Unternehmensrechnung

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3.3 Herstellungskosten

Herstellungskosten

Wird ein Vermögensgegenstand nicht gekauft, sondern selber hergestellt, so wird dieser mit den Herstellungskosten aktiviert (§ 255 Abs. 2 ff HGB).

Vor dem Inkrafttreten des BilMoGs gab es im Handels- und im Steuerrecht voneinander abweichende Wahlrechte für die verschiedene Bestandeile der Herstellungskosten. Dies führte dazu, dass die handelsrechtlichen und die steuerrechtlichen Wertansätze für die Herstellungskosten voneinander abweichen konnten. Mit dem BilMoG wurden die handels- und steuerrechtlichen Wahlrechte so weit vereinheitlicht, dass es zu keiner unterschiedlichen Ermittlung der Herstellungskosten mehr kommt.

Zu den Herstellungskosten gehören die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung sowie angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und des Werteverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist (§ 255 Abs. 2 HGB).

Wahlrecht

Ein Wahlrecht besteht für angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung, soweit diese auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 Abs. 2 HGB).

Fremdkapitalzinsen dürfen grundsätzlich nicht zu den Herstellungskosten gerechnet werden. Handelt es sich aber hierbei um Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands dient, dürfen diese Zinsen angesetzt werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 Abs. 3 HGB).

Verbot

Grundsätzlich dürfen in den Herstellungskosten keine Vertriebskosten berücksichtigt werden, da die Vertriebskosten nur dann anfallen, wenn ein Vermögensgegenstand verkauft wird. Außerdem dürfen keine Forschungskosten mit eingerechnet werden, da sie dem Produkt nicht direkt zurechenbar sind (§ 255 Abs. 2 HGB).

Die Ermittlung der Herstellungskosten kann auch analog zum Schema der Kostenträgerstückrechnung für die differenzierte Zuschlagskalkulation ermittelt werden. Die differenzierte Zuschlagskalkulation wird ausführlich im Teil Kosten- und Leistungsrechnung beschrieben.


Handelsrecht Steuerrecht
Materialeinzelkosten Pflicht Pflicht
Fertigungseinzelkosten Pflicht Pflicht
Sondereinzelkosten der Fertigung Pflicht Pflicht
Materialgemeinkosten Pflicht Pflicht
Fertigungsgemeinkosten Pflicht Pflicht
Verwaltungsgemeinkosten Wahlrecht Wahlrecht
Vertriebsgemeinkosten Verbot Verbot

Herstellungskosten nach Handels- und Steuerrecht

Zu dem im Rahmen der Herstellungskosten verwendeten „Kosten“-Begriff wird im nachfolgenden Exkurs im Vergleich zur Kostenrechnung differenzierter eingegangen.

Exkurs: Herstellkosten vs. Herstellungskosten

Herstellkosten vs. Herstellungskosten

Auch wenn die Begriffe Herstellungskosten und Herstellkosten sehr verwandt klingen und sich inhaltlich auch phasenweise sehr ähneln oder gar decken, so gibt es doch wichtige Unterschiede zwischen dem in der Finanzbuchhaltung verwendeten Begriff der Herstellungskosten und dem in der Kostenrechnung verwendeten Begriff der Herstellkosten.

In der Finanzbuchhaltung stellen die Herstellungskosten den Wert dar, mit dem ein selbst erstellter Vermögensgegenstand in der Bilanz aktiviert wird. Der Wert ermittelt sich auf Basis aufwandsgleicher Kosten, also ausschließlich aus Werten, die unmittelbar aus der GuV kommen. In die Herstellungskosten dürfen somit keine kalkulatorischen Kosten einfließen. Die Höhe des Wertansatzes kann durch die Ausübung des Wahlrechts für den Ansatz der Verwaltungsgemeinkosten sowie der sonstigen Sozialaufwendungen höher oder niedriger ausfallen.

In der Kostenrechnung werden bei den Herstellkosten neben den aus der GuV stammenden Grundkosten auch die kalkulatorischen Kosten mit einbezogen. Auf der anderen Seite dürfen die Verwaltungsgemeinkosten grundsätzlich nicht eingerechnet werden. Erst bei der Ermittlung der Selbstkosten werden diese berücksichtigt.

