Katzentrilogie: Gyronia und Tyneff

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Katzentrilogie: Gyronia und Tyneff
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Gabi Delpy

Katzentrilogie: Gyronia und Tyneff

Die Lastwagen - Der Orbit - Vor Sylvester - Nach Sylvester

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Gyronia, Tyneff und die Lastwagen

Gyronia, Tyneff und der Orbit

Gyronia und Tyneff vor Silvester

Gyronia und Tyneff nach Silvester

Impressum neobooks

Gyronia, Tyneff und die Lastwagen

„Hast Du gehört? Im Radio gab es heute Morgen fast keine andere Meldung als das mit dem toten Fahrradfahrer. Warum sie zwischen den Beiträgen auch noch Musik spielen müssen, ist mir ein Rätsel.“

„Klar habe ich das gehört. Das Halten auf dem Fahrrad-Schutzstreifen ist den Autos verboten. Die LKWs müssen beim Abbiegen besondere Sorgfalt walten lassen. Es gibt schon genug Fahrradunfälle.“ Sie folgt dem Kater ins Wohnzimmer.

„Deshalb muss man beim Überholen im Ort einen Meter fünfzig Abstand wahren. Und das ist nur eine der neuen Vorschriften. Es gibt schon genug Fahrradunfälle.“ Tyneff dreht sich beim Sprechen nicht zu ihr um. Das ist unhöflich.

„Sie haben auch viel über den toten Radfahrer gesprochen.“

„Das ist die Frage, Gyronia, das ist die Frage.“ Der Kater hört sich unwirsch an. Die beiden sind auf dem Weg ins Wohnzimmer. In der Wohnküche ist es ihnen zu laut und zu voll. Sie hatten ihren Rückzug bereits länger geplant, aber nicht mit den sich auftuenden Schwierigkeiten der wärmespeichernden, verschlossenen Wohnzimmertür gerechnet. Endlich können sie sich zurückziehen. Wie auf einen Wink des Schicksals hin erobern sie sich den ruhigen Platz bei dem neuen Teleskop neben dem Schreibtisch. Erstens haben sie da einen schönen Ausblick. Zweitens können sie dort in Ruhe dösen. Und diskutieren, wenn ihnen danach ist.

„Warum gehst Du mit Deiner schlechten Laune nicht einfach joggen?“ Lang ausgestreckt liegend blinzelt sie ihrem Geliebten zu, doch er schnipst ihren Vorschlag einfach weg.

„Später, Gyronia, später. Ich habe die Sache mit dem Rechtsabbiegen beim LKW und dem Schritttempo nicht verstanden.“ Er streicht sich über die Augen und macht nachdenklich eine Pause. „Ich halte es für realistisch, dass ich nicht die einzige Person bin.“

„Das ist komplett einfach.“ Entgegnet seine Gefährtin munter. „Rechtsabbiegen bedeutet Rechtskurve und Schritttempo bedeutet Schritttempo.“ Als sie seinen fragenden Blick auffängt, ergänzt sie: „Wenn Du stundenlang vor dem Katzengras sitzt und auf einem Halm herum kaust, dann ist das nicht mehr Schritttempo.“

„Darum geht es nicht.“ Unwirsch ist er immer noch. „Was bedeutet Rechtskurve und was meint Rechtsabbiegen? Es ist bestimmt nicht das Gleiche.“

Wieder geht sie ruhig auf seine Frage ein. „So wie ich Hermann verstanden habe, beschreibt ein Laster beim Rechtsabbiegen sowas wie eine Rechtskurve. Eigentlich muss er dann langsam fahren. Vielleicht kann er jemanden nicht sehen, der auf dem Fahrradweg ist oder dem Bürgersteig.“ Sie dreht sich auf die Seite und betrachtet das Teleskop. „Und Deine seltene Angewohnheit, in Schlangenlinien über den Bürgersteig zu schleichen, ist damit nicht gemeint.“

„Und was, bitte schön, ist eine Rechtskurve?“ Tyneff stellt die Frage heftig und betont dabei das ´ist´. „Du hast selbst gesagt, es gibt schon genug Fahrradunfälle. Ist das vielleicht eine Rechtskurve? So?“ Mit diesen Worten springt er auf und geht im Uhrzeigersinn um das Teleskop herum.

