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Koste Es Was Es Wolle

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From the series: Ein Luke Stone Thriller #1
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Koste Es Was Es Wolle
Koste Es Was Es Wolle
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Kapitel 48

8.56 Uhr (Moskauer Zeit)

Strategische Kommando- und Kontrollzentrale – Moskau, Russische Föderation

Yuri Grachev, neunundzwanzig, Berater des Verteidigungsministers, lief auf dem Weg zum Hauptversammlungsraum raschen Schrittes durch die Gänge der Kontrollzentrale. Seine Schritte hallten in den leeren Gängen wider, während er die Geschehnisse des heutigen Tages in seinem Kopf immer wieder durchspielte. Die schlimmste aller denkbaren Situationen war eingetroffen. Eine Katastrophe stand kurz bevor.

Aus Gründen, die ihm niemand erklärt hatte, war der schwarze Nuklearkoffer des Minister, der sogenannte Cheget, an Yuris rechtes Handgelenk gekettet worden. Der Koffer war schon alt, er war schwer und er zwang Yuri zu einem nach links geneigten Gang. Er enthielt die Zahlenkombinationen und die Vorgehensweise für einen Raketenangriff gegen den Westen.

Yuri missfiel die Idee, dieses Schreckenswerkzeug an sich gekettet zu wissen. Er wollte nach Hause zu seiner Frau und seinem Sohn. Zuallererst aber hätte er am liebsten geheult. Sein ganzer Körper zitterte. Die undurchdringliche Maske seines Gesichts war dabei zu zerbröckeln und auseinanderzubrechen.

Vor vier Stunden war die amerikanische Regierung in einem Staatsstreich gestürzt worden. Vor einer Stunde hatte der neue Präsident im Radio und Fernsehen Iran den Krieg erklärt. In den Kreisen der russischen Regierung galt der neue Präsident als Wahnsinniger und Kriegstreiber der ersten Reihe, deren elitäre Zirkel im Schatten operierten. Seine Machtergreifung war lange als Worst-Case-Szenario gehandelt worden.

Der Staatsstreich und die Kriegserklärung hatten eine Reihe lange nicht in Kraft gewesener Protokolle in Gang gesetzt. Die Protokolle trugen bekannte Namen aber die Meisten nannten sie einfach „Tote Hand“.

Die Tote Hand sandte russische Verteidigungssysteme in Staaten, die sich in brenzligen Situationen befanden. Sie gaben diesen Staaten breiten Zugang zu Raketen, Flugzeugen und U-Booten, während sie dabei eine Hand im Spiel behielten. Das Kommando wurde auf diese Weise dezentralisiert.

Für den Fall eines Überraschungsangriffs der Amerikaner, bei dem die gesamte Moskauer Führungsriege ums Leben gekommen war, sollte die Tote Hand der russischen Verteidigung die Möglichkeit einer Gegenoffensive einräumen. Falls es zu einem Kommunikationsengpass käme und ungewöhnliche seismische oder andere Werte auffällig wurden, war es sogar regionalen Kommandeuren und isolierten Bunkern möglich festzustellen, ob es zu einem Anschlag gekommen war. Entsprechende nukleare Vergeltungsmaßnahmen konnten dann in der Folge eingeleitet werden.

Aber das System funktionierte nicht so reibungslos. Es hatte im Verlauf der letzten zwanzig Jahre – fast die gesamte Spanne von Yuris bisherigem Leben – enorm abgebaut. Acht der ursprünglich zwölf Überwachungssatelliten waren in diesem Zeitraum in den Ozean gestürzt. Keiner von ihnen war ersetzt worden.

Die Kommunikation zu weiter entfernten Stationen brach regelmäßig zusammen. Ungewöhnliche seismische Werte gab es immer und zu jedem Zeitpunkt, kleine und sogar große Erdbeben traten rund um den Globus auf. Doch das Schlimmste war der Fakt, dass der Radar immer wieder Raketenangriffe meldete, die es gar nicht gegeben hatte. Niemand auf der Führungsetage hätte das zugegeben, aber es war die traurige Wahrheit.

