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KAPITEL FÜNF


SIE BESCHLOSS NICHT auf den Flugplatz zu gehen, entschied sich für ein privates Auf Wiedersehen in ihrem Apartment und einen Nachmittag des Putzens und Trübsal blasens. Sie las nicht für die Arbeit. Sie ließ das Footballspiel laufen und machte ein Nickerchen. Sie aß die Reste vom Martissant’s auf der Couch zum Abendessen, ging dann zum Lebensmittelladen. Dean folgte ihr dorthin und zurück.

»Ma’am, ich ermahne Sie die Bitte des Königs umzuziehen zu bedenken«, sagte er, als sie die Treppen wieder hochtrotteten. »Wir könnten Ihnen helfen eine geeignetere Unterkunft zu finden, hätten innerhalb von Stunden alles eingepackt und Sie hier draußen. Sie besitzen sehr wenig Habseligkeiten.« Sie hielt ihren Mund, bis sie die Tür aufschloss und sie beide hineinließ.

»Ich schätze Ihre Sorge, aber mir geht es gut hier.« Sie begann die Lebensmittel aufzuräumen.

»Richtig. Ich werde mich dann empfehlen.« Er stellte seine Taschen für sie auf der Theke ab.

»Dean, ich bin eine normale Person, keine Royale. Sie müssen sich nicht ›empfehlen‹. Sie finden einfach selbst hinaus.«

»Nur dass Sie Bescheid wissen, Ihr neues Sicherheitspersonal wird morgen früh ankommen.«

»Was?« Abbie schaute davon auf Romana-Salat in das Gemüsefach zu legen. »Da Sie mir das ganze Wochenende hinterhergezogen sind, habe ich angenommen, dass Sie meine neue Security wären.«

»Nein, Ma’am. Seine Majestät hat andere Pläne. Ich will jedoch hoffen, dass Sie in naher Zukunft nach Orangiers kommen?«

Sie hielt ihre Finger hoch, während sie die Eier wegräumte. »Zwei Wochen. Ich sehe Sie dann. Bier für den Weg?«

Er schaute sich um, als ob er beobachtet wurde, er ließ seinen Kopf hochschnellen und sie warf ihm eine Flasche zu. Er legte seine Finger auf seine Lippen und sie zwinkerte ihm zu. Der Sicherheitsbeauftragte schloss ihre Eingangstür hinter sich, rief dann: »Machen Sie bitte die Schlösser zu.«

Abbie rollte mit ihren Augen, querte zur Vordertür und legte den Riegel um.

»Und die Kette«, forderte die gedämpfte Stimme auf.

Abbie tat ihm den Gefallen, machte sich dann auf ins Badezimmer, um ihre Zähne zu putzen. Sie ging durch ihr Schlafzimmer und hielt überrascht an. Da waren jetzt zwei Betten in ihrem Schlafzimmer, ein neu montiertes Set eines Stockbetts blockierte das Fenster des winzigen Zimmers. Sie zog ihr Handy heraus und wählte.

»Hallo, Liebling.«

»Hör auf mit deinem ›Liebling‹. Warum sind da mehr Betten in meinem Haus? Du hast das gemacht, während ich im Laden war?«

»Die sind für deine Security; wir haben das besprochen.« Abbie konnte im Hintergrund andere Menschen und raschelnde Papiere und Wassergläser, die gefüllt wurden, hören. Er war in einer Besprechung. Sie störte. Gut.

»Äh, nein, Liebling, wir haben absolut nicht besprochen, dass ich mein Schlafzimmer mit Fremden teile, wie durchleuchtet sie auch immer von Dean, oder wem auch immer, sein mögen.«

»Mach dir deswegen keine Sorgen. Warte mit deinem Urteil, bis du sie getroffen hast.«

»Kann ich nicht. Will ich nicht. Sie können auf dem Sofa schlafen.«

»Beide? Das wäre kuschelig.«

»Wir haben das neulich gemacht.«

»Ja, und es war sehr kuschelig ... angenehm kuschelig, aber nichtsdestotrotz kuschelig.«

»Sie können sich abwechseln. Ich brauche sowieso nicht zwei auf einmal hier. Diese Wohnung ist kaum groß genug für zwei Leute, die sich mögen, und ich will sie todsicher nicht in meinem Privatbereich.«

