Der vier Teenager-Club 1

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Der vier Teenager-Club 1
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Der vier Teenager-Club


September 2020

YouBoo®, Bielefeld

YouBoo® ist ein geschützter Markenname des Dirk-Laker-Verlag

© 2020 Fritz Herbst

© YouBoo®, Bielefeld

Alle Rechte liegen ausdrücklich nur bei Fritz Herbst.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bildrechte liegen ausdrücklich bei Fritz Herbst und Darline Herbst.

Umschlaggestaltung und Illustration: Darline Herbst.

Lektorat und Korrektorat: Dirk Laker und Leticia Battistini Laker.

Satz: Dirk-Laker-Verlag, Bielefeld

www.youboo.club


Inhalt

Das verbotene Schwimmbad

Das Rätsel um die OstfriesenKiesel

Mord zu verkaufen

Keine Feier für Freya

Seifen Opa

Das verbotene Schwimmbad

Charaktere

Kim Hagen

Livia Krause

Tom Braun

Gill Lehmann

Rosi Fuchs (Tante von Gill)

Rudolf Wilken (Polizeiinspektor)


Sengende Hitze

Es war Viertel vor elf, als die Schulglocke zur Pause läutete. Kim und Livia gingen in dieselbe Klasse und freuten sich, dass sie bei dieser sengenden Hitze nicht noch zwei Stunden länger in der Schule bleiben mussten, die letzten zwei Stunden waren nämlich ausgefallen.

Kim hatte noch ihre langen blonden Haare zurückgekämmt und sich einen kleinen Zopf gebunden und Livia stopfte hastig ihre Schulbücher in ihren Rucksack. Dann schwangen sie sich schnell auf ihre Fahrräder, denn wenn es um Stundenausfall ging, dann waren Kim und Livia die Ersten, die bei Ihren Rädern waren. Schon so oft hatten sie das Pech gehabt, dass sich irgendein Vertretungslehrer bereit erklärt hatte den Unterricht zu kompensieren und sie dann doch noch länger bleiben mussten.

Es war aber verwunderlich, dass es bei der Hitze kein Hitzefrei gab. Gefühlt waren es mindestens 38° Celsius, meinte Livia, aber die Temperaturanzeige auf der Pausenhallenuhr zeigte eine Raumtemperatur von 26°Celsius an, also noch keinen Anlass, um Hitzefrei zu geben.

„Schnell weg hier, bevor doch noch eine Vertretung kommt“, rief Livia Kim zu und beide traten so schnell wie sie konnten in die Pedale.

Sie fuhren den langen Fahrradweg an der Hauptstraße entlang, bis zu dem Einschnitt am Waldweg, an dem endlich die Bäume etwas Schatten spendeten. Auf dem Fahrradweg war nirgendwo Schatten und die Beiden schwitzten, als hätten sie einen 50 Kilometer langen Marathon gelaufen.

„Mann, ist das heiß heute“, sagte Kim und Livia stimmte ihr zu. „Ein kühles Bad wäre jetzt auch nicht schlecht“, sagte Kim.

„Ja genau, dass ist es, ein kühles Bad. Wie wäre es denn, wenn wir heute alle zusammen ins Schwimmbad gehen?“, fragte Livia.

„Ach nö, da ist es immer so voll und man hat keinen Platz zum Schwimmen“, erwiderte Kim und plötzlich klingelte ihr Handy. Es war Tom, der anrief.

Livia, Kim, Tom und Gill waren die allerbesten Freunde und hatten zusammen den ‚Vier Teenager-Club‘ gegründet.

Tom erzählte, dass er und Gill eher nach Hause gehen durften. Gill und Tom gingen ebenfalls in dieselbe Klasse. Allerdings war der Umstand, warum sie eher frei bekommen hatten, nicht so schön wie bei Livia und Kim. Tom hatte nämlich erzählt, dass ihre Lehrerin auf dem Schulhof gestürzt war und sich vermutlich dabei den Arm gebrochen hatte. Eine Vertretung hatte sich nicht mehr gefunden und somit durften die Schüler eher nach Hause gehen.

