Read the book: «Der größte Irrtum der Weltgeschichte»
HANS-ERDMANN KORTH
DER GRÖSSTE
IRRTUM
DER WELTGESCHICHTE
VON ISAAC NEWTON 1689 ENTDECKT
- BIS HEUTE UNVORSTELLBAR -
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Copyright (2013) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
Titelgrafik: Ricarda Kiel
INHALT
Cover
Titel
Impressum
Zitat
Zum Geleit – von Prof. W. Kaltenstadler
Vorwort
I. DIE ZEIT
Der Kalender und die Überlieferung
Gesicherte Erkenntnisse – gibt es so etwas?
Darf man an der Chronologie denn zweifeln?
Ad hoc-Annahmen allüberall – ein Anfangsverdacht
Wann lebte Kaiser Oktavian Augustus?
Der Untergang der Villa Augustea am Vesuv
Ara Coeli – Der Tempel auf dem Kapitol
Entstand die Sonnenuhr des Augustus vor 1700 Jahren?
Gregors Kalenderreform: 3 Tage zu wenig?
Jahreszahlen und Epochen
'Anno Domini' oder 'unsere Zeit' – AD oder uZ?
Dionysius Exiguus: Zählung nach Christi Geburt
Fredegar – zwei Zählweisen werden vermischt
Beda Venerabilis und die Osterrechnung
II. ZWEIFEL
Ein Dogma voller Widersprüche
Die Chronologie des Joseph J. Scaliger
Azaria ben Rossi und der jüdische Mondkalender
Die Chronologieberichtigung Isaac Newtons
Jean Hardouin und die Römischen Schriftsteller
Nikolai Morosow erklärt die Vision von Patmos
Chronologiekritiker des 20. Jahrhunderts
Unstimmigkeiten des Überkommenen
Gibt es schlüssige Erklärungen für alle Beobachtungen?.
Ganz nahe an des Rätsels Lösung
Die verhängnisvolle Abkehr von der Naturwissenschaft
Geschichte voller Verdopplungen
Römische Antike von Cäsar bis Gaius Julius Verus
Konstantin – der Herakleios
Die 'verspätete' Rezeption der Antike
Verdoppelte Hunnen, Goten und Awaren
Die Zeit Ludwigs des Frommen
Menapier und Karolinger
III. WAS KANN NATURWISSENSCHAFT BEWEISEN?
Astronomie
Astronomische Überlieferungen der Antike
Der Tag der 'Offenbarung Johannis'
Die Schlacht am Ponte Milvio und das Staurogramm
Eklipsen und Kometen des Frühmittelalters
Physikalische Zeitmarken und ihre Interpretation
'Radiokarbonjahre' – nur gut 10 Monate lang?
Dendrochronologie – aber warum ohne Sequoias?
Der Kirnsulzbach-Streit
Ein Eis-Bohrkern justiert das Radiokarbonalter
Vulkan-Staub im Grönlandeis
Die Bildtafeln von Tatarli
Die Eruption von Thera
1500 Jahre zwischen Anstieg von CO2 und Temperatur?.
Stratigraphie und Münzfunde
Als die Sonne erlosch – Die Katastrophe von 534
Der Niedergang des weströmischen Reiches
Spuren einer lang andauernden Krise
Wieviele Dunkle Jahrhunderte?
IV. IRRTUM – DILEMMA – TÄUSCHUNG
Ostrom – das christianisierte Imperium
Justinian – zwischen Trebonianus und Theodora
Die missbrauchten Sieben Schläfer von Ephesos
Konstantin VII. Porphyrogennetos
Die Jahre des Islam zählen ab 622 u.Z
Jahrtausendwende im Westen – Otto III
Das Schreiben Leo von Vercellis an den Papst
Umbruch zur Jahrtausendwende
Der Lapsus des Thietmar v. Merseburg
Das fragmentierte Frühmittelalter
Wann verstarben seine Protagonisten?
Das kleine schmutzige Geheimnis der Karolinger
Kaiser Karl – der 'Trismegistos'
Die Doppelreihe der Päpste
Verschleierung und Fälschungen
V. AUFLÖSUNG DES ZEIT-STREITS
Richtige Beobachtungen – falsche Erklärungen
Jahrhunderte alte Ansichten und Einsichten
Jahreszahlen wie bisher – mit besserem Verständnis!
