SOS - Deutsche Seeleute in Not

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SOS – Deutsche Seeleute in Not – Eine kritische Betrachtung zum Zustand der deutschen und internationalen Seeschifffahrt

1906 wurde auf der Internationalen Funkkonferenz in Berlin beschlossen, dass Morsesignal

●●● ▬ ▬ ▬ ●●● (SOS) als internationales Seenotfunksignal einzuführen.

Nachdem alle seefahrenden Nationen ihre Bestätigung dazu gegeben hatten, wurde ab 1. Juli 1908 dieses Morsesignal als alleiniges internationales Seenotfunksignal akzeptiert und zur Nutzung freigegeben.

Im Zuge der technischen Entwicklung im Seefunkverkehr, der Abwendung vom Morsefunkverkehr zum Sprechfunkverkehr, wurde das Signal SOS durch das Sprechfunksignal „ MAYDAY“ abgelöst.

In der Gegenwart ist das Morsesignal „SOS“ in der praktischen Seeschifffahrt fast bedeutungslos geworden, dafür gewinnt „ SOS“ als Notsignal in einem anderen Sinne Bedeutung.

Wir schreiben das Jahr 2015 – und „SOS“ (Save Our Sailors) ist aktueller denn je. Allerdings in abgewandelter Bedeutung. Diesmal geht es nicht um ein Schiff in Seenot, sondern um einen ganzen Berufsstand in Deutschland: die deutschen Seeleute in der deutschen Seeschifffahrt.

Die deutschen Seeleute laufen Gefahr auszusterben - nur Panikmache, nur Medienkampagne?

Keines von Beiden – sondern bittere Realität.

Was sind die Ursachen,

 dass wir gegenwärtig einen Kahlschlag deutscher Seearbeitsplätze in der deutschen Seeschifffahrt erleben müssen?

 dass im großen Stil Schiffe unter deutscher Flagge ausgeflaggt und unter „Billigflagge“ gebracht werden?

 dass der deutsche maritime Nachwuchs in der Seeschifffahrt in die Hoffnungslosigkeit getrieben wird und die sehr reale Gefahr besteht, dass erstklassiges maritimes Fachwissen verloren geht und deutsche maritime Bildungseinrichtungen / Fach und Hochschulen zur internationalen Bedeutungslosigkeit degradiert werden?

Sind das alles Hirngespinste verworrener deutscher Seeleute? – Mitnichten!

Die nachfolgenden Ausführungen bringen hoffentlich ein wenig Licht ins Dunkel, der mit nachvollziehbaren Zweifeln behafteten Argumentationen von Schiffseignern, Reedereimanagern und dem Verband Deutscher Reeder und stützen auch die Ansicht des Bundesrechnungshofes, der mehrfach in seinen „Bemerkungen des Bundesrechnungshofes (BRH) zur Haushalts-und Wirtschaftsführung des Bundes“ die Förderpraxis für die deutsche Seeschifffahrt durchaus berechtigter scharfer Kritik aussetzte und eine Abkehr von der gegenwärtigen Förderpraxis forderte, da eindeutig ersichtlich ist, das diese Förderrichtlinien ihre eigentlichen Ziele weitgehend verfehlen und dem Bund jährliche Steuermindereinnahmen von Hunderten Millionen Euro bescheren. Das bedeutet nichts anderes, bei entsprechender Hochrechnung vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2015, dass dem Bund Steuereinahmen von ca. 6 Mrd. Euro entgangen sind. Zusätzlich wurden ca. 751 Mio. Euro Finanzhilfen bereitgestellt. Ohne, dass es dafür gesetzlich bindende Verpflichtungen für die Schiffseigner gibt. Alles beruht auf Freiwilligkeit, wenn es um die Forderungen der Bundesregierung an die deutschen Schiffseigner geht, ihren Beitrag zu leisten, den Schifffahrtsstandort Deutschland und vor allem, deutsche Seearbeitsplätze und den maritimen Nachwuchs zu sichern, um Fachkompetenz im Lande zu halten und zu erhalten. Maximale Förderung einzufordern, sich jedoch nicht an Selbstverpflichtungen zu halten und damit den Anschein des Abkassierens zu erwecken, sehen dagegen deutsche Schiffseigner als ihre Pflicht an. Dieser Vorwurf ist schwerwiegend, die gegenwärtige Entwicklung in der deutschen Seeschifffahrt gibt dem Recht. Die Kassenwarte des Bundes können das auch sehr stichhaltig unterlegen. Das Studium der Berichte des BRH, gerade zur Förderpraxis für die Schifffahrt kann der Autor nur empfehlen. Und bestätigt immer wieder aufs Neue die Absurdität, der von der deutschen Bundesregierung praktizierten Förderrichtlinien für die Schifffahrt.

