewirkt. Wahrscheinlich mochte man als Tier eher laute Musik, Groupies und Partys, statt mit zwei Escorts in der Einsamkeit abzuhängen.

Als wir durch eine Passkontrolle gingen, wurde ich neugierig. Was hatte Jacob vor und warum? Doch egal wie sehr ich die Ohren spitzte, ich konnte nichts hören. Trotzdem wurde ich erst ernsthaft stutzig, als wir auf einen Hubschrauber zugingen. Ich griff nach Niobes Arm und meine Finger überschlugen sich fast.

»Du hast einen Flugschein für Hubschrauber?«, erkundigte sich meine dominante Helferin beinahe wortwörtlich bei dem Drummer.

»Offensichtlich«, gab er einsilbig zurück, ohne uns eines Blickes zu würdigen. Seine Augen waren fest auf die wunderschöne Flugmaschine gerichtet.


»Ich bin angenehm überrascht«, schwindelte die Ägypterin, während Barbie nicht so aussah, als wäre ihr die Überraschung angenehm. Immerhin gab sie sich keine Mühe, diesen Umstand zu überspielen, sondern warf mir und ihrer Freundin einen bösen Blick zu. Dabei fiel der leicht grünliche Ton um ihre Nase besonders ins Auge.

»Schon mal geflogen?«, erkundigte ich mich, plötzlich ein wenig besser gelaunt.

Sie schüttelte den Kopf und gestikulierte etwas, was Niobe nahezu simultan übersetzte: »Nicht im Hubschrauber.«

»Magst du Fliegen?«

Die Blonde schüttelte den Kopf. »Nein, obwohl … wenn man aufschlägt, ist man immerhin ein interessanter Rorschach-Test, in dessen Kleckse man dann eine Menge hineindeuten kann.«

Ich starrte sie einen Moment fassungslos an, dann musste ich mich abwenden und einsteigen, um nicht vor ihr in lautes Lachen auszubrechen. Für eine Barbie war sie verdammt schlagfertig und frech und … ich starrte auf das Instrumentenpult, während mir ein böser Verdacht kam.


Ich schloss schicksalsergeben die Augen und prüfte noch einmal den Halt meiner Sitzgurte. Der schöne Ort in der Einsamkeit war ja irgendwie meine blöde Idee gewesen, also musste ich jetzt auch mit Jacobs Vorschlag und diesem Flug leben. Blieb nur zu hoffen, dass der Typ nur nach Drogen aussah und keine nahm. Er hatte klar geklungen und auch an seinen Augen hatte ich nichts ablesen können.

Trotzdem betete ich leise darum, nicht als spannender Blutklecks in der Landschaft zu enden. Immerhin hatte Jacob ja einen Co-Piloten. Wo auch immer er den so schnell her hatte. Und auch den Hubschrauber …

Sekunden später wurde es laut und das Gefühl in einer startenden Kiste mit plötzlich viel zu vielen Fenstern zu sitzen, war gelinde gesagt so gruselig, dass ich an nichts anderes denken konnte.

»Wohin fliegen wir?« Niobes Stimme über Kopfhörer riss mich aus meinen Gedanken.

»Nova Scotia«, antwortete unser Klient von vorne, nicht ohne einen gewissen Triumph aus den zwei Worten klingen zu lassen.

Nova Scotia? Kanada?

Ich konnte sehen, wie Niobe blass wurde. Ging mir ähnlich. Als ich »ruhig« und »schön« vorgeschlagen hatte, hatte ich nicht an »verschollen« gedacht.

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0+
Volume:
145 p. 9 illustrations
ISBN:
9783945163702
Publisher:
Copyright holder:
Bookwire
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