3.4 Bilanzielle Abschreibungen

Abschreibungen

Der Erfolg einer Periode ergibt sich durch die Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen. Wichtig dabei ist die periodengerechte Gewinnermittlung. Dazu müssen die Aufwendungen und Erträge dem Geschäftsjahr zugewiesen werden, in dem diese verursacht worden sind.

Vermögensgegenstände unterliegen wegen ihrer technischen Nutzung oder Alterung einer Abnutzung. Dieser Werteverzehr der Anschaffungs- und Herstellungskosten der Vermögensgegenstände muss deswegen über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf die verschiedenen Nutzungsperioden verteilt werden.

Beim Anlagevermögen wird zwischen abnutzbaren und nicht abnutzbaren Anlagevermögen unterschieden. Zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen gehören beispielsweise Grund und Boden, Beteiligungen, Wertpapiere des Anlagevermögens sowie langfristige Forderungen. Beispiele für abnutzbares Anlagevermögen sind Betriebs- und Geschäftsausstattung, Maschinen oder Fuhrpark.

Der Werteverzehr wird als Aufwand in Form von Abschreibungen buchhalterisch erfasst. Dabei wird zwischen planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibung unterschieden.

Bei der planmäßigen Abschreibung werden die AHK des abnutzbaren Anlagevermögens planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer als Aufwand verteilt. Treten unvorhergesehene bzw. außergewöhnliche Wertminderungen auf, werden diese in Form von außerplanmäßigen Abschreibungen berücksichtigt. Beim abnutzbaren und nicht abnutzbaren Anlagevermögen werden außerplanmäßige Abschreibungen nur dann vorgenommen, wenn diese dauerhaft sind (gemildertes Niederstwertprinzip). Beim Umlaufvermögen dagegen werden Wertminderungen in Form von außerplanmäßigen Abschreibungen immer berücksichtigt, auch wenn diese nur vorübergehend sind (strenges Niederstwertprinzip).


Planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen

Da die AHK über die Nutzungsdauer verteilt werden, hat der Vermögensgegenstand am Ende seiner Nutzungsdauer einen Wert von null. Damit der Vermögensgegenstand z. B. bei der Inventur nicht vergessen werden kann, hat man in Zeiten der papiergeführten Anlagenbuchhaltung diesen mit einem Wert von 1,– € in der Anlagenbuchhaltung geführt, den sog. Erinnerungswert. Bei EDV-gestützten Buchhaltungsprogrammen ist dies nicht mehr notwendig, da die Information, ob der Vermögensgegenstand noch im Betrieb ist, anders abgespeichert wird (z. B. durch ein Abgangskennzeichen).

3.4.1 Planmäßige Abschreibungen

Planmäßige Abschreibungen

Unabhängig von der tatsächlichen Wertminderung verlangt der Gesetzgeber, dass alle Vermögensgegenstände, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Dazu muss ein Abschreibungsplan erstellt werden (§ 253 Abs. 3 HGB).

Für die Aufstellung eines Abschreibungsplans werden verschiedene Größen benötigt. Ausgangsbasis für die Ermittlung der Abschreibungsbeträge sind die AHK, die bereits im vorhergehenden Abschnitt erläutert wurden. Der Beginn der planmäßigen AfA erfolgt immer zeitanteilig, also zum Ersten des Monats, in dem der Vermögensgegenstand angeschafft oder hergestellt bzw. in Betrieb genommen worden ist. Für die Ermittlung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer werden die vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten AfA-Tabellen verwendet, in denen für die verschiedenen Klassen von Wirtschaftsgütern die Nutzungsdauern unter Berücksichtigung der betriebstypischen Beanspruchung aufgelistet werden. Der Begriff AfA steht hier für Absetzung für Abnutzung und ist der steuerliche Begriff für den betriebswirtschaftlich-handelsrechtlichen Begriff Abschreibung. Als Letztes muss noch festgelegt werden, nach welcher Methode die Abschreibungen ermittelt werden sollen. Dafür stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl. Neben zeitabhängigen Abschreibungsverfahren (lineare AfA, degressive AfA, degressiv-lineare AfA) gibt es auch die leistungsbezogene Abschreibung.