Yuri selbst war vor drei Jahren im Kontrollzentrum zugegen gewesen. Die Schweden hatten zu wissenschaftlichen Erkundungen eine Rakete in die Erdumlaufbahn geschickt. Das Frühwarnsystem deutete es als einen Raketenangriff der im Nordatlantik stationierten amerikanischen Marine.

Der Nuklearkoffer (der seinerzeit glücklicherweise nicht an Yuris Handgelenk gekettet war) schlug Alarm. Es sandte Alarmmeldungen zu den Kampfstationen, ja, aber meldete sich auch gut hörbar mit einer hässlich schreienden Kriegsfanfare.

Raketensysteme im ganzen russischen Kernland meldeten Kampfbereitschaft. Wenn es sich bei der Rakete um einen amerikanischen Erstschlag gehandelt hätte, dann hätte die Rakete neun Minuten später eingeschlagen. Wäre es eine elektromagnetische Pulswaffe gewesen, hätte es dann die russische Zweitschlagkapazität zunichte gemacht? Wäre daraufhin ein zweiter noch größerer Anschlag gefolgt?

Niemand wusste es. Was man ihnen zugute halten musste war, dass die Generäle ihren Atem angehalten und gewartet hatten. Lange Minuten waren vergangen. Nach acht Minuten meldete der Radar, dass die Rakete die Erdatmosphäre verlassen hatte. Ein zaghafter Jubel folgte. Nach elf Minuten meldete der Radar, dass die Rakete sich ohne Auffälligkeiten um die Erde bewegte.

Niemand jubelte danach. Die Leute gingen einfach zurück an ihre Arbeit.

Die Tote Hand war an jenem Tage nicht zum Einsatz gekommen. Die Kampfstationen warteten auf die Befehle der Kommandozentrale. Aber heute war die Tote Hand im Einsatz. Ein Fehler, eine Panne im Kommunikationssystem, oder eine Ratte, die sich durch Kabel gefressen hatte, konnte die Entscheidung für einen nuklearen Angriff in die Hände von weit entfernten Menschen legen, die entweder betrunken, müde, gelangweilt oder geistesgestört waren.

Die Amerikaner hatten etwas Unerwartetes getan. Ein gefährlicher Intrigant war in Washington an die Macht gekommen und die nächsten Schachzüge würden so unberechenbar. Als Antwort darauf hatte Russland seine unverlässlichen und alles andere als sicheren Prozeduren ins Rollen gebracht, die nun die ganze Welt in Gefahr brachte.

Die Tote Hand war eine Abschreckungsstrategie. Es war die gegenseitige Zusicherung maximaler Zerstörung. Es war zu Zeiten der glorreichen Sowjetjahre vielleicht einmal eine gute Idee gewesen, damals als die Kommunikations- und Warnsysteme noch verlässlich, modern und gut gewartet waren.

Aber jetzt war es einfach nur eine schreckliche Idee. Und sie war Realität geworden.

Kapitel 49

1.03 Uhr

Bowie, Maryland – Östliche Vororte Washington, DCs

Luke parkte in dreißig Meter Entfernung. Das Haus war eine zweistöckige Ranch, die auf einer Doppelgarage thronte. Jede Lichtquelle musste in dem Haus angeschaltet worden sein. Eine der Garagen stand offen, in ihr brannte Licht. Es sah fast nach Weihnachten aus.

Die offenstehende Garage war vollkommen leer – abgesehen von einigen Werkzeugen, die an der Wand hingen, einem Garagenmülleimer und ein paar Harken und Schaufeln in der Ecke. Luke vermutete, dass Brenna sein eigenes Auto rausgefahren hatte, sodass Chuck direkt reinfahren konnte, wenn er ankam. Die Beiden hatten tatsächlich keine Ahnung, mit wem sie es hier zu tun hatten.

Luke blickte zum Himmel. Es war bewölkt. Angesichts von all dem, was auf dem Spiel stand, hätte es ihn nicht gewundert, wenn in der nächsten Sekunde das Haus durch einen Drohnenanschlag in die Luft gesprengt worden wäre. Das würden sie tun und dann erklären, dass es ein Blitz gewesen war. Allerdings würden sie wahrscheinlich auf Susan Hopkins warten, bevor sie zuschlugen.

Das Spiel hieß alles oder nichts.

Lukes Handy klingelte. Er blickte auf den Display und nahm ab.