»Ich verspreche, dass sie deinen Freiraum respektieren werden.«

»Nein.«

»Achtundvierzig Stunden.«

Abbie schoss Luft aus ihrer Nase. »Nein.«

»Vierundzwanzig Stunden.«

»Wenn ich jetzt gerade Werkzeug hätte, wären die Betten bereits verschwunden. Ich wette, dass Davis einen Freund auf seiner Party hat, der sie für mich für zehn Mäuse abbauen würde. Hey, Davis?«

»Bleib dran; in Ordnung, gib mir hier eine Minute.« Sie hörte, wie er den Raum verließ und den Flur entlang ging. »Okay, ich bin wieder da. Ich habe dich verstanden, dass es eine Presspassung ist.«

»Das kannst du laut sagen.«

»Ich habe dich verstanden, dass es eine Presspassung ist!« Er hielt inne. »Versuche nur dich zum Lachen zu bringen.«

Abbie sagte nichts.

»Schau, es ist spät. Ich kann sie heute Abend nicht entfernen lassen. Es würde verdächtig aussehen. Wer bewegt Stockbetten um halb neun abends?«

»Menschen, die arbeiten!« Sie schrie jetzt. »Und drei Leute in meinem Apartment verletzt meinen Mietvertrag! Wenn sie sehen, dass zwei Leute mehr hier leben, werde ich in großen Schwierigkeiten sein!«

»Okay. Ich werde ein Bett herausnehmen und wir gehen nach dem Prinzip der warmen Kajüte. Abgemacht?« Sie hörte ihn gähnen und erinnerte sich daran, dass es dort drei Stunden später war.

»Schön! Warum bist du noch in Besprechungen?« Sie schrie immer noch.

»Abbie?« Seine Stimme war sanft, schläfrig. »Ich vermisse dich ...«

»Ich vermisse dich auch!«, rief sie. »Jetzt mach Schluss und geh ins Bett!«

––––––––


ABBIE WAR AM NÄCHSTEN Morgen in der Kutsche, bevor sie realisierte, dass die neuen Security-Typen niemals aufgetaucht waren. Na ja, es konnte nicht von ihr erwartet werden, dass sie den ganzen Morgen wartete; sie würden sich einfach heute Abend treffen müssen. Ihre Meinung von ihnen fiel jedoch mit jeder Minute. Abbie ging in die Arbeit und hatte gerade die Kaffeemaschine in ihrem Büro gestartet, als sie ein Klopfen hörte. Eine junge Frau mit weißblondem Haar und einer tiefen Bräune stand dort. Sie sah nicht so aus, als ob sie viel Zeit unter der Erde verbrachte; allein ihre Haut verriet sie als neue Angestellte.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Abbie und gab Gleichgültigkeit als Machtdemonstration vor.

»Ja, Ms. Anderson. Ich bin Ihre neue Assistentin, Georgina Addington. Man nennt mich Georgie.«

Abbie schüttelte ihren Kopf, Augen auf ihrem Papierkram. »Ich habe keinen Nutzen für eine Assistentin; mein Terminplan ist unkompliziert. Ich geh an mein eigenes Telefon und ich nutze den Sekretariats-Pool, wenn ich etwas getippt brauche, oder mache es selbst.«

»Ich bin nicht diese Art von Assistentin, Ma’am.«

Eine Welle des Verständnisses überschwemmte Abbie und sie schloss ihre Augen. »Kommen Sie bitte herein und schließen die Tür.« Sie bedeutete der jungen Frau sich zu setzen und inspizierte sie. »Bitte sagen Sie, wie hat er das geschaukelt?«

»Unser gemeinsamer Freund übt beträchtlichen Einfluss aus, sogar hier.« Georgie, wenn das ihr echter Name war, hörte sich gardenisch an, nicht orangiersisch. Abbie nahm an, dass es nicht unvernünftig war ihre Referenzen zu überprüfen, wenn sie ihr Leben in die Hände dieser Frau legte.

»Woher kommen Sie?«

Die Frau schenkte ihr ein wissendes Lächeln. »Ich bin selbstverständlich aus Gardenia. Genau wie Sie, Ma’am.« Abbie hatte hart daran gearbeitet ihren Akzent in die Gemeine Sprache abzuschwächen, als sie auf der Straße gelebt hatte. Es war nett zu sehen, dass die Frau sich ihrer Rolle hingab. »Ich werde über den Tag bei Ihnen sein, Sie nach Hause bringen und dann übernimmt Tezza Macias, Ihre neue Mitbewohnerin, die Nachtschicht.«

»Er kennt mich zu gut«, murmelte sie.

