Intuitiv gesund. Werde dein eigener innerer Arzt!

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Intuitiv gesund. Werde dein eigener innerer Arzt!
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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dr. med. Christina Barbara Petersen

Intuitiv gesund

Werde dein eigener innerer Arzt!

E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-592-9

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-590-5, 1. Auflage 2021)

Mankau Verlag GmbH

D-82418 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Lektorat: Redaktionsbüro Julia Feldbaum, Augsburg

Endkorrektorat: Susanne Langer-Joffroy M. A., Germering

Cover/Umschlaggestaltung: Guter Punkt GmbH & Co. KG, München

Innenteil/Layout und Satz: Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich

Energ. Beratung: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird im vorliegenden Buch die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

Hinweis für die Leser/innen: Die Autorin hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Verlag und Autorin können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch vorgestellten Anwendungen ergeben. Bitte suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf.

Inhalt

Ein paar Gedanken vorab

Kopfwissen und Erfahrungswissen

Deine persönliche Wahrheit

Meine Intention

Macht Arztsein krank?

Reflexion und Erkenntnis

Sackgasse Helfermentalität

Verstaubte Strukturen

Lösungsansätze

Der Burn-out-Prozess im Klinikalltag

Gerätemedizin und Ökonomie

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)

Yin und Yang

Qi

Unterschiede und Ergänzungen von »West und Ost«

Vorteile von westlicher Medizin und TCM

Weiblichkeit in der Medizin

Die Gefühle fließen lassen

Männliche Prinzipien

Deine Intuition

Der Petersen-Prozess der Heilung

Der Weg zur Gesundheit

Der Körper als Meisterwerk der Natur

Was uns Krankheit sagen will

Auf den Körper hören

Die Petersen-Formel der Grundbedürfnisse

Die Grundbedürfnisse

Der Petersen-Kommunikations-Code

Symptom Schmerz

Symptom psychische Beeinträchtigung

Selbstverantwortung

Schulmedizin und Eigenverantwortlichkeit

Krankheit als Chance

Krisen machen stark

Salutogenese, Kohärenz und Resilienz

Angst vor Krankheit – Mut zur Gesundheit

Der Wille als Triebfeder

Unbewusste Vorteile einer Krankheit

Gedanken erzeugen Gefühle

Gedanken beobachten

Eingekapselte Gefühle loslassen

Die Macht des Glaubens – die Macht der Gedanken

Gesundheit und die innere Einstellung

Bewusstsein und Unterbewusstsein

Affirmationen

Hypnose

Mentales Training

Ganzheitliche Gesundheit

Berufung

Gesundheit

Beziehungen

Persönlichkeitsentwicklung

Was du für deine Gesundheit tun kannst

Meditation

Kohärenz und Inkohärenz – Pausen sind das Wichtigste

Achtsamkeit – Beobachten ohne Bewerten

Mentales Training

Selbstliebe ist die Basis: Erkenne deinen Eigenwert!

Die Bedeutung der Selbstliebe

Die Bedeutung des Selbstwerts

Die Heilung des inneren Kindes

Was sind Glaubenssätze?

Techniken, um Glaubenssätze zu ändern

Stress und Immunsystem: Psychoneuroimmunologie

Dankbarkeit

Mach aus jedem »Minus« ein »Plus«!

Der Placeboeffekt

 

Der Noceboeffekt

Konditionierung und Priming

Neuroplastizität

Epigenetik

Erkenntnisse der Quantenphysik

Die Energie folgt der Aufmerksamkeit

Die Macht der Umwelt

Habe dein Ziel vor Augen

Was ist Persönlichkeitsentwicklung?

Hilfe zur Selbsthilfe – Umdenken in der Medizin

Schlusswort

Danksagungen

Endnoten

Register

Ein paar Gedanken vorab

Die Verbesserung unser aller Gesundheit liegt mir so sehr am Herzen, dass ich mich ständig weiterbilde und neugierig alles zu diesem Thema aufsauge. Gleichzeitig ist es mir wichtig, das Wissen auch zu überprüfen. Funktioniert das so für mich?

