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Impressum
Island – Gefundene Einsamkeit, pures Abenteuer & ein Neuanfang
Für Fotografen, Wohnmobilisten und alle die es noch werden wollen

Autor: Dirk Haas

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2013 Dirk Haas, www.FotoatelierHaas.de

ISBN 978-3-8442-4830-2

Kapitelübersicht

Kapitel 1 – Anreise mit dem Wohnmobil

Kapitel 2 – Eine Seefahrt, die ist lustig…

Kapitel 3 – Rechts oder Links herum

Kapitel 4 – Mit Weggefährten reist es sich leichter

Kapitel 5 – Abschied nehmen fällt schwer

Kapitel 6 – Im Angesicht der Naturgewalten

Kapitel 7 – Erholung muss sein

Kapitel 8 – Mein erster Campingplatz

Kapitel 9 – Der Mitternachtssonne entgegen

Kapitel 10 – Wilde Jungs am 66. Breitengrad

Kapitel 11 – Basislager am Mývatn

Kapitel 12 – Pleiten, Pech & Pannen

Kapitel 13 – Ein Troll zum Abschied

Kapitel 14 – Happy End und Vollverpflegung

Kapitel 15 – Allgemeine Tipps & Hinweise

Kapitel 16 – Tipps für Fotografen

Kapitel 17 – Tipps für Wohnmobilisten

Meine Highlights / Sehenswürdigkeiten

Die Färöer-Inseln

Der Gletschersee Jökulsárlón

Vík í Mýrdal – Die Felsspitzen von Vik

Der Felsbogen von Dyrhólaey & Reynisdrangar

Der Skógafoss - Wasserfall

Seljalandsfoss - Wasserfall

Der Vulkankrater Kerið

Stóri Geysir & Gullfoss-Wasserfall

Das Naturreservat Þingvellir

Reykjavik – Die nördlichste Metropole Europas

Snæfellsnes-Nationalpark & Dritvik

Garðskagi – die Nordspitze der Südwesthalbinsel

Die Blaue Lagune

Krýsuvík

Hraunfossar – Wasserfälle aus poröser Lava

Der Vogelfelsen von Keflavikurbjarg

Hvitserkur – Der Troll aus Basalt

Sauðárkrókur & Freilandmuseum Glaumbær

Akureyri

Goðafoss – Der Wasserfall der Götter

Húsavík & Heiðarbær

Nationalpark Jökulsárgljúfur bei Ásbyrgi

Eyian i Vesturdal

Der Mývatn-See

Der Dettifoss-Wasserfall

Krafla & Lavafeld Gjastykki

Das Geothermalgebiet Leirhnjukur

Der Tafelberg Herðubreið

Danksagung:

 Meiner Familie, die mir die Zeit, die notwendige Ruhe und die mentale Unterstützung gegeben hat.

 Meinem Vater, der mich mit Kommas und Korrekturlesen in Schach hielt.

 Meinem Freund Christian, der die Kommas von meinem Vater wieder entfernt, sowie auch andere Schlampereien in meinem Satzbau entdeckte (Der Korrektator).

 Meiner Frau, die mir den Rücken frei gehalten hat, einmal bei der Reise zu mir Selbst, wie auch bei der langwierigen Buchanfertigung, sowie den Disputen mit den selbst ernannten Lektoren.

 Meinem ehemaligem Arbeitgeber, der mir die Reise zeitlich erst ermöglichte.

 Peter, mein kurzzeitiger Reisebegleiter, der mir in konspirativen Gesprächen vermittelte, was alles möglich ist, wenn man nur will….