»Verzeihung?«

Abbie hob ihren Kopf und blitzte Georgie an, da Parker nicht verfügbar war. »Unser gemeinsamer Freund. Er kennt mich zu gut. Er weiß, dass ich eher einer Frau gehorche als einem Mann.«

»Das kann ich Ihnen nicht verdenken, Ma’am. Seien Sie versichert, dass ich zwar nicht die physische Statur von Dean oder Waldo habe, aber ich bin eine Expertin in Kampfsport, Entdeckung von Bedrohungen und verzauberter Abschirmung. Ich kann und werde Sie beschützen.«

Abbie winkte ihr flapsig mit einer Hand zu. »Wäre ich in irgendeiner Gefahr, wäre das eine große Beruhigung.«

Georgies höfliche äußerliche Erscheinung entglitt ihr. »Warum glauben Sie, dass Sie es nicht sind? Ich habe die Morddrohungen gesehen, Ma’am.«

»Lassen Sie uns ein anderes Mal darüber sprechen«, sagte Abbie, während sie auf die geschlossene Tür blickte. »Wo ist Ihr Büro?«

»Genau gegenüber auf dem Flur. Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde Ihre Tür offen zu lassen, wäre das hilfreich für mich. Außerdem tun Sie sich keinen Zwang an und geben mir tatsächliche Sekretariatsarbeit zu erledigen. Ganz so, als ob man mit einem schlechten Liebhaber ins Bett geht, kann ich es nur für eine bestimmte Zeit vortäuschen.«

Abbie schmunzelte. Der Rest des Morgens ging zügig vorbei; sie war von ihrer Reise durch den Schleier und davon die Angelegenheiten ihres Vaters abzuschließen noch immer hinterher, also hatte sie reichlich auf der Arbeit zu tun. Abbie erwartete sich beobachtet zu fühlen, aber jedes Mal, wenn sie aufschaute, schien Georgie ebenso beschäftigt wie sie. Parker schrieb ihr um die Mittagszeit herum.

Parker: Also?

Abbie: Also ... was?

Parker: Also, wie findest du Georgie? Sie hat diesen Akzent nur für diesen Auftrag gelernt.

Abbie: Soll ich davon beeindruckt sein?

Abbie: Weil irgendwie bin ich das.

Parker: So viel habe ich erwartet. #kinging

Abbie: Hör auf dich so hämisch zu freuen. Wie läuft dein Tag?

Parker: Geschäftig. Liebe dich.

Abbie: Liebe dich auch, Schätzchen.

––––––––


WENN GEORGIE DAS LICHT war, war Tezza die Dunkelheit. Sie gab Abbie einen professionellen Handschlag, aber ihr Gesichtsausdruck war verschlossen. Sie war komplett in schwarzer figurbetonter Kleidung gekleidet. Ihr dunkles Haar war in einen hohen Dutt gedreht, aber es war offensichtlich ziemlich lang, wenn man es entfaltete. Sie hatte einen breiten Stand, ihre Hände waren hinter ihrem Rücken verschränkt, so als ob Abbie ein Militär war, der sie inspizierte.

»Woher kommen Sie?«

»Op’Ho’Lonia.«

»Oh, wirklich? Ich bin nie dort gewesen. Wie ist es so?«

»Humid.«

Sie starrten einander an, während Abbie versuchte sich mehr Fragen auszudenken. Ihr Gehirn war nach einem langen Tag müde.

»Haben Sie zu Abend gegessen?«

»Ja.«

»Gibt es irgendetwas, dass ich Ihnen besorgen sollte, so dass sie es hier gemütlicher haben?«

»Nein.«

Sie versuchte sich eine Frage auszudenken, die mehr als eine Ein-Wort-Antwort erlangen würde.

»Wie viel Erfahrung haben Sie in dieser Branche?«

Tezza verschränkte ihre Arme. »Reichlich.«

Abbie gab auf. »Okay, großartig, na ja, willkommen an Bord, sozusagen. Lassen Sie mich wissen, falls es irgendwelche Themen während der Nacht gibt. Ich ... hänge einfach ... hier rum.«

Junge, dieses Mädel ging einem auf die Nerven. Tezza nickte einmal, drehte sich dann um und verschwand im Schlafzimmer, während Abbie Abendessen kochte und aß. Sie ahnte irgendwie, als Abbie bereit war ins Bett zu gehen und kam mit einem Buch in der Hand heraus, schaute dabei nicht auf. Sie legte den Schinken auf die Couch, als sie sich zur Eingangstür bewegte.

