Read the book: «Marie - Folge 3»
MARIE
Folge 3
Nahverkehr
Fatih O.
Artcover: Giada Armani
Copyright: BERLINABLE UG
Berlinable lädt dich ein, alle deine Ängste hinter dir zu lassen und in eine Welt einzutauchen, in der Sex der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist.
Unsere Mission: Die Welt verändern - Seele für Seele.
Akzeptieren Menschen ihre eigene Sexualität, formen sie eine tolerantere Gesellschaft.
Worte der Inspiration, des Mutes, der Veränderung.
Öffne deinen Geist und befreie deine tiefsten Begierden.
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Nahverkehr
„Richtung Alexanderplatz zurückbleiben, bitte!“, war das Letzte, was Marie hörte, bevor sich ein großgewachsener Mann wie eine Antilope springend zwischen die schließenden Türen der U-Bahn warf.
„Was für ein beschissener Montagmorgen!“, hörte sie ihn fluchen und beobachtete, wie er seinen Kampf um den letzten Zipfel seines augenscheinlich neuen Herbstmantels gegen die Fänge der U-Bahn-Türen zu gewinnen versuchte.
Der Preis des Sieges schien ebenso hoch zu sein wie der, den er für das exklusive Schmuckstück aus Kaschmir gezahlt haben musste, denn er griff fluchend nach der Haltestange in der Mitte des Waggons und betrachtete mit Verachtung die Bisswunde, welche die U-Bahn-Türen in seinem unschuldigen Mantel hinterlassen hatten.
„Na toll, erst vier Tage alt und schon im Arsch!“, grummelte er sichtlich genervt in seinen Dreitagebart.
Die Stimme und Statur des Unbekannten riefen bei Marie Erinnerungen an ihren Ex hervor und für einen Moment glitt sie in die Vergangenheit. Im Bruchteil einer Sekunde zogen plötzlich die letzten drei Jahre mit sämtlichen Höhen und Tiefen an ihrem geistigen Auge vorbei: ihr romantisches Kennenlernen, das Ausleben gemeinsamer sexueller Fantasien, ewige Streitigkeiten um die Ordnung in seiner Wohnung, der Spagat zwischen ihrem Studium, den Anforderungen ihres Ziehvaters und seiner Karriere. Es war eine ständige Achterbahnfahrt der extremen Gefühle gewesen, denen sie völlig erlegen war und von denen sie nicht genug bekommen konnte.
Als die Türen sich im nächsten Bahnhof erneut öffneten, wurde seinem Ärger und ihrer gedanklichen Reise in die Vergangenheit unliebsam ein Ende bereitet. Eine schnaufende Herde arbeitswütiger Rindviecher ergab sich dem Gedränge der Rushhour und presste sich in das Abteil. Marie spürte einen plötzlichen Druck in ihrem Rücken und konnte nur noch hilflos beobachten, wie sich der fluchende Fremde – derselben unsichtbaren Kraft ausgesetzt – auf sie zubewegte. Das Drängen im Abteil nahm erst ein Ende, als keiner der Mitfahrenden sich weiterbewegen konnte und Marie nunmehr direkt in zwei stahlblaue und vor Zorn brennende Augen schaute. Erneut schlossen sich die Türen und ein Potpourri aus Hunderten von Stimmen, Handyklingeltönen und Musikfetzen untermalte die zwangsläufige Tuchfühlung, in der Marie sich gerade wiederfand.
„Mein Gott, was für eine Energie er allein durch seine Augen ausstrahlt. Ich möchte nicht Grund seines Zornes sein… Ich wette, er kann sehr grob werden!“, hörte sie sich selbst in Gedanken frivol schmunzeln und konnte nicht abschätzen, ob sie bereits eine Minute oder nur ein paar Sekunden aufdringlich starrte.
Obwohl sie peinlich berührt ihrem Instinkt folgend den Kopf senken wollte, hielt die Anziehungskraft seiner Augen sie in ihrem Bann und sie bemerkte, wie ihr Mund halb geöffnet stehenblieb. Der lodernde Ausdruck dieser Augen bekam in diesem Moment eine unglaubliche Wärme und schien in ihrem Unterbewusstsein neuralgische Knöpfe zu drücken, denn ein schmerzhaft angenehmes Gefühl – als würde ihr heißes Öl vom Kopf langsam über den Rücken runter bis zwischen die Beine laufen – machte sich breit. Marie bemerkte, wie ihr zugleich heiß und kalt wurde und ihr Körper mit der entsprechenden Transpiration antwortete. Sie sah, wie seine Augen langsam zu ihrem Mund wanderten und auf ihren halbgeöffneten Lippen verweilten, die selbst ein Michelangelo sinnlicher hätte nicht malen können.
Die Zeit schien zwischen den beiden stillzustehen.
Erst, als nach ein paar Sekunden Maries Duft zusammen mit ihren üppigen weiblichen Reizen auch den Rest seiner Wahrnehmung erreichten, schien es wie ein Unwetter über ihn hereinzubrechen, denn Marie erkannte, wie seine Pupillen sich plötzlich weiteten. Ihre Blicke verschmolzen erneut, als er wieder in ihre Augen blickte, obwohl das Gedränge mit all seinen hektischen Facetten eigentlich keinerlei Spielraum für knisternde Momente lieferte.
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