Allen möchte ich hiermit danken und sagen: Das Leben ist zu kurz für einen Firmenwagen mit Tankkarte, oder einem gefülltem Bankkonto. Jeder ist seines Glückes Schmied! Am Ende eines Lebens bereust du nicht was du getan hast, sondern was du nicht getan hast…

Hinweis / Urheberrecht:

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Prolog

Am nördlichsten Teil Europas treffen die Elemente heftiger aufeinander als sonst irgendwo. Emporschießende Geysire, tosende Wasserfälle, rauchende Schlote, gigantische Gletscher und dazu das raue Klima machen die Insel am Polarkreis zu einem Abenteuer der nicht ganz ungefährlichen Art. Der Natur- und Reisefotograf Dirk Haas hat auf seiner zweieinhalb monatigen Tour durch Island mit seinem Wohnmobil eindrucksvolles Bildmaterial und viele Tipps für Fotografen als auch Wohnmobilisten zusammengetragen. Er kann aus Erfahrung berichten, auf was es bei einer Fototour mit dem Wohnmobil zwischen dem 63. und 66. Nördlichen Breitengrad ankommt, und welchen Gefahren man auf der Insel so begegnen kann. Allgemeine Informationen über Island, sowie nützliche Hinweise für Fotografen und / oder Reisemobilisten wurden sorgfältigst zusammengetragen. Wie man eine Islandtour kostengünstig durchführen kann und viele nützliche Tipps finden Sie am Ende des Buches.


Der Autor

Nach einem Burn-Out mit Herzinfarkt musste der einstmalige IT-Projektplaner seinen sicheren Arbeitsplatz an den „Nagel hängen“. Er wollte sein Leben mit einundvierzig Jahren nochmals neu Ordnen und fand in der Einsamkeit Islands einen gelungenen Neuanfang. Seiner wirklichen Berufung für das Fotografieren geht Dirk Haas schon seit vielen Jahren nach. Als ambitionierter Fotograf widmet er sich der Makro- u. Naturfotografie und vermittelt mit seinen Aufnahmen die vielfältigen Schönheiten der Natur. Diese Hingabe im Detail spiegelt sich in jedem seiner Werke wieder und verleiht diesen somit eine ganz eigene Sprache.

Fakten - ein kurzer Überblick

Wollen Sie ein Stück ursprünglicher Natur und Erdentstehungsgeschichte live miterleben? Dann sind Sie auf Island goldrichtig: Die Insel bietet auf rund 103 000 Quadratkilometern grandiose Landschaften und andere spektakuläre Motive. Island liegt zum einen auf einem Hotspot, an dem glühend heißes Magma aus dem Erdinneren bis in die Erdkruste vordringen kann, zum anderen zwischen zwei tektonischen Platten, die voneinander weg driften. Das heißt: Die Insel kommt nie zur Ruhe und verändert sich laufend. Eine Bevölkerungsdichte von knapp drei Einwohnern (in Deutschland 230) pro Quadratkilometer lässt das zu erwartende Maß an Infrastruktur erahnen. Hinzu kommt eine maximale Jahresdurchschnittstemperatur von 7 Grad, die auch im Sommer auf nur 12,5 Grad ansteigt. Als sonnenverwöhnter Zentraleuropäer fühlt man sich da dem Nordpol schon sehr nahe.


Abbildung 1, Quelle: OpenStreetMap, überarbeitet: Dirk Haas

Kapitel 1 – Anreise mit dem Wohnmobil
Abfahrt in Allershausen, Oberbayern

18.04.

14 Uhr. Das Wohnmobil ist „gesattelt“ und steht startklar zur Abfahrt bereit. Alle Tanks sind gefüllt: Diesel von der freien Tankstelle, Wassertank mit Frischwasser und eine überlebenswichtige Festplatte mit exklusiver Auswahl an Musik liegt startklar bereit, sicher im Mittelfach verstaut. Auch die Lebensmittelvorräte können sich sehen lassen. Die Einfuhrbegrenzung von 3 kg Lebensmittel sowie 3l Wein und 6 Flaschen Bier habe ich sicher weit überschritten. Die vielen Verstecke in meinem Wohnmobil hätten es mir sicherlich ermöglicht, sogar noch mehr Vorräte mitzuführen, aber fairerweise wollte ich den imaginären „Bogen“ nicht schon bei der Einreise überspannen.

