Fälle und Lösungen zur StPO

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Fälle und Lösungen zur StPO
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Fälle und Lösungen zur StPO

für die Ausbildung in der Bundespolizei

Nils Neuwald

Erster Polizeihauptkommissar, Diplom-Verwaltungswirt (FH), M.A.

Fachkoordinator der Fachgruppe Recht und Verwaltung am

Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Neustrelitz,

derzeit umgesetzt zur Hochschule des Bundes in Lübeck

und

Elisabeth Rathmann

Polizeihauptkommissarin, Diplom-Verwaltungswirtin (FH)

Polizeifachlehrerin und Fachverantwortliche Einsatzrecht

im VmPVD am

Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum Neustrelitz,

vorübergehend abgeordnet zum Flughafen Berlin Brandenburg

2., aktualisierte Auflage, 2021


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

2. Auflage, 2021

Print ISBN 978-3-415-06979-4

E-ISBN 978-3-415-06981-7

© 2019 Richard Boorberg Verlag

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © RBV

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Inhalt

Kapitel 1 Einführung in die rechtliche Fallbearbeitung

1.1 Inhaltliche Grundsätze

1.2 Prüfschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen

1.3 Gesamtübersicht Prüfschema

1.4 Erläuterungen zum Prüfschema

Ziffer 1 Entscheidung

Ziffer 2 Zuständigkeit

Ziffer 3 Eingriff

Ziffer 4 Zwang

1.5 Allgemeine Ratschläge zur Bearbeitungstechnik

Kapitel 2 Übungssachverhalte mit Lösungen

2.1 Fälle zur körperlichen Untersuchung

Fall 1: Körperliche Untersuchung beim Beschuldigten – § 81a Abs. 1 StPO

Fall 2: Körperliche Untersuchung beim Zeugen – § 81c Abs. 1, 5 StPO

2.2 Fälle zur erkennungsdienstlichen Behandlung

Fall 3: Erkennungsdienstliche Behandlung – § 81b 1. Alt. StPO

Fall 4: Erkennungsdienstliche Behandlung – § 81b 1. Alt. StPO

Fall 5: Erkennungsdienstliche Behandlung – § 81b 2. Alt. StPO

2.3 Fälle zur Sicherstellung

Fall 6: Sicherstellung – § 94 Abs. 1 StPO

Fall 7: Sicherstellung – § 94 Abs. 1 StPO

2.4 Fälle zur Beschlagnahme

Fall 8: Beschlagnahme – § 94 Abs. 1, 2, § 98 Abs. 1 StPO

Fall 9: Beschlagnahme – § 94 Abs. 1, 2, § 98 Abs. 1 StPO

Fall 10: Beschlagnahme – § 94 Abs. 1, 2, § 98 Abs. 1 StPO

2.5 Fälle zur Durchsuchung

Fall 11: Durchsuchung – §§ 102, 105 Abs. 1 StPO

Fall 12: Durchsuchung – §§ 102, 105 Abs. 1 StPO

Fall 13: Durchsuchung – §§ 102, 105 Abs. 1 StPO

Fall 14: Durchsuchung – §§ 102, 105 Abs. 1 StPO

2.6 Fälle zur Einziehung

Fall 15: Einziehung – § 111b StPO

Fall 16: Einziehung – § 111b StPO

2.7 Fälle zur vorläufigen Festnahme

Fall 17: Vorläufige Festnahme – § 127 Abs. 2 i. V. m. § 112 Abs. 1, 2 Nr. 2 StPO

Fall 18: Vorläufige Festnahme – § 127 Abs. 2 i. V. m. § 112 Abs. 1, 2 Nr. 2 StPO

2.8 Fälle zur Ermittlungsgeneralklausel

Fall 19: Fahndung – § 163 StPO

Fall 20: Befragung – § 163 StPO

2.9 Fälle zur Identitätsfeststellung beim Verdächtigen

Fall 21: Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 1 StPO

Fall 22: Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 1 StPO

Fall 23: Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 1 StPO

Fall 24: Mitnahme zur Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 2 StPO

Fall 25: Durchsuchung zur Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO

Fall 26: Erkennungsdienstliche Behandlung zur Identitätsfeststellung beim Verdächtigen – § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO

2.10 Fälle zur Identitätsfeststellung beim Unverdächtigen

Fall 27: Identitätsfeststellung beim Unverdächtigen – § 163b Abs. 2 Satz 1 StPO

Fall 28: Festhalten zur Identitätsfeststellung beim Unverdächtigen – § 163b Abs. 2 Satz 2 StPO

2.11 Fälle zur Festnahme von Störern

Fall 29: Festnahme von Störern – § 164 StPO

Fall 30: Festnahme von Störern – § 164 StPO

Kapitel 3 Anhang

3.1 Gesetz über die Bundespolizei (Bundespolizeigesetz – BPolG)

3.2 Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden (BPolZV)

3.3 Strafprozessordnung (StPO)

3.4 Strafgesetzbuch (StGB)

3.5 Prüfschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen

Vorwort

In der Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei sind im Fach Einsatzrecht/Verkehrsrecht schriftliche Prüfungsarbeiten, in Form von Aufsichtsarbeiten sowie Zwischen- und Laufbahnprüfungen, zu erbringen.

Den Anwärtern fällt es erfahrungsgemäß schwer, trotz richtig erkanntem Ergebnis, die Lösung korrekt niederzuschreiben. Hierbei soll das vorliegende Buch eine Hilfestellung bieten. Es enthält zahlreiche Sachverhalte zu den repressiven Standardmaßnahmen im bundespolizeilichen Aufgabenbereich, die regelmäßig gemäß Ausbildungs- und Stoffverteilungsplan in Prüfungen und Aufsichtsarbeiten abgeprüft werden.

Alle Sachverhaltslösungen sind komplett ausformuliert und entsprechen dem verbindlich festgelegten Prüfungsschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsbefugnissen. Die Lösungen basieren auf den bundesweit harmonisierten Lehrunterlagen für die Ausbildung des mittleren Polizeivollzugsdienstes und der Verfahrensanweisung der Bundespolizeiakademie für die Erstellung von Prüfungsarbeiten.

In einem einführenden Abschnitt wird zu Beginn des Buches zudem das Prüfungsschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsbefugnissen in der Bundespolizei ausführlich dargestellt. Zu jeder einzelnen Ziffer dieses behördlich vorgegebenen Prüfungsschemas werden Bearbeitungshinweise gegeben.

 

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Freude bei der Lektüre des Buches und gutes Gelingen bei der Lösung der schriftlichen Aufsichts- und Prüfungsarbeiten.

An Stellen im Buch, wo geschlechtsneutrale Formulierungen aus Gründen der Lesbarkeit unterbleiben, sind ausdrücklich stets alle Geschlechter angesprochen.


Berlin/Neustrelitz, im Frühjahr 2021Die Verfasser

Abkürzungsverzeichnis


§/§§Paragraf/Paragrafen
Abs.Absatz
AEUVVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
Art.Artikel
AufenthGAufenthaltsgesetz
AsylGAsylgesetz
BBundesstraße
BGBBürgerliches Gesetzbuch
BGSBundesgrenzschutz
BMIBundesministerium des Innern
BPOLBundespolizei
BPOLDBundespolizeidirektion
BPOLIBundespolizeiinspektion
BPolGBundespolizeigesetz
BPolZVVerordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden
BtMGGesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln
DB AGDeutsche Bahn Aktiengesellschaft
DGLDienstgruppenleiter
d. h.das heißt
ED-Behandlungerkennungsdienstliche Behandlung
f./ff.folgende/fortfolgende
FAAFahrkartenautomatenaufbruch
FamFGGesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
gem.gemäß
GGGrundgesetz
grds.grundsätzlich
GVGGerichtsverfassungsgesetz
IDFIdentitätsfeststellung
i. e. S.im engeren Sinne
i. S. d.im Sinne des
i. V. m.in Verbindung mit
i. w. S.im weiteren Sinne
JVAJustizvollzugsanstalt
kmKilometer
LKWLastkraftwagen
LmPVDLaufbahnlehrgang für den mittleren Polizeivollzugsdienst
LuftSiGLuftsicherheitsgesetz
o. g.oben genannte(r)
OWiOrdnungswidrigkeit
PHMPolizeihauptmeister
PkwPersonenkraftwagen
PVBPolizeivollzugsbeamter
PVDPolizeivollzugsdienst
RBBRechtsbehelfsbelehrung
RGLRechtsgrundlage
RGVRechtsgutverletzung
SDÜSchengener Durchführungsübereinkommen
SGKSchengener Grenzkodex
Std.Stunden
StGBStrafgesetzbuch
StPOStrafprozessordnung
UZwGGesetz über den unmittelbaren Zwang des Bundes
VmPVDVorbereitungsdienst für den mittleren Polizeivollzugsdienst
VwVGVerwaltungsvollstreckungsgesetz
VwVfGVerwaltungsverfahrensgesetz
WÜKWiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen
z. B.zum Beispiel

