Hertensteiner Gespräche in Heilbronn

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Hertensteiner Gespräche in Heilbronn
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Hertensteiner Gespräche in Heilbronn

Ergebnisse aus dem Jahr 2020

Heinrich Kümmerle (Herausgeber)

Hertensteiner Gespräche in Heilbronn

1 Vorwort von Prof. Dr. Walther Heipertz

2 Einleitung von Heinrich Kümmerle

3 Einführung in die Gespräche

4 I. Wir bringen die europäische Bürgerschaft zusammen! Möglichkeiten für Begegnungen am Beispiel Frankreichs nutzen

5 II. Europa als Projekt – was heißt das für die Europäer von heute?

6 III. Europäische Geld- und Fiskalpolitik

7 IV. Wir sind nicht alleine! – Vernetzung und Wirkkraft Europäischer Föderalisten

8 V. Die bevorstehende EU-Zukunftskonferenz – Vorstufe für einen neuen Verfassungskonvent für Europa?

9 Hot-Wash-Up & Ausblick

10 Mitwirkende

11 Über uns

1  Cover

2 Table of contents

Vorwort von Prof. Dr. Walther Heipertz

Die Hertensteiner Gespräche sind hinsichtlich der Entwicklung von Europa – ihrer Kommentierung und Beförderung – ein einzigartiges Format: Sie dokumentieren den – nicht nur einmaligen, sondern kontinuierlichen – Prozess und die Ergebnisse eines „geführten“ Gedankenaustauschs von Menschen, die das Thema bewegt, die Europa voranbringen wollen und die aus ganz verschiedenen Perspektiven darauf blicken bzw. daran beteiligt sind. Zum einen ist das ‚auch’ die Politik, was naheliegt, auch die entsprechend ausgerichteten Organisationen, etwa die Jungen Europäer und die EUROPA-UNION, aber eben auch ganz andere Menschen und Gruppen. Dies spiegelt sich nicht nur in den Themen der Gesprächskreise und ihren jeweiligen ‚Vorbereitern’, sondern deutlicher noch bei den Teilnehmern selbst, die etwa aus dem Bereich Städtepartnerschaften und Umweltverbänden kommen, aber auch ‚nur’ engagierte Ärzte, Anwälte, Geschäftsleute, Gewerbetreibende, Angestellte, Beamte, Auszubildende, Ruheständler u.a. sind. Der bunte Querschnitt engagierter Bürger ist es also, der sich hier außerhalb der beruflich gebahnten Kanäle einmal im Jahr zusammenfindet und diskutiert. Hier findet ein kontinuierlicher, sich also fortschreibender, somit nicht nur einmaliger und auch nicht jeweils komplett neuer Diskurs statt, im Sinne eines ablaufgeplanten, also vorbereiteten und vorangekündigten, somit methodisch im Mindestmaß qualitätsgesicherten bzw. ‚standardisierten’ Gesprächsrahmens. Die Mehrzahl der Themen bzw. Gesprächsgruppen werden – wegen ihrer bei Beginn der Gespräche vor 4 Jahren für gleichsam konstitutiv angesehenen Bedeutung – über die Jahre nur geringfügig verändert oder allenfalls lediglich mit aktuellen Schwerpunktsetzungen ergänzt. So soll ein kontinuierlicher, jeweils auch dokumentierter Entwicklungsprozess der themenzentrierten Reflexion des „Weltprojektes Europa“ erkennbar werden, bzw. damit auch die Entwicklung des europäischen Prozesses selbst, im Spiegel eben des Bewusstseins von sich damit beschäftigenden und davon betroffenen Menschen. Einschlägige, immer wieder auch sehr grundlegende Statements und Bücher von Soziologen, Politikern und Historikern, die eigentlich aber ‚nur’ in die Tiefe gehende ‚Einzelleistungen’ darstellen, sind unabdingbar und gehen deshalb in die Vorbereitung und den Verlauf der „Hertensteiner Gespräche“ ein, gelegentlich auch als zentraler Anknüpfungspunkt, ohne dass sie zu einem jährlichen Fortbildungskongress würden. Unsere Gespräche sind dagegen sowohl eine ‚erste Antwort des Gegenstands selbst’, also eines sich artikulierenden, europäischen Selbstverständnisses, auf neue Deutungsentwürfe – eine Antwort, die gegebenenfalls auch den Autoren und Spezialisten zurückgespielt bzw. zugänglich gemacht wird – , sind aber auch ein wichtiger Multiplikator für die – positive oder negative – Breitenwirkung bzw. ‚Einspielung’ solcher Impulse in den europäischen Prozess, jenseits eben der üblichen Vermarktung von Büchern. Diese Gespräche sind insofern ein wechselseitiger Widerhall zwischen den theoretischen und den praktischen Fortschritten in der geistig-politischen Wirklichkeit Europas, sollen also – im besten Sinne des Wortes – ein ‚Prozessbeschleuniger’ für die Weiterentwicklung sein: auf Basis sowohl praxisrelevanter Theorie, also auch theorierelevanter Praxis. Hierzu treffen sich inzwischen schon viele Teilnehmer jedes Jahr wieder, einige schon von Anfang an. Glücklicherweise kommen aber immer wieder auch neue hinzu, die neue Ideen haben, sich aber auch von denjenigen, die schon länger dabei sind – vielleicht auch als Moderatoren bzw. ‚Themenverantwortliche’ – über den ‚Hertensteiner Stand zum Thema’ informieren lassen wollen. Die Gesprächsprotokolle sind somit eine Art ‚Kompendium’ der sich selbst reflektierenden und weiterentwickelnden, europäischen Integrationsgeschichte, aus der Perspektive einer – primär laienhaften, wenn auch informierten – Selbstbetroffenheit. Dies markiert nicht nur den Unterschied zu klassischen Publikationen aus der Fachwelt, die sich ja bestmöglich um Objektivität und ‚Abstand’ vom Gegenstand bemühen muss, sondern macht sie so – wie wir ein wenig stolz und hoffnungsfroh ‚beanspruchen’ – zu einer einzigartigen ‚Tendenzliteratur’, die wir auch brauchen.