„Ed.“

„Luke, schön zu hören, dass du noch lebst.“

„Finde ich auch. Danke nochmal. Du hast mein Leben gerettet.“

„Trudy hat mir gesagt, dass ich dich anrufen soll. Sie hat mir gesagt, dass deine Familie verschwunden ist. Stimmt das?“

„Das stimmt“, sagte Luke. „Ja.“

„Wirst du dich jetzt da rausziehen?“

„Ich fürchte, dass es dafür zu spät ist. Ich habe am ehesten eine Chance sie wiederzusehen wenn ich einfach weitermache.“

„Ich will dir etwas im Vertrauen sagen“, sagte Ed. „Ich habe schon einmal einen Mann eine Woche lang am Leben gehalten während ich ihn getötet habe. Das war damals eine private Angelegenheit, nichts, das mit der Arbeit zu tun gehabt hätte. Ich würde es wieder tun. Wenn jemand deiner Familie etwas antut, dann würde ich das für dich wieder tun. Ich verspreche es.“

Luke musste schluckten. Der Tag mochte kommen, an dem er auf Eds Angebot zurückkommen würde.

„Danke.“

„Was kann ich jetzt für dich tun?“

„Ich habe eine Freund“, sagte Luke. „Er ist irakischer Arzt und er arbeitet als Gerichtsmediziner in der E Street. Er heißt Ashwal Nadoori. Ich habe einmal mein Cover für ihn aufgegeben. Hat seinen Arsch gerettet. Wenn ich gleich auflege, will ich, dass du ihn anrufst. Okay?“

„Verstanden.“

„Sag ihm, dass ich ihn um einen Gefallen bitten muss. Mach klar, dass er keine Wahl hat. Er hat mir einmal gesagt, dass er für mich auf Knien durch die Wüste rutschen würde. So was in der Art. Erinnere ihn daran. Das ist seine Chance seine Schuld zu begleichen. Dann triff dich mit… Kannst du laufen?“

„Nein. Nicht wirklich. Aber kriechen.“

„Dann kriech zu seinem Büro. Wenn du dort bist, ruf mich zurück, aber benutzte nicht das Handy, von dem du jetzt anrufst. Klau dir ein Handy. Ich geh heute Abend an alle Anrufe ran. Wenn ich sehe, dass eine unbekannte Nummer mich anruft, dann weiß ich, dass du es bist. Bis dahin habe ich ein anderes Handy. Wir rufen uns gegenseitig von gestohlenen Handys an. Ich werde Ashwal dann unsere Anweisungen geben. Du wirst mir eventuell dabei helfen müssen, indem du ihm seinen Arm ein wenig verdrehst.“

„Alles klar, Luke. Ich bin ziemlich gut im Armverdrehen.“

„Das weiß ich.“

Luke legte auf und stieg aus dem Auto. Er nahm einen Metallkasten aus dem Kofferraum und einen grünen Tornister. Er lief durch die dunkle Nachbarschaft zur Vordertür des Hauses. Er hatte den Eindruck, dass die Nachbarschaft nicht wirklich schlief. Wer hätte auch in solch einer Nacht schlafen können? Er stellte sich vor, wie ihn dutzende von Menschen umgaben, wach in ihren Betten, sich vielleicht vorsichtig mit ihren Liebsten unterhielten, vielleicht weinten, vielleicht beteten.

 

Wenn sie einen Scharfschützen positioniert hatten, dann hätte er ihn jetzt erschießen können. Er machte sich für einen Schuss bereit, aber nichts geschah.

Er stieg die Treppen hinauf und klingelte. Eine Melodie erscholl im Haus. Ein paar Sekunden verstrichen. Luke stellte seine Taschen ab. Er drehte sich um und starrte in die Nacht. Haus neben Haus, Straße neben Straße alles das erstreckte sich über mehrere Blöcke bis hin zu der kleinen Hauptstraße. Für viele Menschen hier war es sicherlich die schlimmste Nacht ihres Lebens. Er war einer dieser Menschen.