Ein verfeinertes Modell der Erderwärmung
Und die Bibel hat auch Recht
Zeit-Streit um König David
Himmelsereignisse im Neuen Testament
Komet Halley's Stillstand vor den '3 Königen'
Das Messias-Projekt des Zacharias
Zum guten Schluss
Dank
ANHANG
Quellen und Literatur
Register
»..they have made the Antiquities of Greece three
or four hundred years elder than the truth.«
Sir Isaac Newton, 1689
Zum Geleit – von Prof. W. Kaltenstadler
In den letzten Jahren beherrschte die Phantomzeitthese von Dr. Illig das chronologische Schlachtfeld, auf welchem sich nicht nur Fachkundige, sondern auch reine Amateure tummelten. Diese These wurde erstmals in dem Buch „Das erfundene Mittelalter – Die größte Zeitfälschung der Geschichte" der Öffentlichkeit präsentiert und hat in Deutschland einige Jahre Furore gemacht. Dr. Illig und seine Mitstreiter, zu denen auch Prof. Heinsohn von der Universität Bremen gehört, vertreten die Auffassung, dass rund 300 Jahre im karolingischen Mittelalter schlicht und einfach erfunden und in den Geschichtsablauf nachträglich interpoliert worden wären. Für Illig und Heinsohn existiert also die karolingische Epoche nicht. Es gibt allerdings zwei große Schwachstellen in der Illig´schen These, welche die meisten Historiker zu Recht bemängeln:
• Illig muss 297 Jahre erfundene Zeit nicht nur für den christlichen, sondern auch für den Geschichtsablauf anderer Kulturen geltend machen, z.B. den Islam.
• Illig klammert naturwissenschaftliche Methoden der Astronomie, der Dendrochronologie, von C14 etc. aus und akzeptiert diese nicht, wenn sie seiner These widersprechen.
In Frage zu stellen wäre auch die maßgebende Ursache für die Zeitfälschung. Illig hat die Christlichkeit des frühen Mittelalters enorm überschätzt. Es gibt zahlreiche Völker, wie z.B. die Bajuwaren, die das Christentum erst im Laufe des Mittelalters annahmen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es gibt wohl keinen Zweifel, dass es zwischen bestimmten Personen und Ereignissen vor allem des frühen Mittelalters große Widersprüche gibt und dass unsere heute verwendete, im Grunde christliche Chronologie somit nicht stimmen kann. Illigs Hypothese wird aber allein schon dadurch in Frage gestellt, dass zahlreiche Personen und Ereignisse – nicht bloß des Frühmittelalters – zu verschiedenen Zeiten vorkommen. Das spricht gegen Fälschung. Die 297 Jahre von Illig passen, doch er hat die falschen Schlüsse daraus gezogen bzw. die richtige Spur nicht erkannt.
Die Phantomzeitthese hat ohne Zweifel dazu beigetragen, Schwachstellen unseres Chronologiesystems aufzuzeigen und zu kritischen Diskussionen anzuregen. Ihrer Widersprüche und Ungereimtheiten ist sich auch ein so kundiger Mann wie Prof. Heinsohn bewusst. Es ist also kein Zufall, dass er sich dafür entschied, die von ihm erkannten Unwahrscheinlichkeiten genauer unter die Lupe zu nehmen und in seinem neuen Buch „Wie viele Jahre hat das erste Jahrtausend" sich daran machte, bessere Erklärungen zu bieten. Zentrales Problem dieses Werkes ist es aber, dass Illigs These nicht in Frage gestellt wird und echte Alternativen zur erfundenen Zeit von Illig nicht sichtbar werden.