Dann fiel Livia Kim ins Wort und brüllte lauthals ins Handy: „Wollen wir heute zusammen ins Schwimmbad gehen?“ Dabei ist Kim beinahe das Handy aus der Hand gefallen.

„Sag mal, spinnst du Livia?“

Kim hatte den Satz noch gar nicht ganz zu Ende gesprochen, da stießen die Beiden auch schon mit ihren Fahrradlenkern zusammen und gerieten ins Schleudern. Livia knallte gegen einen Baum und Kim rutschte fast die Böschung zum Graben hinunter. Krampfhaft umklammerte sie dabei ihr Handy, und Tom musste zwangsläufig alles mit anhören, was da vor sich ging.

Wortlos und halb unter ihrem Fahrrad begraben, lag Kim an der Böschung und sah zu Livia rüber. Währenddessen hörte man Tom durch das Handy rufen, aber Kim war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie darauf hätte reagieren können.

Livia lag regungslos da und Kim machte sich ernsthaft Sorgen. Sie stellte ihr Rad beiseite und schleppte sich zu Livia.

„Livia, geht es dir gut?“, fragte Kim vorsichtig und zog das Fahrrad von ihr herunter, das sie begraben hatte. Dann sah sie das blutige Knie von Livia an und erschrak, weil es sehr schlimm aussah.

Plötzlich fing Livia so sehr an zu lachen, dass Kim aus Reflex mitlachen musste, aber schon nach kurzer Zeit schrie sie Livia an: „Was soll das? bist du total verrückt geworden? Ich dachte du wärst tot!“

Livia sah Kim mit tränenden Augen an und wusste nicht mehr recht, ob sie lachen oder weinen sollte.

„Ich glaube nicht, dass ich tot bin, aber mir tut alles weh.“ Dann entschloss sich Livia doch wieder zu lachen, weil sie die ganze Aktion so sonderlich blöd fand und sie außer dem blutigen Knie zum Glück nichts weiter abbekommen hatte.

„Entschuldigung, es tut mir leid, Kim. Ist bei dir auch alles in Ordnung?“, fragte Livia besorgt und hörte nebenbei, wie Tom immer noch am Handy alles mitverfolgte und zu allem seinen Senf dazu gab.

Die Fahrräder sind heil geblieben und außer der Schramme an Livias Knie ist weiter nichts passiert. Vorsichtig stiegen die beiden wieder auf ihre Fahrräder und fuhren los. Schon nach kurzer Zeit fing Kim laut an zu lachen und verfiel anschließend in einen hysterischen Heulkrampf.

„Was ist denn los?“, fragte Livia und machte sich darüber ernsthafte Sorgen.

„Du hättest tot sein können!“, schrie Kim Livia an.

„Es ist doch alles gutgegangen“, tröstete Livia.

„So, wie du dagelegen hast, das war so schrecklich für mich“, fügte Kim noch hinzu.

„Och komm, wir haben schon so viel erlebt. Da war dieses doch wirklich nur ein kleiner Schreck.“

In der Tat hatten sie schon viele gemeinsame Erlebnisse und darunter auch wirklich einige brenzlige Situationen erlebt, die um ein Vielfaches schlimmer waren, als dieser Zusammenstoß.

„Vielleicht machte es aber auch nur die Hitze“, vermutete Livia und tröstete Kim noch den ganzen Weg über.

Sie hatten sich mit Tom und Gill am Treffpunkt verabredet und fuhren ohne Umwege dahin.

Der Treffpunkt

Ein alter Wohnwagen, der auf dem Bauernhof von Gills Tante Rosi stand, diente ihnen als Treffpunkt. Das war gar nicht so übel. Es gab Trinkwasser aus der Leitung, einen Kühlschrank, wo Tom seine Schokoladen drin aufbewahrte und einen Gaskocher, auf dem man wunderbar Spiegeleier braten konnte. Natürlich nur mit den frischen Eiern von Tante Rosis freilebenden Hühnern.

Als sie dort ankamen rannte Tom den beiden schon auf halben Weg entgegen, um sich zu erkundigen wie es ihnen ging, denn schließlich hatte er ja auch alles mit anhören müssen, was Livia und Kim auf dem Weg passiert war.