Wie sieht die deutsche Wirklichkeit in der deutschen Seeschifffahrt aus?

Wir erleben derzeit eine gnadenlose Verdrängung deutscher Seeleute aus ihrem Beruf zugunsten „billiger“ Seeleute aus der Dritten Welt (Sri Lanka, Indien, Bangladesch, Myanmar, Indonesien, Philippinen u.a.m.) und Osteuropa. Als Hauptargument der deutschen Schiffseigner und des Verbandes deutscher Reeder muss immer wieder herhalten:

Der deutsche Seemann ist im internationalen Vergleich in der Seeschifffahrt zu teuer!!!

Der ehemalige CFO der Reederei NSB GmbH & Co. KG Lutz Weber hatte das so erklärt:

„Der maritime Standort Deutschland bietet europäischen und deutschen Seeleuten leider keine Perspektive!“

„.... nicht gelungen ist den Förderrahmen für die deutsche Flagge auf ein Niveau zu bringen, das langfristig eine internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Beschäftigter auf See sicherstellt und das maritime Know-how am Standort Deutschland sichert.“

Quelle Zitat: Mr. Lutz Weber, CFO NSB GmbH & Co. KG - in “Deutsche Seeschifffahrt Januar/ Februar 2015– Journal of German Ship Owners Association”, page 14

Solche Aussagen dürfen als Armutszeugnis eines Unternehmensfinanzvorstandes bezeichnet werden. Was zweifellos auch die Frage nach seinem finanzwirtschaftlichen Sachverstand aufwirft und als eine schallende Ohrfeige für alle deutschen /EU Seeleute auf ISR registrierten Schiffen unter deutscher Flagge gewertet werden muss. Doch es wird noch etwas anderes ausgesagt. Deutsche Seeleute interessieren nicht. Es geht um das „große Ganze“, um europäische Beschäftigte auf See. Welche Auswirkungen das auf die Deutsche Flagge und die Beschäftigung deutscher Seeleute hat, soll mit diesem Buch aufgezeigt werden. Deutsche Seeleute waren gestern. Und es bedeutet nichts Geringeres, als die Ankündigung, das Maritime Bündnis zu Grabe zu tragen. Herr Weber, dieser, nicht nur ihrer Meinung, werden die nachfolgenden Ausführungen hoffentlich ausreichend Stoff zum Nachdenken bieten. Es soll ihnen verdeutlichen, dass ihre einseitige Reeder/ Schiffseigentümer gerichtete Sichtweise mit eine der Ursachen der heutigen Situation in der Seeschifffahrt ist. Sie belegt unverkennbar die unverfrorene Nehmermentalität der deutschen Schiffseigner. Abseits jeder sozialer Verantwortung.