Einleitung von Heinrich Kümmerle

Die Hertensteiner Gespräche fanden 2020 bereits zum vierten Mal, nämlich am 19. und 20. September 2020, aber aufgrund von COVID-19 nur virtuell unter Zuhilfenahme einer Videochat Software statt. Sie sind inzwischen ein fester Bestandteil im Vorhabenkanon der Europäischen Föderalisten und in einer ersten Gesprächsreihe auf insgesamt 12 Gesprächsrunden festgelegt, wobei in der ersten Dekade jetzt die Themen, die sich allesamt aus den zwölf Punkten des Hertensteiner Programms vom 21. September 1946 ableiten, laufend – auch von den jeweiligen Gesprächsteilnehmern selbst im Hinblick auf das Folgejahr – den heutigen und sich weiter wandelnden Bedürfnissen und Fragen entsprechend erweitert oder spezifiziert wurden und werden.

Im Jahr 2027, bei den 11. Hertensteiner Gesprächen, sollen dann die Ergebnisse dieser Dekade thematisiert und diskutiert werden, um letztendlich 2028 bei den 12. Hertensteiner Gesprächen eine gemeinsame Erklärung zum Hertensteiner Programm von 1946 abgeben zu können.

Prof. Dr. Walther Heipertz hat in seinem Vorwort zu diesem Gesprächsprotokoll bereits das Besondere an den Hertensteiner Gesprächen dargelegt, so dass es mir nur noch bleibt, daran zu erinnern, dass bis zum Abschluss der Hertensteiner Gespräche 2028 der Weg dorthin zugleich auch das Ziel ist, welcher allen Beteiligten möglichst transparente, interessante, vielfältige und auch ergebnisoffene Gespräche und dies in einer sehr angenehmen Atmosphäre bieten soll, die jedem Mitmacher mehr Lust auf Demokratie und inhaltliche Auseinandersetzungen machen.

Beginnend mit den 4. Hertensteiner Gesprächen haben wir uns zudem entschieden, die ursprüngliche Schreibweise der EUROPA-UNION zu verwenden, um u.a. einer Verwechslung mit der Europäischen Union zu erschweren. Auch verwenden wir hier im Protokoll die Abkürzung „EU“, welche sowohl für die EUROPA-UNION als auch für die Europäische Union gebräuchlich ist, nur für letztere.

Die 4. Hertensteiner Gespräche fanden erneut die Unterstützung seitens der EUROPA-UNION Deutschland, der EUROPA-UNION Baden-Württemberg und der Union Europäischer Föderalisten, sowie die unserer Jugendorganisation, den Jungen Europäischen Föderalisten aus Baden-Württemberg. Neu hinzu kam die Neue Europäische Bewegung Schweiz, welche allerdings zu den Gesprächen selbst keinen Vertreter entsenden konnte.

Die Gespräche mussten aufgrund von COVID-19 in den virtuellen Raum verlegt werden, fanden dabei allerdings wieder zweitägig statt. Für die Vorbereitung der 4. Hertensteiner Gespräche konnten Michael Georg Link MdB (Heilbronn), Leonhard Reinwald (Heilbronn), Prof. Dr. Walther Heipertz (Heidelberg), Carmen Kieninger (Heilbronn) sowie Bettina und Heinrich Kümmerle (Heilbronn) gewonnen werden.

Als weitere Unterstützer der 4. Hertensteiner Gespräche kam dann noch der JEF-Landesvorsitzende, Alexander Holder (Ludwigsburg), hinzu, der ein Grußwort sprach.

Während des Verlaufs der diesjährigen Veranstaltung wurden für die Weiterentwicklung der Hertensteiner Gespräche, und zwar schon für die kommende 5. Runde, die folgenden Veränderungen erwogen:

 vielleicht sollte man flexibler neue Themen hinzunehmen;

 vielleicht sollten die Hertensteiner Gespräche grundsätzlich virtuell oder in Hybrid-Form stattfinden;

 vielleicht könnten die Hertensteiner Gespräche als Parallelveranstaltung zur Konferenz zur Zukunft Europas dienen.