»Gehen Sie ins Bett?«, fragte sie.

Abbie nickte vorsichtig. Tezza wandte ihr wieder ihren Rücken zu und Abbie hörte sie eine Beschwörung murmeln, hörte dann, wie die Schlösser herüberschnappten, obwohl sie diese nicht berührt hatte.

»Oha.« Abbie kam zur Tür herüber und sie versuchte das Bolzenschloss. Es gab nicht nach. »Sie haben meine Tür für einen bestimmten Öffner verzaubert?«

Tezza nickte.

Abbie verschränkte ihre Arme. »Was, wenn ich bei Nacht raus muss? Was, wenn es ein Feuer gibt oder es mich nach einer Pizza verlangt?«

»Warum sollten Sie ohne Ihre Security gehen?« Tezza setzte sich auf die Couch und nahm ihr Buch wieder auf. Parker hatte sein Wort gehalten und das Stockbett entfernt, während sie auf der Arbeit war. Da war jetzt ein hochwertiger Futon in ihrem Zimmer, der tatsächlich recht nett in den Raum passte.

Abbie: Tezza ist ... heftig.

Parker: In der Tat. Wir dachten, dass sie besser für die Nachtschicht als die Tagschicht geeignet wäre.

Abbie: Ja, ich kann verstehen, wie sie vielleicht Leuten Angst machen könnte.

Abbie: Danke für den Futon. Er passt besser.

Parker: Gern geschehen.

Abbie: Wir werden es mit etwas »rummachen« bei deinem nächsten Besuch einweihen müssen.

Parker: Nehme das in Tinte auf die Agenda ... kannst deine Meinung jetzt nicht mehr ändern.

Abbie: Warum würde ich das wollen? Du bist ein ausgezeichneter Küsser.

Parker: Bist du beschäftigt?

Abbie: Wollte gerade ins Bett gehen ...

Das Handy klingelte und sie ging ran.

»Dies schien besser persönlich erledigt zu werden«, begann er. »Ich weiß, dass du eigentlich am Neunten kommen solltest ...«

»Oh-oh.«

»Ich weiß, es tut mir leid. Es war nicht vermeidbar, Liebling. Können wir es um eine Woche verschieben?«

»Ich schätze. Aber du wirst noch immer nächstes Wochenende hierherkommen?«

»Na ja, eigentlich ...«

»Oh-oh«, seufzte sie.

»Nein, hör einfach zu. Ich bin in der Woche, nachdem ich in Imahara bin, zu einem Gipfel gerufen worden, die Woche vom Neunzehnten. Würdest du mich da treffen wollen?«

»Dich treffen?«

»Du könntest in meiner Mietwohnung bleiben – selbstverständlich in deinem eigenen Zimmer. Und du würdest Geld sparen, da du eine kürzere Strecke fliegst.« Er würde das natürlich denken, da er niemals nicht zurückzahlbare geschäftliche Prallluftschifftickets kaufte, welches sie bereits für Orangiers gekauft hatte. Sie wäre vielleicht in der Lage sie gegen eine Gebühr zu übertragen ... Mehr Geld zum Fenster hinausgeworfen. Beziehungen sind teurer, als mir bewusst war. Sie schluckte das meiste ihrer Einwände und einen weiteren Schluck Wasser herunter. »Wobei geht es bei dem Gipfel?«

»Ah, ja, ich dachte, dass das für dich auch interessant sein könnte. Es geht um Menschenrechte, alle kontinentalen Länder dazu zu drängen ein Abkommen über Menschenrechte zu unterschreiben, innerhalb und außerhalb des Schleiers.«

»Faszinierend. Wenn ich zustimme, würde ich dich überhaupt zu sehen bekommen? Oder wärst du die ganze Zeit in Besprechungen?«

»Er geht von Mittwochabend bis zum Frühstück samstags, also haben wir noch immer das meiste des Wochenendes für Sightseeing und was weiß ich nicht alles. Und wir haben etwas mehr Freiheit herumzulaufen, eine Fahrt machen vielleicht.«

Abbie grinste. »Das klingt nach mehr Spaß, als in meinem Apartment zu sitzen.«

Er hielt inne. »Und ich zögere es zu erwähnen, aber es gibt einen formellen Ball Freitagabend. Es könnte eine gute Gelegenheit für dich sein informell mehr über Menschenhandel zu erfahren, ein paar Verbindungen schließen. Wenn du mich gerne begleiten möchtest, hätte ich dich gerne bei mir. Ich verspreche, dass ich dich zu einer vernünftigen Zeit ins Bett bringe.«