 

Diese verschiedenen Abschreibungsverfahren sollen am Beispiel des Kaufs eines Kleintransporters veranschaulicht werden: Die Anschaffung des Kleintransporters erfolgt im Januar, die gesamten Anschaffungskosten betragen 36.000,– €, aus der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter wird eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 6 Jahren entnommen.

3.4.1.1 Lineare AfA

Lineare Abschreibung

Bei der linearen Abschreibung werden die Abschreibungsbeträge in gleich bleibender Höhe auf die Nutzungsdauer verteilt. Zur Ermittlung des jährlichen Abschreibungsbetrags werden die AHK durch die Nutzungsdauer dividiert.

Daraus ergibt sich folgender Abschreibungsplan:


Restbuchwert 1.1. AfA-Betrag Restbuchwert 31.12.
Jahr 1 36.000,– € 6.000,– € 30.000,– €
Jahr 2 30.000,– € 6.000,– € 24.000,– €
Jahr 3 24.000,– € 6.000,– € 18.000,– €
Jahr 4 18.000,– € 6.000,– € 12.000,– €
Jahr 5 12.000,– € 6.000,– € 6.000,– €
Jahr 6 6.000,– € 6.000,– € 0,– €

Der Restbuchwert (oder auch Buchwert) ist der Wert des Vermögensgegenstandes, wie er in der Finanzbuchhaltung geführt wird, unabhängig vom tatsächlichen Wert. Der Buchwert ergibt sich aus den AHK abzüglich der planmäßigen Abschreibungsbeträge.

Betriebswirtschaftlich geht man bei der linearen Abschreibung von der Vorstellung aus, dass der Nutzen des Wirtschaftsgutes über die Zeit hinweg gleichbleibend ist. Dementsprechend sollen die Abschreibungen die Perioden gleichmäßig belasten. Dies führt zu einer konstanten Wertminderung.

Handels- und Steuerrecht

Die lineare Abschreibung ist sowohl handelsrechtlich wie auch steuerrechtlich zulässig.

3.4.1.2 Degressive AfA

Degressive Abschreibung

Grundsätzlich war die degressive AfA-Methode nur für bewegliche abnutzbare Anlagegüter erlaubt. Die Abschreibungsbeträge werden prozentual auf Basis des Restbuchwertes ermittelt. Dazu wird ein maximaler AfA-Prozentsatz festgelegt, der zuletzt in den Jahren 2009 und 2010 bei 25 % lag. Dies bedeutet, dass der jährliche Abschreibungsbetrag 25 % des jeweiligen Restbuchwertes beträgt. Der degressive Abschreibungsbetrag wird dadurch begrenzt, dass der AfA-Prozentsatz nicht mehr als das 2,5-Fache des linearen AfA-Satzes betragen darf.

Im aktuellen Beispiel liegt der lineare AfA-Satz bei einer Nutzungsdauer von 6 Jahren bei 16,67 % (= 100/6 in %), das 2,5-Fache davon beträgt 41,7 %. Damit liegt der degressive AfA-Satz unter dem linearen AfA-Satz, es kann degressiv mit 25 % vom Restbuchwert abgeschrieben werden. Der erste AfA-Betrag ergibt sich aus 36.000,– € × 25 % = 9.000,– €. Der Abschreibungsbetrag für das zweite Jahr errechnet sich aus dem Restbuchwert zu Beginn des zweiten Jahres multipliziert mit dem degressiven AfA-Satz.

Daraus ergibt sich folgender Abschreibungsplan:


Restbuchwert 1.1. AfA-Betrag Restbuchwert 31.12.
Jahr 1 36.000,– € 9.000,– € 27.000,– €
Jahr 2 27.000,– € 6.750,– € 20.250,– €
Jahr 3 20.250,– € 5.063,– € 15.187,– €
Jahr 4 15.187,– € 3.797,– € 11.390,– €
Jahr 5 11.390,– € 2.848,– € 8.542,– €
Jahr 6 8.542,– € 0,– €

(alle Werte kaufmännisch auf volle Euro gerundet)

* Da die Nutzungsdauer 6 Jahre beträgt, wird im letzten Jahr der Restbuchwert komplett abgeschrieben.