Es geht dem Autor aber auch hierbei darum klarzustellen, dass alle jene deutschen Reeder und Schiffseigner, die sowohl zur Deutschen Flagge und damit der Beschäftigung deutscher Seeleute in ihren Unternehmen an Bord ihrer Schiffe stehen und sich damit ihrer unternehmerischen, gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung stellen, dazu aufzurufen in ihren Bestrebungen nicht nachzulassen die deutsche Flagge zu stärken, damit die Beschäftgung deutscher Seeleute auf der Basis der Schiffbesetzungsverordnung von 2013 zu forcieren. Es darf in dem Bestreben nicht nachgelassen werden, sich ganz bewusst dem deutschen Seemann und dem Erhalt des deutschen Schifffahrtsstandortes zu verschreiben, dem damit verbundenen international konkurrenzfähigen Erhalt maritimen Knowhows, sowie der unbestritten international hervorragenden fachlichen Qualifikation deutscher Seeleute das Vertrauen zu schenken und somit eine reale Chance zu geben.

Wir haben deutsche Pfunde, was sich zwar nationalistisch anhört, aber nicht im nationalistischen Sinne, sondern im nationalen Interesse gemeint ist, mit denen wir international wuchern können, eine erstklassige maritime Ausbildung, fachlich kompetente Offiziere/ Ingenieure und Kapitäne. Was der Autor aus eigener Erfahrung von den Kollegen der 3. Welt nicht immer sagen kann. Im Moment scheint das aber nur eine untergeordnete Rolle im Spiel der Profitmaximierungsjongleure zu spielen. Über die soziale Verantwortung von Schiffsfondseignern bzw. deren Anteilseigner zu schwadronieren macht keinen Sinn. Sie haben sich in ihrer Anlageform der maximalen mittel-/langfristigen Rendite verschrieben, da hat soziales Gewissen keinen Platz. Wie überall im heutigen Wirtschaftsleben, da bildet die Seeschifffahrt keine Ausnahme.

Das sich die deutsche Seeschifffahrt dem internationalen Wettbewerb, der Konkurrenz und dem damit verknüpften international bestehenden Subventions- und Tonnagesteuersystemen stellen muss, steht außer Frage. Die Frage ist nur, wie man sich diesem Wettbewerb stellt. Die Entwicklung in der deutschen Seeschifffahrt gibt Anlass zu berechtigter Sorge, dass der deutsche Seemann und das damit verbundene Fachwissen und die Erfahrung auf der Strecke zu bleiben drohen. Und das dürfte ernsthafte gesamtvolkswirtschaftliche Auswirkungen haben, die sich heute nicht in Zahlen bemessen lassen. Ein ganzer Berufsstand droht wegzubrechen mit weitreichenden Folgen für die deutsche maritime Wirtschaft. Aber Herr Weber hat es unmissverständlich zum Ausdruck gebracht und seine Auffassung ist keine Einzelmeinung. Sie entspricht der Auffassung der Mehrheit der deutschen Schiffseigner. Das Zukunftslesen in Glaskugeln überlässt der Autor anderen, er orientiert sich nur an den seit längerer Zeit beobachteten Entwicklungen, Fakten und Tatsachen. Und die sprechen eine sehr deutliche Sprache.

Wie wir inzwischen wissen hat die Bundesregierung den Spendenaufruf von Herrn Weber für die deutschen Schiffseigner erhört und es zeichnet sich ab, dass ab 2016 den deutschen Schifffahrtsunternehmen und Schiffseignern goldene Zeiten beschert werden. Vorankündigungen deutscher Politiker und Regierungsmitglieder deuten darauf hin. Den deutschen Schiffseignern stehen Steuer- und Finanzgeschenke ins Haus als wären Weihnachten und Ostern gleichzeitig, zu Lasten des deutschen Steuerzahlers und des deutschen Seemanns. Worauf begründen sich eigentlich diese Subventionen, was sind deren rechtliche Grundlagen?

 

Subventionen für die deutsche Seeschifffahrt

Subventionen – juristische Deutungen

Der Begriff Subventionen ist schnell zur Hand, doch was sind eigentlich Subventionen?

Der deutsche Gesetzgeber hat dafür juristische Klarheit geschaffen, die im § 264 Subventionsbetrug Absatz 7 des Strafgesetzbuches zu finden sind (StGB). Wir finden im StGB dazu folgendes:

§ 264 Subventionsbetrug

(7) Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist

1. eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil

a) ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und

b) der Förderung der Wirtschaft dienen soll;

2. eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird.