Sie zog die Bettdecke höher, ihr Herz erwärmte sich dabei, dass er daran dachte ihr zu helfen zu versuchen diese Seite ihrer Interessen weiterzuentwickeln. »Ich werde über Freitagabend nachdenken, aber der Rest davon klingt wie eine gute Idee.«

»Gut. Dann haben wir eine Verabredung.«

»Gut.« Sie gähnte. »Okay, mehr habe ich nicht.«

»Ich auch nicht. Bin froh, dass du glücklich mit deiner Security bist. Siehst du? Du kannst mir vertrauen.«

Sie murmelte etwas Unverständliches, als sie auf das Kissen sank, nicht in der Lage ihre Augen offen zu halten.

»Entschuldige, das habe ich nicht verstanden ... Abs? Bist du noch da?«, hörte sie ihn sagen, aber seine Stimme war weit weg und dann war sie weg.




KAPITEL SECHS


134 Tage bis zur Hochzeit

#


KÖNIGIN LILYS BERATERIN Bernice schrieb Abbie am Mittwoch, bevor Parkers Familie anreisen würde, um bei der Planung zu helfen, eine SMS; sie würden in der Innenstadt im Regency Hotel bleiben und Abbie sollte sie um 18 Uhr zum Abendessen in der Suite Ihrer Majestät treffen. Neben Lily waren Rhododendron, Ginger und Dahlia ebenfalls mit dabei; sie haben beschlossen Forsythia dieses Mal zurückzulassen. Die Attaché bestätigte die Verabredung zum Abendessen noch einmal am Donnerstag und am Freitag hatte sie diese Tussi ziemlich satt. Georgie und Tezza tauschten, als sie nach Hause rannte, um zu duschen und sich etwas Angemesseneres anzuziehen, um Parkers Mama zu treffen. Sie trug etwas Make-up auf und versuchte ihre Haare dazu zu bringen sich alle in dieselbe Richtung zu locken. Sie hatte Lily selbstverständlich zuvor getroffen, aber sie hatten keine Zeit in einem Einzelgespräch gemeinsam verbracht. Abbie fand, dass ihre eigene Persönlichkeit in großen Gruppen weniger ruppig war; sie hielt zum großen Teil ihren Mund, nickte eine Menge. Aber es war wirklich nicht wichtig, ob Lily sie mochte oder nicht; der Vertrag war unterschrieben. Irgendwann hat sie der Partie offensichtlich zugestimmt.

Abbie kletterte in die Kutsche und Georgie kam ihr hinterher.

»Aufgeregt?«

»Nö«, gab Abbie reumütig zu. »Lenken Sie mich ab?«

»Okay!« Die gute alte Georgie. Sie war nur ein paar Tage hier gewesen, aber das Mädel war zu allem bereit. »Worüber wollen Sie sprechen?«

»Ich bin neugierig wegen Ihrer magischen Fähigkeiten ... Wie wird man ein nicht technischer Magienutzer? Ich weiß halt, dass Sie ein Band mit der Magie haben ...«

»Ja, das ist richtig. Im Schleier ist die Magie in etwa wie ein Pferd, das gezähmt worden ist. Es ist vertraut damit, was man will, lässt sich bereitwillig satteln, ist es gewohnt aufgezäumt zu sein. Es muss dennoch gebürstet, getränkt, gefüttert, ihm Aufmerksamkeit geschenkt werden ... aber es ist mehr oder weniger abrufbar, wenn man es einen kennenlernen lässt, sich mit einem wohlfühlen lässt.«

»Was genau ist besonders am Schleier?«

»Der Schleier erschafft ein spezielles Umfeld, das manche der magischen Anforderungen erfüllt, ohne dass die ganze Zeit Bedarf an menschlicher Interaktion besteht. Er ist ein Netzwerk aus Generatoren, das Verbindungen zwischen Magiezonen erschafft, so dass ich damit selbst interagieren kann. Magie ist geographisch und die Vorstellung Magie aus einer anderen Zone zu treffen ist höchst interessant für sie. Oder sie Mehrzahl?« Sie legte ihren Kopf für einen Moment schief, schüttelte ihn dann. »Ich weiß nie, welches Pronomen ich für die Magie nehmen soll. Es fühlt sich für mich nach Plural an, aber technisch gesehen ist es eine Einheit.«