Eine völlig neue Perspektive zur These von der 'erfundenen' Zeit bietet nun das hier vorliegende Buch des Physikers Hans-Erdmann Korth. Dieser wendet konsequent naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden auf die Analyse der Chronologie an. Er erklärt die Widersprüche des geltenden Chronologiesystems damit, dass es i.W. zwei Arten der Jahreszählung gibt, nach Inkarnationsjahren (AD), sowie nach unserer Zeitrechnung (u.Z.). Korth weist an zahlreichen Beispielen nach, dass gleiche bzw. gleichwertige Ereignisse in den beiden Systemen mit einer zeitlichen Differenz von etwa 300 Jahren doppelt notiert wurden. Gleiches gilt für viele duplizierte Personen, bei denen es sich zumeist um Regenten handelt, die oft sogar mit gleichen Namen in den Quellen erscheinen, nicht selten sogar die gleiche Anzahl von Regierungsjahren aufweisen und auch an den gleichen Orten gelebt haben.
Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Erkenntnisse sich aus dem Vergleich der Werke von Dr. Illig, von Prof. Heinsohn und Hans-E. Korth ergeben. Objektiven Lesern bleibt es vorbehalten, die Pro- und Contra-Argumente dieser drei Abhandlungen gegeneinander abzuwägen. Es war ein besonderes Desiderat der Chronologieforschung, dass endlich einmal einer wie Korth sich auf den Weg machte, naturwissenschaftliche Methoden kritisch auf einen Sachverhalt anzuwenden, welcher lange – buchstäblich jahrhundertelang – verdrängt und vernachlässigt worden ist.
Wilhelm Kaltenstadler 26. Juni 2013
Vorwort
»Um zwischen der Scylla vorgefasster Meinungen und der Charybdis des Wunschdenkens heil hindurchzusteuern, dazu gehört Glück.« 1
In diesem Buch geht es um die Unstimmigkeiten in der überlieferten Geschichtsschreibung. Aber ist jene denn nicht bestens gesichert? Sind nicht allenfalls noch kleinere Korrekturen durch hochspezialisierte Historiker zu erwarten? Zweifel am Verlauf der Geschichte erscheinen zunächst absurd. Wer sollte sie auch ernst nehmen? Was aber, wenn unser Geschichtsbild tatsächlich auf einem Irrtum beruht?
Vor nun schon mehr als einem Jahrzehnt kam mir zufällig die Taschenbuchausgabe von Das erfundene Mittelalter in die Hände. Der Verfasser H. Illig lieferte dort vielfältige Begründungen für seine These, wonach die Überlieferungen des frühen Mittelalters keiner realen Zeit, sondern einer Art Phantomzeit angehörten. Einen überzeugenden Grund dafür, wie es zu diesem Bruch gekommen wäre, konnte er jedoch nicht angeben. Das klang doch sehr nach Verschwörungstheorie. Sollte sowas möglich sein? Bei mir überwogen die Zweifel.
Als Experimentalphysiker hatte ich gelernt, technische Tatbestände abzuklären. Aussagekräftige, mit Hilfe geeigneter Versuchsanordnungen gewonnene Messdaten lieferten mir dabei die gesuchten Antworten. War Illigs seltsame These falsch, das war mir sogleich klar, so wäre dies leicht nachzuweisen: Holzproben aus geschichtlicher Zeit, an denen sich sowohl das Alter, wie auch die Anzahl der seit ihrer Entstehung vergangenen Jahre anhand des C14-Gehaltes und der Jahresringe bestimmen lässt, waren ja in großer Zahl untersucht worden. Zeigte sich zwischen deren Alter und der Jahreszählung eine annähernd geradlinige Beziehung, so war Illigs These widerlegt – kurz und schmerzlos.
Knapp zwei Jahre später – so vorrangig erschien mir seinerzeit das Thema Geschichte nun auch wieder nicht – kam ich auf diese Überlegung zurück und besorgte mir die im Internet frei verfügbaren Daten der Kalibrierkurve für das Radiokarbon-Alter. Diese sog. IntCal1-Kurve dient dazu, mit Hilfe von C14-Messungen ermittelte Alterswerte auf die Jahreszahlen der Dendrochronologie umzurechnen. Über Jahrtausende folgen die Messwerte tatsächlich recht gut einer Geraden. Zu meiner Verblüffung jedoch nur bis zum Mittelalter. Zur Gegenwart hin verlängert, erscheinen sie dagegen um drei Jahrhunderte versetzt – gerade so, wie es auch Illigs These erwarten ließe!