„Alles gut, mach dir keine Sorgen“, rief ihm Livia beruhigend entgegen. Allerdings hielt sie sich mit einer Hand das Knie, welches ihr doch noch etwas Schmerzen bereitete.

„Nun kommt doch erstmal rein und erzählt, was passiert ist“, sagte Gill, die nur ganz knapp von Tom erfuhr, was er selbst nur nebenbei über sein Handy mitbekommen hatte.

Dann saßen alle zusammen am Klapptisch im Wohnwagen und Livia erzählte ausschweifend, was passiert war. Kurze Zeit später klopfte es an der Tür und Tante Rosi kam herein. Sie brachte ihnen einen großen Teller mit frischgebackenem Kuchen. Tante Rosi hatte die ganze Aufregung mitbekommen und wollte nach dem Rechten sehen. Als sie das Knie von Livia sah, holte sie schnell ein Pflaster aus dem Haus und verarztete Livia, fast wie eine Krankenschwester.

„So, nun macht aber bitte keinen Blödsinn mehr.“ Als Tante Rosi den Satz sagte, wusste sie bereits, dass dieser Satz völlig überflüssig war. „Teenager die keinen Blödsinn machen, das wäre ja so, als würde man einem Hund verbieten mit dem Ball zu spielen“ und dann ging sie zurück ins Haus.

In der Tat war es so, dass sich Gill bereits einen Plan ausgedacht hatte, der nicht ohne ein vielversprechendes Abenteuer auszuführen war. Sie erzählte von dem verbotenen Schwimmbad, welches vor vielen Jahren stillgelegt wurde und vor allem, dass darüber schon viele gruselige Geschichten erzählt wurden.

„An Spannung hat es uns noch nie gemangelt“, bemerkte Tom und wollte mehr darüber erfahren.

 

Gill hatte einmal darüber einen Bericht in der Zeitung gelesen und kramte in den Stauräumen über ihren Köpfen, um nach diesem Artikel zu suchen. Schon nach kurzer Zeit hatte sie eine alte zerfledderte Zeitung in der Hand und legte sie auf den Tisch.

„Da, seht mal, da steht etwas über dieses alte Schwimmbad“, sagte Gill und breitete nun noch sorgfältiger die Zeitung auf dem Klapptisch aus, so dass alle das Foto und den Artikel darunter sehen konnten.

Tom zog die Zeitung an sich ran und tippte auf das Foto. „Ich weiß, wo das ist“, sagte er und grinste die anderen dabei an.

„Ich denke, das wissen wir alle“, konterte Kim.

„Das ist hinter dem alten Bahnhof am Südkai“, stellte Livia fest, die sich immer noch mit schmerzverzerrtem Gesicht das verletzte Knie hielt.

Tom tippte immer noch auf das Foto, als wenn er etwas ganz bestimmtes damit andeuten wollte.

„Was soll der Blödsinn?“, fragte Gill und Tom erwähnte, dass sie vor drei Jahren schon einmal dort gewesen waren; das Schwimmbecken war damals leer und ausgetrocknet.

„Das ist richtig“, sagte Livia, „aber wisst ihr noch etwas?“ Sie stellte die Frage so, als wenn sie ein Geheimnis enthüllen wollte.

„Was?“, wollten alle fast gleichzeitig wissen.

„Ich habe damals den Abflussstopfen in den Abfluss gedrückt.“ Livia lief etwas rot an, so, als wäre ihr diese Aktion etwas peinlich.

„Was willst du uns damit sagen?“, sprach Kim für alle.

„Na ja, wenn Ihr mal überlegt, wie viel es in den letzten drei Jahren geregnet und geschneit hat, dann könnte es doch gut möglich sein, dass das Schwimmbecken jetzt voll Wasser gelaufen ist.“

„Ich denke, das sollten wir auf jeden Fall überprüfen“, forderte Tom die anderen auf, und weil keiner etwas dagegen hatte, machten sie sich gleich auf den Weg zum alten Schwimmbad.

Der Plan

Beim Schwimmbad angekommen stellten sie fest, dass mittlerweile ein starker Bauzaun um die Anlage gebaut wurde, der ein Eindringen von unbefugten Personen verhindern sollte. Gill untersuchte als Erste den Zaun und vermutete, dass es schwierig werden könnte, auf das Grundstück zu gelangen.