»Aber wie lässt dies dann die Lichter angehen?«

»Wir haben sie im Grunde überzeugt sich mit Objekten anstatt Menschen oder anderen Zonen zu verbinden. Die Objekte haben Komponenten, die mit Magie erstellt worden sind, also legt das ein falsches Positiv auf sie. Menschen denken, dass Techniknutzer es einfach haben, aber tatsächlich ist es nicht so einfach dieses Band, diese Komponenten zu erschaffen. Es braucht eine Menge Zeit etwas Körperliches durch Magie zu erschaffen.«

»Sie hatten kein Interesse da dran?«

Sie schüttelte ihren Kopf. »Es ist so, wie manche Menschen Tiere in Zoos nicht anschauen können. Ich bevorzuge meine Magie wild.«

»Wie fühlt es sich an, wenn sie kommt?«

Georgie sah gedankenvoll aus. »Es ist schwer zu beschreiben. Für mich fühlt es sich wie ein Surren in meinen Ohren an, wie ein Moskito ... Man mag es anfangs nicht wahrnehmen, aber wenn man es lange genug spürt, beginnt man zu erkennen, wenn es um deine Aufmerksamkeit bittet. Andere sagen, dass es mehr wie ein Kribbeln oder ein warmes Licht auf ihrem Gesicht oder ein Tippen auf die Schulter von einer unsichtbaren Hand ist. Tezza sagt, dass ihre wie eine Flüssigkeit ist, die sich um ihre Knöchel sammelt.«

»Wow«, sagte Abbie. »In Ordnung, Sie haben mich angefixt. Wann fangen wir an?«

Sie wurde mit einem riesigen Lächeln belohnt, als Addington ihren Kopf schüttelte. »Seine Majestät war ziemlich klar während unserer Einweisung, dass wir Sie nicht darin anleiten dürfen eine magische Fähigkeit zu entwickeln.«

Überfürsorglicher Besserwisser, meckerte sie innerlich. »Wie ist sie außerhalb des Schleiers?«

»Sehr anders. Sie ist mehr wie ein Welpe am Strand. Man will, dass sie einen Stock für dich wiederbringt, aber alles, was sie will, ist die Möwen zu jagen, die Reste deines Mittagessens zu essen und Einsiedlerkrebsen hinterherzuschnüffeln. Viel härter ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Unverschleierte Magie will normalerweise etwas, bevor sie ein Band mit einem eingeht.«

»Will etwas? Wie zum Beispiel?«

»Die Welpen-Analogie funktioniert aus einem Grund gut – er will vielleicht mit deinem Zeug spielen, wenn man etwas hat, was er will, oder einfach nur unterhalten werden. Manchmal will sie in deinem Kopf herumwursteln, neue Dinge herausfinden; die meisten Menschen sind nicht verrückt danach.« Sie hielt inne und schaute nach unten. »Aber gelegentlich ist sie mehr wie ein Löwe. Ein Löwe, der dich manchmal als seinen Hüter anerkennt ... und dich manchmal als Beute ansieht.«

»Hat sie jemals versucht Sie aufzufressen?«, flüsterte Abbie.

Georgie lachte. »Nein, selbstverständlich nicht. Ich bin ein Profi. Deswegen machen wir ausgiebiges Training. Aber es gab ein paar Zeiten, als sie nicht an Gesellschaft interessiert war und ich habe sie in Ruhe gelassen.«

Abbie nickte erleichtert. »Selbstverständlich.«

»Die Geschichte des Schleiers ist faszinierend. Ich habe meine Abschlussarbeit darüber geschrieben. Es hat mit dieser einen Gemeinschaft angefangen, Jumonville in Gardenia, die nur versuchte sich vor den Bestien zu schützen. Dann hat ein kleines Mädchen, Milly Fullerton, bemerkt, dass ihr Feuer in der Feuerstelle seit Tagen nicht ausgegangen war. Ihre Eltern dachten beide, dass der andere es geschürt hatte. Die Magie hatte die Scheite intakt gehalten.«

»Ich meine, gibt es etwas, das Sie nicht tun können?«

Georgie zuckte mit einer Schulter. »ST, Schleier-Tech, gibt es erst seit ungefähr hundert Jahren. Es gibt eine Menge, das wir noch immer nicht wissen. Die meisten unserer Anwendungen sind praktisch ... aber es gibt theoretische Überlegungen, dass viel mehr möglich ist. Es gibt offensichtlich ein paar Supernutzer, wie der Kriegsherr von Gratha und die Herzogin von Gripewater, aber sie stehen dem nicht wirklich offen gegenüber ihre Methoden zu enthüllen. Oh, wir sind da.«