Die hier veröffentlichten Ergebnisse der 4. Hertensteiner Gespräche sollen allen Interessierten Lust zur Teilnahme machen und den Gesprächsteilnehmern eine gute Zusammenfassung der Gesprächsverläufe bieten.

Ich bedanke mich bei allen Moderatoren, Protokollanten, Organisatoren, Impulsgebern und Diskutanten für deren Teilnahme und das dabei gezeigte Engagement. Als Einstieg in das E-Book finden Sie das Grundsatzprogramm der EUROPA-UNION Deutschland:

Hertensteiner Programm vom 21. September 1946

1 Eine auf föderativer Grundlage errichtete, europäische Gemeinschaft ist ein notwendiger und wesentlicher Bestandteil jeder wirklichen Weltunion.

2 Entsprechend den föderalistischen Grundsätzen, die den demokratischen Aufbau von unten nach oben verlangen, soll die europäische Völkergemeinschaft die Streitigkeiten, die zwischen ihren Mitgliedern entstehen könnten, selbst schlichten.

 

3 Die Europäische Union fügt sich in die Organisation der Vereinten Nationen ein und bildet eine regionale Körperschaft im Sinne des Artikels 52 der Charta.

4 Die Mitglieder der Europäischen Union übertragen einen Teil ihrer wirtschaftlichen, politischen und militärischen Souveränitätsrechte an die von ihnen gebildete Föderation.

5 Die Europäische Union steht allen Völker europäischer Wesensart, die ihre Grundsätze anerkennen, zum Beitritt offen.

6 Die Europäische Union setzt die Rechte und Pflichten ihrer Bürger in der Erklärung der Europäischen Bürgerrechte fest.

7 Diese Erklärung beruht auf der Achtung vor dem Menschen, in seiner Verantwortung gegenüber den verschiedenen Gemeinschaften, denen er angehört.

8 Die Europäische Union sorgt für den planmäßigen Wiederaufbau und für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit sowie dafür, dass der technische Fortschritt nur im Dienste der Menschheit verwendet wird.

9 Die Europäische Union richtet sich gegen niemand und verzichtet auf jede Machtpolitik, lehnt es aber auch ab, Werkzeug irgendeiner fremden Macht zu sein.

10 Im Rahmen der Europäischen Union sind regionale Unterverbände, die auf freier Übereinkunft beruhen, zulässig und sogar wünschenswert.

11 Nur die Europäische Union wird in der Lage sein, die Unversehrtheit des Gebietes und die Bewahrung der Eigenart aller ihrer Völker, größer oder kleiner, zu sichern.

12 Durch den Beweis, dass es seine Schicksalsfragen im Geiste des Föderalismus selbst lösen kann, soll Europa einen Beitrag zum Wiederaufbau und zu einem Weltbund der Völker leisten.

Einführung in die Gespräche

(Moderator: Heinrich Kümmerle, Kreisvorsitzender der EUROPA-UNION)

Begrüßung der Teilnehmer, Kurzeinweisung in die Hertensteiner Gespräche und deren Gesprächsmodalitäten. Themenpräsentation und Grußworte von Vertretern der EUROPA-UNION Deutschland, Baden-Württemberg und der Jungen Europäischen Föderalisten.

Da die Virtualität für einige Teilnehmer doch noch etwas ungewohnt war, wurde die Begrüßung der Teilnehmer auch dazu genutzt, um das verwandte System kurz vorzustellen und die Modalitäten der Bedienung festzulegen. Auch nutzte der Moderator die Gelegenheit, um die anwesenden Teilnehmer kurz vorzustellen und neue Gesprächsteilnehmer zu begrüßen. Danach sprachen die Vertreter der teilnehmenden Verbände ihre Grußworte und gaben bereits auch ihre ersten Statements zu den Gesprächen ab, was bereits zu ersten Diskussionen führte und in die erste Gesprächsreihe einführte.

I. Wir bringen die europäische Bürgerschaft zusammen! Möglichkeiten für Begegnungen am Beispiel Frankreichs nutzen

(Impulsgeberin: Friedlinde Gurr-Hirsch MdL und Staatssekretärin. Moderatoren: Bettina Kümmerle, Landesgeschäftsführerin der EUROPA-UNION, und Carmen Kieninger, Europabeauftragte des Landkreises Heilbronn)

Einleitung

Die Themen Städtepartnerschaft sowie binationaler Austausch auf kommunaler Ebene, z.B. in Partnerschaftsvereinen, der Forstwirtschaft, den Feuerwehren, sollen dazu verstärkt aufgegriffen werden. Ziel des Gesprächskreises soll es sein, weitere Anreize für die Bürgerschaft zu setzen, um verstärkt und aktiv in den persönlichen Austausch mit unseren europäischen Nachbarn zu treten.

Impuls 1: „Grenzenlos nachhaltig – Strategien gegen Lebensmittelverschwendung in Europa!

Friedlinde Gurr-Hirsch MdL, Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

In Deutschland fallen jährlich fast 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an. Das ergab die im September 2019 veröffentlichte Studie „Lebensmittelabfälle in Deutschland – Baseline 2015“ des Johann Heinrich von Thünen-Institutes im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

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