Betrieb oder Unternehmen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 ist auch das öffentliche Unternehmen.

(www.gesetze-im-internet.de/stgb/__264.html)

In „Öffentliches Wirtschaftsrecht“, 4. Auflage von 2015, ISBN 978-3-8114-7137-5, Herausgeber C.F. Müller GmbH, Heidelberg, nehmen die Autoren Dr. Josef Ruthig und Dr. Storr im § 9 des Öffentlichen Wirtschaftsrechts Bezug zu Subventionen.

Sie verweisen dabei auf

 § 264 Abs. 7 StGB

 § 9 Subventions- und Beihilfenrecht (S.388 ff) im öffentlichen Wirtschaftsrecht

 § 14 HGrG - Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltgrundrechtegesetz), dort heißt es:

 Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb der Verwaltung des Bundes oder des Landes zur Erfüllung bestimmter Zwecke (Zuwendungen) dürfen nur veranschlagt werden, wenn der Bund oder das Land an der Erfüllung durch solche Stellen ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. (www.gesetze-im-internet.de/hgrg/__14.html)

 §12 StWG - Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (maßgebend für die Berichterstattung der Bundesregierung im Rahmen der 2-jährigen zu veröffentlichenden Subventionsberichte an den Bundestag)

Auf Seite 389 gehen Ruthig und Storr auf einen Subventionsbegriff ein, der sich in der Literatur durchgesetzt hat:

Zitat: „Subventionen sind alle Leistungen einer rechtsfähigen Einrichtung der öffentlichen Hand oder an eine Person, die ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt werden und helfen sollen, Ziele im öffentlichen Interesse zu verwirklichen.

Auch hier der deutliche Vermerk, dass für Subventionen keine marktmäßige Gegenleistung Voraussetzung zum Erhalt dieser ist.

Es gibt ein ganzes Sammelsurium an Subventionen die durch Ruthig und Storr aufgeführt werden. z.B. Zuschüsse, Kredite (z.B. KfW), Zinserleichterungen, Garantien und Bürgschaften (z.B. Hermes), Entbindung von Leistungspflichten (z.B. Schuldenerlasse). Und es gibt sogenannte verlorene Zuschüsse, also Zuwendungen an Subventionsempfänger, die nicht mehr zurückgezahlt werden müssen, darunter kann man im weiteren Sinne durchaus die sogenannte Tonnagesteuer und den Lohnsteuereinbehalt für deutsche/ EU Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge, registriert im deutschen ISR werten, da sie mit Steuermindereinnahmen einhergehen, die nicht rückerstattet werden müssen

Wenn wir das oben gelesene auf die deutsche Seeschifffahrt beziehen, dann muss klar herausgestellt werden, dass die Bundesregierung nie marktmäßige Gegenleistungen von den Schiffseignern eingefordert hat und es steht auch nirgendwo rechtsverbindlich geschrieben, dass die Beschäftigung deutscher Seeleute gesichert werden muss. Genauso wenig wie geschrieben steht, dass Schiffseigner, um in den Genuss der deutschen Tonnagesteuer zu kommen, ihre Schiffe unter deutscher Flagge fahren lassen müssen. Die deutsche Tonnagesteuer kennt keine Flaggenbindung! Allein die Registrierung im internationalen deutschen Register ist vorgeschrieben. Alle existierenden Verpflichtungen der Reeder/ Schiffseigner sind ungeschriebene Eigenverpflichtungen über die sie keine Rechenschaft ablegen müssen und die von ihnen jederzeit wieder rückgängig gemacht werden können. Die Kriterien für das Zurückdrehen der Eigenverpflichtungen bestimmen die Reeder/Schiffseigner und nicht die Bundesregierung.