Außerdem ist es ja nicht so, dass man in Island alles Nötige für eine solche Reise nicht bekäme. Jedoch beschlich mich, nach allen Informationen welche ich vorab fand, die Unsicherheit bestimme Dinge gar nicht, oder wenn dann viel zu teuer einkaufen zu müssen. Lediglich bei meinen Medikamenten als Herz-Patient durfte ich in dieser Hinsicht keine Experimente eingehen. Ich nahm daher alles in ausreichender Menge mit. 2,5 Monate sind eine lange Zeit, als Absicherung diente mir die schriftliche Medikamenten-Bestätigung meines Hausarztes.

Am wichtigsten jedoch war meine Kameraausrüstung! Für diese Unternehmung stellte sich mein professionelles Equipment wie folgt zusammen:

Fotoausrüstung:

 Canon EOS 5D Mark II

 Canon EF 24-70mm 1:2,8 L USM Objektiv

 Canon EF 16-35mm 1:2,8 L II USM Objektiv

 Canon EF 70-200mm 1:2,8 L IS II USM Objektiv

 Canon Extender EF 2x III

 Canon SB Blitz

Filterequipment:

 Lee Neutral Density 0.6 Hard Graduated Resin

 Lee Neutral Density 0.6 Soft Graduated Resin Filter

 Lee Neutral Density 0.9 Hard Graduated Resin Filter

 Lee Neutral Density 0.6 Polyester Filter

 Hitech 100mm Pro Stopper 10

Stativ:

 Gitzo 1126 mit Kugelkopf

Der jahreszeitlich frühen Ankunft in Island und den damit nicht zugänglichen Campingplätzen bewusst, habe ich das Waschen meiner Klamotten (Gott sei´s gedankt) gleich von vornherein aus dem Kopf verbannt und daher entsprechende Bekleidung, vor allem Unterwäsche bevorratet: 60 Paar Socken und 60 Unterwäschegarnituren waren von Nöten, fanden jedoch auch spielend Platz in den vielen Fächern und Schubladen meiner mobilen Behausung.

Spezifikationen Wohnmobil [abgekürzt: Womo]:

 Carthago Chic C-Line T-Plus 4.7 H

 116 kW (157 PS) Automatikgetriebe

 Frischwassertank: 115 l

 Abwassertank: 115 l

 Gasflaschen: 2x 11 kg + 2 x 11kg Reserve

 Kraftstofftank: 90 l Diesel

 Bordbatterie: 2x 80 Ah, Blei/Gel

 Außenmaße: 7120 x 2270 x 2920 mm

 Zul. Gesamtgewicht: 4250 kg

 Bett hinten: 2050 x 1280 mm

 Elektrisches Hubbett über Sitzgruppe 1950 x 1550 mm

 Heizung: Gas-Gebläseheizung, Truma Combi 6


Abbildung 1a, My home is my castle - Stellplatz am Skogafoss

My Home is my Castle! weshalb ich mir auch kurzer Hand, eben als Klangbesessener, einen High-End Verstärker von Gladen One so wie auch einen Subwoofer von Focal einbauen ließ. Das Ergebnis war beeindruckend:

Durch den laufruhigen Automatikmotor, meinen Infinity-2-Wege-Lautsprechern sowie einer dediziert abgestimmten Akustik, stand meiner musikalisch untermalten Fahrt in den hohen Norden also nichts mehr im Wege. So war es denn auch an der Zeit, das Navi mit den erforderlichen Reiseinformationen zu füttern. Hirtshals in Dänemark, war hierbei mein erstes Ziel. Von dort aus sollte das ganze Abenteuer beginnen. Die Überfahrt gen Island mit der Fähre war somit das zweite Kapitel einer sehr abenteuerlichen und teils gefährlichen Reise.

Erstmal musste ich jedoch heil und vor allem pünktlich meine Fähre erreichen.