Kapitel 1 Einführung in die rechtliche Fallbearbeitung

Im mittleren Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei sind im Fach Einsatzrecht/Verkehrsrecht schriftliche Prüfungen, in Form von Aufsichtsarbeiten sowie Zwischen- und Laufbahnprüfungen, zu bewältigen.

Die fachinhaltliche Verantwortung für die Erstellung der Prüfungsarbeiten liegt bei der Bundespolizeiakademie sowie den Fachgruppen Recht und Verwaltung der Aus- und Fortbildungszentren.

1.1 Inhaltliche Grundsätze

Der fachinhaltliche Schwerpunkt wird, neben dem Straf- und Zwangsrecht, bei den Eingriffsbefugnissen aus dem Polizei- sowie dem Strafprozessrecht gesetzt. Hierbei werden aktuelle Rechts- und Kriminalitätsentwicklungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei berücksichtigt.

Als Örtlichkeiten des Geschehens sind die jeweiligen Musterinspektionen vorgesehen. Diese sind für den Bereich der grenzpolizeilichen Aufgabe die Bundespolizeiinspektion Forst, für die bahnpolizeiliche Aufgabe die Bundespolizeiinspektion Hamburg, für die Wahrnehmung der Aufgabe Luftsicherheit die Bundespolizeiinspektion Hamburg Flughafen und für die verbandspolizeiliche Aufgabe die Bundespolizeiabteilung Ratzeburg.

Es werden zukunftsorientierte Fragestellungen (»ex ante«) bei Befugnissen und Maßnahmen verwendet. Die Grenzen des zulässigen Prüfungsstoffs ergeben sich aus dem Lernfeld (Lernfeld=Prüffeld). Die Grundlage hierfür sind die bundesweit harmonisierten Lehrunterlagen.

1.2 Prüfschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen

Das für die Prüfung der polizeilichen Befugnisse zugrunde gelegte »Schema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen« basiert auf der Anlage 3 des Ausbildungsplanes für den VmPVD der Bundespolizeiakademie vom Januar 2020. Es enthält die rechtlichen Anforderungen, die im polizeilichen Alltag im mittleren Polizeivollzugsdienst bei der Anwendung von Eingriffsmaßnahmen zu beachten sind. Es soll vor allem dazu führen, dass sich Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte der Bundespolizei rechtssicher zum Handeln oder Nichthandeln entschließen. Das Prüfschema darf aber nicht dazu verleiten, jeden Punkt im gleichen Umfang und mit der gleichen Intensität zu bearbeiten. Der Sachverhalt und die Aufgabenstellung bestimmen den Lösungsweg.

Das Prüfschema ist ebenso wie unkommentierte Gesetzestexte bei der Zwischenprüfung des 1. Dienstjahres (VmPVD) zugelassen und wird als Anlage der Prüfungsarbeit beigefügt. Die schriftliche Prüfungsarbeit im 3. Dienstjahr, dem Laufbahnlehrgang (LmPVD), muss ohne beigefügtes Schema gelöst werden.

1.3 Gesamtübersicht Prüfschema

Prüfschema für die rechtliche Begründung von Eingriffsmaßnahmen

1 Entscheidung

1.1 Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln

1.2 Benennung der zu treffenden Maßnahme

2 Zuständigkeit

2.1 Sachliche Zuständigkeit

2.2 Örtliche Zuständigkeit

3 Eingriff

3.1 Befugnisnorm

3.2 Adressat

3.3 Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen/Verhältnismäßigkeit

3.4 Besondere gesetzliche Pflichten/Formvorschriften

3.5 Feststellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme

4 Zwang

4.1 Benennung der Art des Zwanges

4.2 Zulässigkeit der Vollstreckung

4.3 Adressat des Verwaltungszwanges

4.4 Zur Anwendung unmittelbaren Zwanges berechtigte Personen

4.5 Besondere Vorschriften

– Androhung

– Besondere Anforderungen

4.6 Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen/Verhältnismäßigkeit

4.7 Feststellung der Rechtmäßigkeit der zwangsweisen Durchsetzung dieser Maßnahme

1.4 Erläuterungen zum Prüfschema
Ziffer 1 Entscheidung
Ziffer 1.1 Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln

Der Einstieg in die rechtliche Fallbearbeitung erfolgt über die Betrachtung des polizeilichen Anlasses, der sich regelmäßig als Rechtsgutverletzung, d. h. vielfach als Verstoß gegen eine oder mehrere gesetzlich festgeschriebene Normen verstehen lässt.

In den meisten Fällen handelt es sich um eine Gefahr, eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit (OWi), die in einer Gemengelage in unterschiedlicher Vielzahl und Kombination vorliegen kann. Zu beachten ist, dass in dieser Prüfziffer noch keine umfängliche rechtliche Würdigung erfolgt.

Der polizeiliche Anlass ist nur kurz darzustellen. Mit dieser Vorstellung soll dargestellt werden, was offensichtlich erkannt wurde und was weiterhin wahrscheinlich oder möglich ist.

Dabei sollte die Art der Rechtsgutverletzung (RGV) betrachtet werden und zur Entscheidungsfindung des präventiven oder repressiven Handelns beitragen.

Es werden drei Arten der RGV unterschieden, die dann präventives (gefahrenabwehrendes) oder repressives (strafverfolgendes) Tätigwerden erforderlich werden lassen. Dabei ist stets der Grundsatz »Prävention vor Repression« zu beachten.


Eine RGV ist bevorstehend, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, ein Schaden werde bei ungehindertem Geschehensablauf innerhalb einer bestimmbaren oder bereits absehbaren Zeit eintreten.

Eine RGV ist anhaltend, wenn ein Schaden bereits entstanden ist und der sicherheitswidrige Zustand andauert und dadurch eine Schadensvertiefung oder eine Schadensvergrößerung eintreten kann. Oft handelt es sich um Dauerdelikte (z. B. Hausfriedensbruch oder Freiheitsberaubung), die zwar vollendet, aber noch nicht beendet sind.

In Betracht kommen ferner Straftaten im Versuchsstadium und solche Delikte, bei denen eine Schadensvertiefung noch möglich ist. Dies gilt sinngemäß auch für Ordnungswidrigkeiten oder für Rechtsverletzungen nach dem Privatrecht (z. B. Verletzung der elterlichen Sorge [§ 1626 BGB] gegenüber Kindern).

RGV, in der Regel Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, gelten dann als abgeschlossen, wenn sie keinen weiteren unmittelbaren polizeilichen Schaden im Sinne einer Schadensvertiefung oder -vergrößerung bewirken können. Die möglichen mit Strafe bedrohten Handlungen oder Unterlassungen (Straftaten/rechtswidrige Taten) sind vom Bearbeiter zu benennen. Entsprechend ist bei etwaigen Ordnungswidrigkeiten zu verfahren.

Dabei bietet sich folgende Gliederung des Prüfpunktes 1.1 an:

(1) Einleitungssatz

(2) Kurze Sachverhaltswiedergabe

(3) Bisheriger Schaden

(4) Zukünftiger Schaden/Schadensvertiefung

(5) Betroffene Rechtsgüter/Straftat/OWi

(6) Entscheidung

Formulierungsbeispiel für eine bevorstehende RGV:

Sachverhalt

Während Ihrer Streife erkennen Sie den polizeibekannten A wieder, der bereits mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten ist. A geht direkt auf den B zu, pöbelt diesen an und nimmt dabei eine drohende Haltung ein.

Einleitungssatz

Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen.

Kurze Sachverhaltswiedergabe

A ist bereits mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten in Erscheinung getreten und pöbelt soeben den B an.

Bisheriger Schaden

Noch ist kein Schaden eingetreten.

Zukünftiger Schaden/Schadensvertiefung

Doch ohne polizeiliches Einschreiten könnte der Streit eskalieren und zu Straftaten (wie z. B. Beleidigungen und Körperverletzungen) führen.