Die allerdings hat die Möglichkeit gewährte Subventionen zu stoppen oder auslaufen zu lassen, ohne die Reeder und Schiffseigner um Erlaubnis fragen zu müssen, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass die von ihr angestrebten Förderziele ihren Zweck verfehlen. Das ist eine unumstößliche Tatsache. Davon wurde leider nur einmal bisher Gebrauch davon gemacht, als die Bundesregierung die Finanzhilfe für die Lohnnebenkosten der Reeder und den Lohnsteuereinbehalt für deutsche Reeder in der Seeschifffahrt 2011 in Frage stellte und ankündigte sie stark reduzieren zu wollen. Das Ergebnis ist bekannt, der Verband Deutscher Reeder kündigte seinerseits einseitig das bestehende Maritime Bündnis auf und drohte unverhohlen alle unter deutscher Flagge befindlichen Schiffe auszuflaggen. Er setzte also auf wirtschaftliche Erpressung. Das scheint in Bündnispartnerschaften in Deutschland inzwischen so üblich zu sein. Und wirft ein äußerst fragwürdiges Licht auf die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch deutsche Schiffseigner. Doch es ist nicht sehr sinnvoll nur über die praktizierte deutsche Schifffahrtsförderung durch die deutsche Politik, sowie das allzu offensichtliche Interesse der Schifffahrtslobby sich mit maximalen Subventionen einzudecken, zu sprechen.

Dazu müssen wir zweifellos eine Horizonterweiterung über den nationalen Tellerrand hinaus betreiben. Und damit ist die europäische Kommission in Brüssel gemeint, die dafür verantwortlich ist, dass wir heute europaweit einen Beihilfewettstreit in der Seeschifffahrt erleben. Aber auch das wäre wieder zu kurz gegriffen, allein die Europäische Kommission dafür verantwortlich zu machen. Die ist nur Exekutive und führt nur die Flöhe aus, die ihr von den Regierungschefs und Regierungen der Gemeinschaftsstaaten ins Ohr gesetzt werden. Bevor also die Europäische Kommission überhaupt aktiv werden kann, müssen die Aufträge dafür durch die Konferenz der Regierungschefs auf den Weg gebracht und der Kommission ein entsprechendes Mandat erteilt werden. Das Resultat der Europäischen Kommission ist für alle Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft verbindlich und muss in die nationale Gesetzgebung implementiert werden, wenn es als Gesetz der EU erlassen wurde.

Anders verhält es sich mit Leitlinien der EU, wie die Leitlinien für die staatlichen Beihilfen im Seeverkehr. Sie sind keine Richtlinien, sondern, Leitlinien, sind also gesetzlich nicht bindend und stellen einzig eine Handlungsbindung der EU Kommission, für zu genehmigende Beihilfen im maritimen Bereich in der EU, dar. Genehmigungen von Beihilfen in den EU Staaten für die Seeschifffahrt liegen also im Ermessen der EU Kommission.

Es wird leider zu oft vergessen, dass die Basis der deutschen Subventionspolitik für die deutsche Seeschifffahrt die europäischen Rahmenbedingungen bilden, die durch die Europäische Kommission in den:

„Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr“ (Europäische Gemeinschaft) von 1997, und in den überarbeiteten „Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr“ (Europäische Gemeinschaft) von 2004 (Amtsblatt C 2004/ 13/ 03 vom 17.01.2004) festgeschrieben wurden.

Die Änderung der Leitlinie von 2004 hat als Hauptinhalt, dass bestimmte staatliche Beihilfen an die Flaggenführung der jeweiligen EU Staaten gebunden sind, wie zum Beispiel die Finanzbeihilfen zur Senkung der Lohnnebenkosten und Lohnsteuereinbehalt, alles andere ist weitgehend unverändert. Nachfolgend finden wir die Eckpfeiler der Europäischen Beihilfenleitlinie für die interessierten Leser, damit sie eine Vorstellung davon gewinnen, was nach europäischem Recht alles erlaubt ist:

Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (Europäische Gemeinschaft)

„Diese Leitlinien zielen auf eine Verbesserung der Transparenz und Klarstellung, welche staatlichen Beihilfen eingeführt werden können, um die gemeinschaftlichen Seeverkehrsinteressen zu fördern.