Ein wenig aufgeregt begann ich also meine Reise in Allershausen auf die A9, machte noch eine kleine Abschiedsschleife über die A99 vorbei an München auf die A8 Richtung Stuttgart, um dann bei Ulm auf die A7 einzuschwingen, welche ja bekanntlich durchgehend bis in den hohen Norden führt. Bis nach Hirsthals!

Willkommen: Deutschlands längste Autobahn.

Die Strecke bis auf Höhe Hannover fuhr ich mit 10 Liter Durchschnittsverbrauch auf 100km, und das mit einem Wohnmobil das 4,25 Tonnen wiegt. Beeindruckend! Mal schauen, wie sich das so weiterentwickelt, da mir 10 Liter offen gestanden rekordverdächtig schienen. Viel weniger rekordverdächtig hörte sich jedoch mein Sound auf einmal an, da ab Hannover gar nichts mehr ging. Ich öffnete das Mittelfach und kontrollierte alle LED’s der Endstufe [Musikverstärker]. Leider leuchtete aber nur noch eine, und die war nicht gerade überraschend auch noch rot! Außerdem war die Endstufe glühend heiß. War sie wohl durchgebrannt? Ok, ich hatte die letzten 6 Stunden sehr ausgiebig Musik gehört, aber dafür war ja die Endstufe da. Nun fiel mir das Gespräch mit meinem ACR-Händler [Hifi-Fachhändler] wieder ein: „Kein Problem“ sagte der „das Mittelfach ist absolut geeignet für die Endstufe! Bei Überhitzung schaltet das Ding automatisch ab und nach Abkühlung wieder ein. Alles ganz einfach!“. Irgendwie ist das die Lösung, dachte ich, aber nachdem eine Stunde vergangen war und das Ding trotz Sicherungstausch keinen Muckser mehr tat, wurde ich ziemlich unentspannt. Nun war ich noch nicht einmal auf der Fähre angekommen und hatte schon mein erstes, für mich nicht gerade unerhebliches Problem! Ohne Sound nach Island? Für mich unvorstellbar und auch absolut inakzeptabel war ich jetzt froh, dass ich einen Tag Leerlauf eingeplant hatte und somit nicht auf den letzten Drücker nach Hirtshals musste.

Es war am nächsten Tag lediglich einen ACR- bzw. einen GladenOne Hifi-Händler ausfindig zu machen.

19.04.

Die Nacht an der Autobahnraststätte war ziemlich laut und ungemütlich. Allerdings hatte ich für diesen Tag ein wichtiges Ziel vor Augen und war auch bereit, jeglichen noch akzeptablen Umweg in Kauf zu nehmen, um an eine neue GladenOne-Endstufe zu gelangen. Mit einem Notebook und UMTS-Surfstick ausgerüstet, machte ich mich also an die Arbeit und googelte alles Mögliche an Händlern zusammen. Glück hatte ich erst nach einem der vielen Anrufe bei einem Händler in Bremerhaven: „Ja, eine Endstufe hat er noch, genau die gleichen Anschlüsse usw…“. Voller Vorfreude nahm ich den Umweg von 300 km gern in Kauf! Nicht auf dem Weg, aber dennoch nicht gänzlich außer Reichweite, erreichte ich dann gegen 13 Uhr den besagten Händler. Ein paar Minuten später hielt ich die neue Endstufe auch schon in den Händen und machte mich voller Freude an den Einbau. Um 14 Uhr Ortszeit lief meine Soundmaschine wieder und ich entschloss mich in Zukunft, bei lauter Musik das Mittelfach zwecks Luftzirkulation einfach offen zu lassen. Froh darüber, dieses Problem noch rechtzeitig gelöst zu haben, setzte ich meine Fahrt über Hamburg fort. Tagesziel war heute ein Autobahnrastplatz kurz vor Flensburg. Ich stellte mich unter eine gut beleuchtete Laterne und drehte voller Freude über die erstandene Endstufe nochmals so richtig auf.