„So ein Mist! Ich denke das können wir vergessen. Da kommen wir nie durch und schon gar nicht mit Livias verletztem Knie“, sagte sie, während Tom bereits zum hinteren Ende des Bauzauns gelaufen war.

Dort hat er eine Kuhle unter dem Zaun gesehen und vermutet, dass vielleicht ein Fuchs sich darunter durchgegraben haben könnte. Dann rief er alle zu sich.

„Na, was meint Ihr, kommen wir da durch?“

Tom sah in die Runde und als Gill die kleine Kuhle sah, zuckte sie mit dem rechten Auge und sagte: „Da passt vielleicht ein kleiner Hund durch, aber wir niemals!“

Das mit dem zuckenden Auge hatte Gill sich irgendwann mal angewöhnt, immer wenn sie scharf nachdenken musste. Dann kramte Tom einen Klappspaten aus seinem Rucksack und fing gleich an zu schaufeln, um die Kuhle noch weiter auszuhöhlen.

„Mann, was du alles in deinem Rucksack hast. Das ist ja unglaublich“, stellte Livia fest und setzte sich direkt neben ihn.

„Damit sind wir in null Komma nichts auf der anderen Seite.“ Tom grinste und ihm lief bereits der Schweiß von der Stirn.

Etwa eine halbe Stunde grub sich Tom durch den trockenen Boden, bevor er endlich einen Versuch wagte konnte hindurchzukriechen.

„Ich gehe zuerst und check die Lage auf der anderen Seite“, sagte er und dann schlüpfte er durch den Zaun wie ein kleiner Dachs. Auf der anderen Seite angekommen sah er sich prüfend um, aber er entdeckte nichts Ungewöhnliches, außer dass alles sehr stark verwildert war und dass dort ein Gebäude stand, das mit sehr vielen Verriegelungen versehen war, als würde man etwas darin verbergen wollen; oder vielleicht auch etwas eingesperrt haben, das nicht entkommen durfte. Bei dem letzten Gedanken wurde ihm etwas mulmig zu Mute und er lief zurück zum Durchgang, den er gegraben hatte.

„Alles in Ordnung!“, rief er den anderen zu, und nach und nach krochen Gill, Livia und Kim ebenfalls durch den gegrabenen Durchgang.

Gill und Kim stellten fest, dass sie sich überhaupt nicht mehr an dieses Gebäude erinnern konnten. Livia konnte sich noch ein bisschen daran erinnern, aber nicht, dass das Gebäude so verriegelt war, denn schließlich hatte sie den Abflussstopfen daraus geholt.

Zusammen liefen sie über das Grundstück, aber so ganz wohl war ihnen nicht bei der Sache und deshalb hielten sie genügend Sicherheitsabstand zum Gebäude. Dann gelangten sie zu dem Schwimmbecken und tatsächlich war es bis oben hin voll mit Wasser gefüllt. Das Wasser war zwar sehr trübe, so dass man nicht bis auf dem Boden sehen konnte, aber das machte ihnen überhaupt nichts aus, denn der Kanal, der an Tante Rosis Grundstück verlief, war noch viel verschmutzter und da waren sie fast jeden Sommer drin, um sich zu erfrischen.

Mit einem Satz sprang Tom in das Schwimmbecken, ohne sich vorher abzukühlen. Dann sprangen auch Kim und Gill hinein und erfrischten sich in dem kühlen Wasser. Livia saß am Beckenrand und tauchte nur ihre Füße in das Wasser, weil sie Angst hatte, dass sich Bakterien in ihrer Wunde einnisten könnten und sie sich dann eine fette Blutvergiftung einfangen würde.

Das ganze Schwimmbecken war voll mit Seerosen, wie bei einem Teich. Plötzlich schrie Kim und konnte sich gerade noch über Wasser halten. Tom und Gill schwammen sofort zu ihr rüber, um nachzusehen was da los war. Irgendetwas hatte sich um Kims Füße gewickelt. Nur mit Mühe konnten Gill und Tom sie davon befreien.