Die Bestätigung der geläufigen Jahreszählung war also erst einmal gescheitert. Aber meine Neugier war geweckt. Ich machte mich bald daran, weitere Informationen über plausible Zeitmarken zusammenzutragen, was sich als äußerst spannende Beschäftigung erwies. Kaum jemand hatte sich bisher die Mühe gemacht, physikalische Zeitreihen auf die mögliche Übereinstimmung mit Illigs These hin zu untersuchen. Der Geschichtswissenschaft, überzeugt von ihrer über jeden Zweifel erhabenen Chronologie, dienten Absolutdatierungen ja allein zur Einschätzung der Verlässlichkeit ihrer Quellen und ihrer Hilfswissenschaften. Bei widersprüchlichen Befunden ließ sich dort stets eine halbwegs akzeptable Erklärung finden.
Ich wollte dagegen nach naturwissenschaftlich belastbaren Daten suchen. Dabei kamen mir die durch das Internet so dramatisch verbesserten Möglichkeiten der Recherche zu Gute. Sie führten im Lauf der Zeit zu unerwartet vielen hochinteressanten Funden und Verknüpfungen. Diese konnte ich dann in der Württembergischen Landesbibliothek sowie den Bibliotheken der Universitäten Stuttgart und Hohenheim überprüfen und vertiefen. Dort hatte ich umfassenden Zugriff auf Fachliteratur und Fachzeitschriften.
Hinzu kam über etliche Jahre hinweg der praktisch wöchentliche Austausch mit den Historikern Professor W. Kaltenstadler und Dr. M. Neusel, die aufgrund vieler widersprüchlicher Überlieferungen ebenfalls schon seit Längerem die traditionelle Chronologie äußerst skeptisch sahen. Dadurch ergab sich eine äußerst fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit, in der immer neue Beobachtungen diskutiert und in vielerlei Ansätzen auf ihre Plausibilität hin untersucht wurden. Auf diese Weise gelang es, die auf Überlieferungen und ihrer Glaubwürdigkeit basierende Methodik der Geschichtsschreibung mit dem auf wiederholbaren Messungen fußenden Ansatz der ergebnisoffenen naturwissenschaftlichen Überprüfung zusammen zu führen.
In diesem Buch, das als Produkt unserer Untersuchungen entstand, möchte ich Ihnen die Widersprüche der überlieferten Jahreszählung darstellen, von denen etliche schon seit Jahrhunderten ernsthaften Forschern aufgefallen waren, ohne dass sie dazu überzeugende Erklärungen hätten liefern können.
Alsdann sollen die Fakten dargelegt werden, die sich aus der Verknüpfung verschiedener Zeitreihen untereinander und gegenüber der Geschichtsschreibung ergeben. An ihnen ließe sich nur zweifeln, wenn die naturwissenschaftliche Methodik zur Disposition gestellt würde.
Schließlich möchte ich mich an eine Erklärung wagen, welche die mögliche Abfolge der Ereignisse des Frühmittelalters bei kritischer Würdigung der Überlieferung darstellt und das unlösbare Dilemma aufzeigt, dem die Protagonisten des Mittelalters gegenüber standen. Selbst wenn sich ein Wahrheitsbeweis prinzipiell nicht erbringen lässt: Meine naturwissenschaftlich untermauerte These enthält (wie es scheint) keine offenkundigen Widersprüche – ganz im Gegensatz zur überkommenen Geschichtsschreibung, aber auch zu den anderen Versuchen, die Überlieferungen zu erklären.
Jeder mag seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Für mich gilt: Das alte Paradigma einer intakten Jahreszählung, auf dem unser Geschichtsbild beruht, ist nicht mehr haltbar.
Aber überzeugen Sie sich davon bitte selbst!
Porto Valtravaglia, im Juni 2013
Die Zeit
»Wenn denn Vergangenheit und Zukunft sind, so möcht ich nun auch wissen, wo sie sind...«
Augustinus, Confessiones1
Der Kalender und die Überlieferung
Der Lauf der Zeit entzieht sich der direkten Wahrnehmung. Die Sinnesorgane liefern uns lediglich Informationen über die Gegenwart – genau genommen noch nicht einmal über diese: Bis die Sinneseindrücke das Bewusstsein erreichen, sind schon wieder Zehntelsekunden vergangen...