20.04

Nach einer Rastplatzdusche, bei der ich den Womoschlüssel unüblicher Weise als Pfand für den Duschraumschlüssel abgeben musste, setzte ich meine Fahrt nach Hirtshals am frühen Vormittag fort.

Bei der Ankunft suchte ich natürlich als erstes das Abfahrt- und Verschiffungsareal der Fährgesellschaft Smyril Line auf. Es befand sich ein gutes Stück außerhalb des Zentrums. Nach geglückter Mission war ein „Dorfbesuch“ angebracht. Außerdem musste ich Geld wechseln, da auf dem Schiff ausschließlich dänische Kronen angesagt waren. Das wuselige Städtchen war touristisch ganz nett eingerichtet. Auch Park- u. Stellplätze für Womos waren in Reichweite. Dennoch zog ich es vor, einen Campingplatz außerorts aufzusuchen. 6 km südlich von Hirtshalts wurde ich fündig. 25 Euro pro Nacht waren, inklusive WIFI-Internet & Strom, gerade noch akzeptabel für die Vorsaison. Umrechnungskurs zu diesem Zeitpunkt 1 Euro=7,5 Kronen. Zum Vergleich war die Isländische Krone zeitgleich bei 1 Euro=166,9 Kronen.

Kapitel 2 – Eine Seefahrt, die ist lustig…
Die Norröna

21.04

Der Handywecker schmiss mich schon um 7 Uhr aus den Federn. Da der Check-in erst ab 14 Uhr stattfand, wollte ich das Wohnmobil nochmal durchputzen. Und aus Angst, es könnte in Island keine Tankstellen geben, war mein nächster Gedanke: nochmals volltanken! Die Überraschung war groß: Die angezeigten Preise an den Zapfsäulen verstanden sich sozusagen ohne Mehrwertsteuer und beliefen sich letztendlich auf 1,66 Euro pro Liter Diesel, welche erst auf dem Beleg komplett sichtbar wurden. Teure Sache dachte ich, was kommt da noch in Island auf mich zu...?

Nun gut, eine Stunde vor Check-in reihte ich mich in die Schlange auf die Norröna von Smyril Line ein. Mächtiges Schiff, war mein erster Gedanke... Sorgen machte mir aber eher die Einfahrt auf das Schiff selbst, da ich mit meinem Heckträger samt Mopedbeladung recht hecklastig war. Rampen und ihre Auswirkungen kannte ich bis dato nur aus Forenbeiträgen im Internet. Zugesichert wurde mir telefonisch eine ebene Einfahrt, was sich aber als falsch herausstellen sollte. Unsicher fuhr ich dann gezwungener Weise gegen 14 Uhr über eine steile Rampe in das Schiffsinnere - trotz zugesicherter, ebener Auffahrt- von Ebene 3 auf Ebene 4. Dabei setzte ich mit meinem Heckträger leicht auf. Die Kratzer waren marginal, aber dennoch sorgten mich diese Begebenheiten. Als penibler und umsichtiger Schwabe machten mir solche Vorfälle halt ein wenig Bauchschmerzen. Wie auch immer, es schien am Womo alles in Ordnung zu sein. Außer diesen kleinen Kratzern auf der Unterseite des Lastenträgers war augenscheinlich nichts passiert und das Schiff legte mit 2 stündiger Verspätung dann um 17 Uhr ab. Die Schiffszeit wurde um eine Stunde auf Färöerzeit zurückgestellt.

Mein Außenbordzimmer war sensationell! Mit Meerblick und kompletter Hotelausstattung, in gefühlter 3-4 Sterne-Qualität, fehlte es an rein gar nichts: Ein bequemes Bett, TV, Dusche & Kühlschrank, alles war vorhanden. Die Überfahrt konnte also beginnen...