RECHTSAKT

Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr [Amtsblatt C 205 vom 5.7.1997]

ZUSAMMENFASSUNG

Bisherige Entwicklung

Ziel der Seeverkehrspolitik der Gemeinschaft ist es, den freien Zugang zum weltweiten Seeverkehrsmarkt für sichere und umweltfreundliche Schiffe - die nach Möglichkeit in Mitgliedstaaten registriert sein und Gemeinschaftsbürger als Besatzung beschäftigen sollen - zu gewährleisten. Dieses Konzept war insofern erfolgreich, als Märkte geöffnet wurden und der Verbraucher nunmehr über ein breites Angebot an Seeverkehrsdiensten verfügt. Doch ging aus verschiedenen Gründen sowohl die Zahl der Schiffe, die in ein Register der Mitgliedstaaten eingetragen sind, als auch die Zahl der Gemeinschaftsbürger, die auf diesen Schiffen beschäftigt sind, erheblich zurück.

Das Problem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit von EG-Flaggen wurde Ende der 80er-Jahre erkannt. In Ermangelung harmonisierender Gemeinschaftsmaßnahmen ergriffen die Mitgliedstaaten unabhängig voneinander Initiativen zum Schutz ihrer Interessen im Seeverkehr. 1989 legte die Kommission erste Leitlinien fest, um eine Koordinierung der verschiedenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu erreichen. Diese Leitlinien wurden unter Berücksichtigung steuerlicher Gesichtspunkte inzwischen überarbeitet.

 Umfang und allgemeine Zielsetzungen der überarbeiteten Leitlinien für staatliche Beihilfen

Die vorliegenden Leitlinien gelten für jede von einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe zu Gunsten des Seeverkehrs. Dies umfasst auch jede Form der finanziellen Bevorteilung, die in irgendeiner Form durch öffentliche Stellen finanziert wird. Im Sinne dieser Definition können "öffentliche Stellen" auch öffentliche Unternehmen und staatlich kontrollierte Banken sein.

Diese Leitlinien gelten jedoch nicht für die Subventionierung des Schiffbaus im Sinne der Richtlinie 90/684/EWG .

Die Leitlinien unterscheiden bei den Begünstigten weder nach dem rechtlichen Status (Unternehmen, Partnerschaften oder Einzelpersonen) noch danach, ob es sich um staatliche oder private Unternehmen handelt.

Abgesehen von Sonderregelungen dürfen staatliche Beihilfen nur für Schiffe gewährt werden, die in den Registern der Mitgliedstaaten eingetragen sind. Es werden damit folgende Ziele verfolgt:

 Sicherung von Arbeitsplätzen in der Gemeinschaft (sowohl auf den Schiffen als auch an Land)

 Erhaltung des Schifffahrts-Knowhows in der Gemeinschaft und Weiterentwicklung der beruflichen Fähigkeiten in diesem Bereich

 Erhöhung der Sicherheit

 Steuerliche Behandlung der Reedereien

Viele Drittländer haben vorteilhafte Steuerregelungen für Reedereien. Diese sehen darin einen Anreiz, ihre Schiffe auszuflaggen und eine Umsiedlung ihrer gesamten Aktivitäten in Betracht zu ziehen. Um dieser steuerlichen Konkurrenz entgegenzuwirken, haben viele Mitgliedstaaten besondere Maßnahmen getroffen, um das Steuerklima für Reedereien zu verbessern. Diese Maßnahmen zur Steuererleichterung werden als staatliche Beihilfen betrachtet.

Das Ziel von staatlichen Beihilfen innerhalb der gemeinsamen Seeverkehrspolitik ist die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaftsflotte auf dem Weltmarkt. Daher sollten sämtliche Steuererleichterungen - abgesehen von Sonderregelungen - an das Führen einer Gemeinschaftsflagge geknüpft sein.