Kim ging sofort aus dem Wasser und auch Livia zog es vor, nicht mehr ihre Füße in diesem Wasser zu baden. Gill und Tom tauchten kurz unter und kamen danach gleich wieder an die Wasseroberfläche zurück. Tom hatte irgendetwas in der Hand und stieg damit aus dem Becken. Gill hatte ebenfalls etwas in der Hand und legte es an den Beckenrand. Dann stieg auch sie aus dem Becken und schüttelte sich, denn in ihren Haaren hingen noch ein paar Seerosenblätter.

„Was ist das?“, fragte Kim und auch Livia untersuchte bereits das Ding, das Tom aus dem Wasser gefischt hatte.

„Das sieht aus wie eine wasserdichte Frühstücksdose“, stellte Livia fest und alle stimmten ihr zu.

„Da scheint etwas drin zu sein“, bemerkte Tom und versuchte die Dose aufzubekommen.

Nachdem jedoch einige Versuche, die Dose mit den Fingern aufzuhebeln, gescheitert waren, zog Tom ein Schweizer Taschenmesser aus seinem Rucksack. Das Multifunktionsmesser hatte er von seinem Vater bekommen - man kann ja nie wissen, wann man es mal braucht.

Vorsichtig durchtrennte er damit die Dichtung an der Dose und mit einem leisen Zischen sprang die Dose wie von Geisterhand auf. Scheinbar war ein Unterdruck in der Dose, damit kein Wasser eindringen konnte.

Plötzlich hörten sie ein metallisch klingendes Geräusch an dem Gebäude und erschraken dabei fast zu Tode. Es hörte sich so an, als wenn eine Tür entriegelt wurde. Mit einem Ruck sprang die Tür tatsächlich auf und ein glatzköpfiger, tätowierter Typ kam herausgelaufen. Schnell legten sich die vier lang auf den Boden und gingen in Deckung. Das hohe Gras und die verwilderten Büsche verdeckten die Sicht zum Schwimmbecken und sie hofften, dass sie unerkannt blieben.

Das Herz klopfte Gill bis zum Hals und sie hatte die Befürchtung, dass der Typ am Gebäude es vielleicht hören könnte. Dann zündete der Typ sich eine Zigarette an, zog genüsslich daran und fing leise an zu singen.

Die vier vermuteten, dass es ein russisches Lied war, denn die Sprache war fremd und ständig sang der Typ: „Kalinka und Katjuschka“ oder so was ähnliches. Dann kam noch ein zweiter Typ dazu und stimmte mit ein und beide sangen in schiefen rauen Tönen: „Kalinka Kalinka Kalinkakala.“

Beide sahen sehr furchterregend aus. Der eine trug in der einen Hand ein Maschinengewehr und in der Anderen eine Flasche. Abwechselnd wanderte die Flasche von Mund zu Mund und sie tranken in großen Schlucken, wobei die Hälfte jeweils verschüttet wurde und auf ihren Jacken landete. Das schien den beiden aber gar nichts auszumachen, denn sie waren scheinbar sehr stark angetrunken.

„Lass uns wieder reingehen, Bruder“, sagte der mit dem Maschinengewehr in gebrochenem Deutsch. „Wir haben noch eine Lieferung abzugeben.“ Dann fing er an zu lachen und klatschte dem Glatzköpfigen auf seine Glatze, der daraufhin seine Zigarette zur Seite schnippte, die direkt vor Toms Nase landete.

Der Glatzköpfige folgte ihm gehörig und beide verschwanden wieder in dem Gebäude.

„Mann, das war aber knapp!“ Tom holte tief Luft, denn er hatte die ganze Zeit über so flach geatmet, dass ihm dabei beinah schwindelig wurde.

„Lass uns bloß verschwinden, bevor die wiederkommen!“, bat Kim und alle waren sich einig.

Tom steckte sich eine Dose in seinen Rucksack und schob die andere, die Kim an den Beckenrand gelegt hatte, wieder in das Becken zurück, dann verließen sie schnell das Schwimmbad.