18 Uhr: Buffet war angesagt. All-Inclusive! Im Gesamtpreis enthalten war auch die Verpflegung der Smyril Line. Das war, wie sich herausstellte, ein Highlight dieser Schiffsfahrt. Das Buffet erfüllte fast jeden Wunsch. Man konnte in mehreren Gängen die unterschiedlichsten Spezialitäten von den Färöer, Island und Dänemark verköstigen. Auf dem Speiseplan standen deshalb viele kalte wie auch warme Fischspezialitäten, natürlich auch Rind, Schwein und wer hätte es vermisst: Lamm. Da dies nicht meinen Geschmacksvorstellungen entsprach, ebenso wenig Walfettstücke in Transoße oder Trockenfisch, machte ich nach kurzen Geschmackstests konsequent einen Bogen um diese „Spezialitäten“. Ungeachtet der Kalorien genoss ich das Morgen- u. Abend-Buffet täglich, vor allem die süßen Leckereien hatten es mir angetan. Die abendlichen Getränkepreise allerdings waren heftig und schlugen mit beispielsweise 5 Euro für ein 0,33l Bier zu Buche.

21 Uhr: Nach einer Ruhepause in meinem Außenbordzimmer, sattelte ich nochmals meine Kamera und ging aufs äußere Oberdeck, um dem mittlerweile einsetzenden Regen zu trotzen. Frische Meeresluft, wie ich sie liebe..., aber auch ganz schön kalt. Brrr…

Es war ohnehin ein eigenartiges Gefühl, allein ohne Frau & Kids auf dem Weg nach Island zu sein, mit einem viereinhalbtonnen schweren Wohnmobil und meiner „gesegneten“ Kameraausrüstung. Diese privilegierte Situation durfte mir auf meiner ganzen Reise rund um den 66 Breitengrad nicht in Vergessenheit geraten. Mein exklusiver Ausstieg, dem System der Rastlosigkeit zu entkommen und auf Abenteuertour zu gehen. Das war das Ziel und immer schon mein Traum gewesen. Raus aus den Normen und Werten dieser Hamsterradlauf-Gesellschaft, die den Überblick schon lange verloren hat und in sklavenähnlicher Abhängigkeit lebt. Über den Tellerrand zu schauen und dabei neue Ziele zu entdecken, in diesen Genuss kommen leider nur sehr wenige. Insgeheim überwiegte deshalb eine positive Aufbruchsstimmung, eine unbeschreibliche Neugier auf Neues, die größer war als alles andere und dem genetisch veranlagten Nomadentrieb mal wieder die richtige Aufmerksamkeit zuteil kommen ließ.

Zurück auf meinem Zimmer, machte ich mich erstmals an eine konkretere Routenplanung. Genau genommen markierte ich mir alle wichtigen Punkte auf einer Islandkarte und verglich diese mit einem der Reiseführer auf Wohnmobiltauglichkeit. Da taten sich schon die ersten Fragen auf: Welche der Ziele sind zur jetzigen Zeit überhaupt erreichbar? Sind die Straßen dorthin schon freigegeben? Vor allem sah ich bei einigen Zielen fast kein Durchkommen, ohne Allradantrieb auf Schotterpisten oder durch Furten. Das konnte und wollte ich meinem Wohnmobil der gehobenen Preisklasse eigentlich so gut wie gar nicht zumuten. Daher entstand auch schon vor der Reise die Idee mit dem Moped, mit welchem ich auch Schotterpisten fahren könnte, um so abgelegene Ziele zu erreichen. Mit offenen Fragen und einer Landkarte mit vielen Kreuzchen legte ich mich dann ziemlich geschafft schlafen. Der Blick aus dem Fenster verriet mir den Kurs an der norwegischen Küsten entlang. Entsprechend ruhig war der Seegang, was mir zu einer sehr erholsamen Nacht verhalf.


Abbildung 2, Check-Inn auf die Norrönna in Hirtshals


Abbildung 3, Außenbordkabine mit "Meerblick"