Die Tür öffnete sich hinter ihm. Er drehte sich um und sah einen Mann dort stehen. Er war groß, hatte silbernes Haar und ein schroffes Gesicht. Er sah wie einer dieser Fünfundsechzig-Jährigen aus, der nie geraucht hatte und immer noch fünf Mal die Woche ins Fitnessstudio ging. Er hatte eine Schusshaltung eingenommen. Seine Hände hielten eine große Pistole. Das Ende war direkt vor Lukes Gesicht.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte der Mann.

Luke nahm seine Hände hoch. Keine plötzlichen Bewegungen, kein sinnloses Erschossen werden. Er sprach langsam und ruhig. „Walter Brenna, mein Name ist Luke Stone. Ich arbeite für das FBI Spezialeinsatzkommando. Ich gehöre zu den Guten.“

„Wie heißen Sie gleich?“

„Walter, alle – und ich meine wirklich alle – kennen Ihren Namen. Sie wissen wer Sie sind und was Sie vorhaben. Ich bin hier um Ihnen mitzuteilen, dass es so nicht funktionieren wird. Die Bösen haben Ihr Telefonat mit Chuck Berg mitgehört und sie bereiten sich in diesem Moment vor hier aufzukreuzen, wenn sie nicht bereits hier sind. Sie werden sie nicht aufhalten können.“

Brenna grinste. „Aber Sie werden es?“

„Ich war für die Delta Force in Afghanistan, Irak, Jemen, der Demokratischen Republik Kongo und anderen Orten stationiert. Niemand weiß, dass wir überhaupt im Kongo waren, verstehen Sie?“

Brenna nickte. „Das tue ich. Aber das heißt nicht, dass mich das beeindrucken würde oder dass ich Ihnen glauben würde.“

Luke wedelte mit seiner Hand umher. „Sehen Sie diesen Kasten und die Tasche hinter mir? Sie sind voll mit Waffen. Ich weiß, wie man sie benutzt. Ich habe bei hundert aufgehört die Leute, die ich nachweislich getötet habe, zu zählen. Wenn Sie diese Nacht überleben und die Vize-Präsidentin am Leben halten wollen dann sollten Sie mich jetzt reinlassen.“

Brenna wollte Quizshow spielen. „Und was wenn nicht?“

Luke zuckte mit den Schultern. „Dann warte ich hier draußen. Wenn Chuck auftaucht werde ich ihm sagen, dass die Vize-Präsidentin mit mir kommt. Wenn er nicht einwilligt, dann töte ich ihn. Und nehme sie dann so oder so mit. Sie muss um jeden Preis am Leben bleiben. Chuck ist dabei egal genauso wie Sie.“

„Wo wollen Sie sie hinbringen?“

„Ich werde sie zu einem Freund bringen. Ein Arzt wartet auf sie zusammen mit einem ehemaligen Delta-Kollegen. Er ist mein Partner und er hat in den letzten zwölf Stunden sechs Leute getötet, unter ihnen drei, die mit den Morden an der Regierung zu tun hatten. Wann haben Sie das letzte Mal jemanden umgebracht, Walter?“

Brenna starrte ihn an.

„Glauben Sie das hier durchzustehen ohne jemanden zu erschießen? Falls ja, sollten Sie es sich noch einmal überlegen.“

Die Waffe schwankte.

„Ich habe geklingelt, Walter. Das werden die Anderen nicht tun.“

Brenna nahm seine Waffe runter. „Kommen Sie rein.“

Luke griff seine Taschen und trat ins Haus. Er folgte Brenna hinunter in einen schmalen Gang. Sie gingen an einer alten Schiffsküche vorbei. Luke übernahm sogleich das Kommando und Brenna nahm es hin.“

„Gibt es hier irgendwelche Frauen?“, fragte Luke. „Kinder?“

Brenna schüttelte den Kopf. „Ich bin geschieden. Meine Frau ist nach Mexiko gegangen. Meine Tochter lebt in Kalifornien.“

„Gut.“

Brenna führte Luke in einen fensterlosen Raum. Ein Holztisch stand in der Mitte. Medizinische Materialien lagen darauf – Skalpelle, Scheren, Antiseptika, Bandagen, Mullbinden. „Dieser Raum hat eine doppelte Stahlwand. So kann man uns aus mehreren Metern Entfernung von außerhalb des Hauses nicht aufspüren.“