Betriebswirtschaftlich geht man bei der degressiven Abschreibung von der Idee aus, dass Vermögensgegenstände, die einem technischen Fortschritt oder einer Mode unterliegen, gerade zu Beginn ihrer Nutzungsdauer deutlich mehr an Wert als in den späteren Nutzungsjahren verlieren. Auch steigen mit zunehmender Nutzungsdauer die anfallenden Instandhaltungs- oder Reparaturaufwendungen. Dieser ansteigende Kostenverlauf wird bei der degressiven Abschreibung berücksichtigt.

Handels- und Steuerrecht

Diese Form der Abschreibung war steuerrechtlich nur noch zeitweise zulässig und hat deswegen an Bedeutung verloren. In folgender Tabelle sind die Gültigkeitsjahre für das degressive AfA-Verfahren sowie die jeweils gültigen AfA-Sätze zusammengefasst.


Anschaffung im Jahr degressiver AfA-Satz maximal bzgl. linearer AfA
bis 2000 30 % 3-fach
2001 bis 2005 20 % 2-fach
2006 und 2007 30 % 3-fach
2008 nicht erlaubt
2009 und 2010 25 % 2,5-fach
ab 2011 nicht erlaubt

Auch wenn die degressive AfA aktuell nicht mehr zulässig ist, so kann diese Form der Abschreibung jedoch jederzeit steuerrechtlich wieder zulässig werden. Handelsrechtlich kann die degressive Art nach wie vor verwendet werden.

3.4.1.3 Degressiv-lineare AfA

Degressivlineare Abschreibung

Bei der degressiven AfA sinken die Abschreibungsbeträge im Zeitablauf. Wegen der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer wird dann der Vermögensgegenstand im letzten Jahr vollständig abgeschrieben. Dies führt dazu, dass der Abschreibungsbetrag im letzten Jahr unverhältnismäßig hoch ist. Um diesem Effekt Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber erlaubt (§ 7 Abs. 3 Satz 1 EStG und § 3 EStG), während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer einmalig die Abschreibungsmethode von degressiv auf linear zu wechseln. Dadurch hat man zu Beginn den Vorteil der höheren Abschreibungen, vermeidet aber die zu einem späteren Zeitpunkt zu niedrigen Abschreibungsbeträge und damit einen starken Anstieg des Aufwands im letzten Jahr.

Wechsel zur linearen Abschreibung

Den Wechselzeitpunkt von degressiv auf linear legt der Unternehmer fest. Unter der Annahme, möglichst früh möglichst viel abzuschreiben, gilt als Faustregel, dass abhängig vom degressiven AfA-Satz die letzten folgenden Jahre linear abgeschrieben werden sollten:

• bei 30 % die letzten 3 Jahre

• bei 25 % die letzten 4 Jahre

• bei 20 % die letzten 5 Jahre.

Um dies zahlenmäßig zu zeigen, wird für das Beispiel unterstellt, dass der Kleintransporter im Januar 2010 zu 36.000,– € angeschafft wurde. Der entsprechende lineare AfA-Satz läge mit 41,7 % höher als der degressive AfA-Satz von 25 %. Zu Beginn des dritten Jahres wird von degressiver auf lineare AfA gewechselt. Es ergibt sich somit folgender Abschreibungsplan:


Restbuchwert 1.1. AfA-Betrag Restbuchwert 31.12.
Jahr 1 36.000,00 € 9.000,00 € 27.000,00 €
Jahr 2 27.000,00 € 6.750,00 € 20.250,00 €
Jahr 3 20.250,00 € 5.062,50 € 15.187,50 €
Jahr 4 15.187,50 € 5.062,50 € 10.125,00 €
Jahr 5 10.125,00 € 5.062,50 € 5.062,50 €
Jahr 6 5.062,50 € 5.062,50 € 0,00 €

Mit der Absicht, möglichst viel möglichst früh abzuschreiben, ist diese Form der Abschreibung betriebswirtschaftlich sehr gut geeignet, da damit die Steuerbelastung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Neben der damit verbundenen Liquiditäts- und Zinsvorteile durch die Steuerstundung kann eine mögliche spätere Steuersenkung sogar zu einer Steuerersparnis, auf die Nutzungsdauer gesehen, führen.