––––––––


ABBIES HÄNDE ZITTERTEN, als sie sich der Hotelsuite näherte. Lily und Rhodie waren beide immer so geschliffen, so professionell royal; niemals ein beschädigter Nagel, nie war ein Haar nicht an Ort und Stelle. Es gibt eine Art nonverbaler Kommunikation, die vor sich geht, wenn zwei Frauen sich körperlich musterten, und Abbie fühlte sich immer, als ob sie stotterte. Ich kann das. Parker liebt mich; sie werden mich auch lieben. Und wenn nicht, kann ich einen großen Satz machen vom nächsten –

Die Türen schwangen auf und Lilys Beraterin stand lächelnd da.

»Gut, Ihr habt uns gefunden. Kommt herein.«

Sie trat in die Suite, versuchte Selbstvertrauen vorzugeben und wurde unverzüglich von den sechszehnjährigen Zwillingen belagert.

»Du bist endlich hier!« Das war Dahlia ... dachte sie.

»Warum hast du so lange gebraucht?« Das war Ginger ... war sie sich ziemlich sicher.

Abbie versuchte deren Umarmung zu erwidern, aber sie nagelten in ihrer Überschwänglichkeit ihre Arme an ihren Seiten fest. Alles, was sie tun konnte, war ein überraschtes Lachen herauszubringen.

»Entschuldigt, ich bin vor fünf nicht rausgekommen und dann musste ich nach Hause rennen und duschen. Ihr würdet mich sonst nicht umarmen wollen.«

Sie ließen sie los und teilten ein Kichern in Stereo. Immer noch nervös blickte Abbie über ihre Schultern, um zu sehen, ob Lily diese starke Zurschaustellung von Zuneigung guthieß und sah sie breit lächeln, gelassen wie immer. Rhodies Haltung war jedoch weniger offen, noch erhob sie sich, um Abbie zu begrüßen, wie Lily es tat. Lily küsste sie auf jede Wange und hielt sie eng an sich und, gegen ihren Willen, erglühte Abbies Herz.

»Willkommen zurück, Liebes. Es ist so gut dich wieder bei uns zu haben. Es tut mir leid, dass ich der Gedenkfeier deines Vaters nicht beigewohnt habe. Ich war krank und nicht in der Lage zu reisen. Aber unsere Gedanken waren bei dir.«

»Danke, Eure Majestät. Ich schätze das.«

»Oh bitte, du kannst mich gerne informeller ansprechen. Du gehörst jetzt zu Familie.«

»Beinahe.« Abbie zog eine Grimasse, da sie an die Klagen dachte.

»Oh, mach dir über diese rechtlichen Themen keine Sorgen, Liebes. Edward und seine Regierung werden dies schon bald aus der Welt schaffen.«

Sie lächelte. »Ich hoffe es.« Abbie rückte zu Rhodie und küsste sie zur Begrüßung.

»Wie geht’s, Eure Hoheit?«

»Mir geht es sehr gut, danke. Und selbst?«

»Mir geht es gut.«

Rhodie beobachtete sie erwartungsvoll, musterte sie und Abbie spürte, wie Farbe in ihr Gesicht kroch. Sie griff nach etwas, nach dem sie fragen konnte.

»Wie verläuft deine Forschung? Parker sagte, dass du eine Menge Zeit im Labor verbracht hast.«

»Sie verläuft gut. Mein Stipendium wird in wenigen Monaten abgeschlossen sein und dann hoffe ich eine weitere Expedition machen zu können.«

»Oh, wirklich? Wohin?«

»Ich bin unsicher, was die Örtlichkeit sein wird. Möglicherweise nach Trella. Die Pflanzenspezies dort sind schwerst undokumentiert.« Ihre Ausdrucksweise ließ Abbie sich Bäume vorstellen, die von Zollbeamten wegen ihrem fehlenden Papierkram bedrängt werden, aber sie verzog keine Miene.

»Tochter, ich sollte doch denken, dass du glücklich wärst einen weiteren wissenschaftlichen Verstand zu haben, um dich zu unterhalten.« Es war subtil, aber Abbie war sich ziemlich sicher, dass Lily Rhodie dafür rügte, dass sie nicht freundlicher war. Aber sie verstand Rhodies Zögerlichkeit; sie hatte in Gratha Parkers Herz gebrochen. Sie musste dafür noch immer etwas Buße tun.

