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Christbaum und Hochzeit

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»Geh weg! Geh weg von hier!« schrie er den Kleinen an. »Geh in den Saal! Zu deinen Freunden!«

»Nein, ich will nicht! Ich will nicht! Gehen Sie doch weg!« sagte das Mädchen. »Lassen Sie ihn in Ruhe! Lassen Sie ihn!« Sie weinte schon beinahe.

An der Türe ließ sich ein Geräusch vernehmen; Julian Mastakowitsch erschrak und reckte seinen majestätischen Leib. Noch mehr als er erschrak aber der rothaarige Junge: er ließ das Mädchen stehen und schlich sich leise, an der Wand entlang, aus dem Salon ins Eßzimmer. Um jeden Verdacht von sich abzulenken, begab sich Julian Mastakowitsch gleichfalls in das Eßzimmer. Er war rot wie ein Krebs, und als er sich, zufällig in einem Spiegel erblickte, schien er sich vor sich selbst zu schämen. Vielleicht ärgerte er sich über seine eigene Übereilung und Ungeduld. Vielleicht hatte ihn vorher seine Berechnung an den Fingern so sehr begeistert und entzückt, daß er seine ganze Gesetztheit und Würde außer acht ließ und sich wie ein dummer Junge zu handeln entschloß, der den Gegenstand seines Schwärmens im Sturme zu erobern versucht, obwohl dieser Gegenstand erst in mindestens fünf Jahren ein wirklicher Gegenstand werden kann. Ich folgte dem würdigen Herrn ins Eßzimmer, und meinen Augen bot sich ein seltsames Schauspiel. Julian Mastakowitsch, der vor Ärger und Bosheit ganz rot geworden war, suchte den rothaarigen Knaben aus dem Eßzimmer zu verjagen. Doch der Knabe zog sich vor ihm immer weiter und weiter zurück und wußte schließlich nicht, wohin er sich in seiner Angst verkriechen sollte.

»Geh hinaus! Geh hinaus! Was machst du hier, frecher Bengel? Stiehlst wohl Obst vom Tische, was? Du stiehlst Obst? Geh hinaus, rotznasiger Taugenichts! Geh zu deinen Freunden … «

Der erschreckte Knabe entschloß sich zum äußersten Mittel und rettete sich unter den Tisch. Nun nahm der wütende Verfolger sein langes Battisttuch aus der Tasche und versuchte damit den Knaben, der ganz still und verängstigt unter dem Tische kauerte, herauszupeitschen. Ich muß bemerken, daß Julian Mastakowitsch ziemlich korpulent war: ein sattes, rotbackiges, stämmiges Männchen mit ziemlichen Embonpoint und fetten Schenkeln, rund wie eine Nuß. Er schwitzte und schnaubte entsetzlich und war über und über rot. Allmählich geriet er in Raserei: so groß war sein Zorn und vielleicht auch (wer kann es wissen?) seine Eifersucht. Ich lachte aus vollem Halse auf. Julian Mastakowitsch wandte sich nach mir um und wurde, trotz seiner ganzen majestätischen Würde, furchtbar verlegen. In diesem Augenblick zeigte sich an der entgegengesetzten Türe der Herr des Hauses. Der Knabe kroch unter dem Tische hervor und wischte sich Knie und Ellenbogen ab. Julian Mastakowitsch beeilte sich, sein Taschentuch, das er noch an einem Zipfel in der Hand hielt, an die Nase zu führen, als wollte er sich gerade schneuzen.

Der Hausherr sah uns drei etwas erstaunt an. Doch als ein Mann, der das Leben kennt und es stets von der ernsten Seite nimmt, nützte er sofort die Gelegenheit aus, den Gast ohne viele Zeugen sprechen zu können.

»Das ist der Knabe,« sagte er, auf den Rothaarigen zeigend, »für den ich mir vorhin mich bei Ihnen zu verwenden erlaubte … «

»Ach so!« erwiderte Julian Mastakowitsch, der sich noch nicht ganz erholt hatte.

»Der Sohn der Gouvernante meiner Kinder,« fuhr der Hausherr in bittendem Tone fort. »Seine Mutter ist eine arme Frau, die Witwe eines sehr ehrlichen Beamten; und darum, wenn es möglich ist, Julian Mastakowitsch … «