Wir Menschen ticken doch in der Mehrheit so, dass wir nur das glauben, was wissenschaftlich durch Studien belegt ist und damit Fundament hat. Das macht auch Sinn: Wenn wir den Zusammenhang von Ursache und Wirkung verstehen, ist die Umsetzung leichter, und wir erzielen bessere Ergebnisse. Jedenfalls gehörte ich mein Leben lang zu den größten Skeptikern. Alles, was nicht mit dem Augenlicht zu erfassen war, existierte für mich schlicht und einfach nicht. Meine Realität war die materielle Welt, alles andere belächelte ich. Ursächlich dafür können meine Erziehung und/oder das Medizinstudium sein.

Fakt ist, dass ich schon immer wesentlich mehr wahrnehmen konnte als das, was meine Augen in der 3-D-Welt sahen. Diese Hochsensibilität unterdrückte ich jahrelang, bis ich nicht mehr darum herumkam, mich mit diesen Fähigkeiten zu beschäftigen.

In mir existiert beides: Als Wissenschaftlerin verspüre ich den Drang, meine Erkenntnisse mit Beweisen zu belegen. Als hochsensible Frau nehme ich wahr, was mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen ist. Mithilfe der modernen wissenschaftlichen Erkenntnisse kann ich beide Bedürfnisse meinerseits vereinen, das heißt, meine innere Wahrnehmung (Intuition) passt damit zusammen, was die Forschungsergebnisse zeigen. Und das bedeutet: Mein Bauchgefühl wusste schon immer Bescheid.

Da mich Dr. Joe Dispenza mit seinen Forschungsergebnissen sehr inspiriert hat, habe ich einiges aus seinem Buch »Du bist das Placebo«1 übernommen und so zusammengefasst, dass es einfach und verständlich wird. Ich möchte sicherstellen, dass du mich verstehst und meine Entscheidungen nachvollziehen kannst – sodass du das daraus mitnehmen kannst, was dich anspricht und dir in deinem Leben nützt.

In diesem Buch wirst du dazu angeregt mitzuarbeiten, d. h., es kommen immer wieder Passagen, in denen du dir einen Stift nehmen darfst, um die aufgeführten Fragen zu beantworten. Das ist meiner Erfahrung nach wichtig, um dir deiner Gedanken, Gefühle und Handlungen wirklich bewusst zu werden. Ich möchte dir ja meine Erkenntnisse nicht aufzwingen, sondern du sollst deine eigenen Erfahrungen machen. Deshalb nutze diese Chance und stelle dich den Fragen. Ich persönlich lerne am meisten dazu, wenn ich zum Nachdenken angeregt werde.

Dieses Buch ist so aufgebaut, dass ich am Anfang von meinen eigenen Erfahrungen schreibe, darauf folgen dann all die Tools, die ich mir im Laufe meiner Persönlichkeitsentwicklung angeeignet habe und für mich nutze. Zum Ende hin geht’s dann ans Eingemachte. Und zwar folgt ein wissenschaftlicher Teil, der meine zuvor gesammelten und intuitiv für wahr erklärten Erkenntnisse untermauert.

Kopfwissen und Erfahrungswissen

Du weißt es eigentlich schon längst: Es gibt einen Unterschied, etwas »im Kopf zu wissen« oder es selbst mit Haut und Haar erfahren zu haben. Und genauso wird es mit den Informationen hier sein. Du trägst sie eine Zeit lang mit dir herum, bis irgendwann der Moment kommt, in dem es Klick macht, du einen Gedanken mit dem Herzen verstehst und ihn plötzlich umsetzen kannst. Nicht alle Erkenntnisse, nicht alles Wissen können wir sofort in unser Leben integrieren. Irgendwann ist dann Zeit, zum Handeln überzugehen. Und dieser Moment kommt von ganz allein. Ich teile hier meine Sichtweise auf die Welt, meine ganz persönliche Wahrheit. Wichtig ist, dass du nicht alles einfach annimmst, sondern dir dein eigenes Bild machst. Und dann deine Wahrheit lebst.

