Geister

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Harald Winter



Geister





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Inhaltsverzeichnis





Titel







Sehen







Tod







Übergang







Veränderung







Impressum neobooks







Sehen






Ich kann sie sehen. Nachdem sie gestorben sind. Sie verlassen ihre Körper, verbringen einige Zeit in völliger Hilflosigkeit. Sie verstehen nicht, was mit ihnen geschehen ist. Am Anfang. Manche begreifen schneller, manche verharren sehr lange in einem Zustand, der einer Stasis gleichkommt. Aber irgendwann verstehen sie alle, was geschehen ist. Wenn sie das tun, dann scheint etwas in ihrer Seele zu zerbrechen. Sie werden zu Monstren. Sie alle. Jedenfalls hatte ich noch niemals eine Ausnahme erlebt. Ihr Einfluss auf die Welt der Lebenden ist beschränkt. Das ist unser aller Glück. Sie können ihren Zorn, dass sie ihre tot daliegenden Körper zurücklassen müssen nicht unmittelbar an den Lebenden abreagieren. Wenigstens nicht an den meisten. Sie können beeinflussen. Die Gedanken der Lebenden und manchmal, ganz selten auch Dinge. Sie bleibe nicht lange. Die einen gehen früher, die anderen später, aber sie alle finden irgendwann den Weg zu ihrem ungewissen Ziel. Ich bin einer derjenigen, der ihrem Zorn ausgeliefert ist. Einer von denen, die unter ihrer Wut zu leiden haben. Aber auch sie sind für mich nicht das, was man sich hinter vorgehaltener Hand über Geister erzählt. Keine durchscheinenden, nebelhaften Wesen, die für immer unerreichbar für die Lebenden sind. Ich kann sie erreichen und ich habe gelernt mit meinen Fähigkeiten umzugehen. Wenigstens glaube ich daran. Schließlich bin ich einer von ihnen.








Tod






Das quietschende Geräusch von über den Asphalt schlitternden Reifen riss mich aus meinen Gedanken. Ein dumpfer Aufprall ließ mich ruckartig den Kopf wenden. Der Urinstinkt, der mein Überleben sichern sollte und die Neugierde zwangen mich dazu hinzusehen. Jemand war an dem Fußgängerübergang, an dem ich stoisch auf das grüne Licht der Ampelanlage gewartet hatte auf die Straße getreten. Jemand, der offenbar wesentlich weniger Geduld als ich besessen hatte. Ein zusammengekrümmter Körper lag in einer Lache von Blut auf dem harten Asphalt der Straße. Ein schwarzes Fahrzeug mit zerbeulter Front stand direkt davor. Der Fahrer war noch nicht ausgestiegen. Entweder befand er sich in einem Schockzustand, oder er war selbst verletzt worden. Menschen liefen aus allen Richtungen zusammen. Rufend, schreiend oder mit vor den Mund gepressten Händen rannten sie auf das Opfer zu, um dann hilflos zu verharren. Niemand schien den regungslos daliegenden Körper berühren zu wollen. Es war als würde ihn eine unsichtbare Barriere umgeben, die nicht durchbrochen werden konnte. Da wusste ich, dass dem Opfer nicht mehr zu helfen war. Langsam gin

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