Dessen ungeachtet ist die Orientierung in der Zeitdimension, das Erkennen von Veränderungen lebenswichtig. Jedwede Logik basiert auf Kausalität, der Unterscheidung zwischen einer Ursache und der darauf folgenden Wirkung, zwischen 'davor' und 'danach'.
Der Austausch über die Resultate logischer Überlegungen setzt folglich bei allen Beteiligten ein gleichartiges Verständnis von Zeit voraus. Um einzelne Ereignisse sinnvoll einzuordnen, ist zumindest eine relative Zeitangabe erforderlich ('...geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war'). Noch besser ist natürlich ein einheitlicher Maßstab, der es erlaubt, jedes Geschehen in der Vergangenheit eindeutig zu datieren.
Zu diesem Zweck boten sich schon früh die ins Auge fallenden zyklischen Vorgänge am Himmel an: Der Tageslauf der Sonne, sowie ihre Bewegung mit den Jahreszeiten. Einfacher zu erfassen war allerdings der fortlaufende Wechsel der Phasen des Mondes. Mit dem Neulicht der feinen Mondsichel ist der Tag leicht festzulegen, an dem ein neuer Monat begonnen hat.
Wie nicht anders zu erwarten, stehen Erdrotation, Mondlauf und Sonnenjahr in keinem ganzzahligen Verhältnis zueinander. Sollen Tage und Monate gleichbleibend über das Jahr verteilt werden, so sind in jedem Fall entsprechende Schaltregeln erforderlich.
Der Nutzen einer eindeutigen Jahreszählung wurde schon früh erkannt. Wurden als nahe liegender Bezug zunächst die Regierungszeiten der Herrscher herangezogen, so wurden diese bald über deren Tod hinaus fortgeführt. Der nächst Schritt bestand im Bezug auf singuläre Ereignisse. In dieser Hinsicht nicht zu übertreffen war die Erschaffung der Welt. Leider erwies es sich als praktisch unmöglich, deren Zeitpunkt zu bestimmen...
Auch wer sich nicht für die Feinheiten des Kalenders und der Jahreszählung interessiert, wird dessen allgemeine Gültigkeit als gegeben betrachten; denn nur auf dieser Grundlage ist letztlich die eindeutige Einordnung geschichtlicher Überlieferung möglich und damit deren Verständnis. Jeder Eingriff in diese wäre ein Frevel, der den logischen Zusammenhang vom Beginn der Zeit bis zur Gegenwart bedroht – und damit auch das Selbstverständnis des geschichtsbewußten Menschen.
Aus diesem Grund war es auch kein Wunder, dass selbst die vergleichsweise geringe Korrektur des Julianischen Kalenders durch Papst Gregor XIII. im Jahre 1582, mit der die aufgelaufene Abweichung der Tag-und-Nacht-Gleiche durch Überspringen von 10 Tagen ausgeglichen wurde, über lange Zeit auf den allerheftigsten Widerstand stieß:
Der Superintendent in Curland, Paul Einhorn, errung sich durch seinen Eifer, mit welchem er sich der Annehmung des gregorianischen Kalenders widersetzte, die Kalender-Märtyrerkrone, indem er im J. 1655 am 11ten Sonnt. nach Trinit. auf der Kanzel mitten in einer Kalenderpredigt blieb, und sein Leben mit den Worten: „verflucht sey der Kalender!” endigte.1
Heute wird die Zeit mit Hilfe von Cäsium-Atomen gemessen. Man bezieht sich dabei auf die Periode von elektromagnetischen Wellen, die beim Übergang eines Atoms zwischen zwei seiner Energieniveaus ausgesandt werden. Auf diese Weise wurde im Jahre 1967 die Maßeinheit Sekunde neu definiert:
»Die Sekunde ist das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Strahlung.«
Ist es bei einem derart präzisen Maßstab für die Zeitmessung nicht völlig unvorstellbar, dass dieser irgendwo eine Lücke besitzt, die bislang übersehen wurde? Das ist es nicht! Wie wir sehen werden, wurde diese Lücke nicht übersehen: Sie wurde ignoriert – eben weil ihre Existenz unvorstellbar, weil schon der Gedanke an eine solche Möglichkeit unerträglich war!