Wie findest du diese heraus? Indem du auf deine innere Stimme hörst, auf deine Intuition (→ Seite 46 ff.).

Frage dich: Womit gehst du in Resonanz? Wo spürst du, dass es für dich wahr ist? Wichtig dabei ist, dass du deine Aufmerksamkeit aufs Spüren anstatt aufs Denken legst.

Deine persönliche Wahrheit

Gerade in Zeiten von Corona hast du dich bestimmt auch gefragt, was denn jetzt die Wahrheit ist? Was soll ich denn jetzt glauben? Ich habe die Feststellung gemacht, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit in sich trägt.

Stelle dir eine Brille mit unterschiedlich gefärbten Gläsern vor. Je nachdem, welche Farbe deine Brillengläser haben, so siehst du die Außenwelt. Jemand, der eine Brille mit grünen Gläsern trägt, kann die Welt niemals so sehen wie jemand, der eine Brille mit gelben Gläsern auf der Nase hat. Deshalb macht es auch keinen Sinn, sich zu streiten. Seine Sicht auf die Welt und die Geschehnisse um uns herum ist durch seine Brillengläser anders als deine. Seine Wahrheit sieht anders aus. Du entscheidest selbst, welche Brillengläser du dir aufsetzt. Frage dich: Was sagt dir deine innere Stimme? Durch welche Brillengläser willst du gucken? Willst du die Welt durch Gläser sehen, die auf Angst und Schrecken blicken, oder durch Gläser, die viel Positives erkennen?

Meine Intention

Ich schreibe das Buch nicht, um zu belehren, denn ich bin mir bewusst, dass auch ich nicht »die Weisheit mit Löffeln gefressen habe«. Im Gegenteil: Ich bin für alle Tipps und Ideen aus meiner Umwelt, die mir zu mehr Gesundheit und Glück verhelfen, dankbar. Und ich bin mir sicher, dass jeder Mensch seinen eigenen individuellen Weg geht und dass wir uns dabei gegenseitig nur unterstützen können. Gehen darf jeder den Weg selbst. Außerdem schreibe ich das Buch nicht, um die derzeitige Schieflage unserer Welt zu vertuschen. Ich sehe die Entwicklung, die sich momentan zeigt, deutlich und klar. Vor allem erkenne ich, dass die Natur ins Ungleichgewicht geraten ist und nach Hilfe schreit. Wenn wir nicht aufwachen, zerstören wir unsere Lebensgrundlage.

So, wie wir im Inneren unsere körpereigenen Signale nicht wahrnehmen und weitermachen, bis Symptome entstehen und letztendlich dann eine Erkrankung, so behandeln wir im Außen die Natur, die eigentlich das Wichtigste ist, was wir haben. Sie ist unsere Grundlage, denn ohne sie können wir nicht atmen, uns nicht ernähren, nicht existieren.

Ich sehe, dass wir so, wie wir mit uns selbst und unserem Körper umgehen – niemals zuvor gab es trotz moderner Medizin und Technologie einen so hohen Krankenstand –, auch im Außen mit unserer Natur, mit Mutter Erde umgehen: Niemals zuvor gab es so viel Umweltverschmutzung, die sich aufs Klima auswirkt. Wenn wir so weitermachen, zerstören wir uns selbst, so wie eine Krebszelle den Körper angreift.

Ich kann die aktuellen Entwicklungen nicht mehr mit ansehen und möchte meinen Beitrag leisten, indem ich mit diesem Buch vielleicht einigen Menschen die Augen öffne. Ich wünsche mir, dass wir wieder Vertrauen zur Natur finden und sie so behandeln, wie man etwas behandelt, das man liebt. Im Kleinen hoffe ich, dass wir wieder Vertrauen in unseren Körper finden und mit uns selbst so umgehen, wie wir es verdient haben, damit der Körper aufblüht und rundum gesund ist. Im Großen wünsche ich mir, dass wir dieses Prinzip auch auf Mutter Erde anwenden.