Luke schüttelte den Kopf. „Nein. Sie werden Infrarot-Wärmesucher benutzen. Wir hatten in Afghanistan solche Brillen. Man sieht die Wärme direkt durch die Wände. Sie starten ein Höllenfeuer dort draußen und wir sitzen hier in der Falle.“

Luke hob eine Hand. „Hören Sie, Walter. Wir werden das hier nicht durchstehen, wenn wir versuchen süß zu sein. Sie hauen alles klein. Kein Gesetz greift hier mehr. Keine Verhandlungen. Es steht zu viel auf dem Spiel. Wenn sie uns angreifen, dann aber richtig. Wir müssen darauf eingestellt sein. Sie werden nicht zögern, dieses Haus in eine brennende Fackel zu verwandeln, um danach allen zu erzählen, dass es die Gasleitung war, die alles in die Luft gesprengt hat. Ich persönlich würde lieber auf offener Straße erschossen.“

Luke stellte seine Taschen auf den Tisch. Der Mann war offensichtlich ein Hobbyagent, einer dieser sogenannten „Prepper“, die sich mit diesen Dingen, wie diesem Panic Room umgaben, haufenweise Dosenessen bunkerten, um so die kommende Apokalypse zu überleben. Es war zwar nicht Lukes Art, aber immer noch besser als jemand, der überhaupt gar nicht vorbereitet war.

„Was haben Sie sonst noch zu bieten?“, fragte Luke. „Haben Sie sonst noch irgendetwas Nützliches?“

„Ich habe ein M1 Garand Gewehr und vielleicht zwanzig geladene Magazine mit .30-06 panzerbrechender Munition.“

Luke nickte. „Das ist schon besser. Was noch?“

Brenna atmete tief durch.

„Kommen Sie schon, Walter. Raus damit. Wir haben keine Zeit.“

„Okay“, sagte Brenna. „Ich habe einen nachgerüsteten schusssicheren Chevrolet Suburban. Er steht in der Garage. Er sieht nicht so aus, aber die Türen, das Gehäuse, das Interieur, die Aufhängung, der Motor, alles ist in Stahl gekleidet, ballistisches Nylon oder Kevlar. Die Reifen sind Runflats – man kann mit ihnen noch hundert Kilometer weiterfahren, nachdem sie zerschossen wurden. Das Glas ist aus fünf Zentimeter dickem durchsichtigen Polykarbonat und Blei. Das Gewicht kann sich auch sehen lassen, eine Tonne mehr als ein herkömmlicher Suburban. Der Motor ist ein getunter V8 und die vordere Stoßstange und der Grill sind aus gestärktem Stahl – man könnte mit dem Ding durch eine Backsteinwand fahren.“

Luke grinste. „Sehr schön. Und das wollten Sie mir verheimlichen.“

Brenna schüttelte seinen Kopf. „Ich habe hunderttausend Dollar in das Auto investiert.“

„Es wird keinen besseren Zeitpunkt geben es zu benutzen als jetzt“, sagte Luke. „Zeigen Sie ihn mir.“

Sie liefen durch Brennas Haus zur Garage. Luke hielt Brenna zurück, als er eintreten wollte. Sie standen in Nähe der Küchentür wohl wissend, dass mögliche Scharfschützen durch die offene Garagentür einen guten Blick auf sie haben konnten. Gegenüber stand der schwarze Suburban. Brenna hatte recht gehabt. Er sah wie ein gewöhnlicher Geländewagen aus. Vielleicht waren die Scheiben etwas dunkler als gewöhnlich. Vielleicht glänzte der Wagen ein bisschen mehr als er sollte. Vielleicht spielte sich das aber auch alles nur in Lukes Fantasie ab.

„Vollgetankt?“, fragte Luke.

„Natürlich.“

„Ich muss ihn mir kurz ausleihen.“

Brenna nickte. „Das dachte ich mir. Vielleicht komme ich mit.“

„Gute Idee. Haben Sie noch irgendwelche alten Geheimdienstkumpel, die noch fit sind und denen Sie trauen können?“

„Ein paar. Ja.“

„Wir brauchen sie“, sagte Luke. „Das Land zahlt ihnen schließlich eine Pension, richtig? Sie können ihre Körper ein letztes Mal zum Einsatz bringen.“

In diesem Moment ertönte das Heulen eines großen Motorrads von der Straße her. Es fuhr schnell. Es kam aus dem Nichts, bog scharf in Brennas Einfahrt ein und holperte hinauf durch die Garagentür. Es kam rutschend zum Stehen, das vordere Rad preschte in die Wand. Dem Fahrer gelang es dennoch das Motorrad aufrecht zu halten.