Die Entdeckung

Den ganzen Weg über, wollte keiner so richtig reden, denn der Schreck steckte noch jedem sehr tief in den Gliedern. Erst als sie wieder im Wohnwagen saßen und sich sicher fühlten, sprudelte alles aus ihnen heraus.

Nachdem sich alle beruhigt hatten, zog Tom die Dose aus seinem Rucksack und legte sie auf den Tisch. Alle sahen sich die Dose ganz genau an und stellten fest, dass eine kleine Tüte mit weißem Pulver darin eingeklebt wurde. Vorsichtig löste Livia dieses Tütchen und legte es neben die Dose.

„Denkt Ihr auch, was ich denke?“, fragte Livia in die Runde und ohne eine Antwort abzuwarten sagte sie: „Rauschgift, Heroin, Opium, was weiß ich. Irgend so ein scheiß Betäubungsmittel!“

Alle waren ruhig und starrten auf dieses kleine Tütchen; keiner wollte es öffnen – wozu auch, sie hätten eh nicht feststellen können, um was für eine Substanz es sich dabei handelte.

„Wir müssen damit zur Polizei gehen“, forderte Livia die anderen auf.

„Was ist mit Tante Rosi?“, wollte Gill wissen.

„Ich denke, wir sollten sie auf jeden Fall darüber informieren.“ Kim hatte gerade ihren Satz zu Ende gesprochen, als plötzlich Tante Rosis Stimme ertönte.

„Ich habe tolle Neuigkeiten!“, rief sie und kam schnell näher. „Bavaria hat ihr Fohlen bekommen.“

Freudestrahlend rannte Tante Rosi über den Hof und als sie in den Wohnwagen einstieg, saßen die vier Teenager immer noch am Tisch und blickten stumm auf die Dose vor sich.

„Was ist los mit euch, freut Ihr euch denn gar nicht?“, fragte sie und nachdem sie festgestellt hatte, dass tatsächlich etwas nicht stimmte, wurde ihr schnell klar, dass die vier wieder irgendein Abenteuer erlebt hatten.

„Was ist es dieses Mal? Habt Ihr eine Frühstücksdose vor dem nahenden Tod gerettet?“ Tante Rosi schaute auf die Dose und lachte, aber als sie sah, dass die Teenager keine Reaktion zeigten, entdeckte sie auch das Tütchen, das direkt neben der Dose lag. Sie tippte auf das Tütchen und sagte im ernsten Ton: „Das da ... das ist nicht witzig, man kann dafür ins Gefängnis kommen.“

Sie hielt das Ganze zunächst für einen üblen Scherz, aber als die Teenager ihr die ganze Geschichte erzählt hatten, musste sie sich erst einmal hinsetzen. Nach einer kurzen Minute des Schweigens sagte sie dann: „Oh Mann, das ist nicht gut. Das kann sehr gefährlich werden. Man weiß nie, wozu solche Typen im Stande sind.“

„Uns hat niemand gesehen“, warf Livia schnell ein.

Das beruhigte zwar etwas, aber immerhin lag vor ihnen noch das Tütchen, dessen Inhalt immer noch nicht geklärt war.

„Wieso habt Ihr das überhaupt mitgenommen?“, wollte Tante Rosi wissen.

„Wir brauchten doch Beweise. Wie sollten wir denn sonst der Polizei das alles erklären?“, sagte Tom und nahm noch einmal das Tütchen in die Hand, um daran zu riechen, aber Tante Rosi schlug gleich seine Hand weg und nahm das Tütchen an sich.

„Das ist nichts für junge Menschen!“, rügte Tante Rosi. Dann stand sie auf und forderte alle vier Teenager auf, mit ihr zur Polizei zu gehen.

So ganz wohl war ihr aber nicht bei der Sache, denn schließlich hatten die vier ja auch eine Straftat begangen. Sie hatten unbefugt das Grundstück betreten - das nennt man Hausfriedensbruch. Als Tante Rosi alle darüber aufgeklärt hatte, bekamen sie es mit der Angst zu tun, aber sie hatte auch gesagt, dass sie damit wahrscheinlich sogar eine viel größere Straftat verhindert hätten und dass sie vielleicht sogar eine besondere Auszeichnung für ehrenhaftes Verhalten bekommen könnten.