Wenn wir nach dem Prinzip der Natur leben, dann brauchen wir niemanden mehr, der etwas von außen an uns heranträgt. Wir können auf die Signale unseres Körpers vertrauen, um dann an Stellschrauben zu drehen, die wieder zu einem Gleichgewicht führen, in dem wir optimal in Homöostase sind (das Gleichgewicht der physiologischen Funktionen).

Ich lasse jeden so sein, wie er ist, denn ich möchte meine Energie nicht damit verschwenden zu versuchen, Leute zu überzeugen, die (noch) gar nicht bereit sind oder einen anderen Weg für sich gewählt haben. Für mich sind alle anderen Meinungen okay. Ich möchte einfach nur meine Ansicht teilen und hoffe, damit den ein oder anderen zu berühren, der vielleicht gerade Hilfe braucht. Ich möchte dich einfach einladen aufzuwachen, umzudenken und wieder Verantwortung zu übernehmen. Dann nämlich wirst du erkennen, wie schön das Leben ist. Du wirst sehen, dass wir am Leben sind, um glücklich und gesund zu sein, dass wir am Leben sind, um es in vollen Zügen zu genießen, und dass wir am Leben sind, um unser eigenes Potenzial zu entfalten und nach außen zu tragen. Wir sind auf der Welt, um uns miteinander zu verbinden, im natürlichen Fluss des Gebens und Nehmens.

Macht Arztsein krank?

Ich war schon immer sehr am menschlichen Körper interessiert und wollte alles über Gesundheit und Krankheit wissen. Diese Neugier war mein persönlicher Antrieb, um Medizin zu studieren und schließlich Fachärztin für Allgemeinmedizin zu werden. Im Verlauf meiner Ausbildung habe ich gelernt, wie der menschliche Körper funktioniert. Gleichzeitig gab es einige Hürden, die ich nehmen durfte, um noch mehr über Gesundheit und Krankheit zu erfahren.

Ich habe mit 18 Jahren das Medizinstudium begonnen. Zu dieser Zeit war ich noch sehr unsicher in meiner Persönlichkeit. Damit meine ich: Ich wusste nicht, wer ich selbst war, hatte den Glaubenssatz, nicht genug zu sein, in mir und war bereit, alles zu geben, um anderen zu helfen. So habe ich mich immer an die Regeln gehalten und Höchstleistungen erbracht.

Das Studium war sehr verschult und durchgetaktet. Es gab viele Prüfungen, in den Semesterferien Pflegepraktikum und Famulatur und nachts nebenbei die Versuche im Labor für die Doktorarbeit. Da blieb keine Zeit zum Nachdenken. Die Ausbildung funktionierte nach alter Schule – über Druck. Ich war zu der Zeit wenig reflektiert und sehr empfänglich dafür, sodass ich mich die meiste Zeit meines Studiums in Angst wiederfand. Es gab damals noch keine Kurse zum Thema Stressbewältigung oder Selbstwahrnehmung. Wir lernten also nicht, auf den Körper zu hören. Stattdessen bekämpften wir die Signale und fanden Ausgleich im Alkoholrausch am Wochenende. Ich hätte mir einen persönlichen Ansprechpartner gewünscht, mit dem ich über meine Ängste hätte sprechen können, denn die waren groß. Nicht ohne Grund hatte ich während der gesamten Studentenzeit Schwindel, der mir einerseits Angst machte und den ich andererseits verheimlichte, weil es mir peinlich war.

Im Nachhinein weiß ich, dass es psychosomatischer Schwindel war. Teilweise war es so schlimm, dass ich ungern vor die Tür ging. Ich wusste damals nicht, wie es weitergehen sollte. Das, was mir im Studium vermittelt wurde, verschaffte mir den Eindruck, dass man als Arzt nicht krank sein durfte. Und schon gar kein Hypochonder! Das wollte ich auf gar keinen Fall. Ich dachte, dass etwas mit mir nicht stimmte, wusste aber nicht, was es war.