»Oh«, sagte Abbie und schüttelte ihren Kopf. »Rhodies ist auf einem völlig anderen Niveau. Ich bin nur eine verherrlichte Müllfrau.«

»Ich bin sicher, dass es gesundheitliche Folgeerscheinungen bei dem gibt, was du tust«, sagte Rhodie.

Abbie dachte, dass sie die Worte »was du tust« mit einer gewissen Betonung sagte, die sie nicht ganz einordnen konnte. Geringschätzung? Hochmut? Nein ... Gleichgültigkeit. Na ja, ich habe vor einer Herausforderung noch nie einen Rückzieher gemacht.

»Na ja, es gibt größere gesundheitliche Folgeerscheinungen, wenn ich es nicht tue, aber ja, wir versuchen Gardenia zukunftsfähig zu halten. Ich denke, wir haben über die letzten Jahre etwas Fortschritt gemacht.«

»Hmm.« Rhodie nippte an ihrem Wasser.

Lily setzte sich auf die Couch, also folgte Abbie ihr und setzte sich neben sie. Ginger und Dahlia setzten sich wie Buchstützen jeweils an ein Ende. Rhodie blieb in ihrem hohen Ohrensessel, aber schwenkte herum, um Teil der Unterhaltung zu bleiben.

»Abelia«, Lily drückte ihre Hand, »danke, dass du es uns erlaubst an der Planung teilzuhaben. Wir sind alle aufgeregt eine wunderschöne Zeremonie für euch zwei zusammenzustellen.«

»Oh, na ja ... ich bin froh über die Hilfe«, log sie. »Ich habe keine Ahnung, wie man das macht.« Zumindest der Teil ist wahr.

Lily deutete auf ihre Aktentasche, die ein gigantisches Sammelalbum hervorbrachte. »Die Zwillinge und ich waren emsig damit beschäftigt Ideen zu sammeln.« Abbie zwang sich langsam ein- und auszuatmen, unterdrückte den großen Seufzer, den sie ausstoßen wollte, als Lily das Buch über ihren Schößen öffnete. »Wir haben ein paar Farbpaletten-Ideen für dich zusammengestellt ...«

Was mit Ärgerlichkeit begann, machte Platz für ängstliche Aufregung und Abbie versuchte auf Lilys Worte konzentriert zu bleiben. Behalte einfach deine höflichen Hosen an, nimm das Erste und dann kannst du essen und nach Hause gehen. Farben, essen, nach Hause. Farben, essen, nach Hause.

Die Königin räusperte sich. »Dieses Erste ist pflaumenfarben und smaragdgrün. Man kann zu der Zeit des Jahres einfach Blumen in dieser Farbe finden und nicht zu weihnachtlich.«

Abbie öffnete ihren Mund, um zu sagen, dass es großartig aussah, als Dahlia unterbrach. »Ich mag das hier nicht. Es wird Edward zu rot aussehen lassen, glaubst du nicht, Abbie?«

»Du hast es gemocht, als wir es in das Album getan haben, Spinner.« Ginger schaute ihre Schwester an und rollte mit den Augen.

»Welche Farbe für den Smoking würdest du mit dem verpaaren? Parker wird geradezu mit dem Schwarz verschmelzen!«

Lily warf ein: »Ich bin sicher, dass Edward seine Militäruniform tragen will.«

»Aber dann werden sie beide Weiß tragen«, sagte Dahlia. »Ist das nicht seltsam?«

»Na ja, ich kann eine andere Farbe tragen«, sagte Abbie und die Mädchen starrten sie an. Rhodie hustete und Abbie fragte sich, ob sie ein Lachen überdeckte.

»Wir schätzen deine Flexibilität, aber in diesem Fall, Liebes, bestehen ein paar kulturelle Implikationen mit der Farbe des Hochzeitskleids einer Frau ...«, sagte Lily sanft.

Abbie hob eine Augenbraue. »Welche Art von Implikationen?«

Die orangie Frauen schauten einander verdutzt an. Was entgeht mir hier? Es ist nur ein Kleid, richtig?

»Du musst Weiß tragen«, sagte Rhodie schließlich, wobei ein Lächeln um ihre Mundwinkel spielte. »Vertrau uns einfach. Edward wird dich in Weiß wollen.«