Andererseits müssen durch derartige Regelungen die Entwicklung der Branche und die Beschäftigungssituation entsprechend dem Gemeinschaftsinteresse gefördert werden. Die genannten Steuervorteile müssen also auf Schifffahrtstätigkeiten von Gesellschaften beschränkt werden. Die nominellen Steuersätze der Mitgliedstaaten für andere Tätigkeiten und Einkünfte von Aktionären und Direktoren bleiben unangetastet.

 

 Beschäftigungsbezogene Kosten

Bei den staatlichen Beihilfen und der Senkung der Arbeitskosten ist die Seeschifffahrt ein Sonderfall, denn diese Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar (Mitteilung der Kommission zur Beihilfenüberwachung und Senkung der Arbeitskosten - Amtsblatt C 1 vom 3.1.1997).

Doch sollte es Ziel der Unterstützungsmaßnahmen für den maritimen Sektor sein, Steuern sowie sonstige Kosten und Belastungen von Reedereien und Seeleuten aus der Gemeinschaft (d.h. Personen, die in einem Mitgliedstaat steuer- und sozialabgabenpflichtig sind) auf ein Niveau zu senken, das dem allgemeinen Weltstandard entspricht.

Entsprechend diesen Zielsetzungen sollten nach Ansicht der Kommission daher folgende Maßnahmen erlaubt werden:

 geringere Sozialversicherungssätze für Seeleute der Gemeinschaft auf Schiffen, die in einem Mitgliedstaat registriert sind

 geringere Einkommenssteuersätze für Seeleute der Gemeinschaft auf Schiffen, die in einem Mitgliedstaat registriert sind

 Ersetzen der Mannschaft

Beihilfen zu den Kosten der Rückführung von Seeleuten sollen zur Senkung der Personalkosten bei der Beschäftigung von Seeleuten aus der Gemeinschaft auf Fahrten in entfernte Gewässer beitragen. Solche Beihilfen können in Form von Übernahme oder Erstattung der Kosten für die Rückführung von Seeleuten aus der Gemeinschaft, die auf in der Gemeinschaft registrierten Schiffen tätig sind, gewährt werden.

 Investitionsbeihilfen

Investitionen in neue Schiffe müssen den Schiffsbauregelungen entsprechen. Andere Investitionsbeihilfen können in Übereinstimmung mit der gemeinsamen Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr erlaubt sein, wenn es darum geht,

 die Ausrüstung an Bord zu verbessern oder

 den Einsatz sicherer und sauberer Schiffe zu fördern.

 Ausbildung

Wenn eine Ausbildungsmaßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, muss sie notifiziert werden. Staatliche Beihilfen zu Ausbildungsmaßnahmen werden genehmigt, sofern sie die allgemeinen Kriterien der Kommission erfüllen (Verhältnismäßigkeit, unterschiedslose Behandlung und Transparenz).

 Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und öffentliche Dienstleistungsverträge

Bei der Bewertung von öffentlichen Dienstleistungsverträgen betrachtet die Kommission die Erstattung von Betriebsverlusten bei der Erfüllung bestimmter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag. Eine Notifizierung nach Artikel 93 Absatz 3 ist daher nicht erforderlich, sofern

1) eine öffentliche Ausschreibung erfolgt ist,

2) die Ausschreibung in angemessener Weise veröffentlicht wurde und

3) weder eine Überkompensation und noch eine Quersubventionierung erfolgt ist.

 Obergrenzen für Beihilfen

In diesen Leitlinien wird die höchstzulässige Beihilfe festgelegt auf

 eine völlige Streichung der Steuern und Sozialabgaben für Seeleute sowie

 den Verzicht auf die Einnahme der Körperschaftssteuer für Schiffereitätigkeiten.

Um eine Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden, dürfen andere Beihilferegelungen keinen größeren Nutzen mit sich bringen.“

Letzte Änderung: 14.09.2007