Luke zog seine Waffe im Glauben, dass das der Beginn des Angriffs sein würde.

Brenna rannte zur Garagentür. Er sprang, griff nach dem Seil und stieß die Tür nach unten zu. Er verschloss die Tür, indem er sie in ein schweres Raster im Boden einhakte.

Der Mann auf dem Motorrad nahm seinen Helm ab. Eine Frau befand sich hinter ihm, sie umklammerte seine Hüften. Luke kam näher. Eigentlich hielt sie ihn gar nicht fest. Ihre Handgelenke waren mit Handschellen um die Hüften des Mannes gekettet. Er hatte sie außerdem mit zwei großen Lederriemen an sich festgebunden. Brenna holte ein Messer heraus und begann sofort sie auseinanderzuschneiden.

Sobald ihre Hände frei waren, fiel der linke Arm der Frau zu ihrer Seite hinab. Sie zog mit der rechten Hand den Helm von ihrem Kopf. Ihr kurzer blonder Bob fiel ihr fast bis auf die Schultern. Ihr Gesicht war von Ruß bedeckt. Sie biss die Zähne zusammen. Die linke Seite ihres Gesichts bis zu ihrem Kinn war schreiend rot und schälte sich. Ihre blauen Augen verrieten ihre Erschöpfung.

Susan Hopkins blickte sich in der Garage um. Ihr Blick blieb an Luke kleben.

„Stone? Was machen Sie hier?“

„Das selbe wie Sie“, sagte Luke. „Ich versuche mein Land zu retten. Geht es Ihnen gut?“

„Ich habe Schmerzen. Aber es geht mir gut.“

Der Mann klappte den Motorradständer aus und stieg ab. Er war groß. Sein Gesicht war müde aber seine Körpersprache und Augen zeugten von Wachheit und Bereitschaft.

„Charles Berg?“, fragte Luke.

Der Mann nickte. „Nennen Sie mich Chuck“, sagte er. „Sie Vize-Präsidentin hat sich wacker geschlagen. Wir haben eine anstrengende Nacht hinter uns, aber sie hat es durchgestanden. Man könnte nicht viel zäher sein.“

„Sie ist Präsidentin“, sagte Luke und die Wahrheit dieser Aussage traf ihn zum ersten Mal.

„Nicht Vize-Präsidentin.“ Er blickte zu ihr. Sie war klein. Das erstaunte ihn wiederholt. Er hatte immer geglaubt, dass Supermodels groß wären. Sie war schön, fast himmlisch schön. Die Verbrennungen in ihrem Gesicht verstärkten diesen Eindruck noch. Er hätte sie noch eine Stunde weiter anstarren können.

Aber er hatte keine Stunde. Vielleicht nicht einmal fünf Minuten.

„Susan, Sie sind jetzt die Präsidentin der Vereinigten Staaten. Lassen Sie uns versuchen, das nicht zu vergessen. Das wird uns helfen. Jetzt müssen wir hier erst einmal raus.“

Lukes Handy begann zu klingeln. Er blickte darauf. Er kannte die Nummer nicht. Es war also Ed.

„Walter, das ist vielleicht eine verrückte Frage, aber haben Sie eventuell ein Handy, dass noch nie benutzt wurde?“

Brenna nickte. „Ich habe fünf oder sechs Prepaid-Handys. Ich habe sie immer bei der Hand, falls ich schnell jemanden anrufen muss, dessen Bewegungen nicht sofort nachverfolgt werden sollen. Ich benutzte ein Prepaid-Handy einmal, dann entsorge ich es.“

Der Typ war ein Jackpot. „Sie sind schon ein wenig paranoid, oder?“, fragte Luke.

Brenna zuckte die Schultern. „Kommt Ihnen doch gerade sehr recht, oder?“

Luke ging an sein Handy. „Ed? Hast du meinen Freund gefunden? Gut. Ich ruf dich gleich zurück.“