Betroffene Rechtsgüter/Straftat/OWi

 

Es würde sich dann um die Straftat Beleidigung gem. § 185 StGB und Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB handeln. Betroffene Rechtsgüter wären die Ehre, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des B sowie die objektive Rechtsordnung.

Entscheidung

Es handelt sich um eine bevorstehende Rechtsgutverletzung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Daher ist hier zunächst präventives Einschreiten zur Abwehr der Gefahr erforderlich.

Formulierungsbeispiel für eine anhaltende RGV:

Sachverhalt

Während Ihrer Streife werden Sie Zeuge, wie T den O mit der Faust ins Gesicht schlägt. T holt erneut zu einem Schlag aus.

Einleitungssatz

Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen.

Kurze Sachverhaltswiedergabe

T hat O bereits mit der Faust ins Gesicht geschlagen und holt nun zum nächsten Schlag aus.

Bisheriger Schaden

Ein Schaden ist bereits eingetreten.

Zukünftiger Schaden/Schadensvertiefung

Doch ohne polizeiliches Einschreiten wird T den O erneut mit der Faust ins Gesicht schlagen und der Schaden würde sich vertiefen.

Betroffene Rechtsgüter/Straftat/OWi

Es handelt sich um die Straftat Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB. Betroffene Rechtsgüter sind das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des O sowie die objektive Rechtsordnung.

Entscheidung

Es handelt sich um eine anhaltende Rechtsgutverletzung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Daher ist hier zunächst präventives Einschreiten zur Abwehr der Gefahr erforderlich. Das schließt jedoch repressive Maßnahmen im Anschluss zur Strafverfolgung der Straftat Körperverletzung nicht aus.

Formulierungsbeispiel für eine abgeschlossene RGV:

Sachverhalt

Während Ihrer Streife werden Sie Zeuge, wie A den B mit der Faust ins Gesicht schlägt. Als der A Sie erblickt, stellt er seine Schläge auf den B ein.

Einleitungssatz

Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen.

Kurze Sachverhaltswiedergabe

A hat B mit der Faust ins Gesicht geschlagen, aktuell seine Handlungen aber eingestellt.

Bisheriger Schaden

Ein Schaden ist bereits eingetreten.

Zukünftiger Schaden/Schadensvertiefung

Von einer Schadensvertiefung ist derzeit nicht auszugehen.

Betroffene Rechtsgüter/Straftat/OWi

Es handelt sich um die Straftat Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1 StGB. Betroffene Rechtsgüter sind das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des B sowie die objektive Rechtsordnung.

Entscheidung

Es handelt sich um eine abgeschlossene Rechtsgutverletzung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Daher ist hier ein repressives Einschreiten zur Strafverfolgung der Straftat Körperverletzung erforderlich.

Ziffer 1.2 Benennung der zu treffenden Maßnahme

Auf Grundlage der Entscheidungsfindung in Ziffer 1.1 ist an dieser Stelle des Prüfschemas die nun zu treffende Maßnahme unter Angabe der genauen Rechtsgrundlage zu benennen.

Dabei ist zu beachten, dass das BPolG das maßgebliche Gesetz für gefahrenabwehrende, also präventive Maßnahmen, und die StPO das maßgebliche Gesetz für strafverfolgende, also repressive Maßnahmen, darstellt.

Dieser Prüfpunkt bedarf keiner ausführlichen Würdigung, sondern lediglich einer Benennung der zu treffenden Maßnahme im Konjunktiv, die dann im weiteren Verlauf des Prüfschemas einer ausführlichen Prüfung bzw. Würdigung unterliegt.

Formulierungsbeispiele

Bei der nun zu treffenden Maßnahme könnte es sich um die Feststellung der Identität beim Straftatverdächtigen gem. § 163b Abs. 1 Satz 1 StPO handeln.

Bei der nun zu treffenden Maßnahme könnte es sich um eine Durchsuchung der Person zum Auffinden von Beweismitteln gem. §§ 102, 105 Abs. 1 StPO handeln.

Hinweis zur Normdarstellung

Gesetzesnormen sind genau zu zitieren. Für die Darstellung des Absatzes gibt es drei zulässige Möglichkeiten, die nachfolgend beispielhaft dargestellt werden:

§ 163 Abs. 1 StPO oder § 163 I StPO oder § 163 (1) StPO.