„Nach meinem Verständnis ist das eine Rechtskurve.“ Sie gibt ihm Recht und betont nun ihrerseits das ´ist´. „Du bist rechts abgebogen.“ Einmal aufgestanden, dehnt und streckt sie sich. „Dabei darfst Du als Lastwagenfahrer nicht zu schnell fahren. Sonst wäre das eine Geschwindigkeitsüberschreitung.“ Sie macht eine Pause und setzt sich wieder. „Wenn Du durch das Viertel joggst, muss Du aufpassen, dass man Dich nicht übersieht.“

„Dann habe ich das endlich verstanden!“ Begeistert er sich. „Dann ist der andere Weg eine Linkskurve!“ In etwas schnellerem Tempo beschreibt er eine Kurve gegen den Uhrzeigersinn um die Beine des Teleskops herum. „Das ist so herum und nicht so herum.“ Mit solchen Worten beschleunigt er weiter und wechselt wieder die Richtung. „Das ist Linkskurve!“ Er wechselt die Richtung. „Und das ist Rechtskurve!“

Die letzte Kurve war zu schnell, stellen zwei schlanke und geschmeidige Gestalten nach dem Sprung fest, mit dem sie sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit brachten. Das Teleskop ist umgefallen. Es vergeht eine Schrecksekunde, in der sie erleichtert feststellen, dass ihnen nichts passiert ist.

„Es gibt schon genug Fahrradunfälle.“ Schnell findet der unverbesserliche Tyneff seine Sprache wieder und schaut bedauernd auf das Durcheinander.

„Das gibt Ärger. Das gibt Ärger.“ Jammert Gyronia und mahnt: „Besser, wir machen uns unsichtbar.“ Eilig verschwinden die beiden an ihre Rückzugsorte für Notfälle.

„Regulus ist der hellste Stern im Sternbild Löwe. Zusammen mit Spica aus dem Sternbild Jungfrau und Arktur aus dem Sternbild Bärenhüter bildet er das Frühlingsdreieck. Es ist sowieso Neumond, und wir haben diesen März kalte, klare Nächte. Da kriegen wir das Ensemble bestimmt zu sehen.“ Doziert Hermann. Das Sternenbuch liegt aufgeschlagen vor ihm. Unvermutet hört man einen Lärm aus dem Wohnzimmer. Er springt auf und öffnet die große Durchgangs-Tür. „Roswitha!“ ruft er. „Die beiden haben das Teleskop umgeworfen!“ Seine Frau steht schon neben ihm. Ihre flinken, braunen Augen überfliegen das Durcheinander, dann bückt sie sich und macht einen halbherzigen Versuch, das Teleskop wieder auf die Beine zu stellen. „Wenn Du die Tür zugelassen hättest, wären unsere beiden Katzen nicht nach nebenan.“ beginnt sie zu schimpfen. Das Beingelenk ist beschädigt, stellt er fest. Der USB-Anschluss zum PC scheint intakt. So lässt sich das Stativ jedenfalls nicht wieder hinstellen, und es sieht so aus, als würden ihre Sternbeobachtungen trotz des guten Wetters ins Wasser fallen.

Drei Stunden später trifft sich das Paar in der Wohnküche ihres Hauses wieder. Hermann ist mit Tyneff und dem kaputten Teleskop im Auto zu dem Geschäft gefahren, in dem er es gekauft hatte. Roswitha hat sich mit Gyronia auf dem Fahrrad an die täglichen Einkäufe und Besorgungen gemacht. Allein im Haus wollten sie ihre beiden Mitbewohner nicht lassen.

„In der Stadt war ein unglaublicher Verkehr.“ Sie sieht erschöpft und ein wenig traurig aus. Die vielen Lastwagen, die unterwegs waren, haben sie an den toten Fahrradfahrer erinnert. Mit Gyronia auf dem Rad musste sie noch mehr achtgeben als ohnehin schon. Sie hat Durst.

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