In der Facharztausbildung wurden die körperlichen Beschwerden schlimmer. Zu dem Schwindel kam Migräne hinzu. Ich war damals im Bereich der Inneren Medizin tätig. Als ich in der Notaufnahme arbeitete, hatten wir mitunter 24-Stunden-Schichten. Wer das nicht kennt, kann sich die psychische und körperliche Belastung dieser Dienste nur schwer vorstellen. Es war ständig so viel zu tun, dass ich permanent überfordert war.

 

Mir machte die Arbeit auf der Notaufnahme zwar großen Spaß, denn es gefiel mir, Patienten in Not zu helfen und wie ein Detektiv auf der Suche nach der Ursache der Beschwerden zu sein. Was mich aber überforderte, war die beinahe unzumutbare Anzahl von Patienten. Anstatt einen Patienten ordentlich aufzunehmen, zu befragen, zu untersuchen und eine Diagnose zu stellen, wurde ich ständig unterbrochen. Als einziger diensthabender Arzt in der Inneren Medizin auf der Notaufnahme war ich Ansprechpartner für alle: Telefon, neue Notfälle, Angehörigengespräche, Anfragen von Schwestern auf den anderen Stationen, Anfragen von auswärtigen Ärzten, dazu noch Versorgungsprobleme (also Dinge, die die Sozialarbeiter mir normalerweise abnehmen sollten). Obwohl ich wirklich immer mein Bestes gab, ging ich doch mit einem schlechten Gefühl nach Hause, weil ich dachte, nicht genügend Zeit für alle Patienten gehabt zu haben. Dabei hatte ich mir während meiner 24-Stunden-Dienste häufig nicht mal eine klitzekleine Pause fürs Essen oder Trinken genommen. Ständig hatte ich aufgrund des permanenten Zeitmangels somit das unterschwellige Gefühl, eine Versagerin zu sein, da ich nach meinen Maßstäben nie alles geschafft hatte. In direkter Konsequenz war ich in meinen Augen häufig nicht die Ärztin, die ich sein wollte.

Ich bin sehr empathisch und verständnisvoll. Zu meinen Werten gehören Respekt, Toleranz und Höflichkeit. Mit zunehmender Arbeitsbelastung und Stress wurde ich hart und konnte meine Empathie nicht mehr spüren.

Gleichzeitig stellte ich mir häufig die Sinnfrage: Wozu habe ich Medizin studiert? Ich wollte doch den Menschen helfen.

Oft ging ich nach einem langen anstrengenden Tag trotzdem unzufrieden nach Hause, weil ich mir für Patienten nicht ausreichend Zeit hatte nehmen können. Dieses ungute Gefühl versuchte ich, mit einem Glas Wein und einer Zigarette zu betäuben. Danach fühlte ich mich häufig noch schlechter, da ich als Ärztin Tabak und Alkohol grundsätzlich ablehnte. Mir wurde langsam bewusst, dass irgendetwas nicht richtig lief. Aber ich konnte mich aus dieser Situation damals nicht befreien. Also ging es weitere drei Jahre so. Warum? Weil ich mir nicht die Zeit nahm, darüber nachzudenken, wie ich meine Situation verändern konnte. Und weil ich noch nicht die persönliche Reife besaß, mich für einen anderen Weg zu entscheiden. Ich war blockiert und fühlte mich gefangen in einem System, in dem ich nicht sein wollte. Erst später wurde mir klar, dass es zum großen Teil meine eigenen Glaubensvorstellungen waren, die mich einschränkten – etwa der Glaubenssatz, nicht genug zu sein und es allen recht machen zu müssen, wobei ich mich selbst völlig vergaß.

Diese Zeit war die schrecklichste meines Lebens. Das wusste aber niemand, weil ich Angst vor Ablehnung hatte und es nicht zugeben konnte. Wenn ich das zugegeben hätte, dann hätte ich mich als Versagerin gefühlt, und das wollte ich mir nicht eingestehen. Ich wollte auf keinen Fall Schwäche zeigen. In der Schule und auch später im Studium hatte ich gelernt, die Zähne zusammenzubeißen, mich anzustrengen und auf keinen Fall aufzugeben, komme, was wolle.