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Dipl.-Ing. Frank Röder
Moderner Biathlon
Spannung ohne Schall und Rauch
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Moderner Biathlon - Spannung ohne Schall und Rauch
Was ist Moderner Biathlon?
So läuft ein Moderner Biathlon ab
Moderner Biathlon – wirklich ein Sport für Jedermann
Die Sportgeräte
Warum ist Moderner Biathlon modern?
Gemeinsamkeiten zur Wintersportart Biathlon
Unterschiede zur Wintersportart Biathlon
Die Idee des Modernen Biathlons
Stand der Entwicklung
Begriffe des Modernen Biathlons
Die Vorteile
Moderner Biathlon - ist diese Bezeichnung nicht etwas anmaßend?
Was benötige ich für den Modernen Biathlon?
Training für den Modernen Biathlon
Die besondere Psychologie des Modernen Biathlons
Die relative Schwierigkeit
Qualitative Auswertung
Analysen von Trefferbildern
Trainingsaufbau und –methoden
Ausdauertraining
Typische Fragen zum Modernen Biathlon
Wettkämpfe
Varianten des Modernen Biathlons
Tuning und Tipps
Die kurze Geschichte des Modernen Biathlons
Moderner Biathlon 2020 - eine Konzeptstudie zur Zukunft des Modernen Biathlons
Auszüge aus dem Handbuch des Modernen Biathlons
Moderner Biathlon im Internet und andere Medien
Literatur über Modernen Biathlon, Ausdauersport und Cross-Skating
Impressum neobooks
Moderner Biathlon - Spannung ohne Schall und Rauch
Abb. 1: Moderner Biathlet im Schema
Vorwort zur fünften Auflage
Der Moderne Biathlon ist zwar nie wirklich spürbar bekannt geworden, ein interessanter Sport ist er dennoch. Von Anfang an war er meist nur Gaudi, aber wurde trotzdem sehr gewissenhaft und professionell entwickelt. Ebenso professionell kann man ihn auch betreiben, denn warum sollte man ein sportlichen Hobby nicht gleich "richtig" betreiben. Das gilt auch für den Modernen Biathlon. Schon kurz nach seiner Entwicklungsphase, es hatten kaum ein Dutzend öffentliche Wettkämpfe stattgefunden, wurde er ab etwa 2009 kopiert. Besonders der griffige Begriff Moderner Biathlon wurde gern verwendet, um ähnliche Sportveranstaltungen aufzuwerten, die aber nie die Prinzipien und Grundlagen der Idee des Modernen Biathlons befolgten. Man wollte von der Entwicklungsarbeit finanziell profitieren, ohne selbst daran beteiligt gewesen zu sein. Und die Entwicklungsarbeit hatte es in sich, sie bestand aus langen Entwicklungsreihen, vielen Probewettkämpfen und vielen Grundlagen, die auf sportwissenschaftlicher Basis und ergonomischen Prinzipien bestehen. Die Plagiat-Wettkämpfe wurden teilweise von den Ausrichtern minimal bis mäßig umbenannt, um auf eine gewisse "Eigenständigkeit" verweisen zu können, auch wenn es nur ein Buchstabe war, der verändert wurde. Das war weder kreativ noch kompetent. Nichtsdestotrotz funktioniert der original Moderne Biathlon (groß geschrieben) immer noch so, wie es in der jahrelangen Entwicklungszeit beabsichtigt war. Es sollte ja etwas praxisnäheres, weniger aufwändiges und letzten Endes praktischeres dabei heraus kommen. Ich bin mir sicher, dass dies gelungen ist.
Viel Spaß beim Kennenlernen des Abenteuers Moderner Biathlon!
Was ist Moderner Biathlon?
Moderner Biathlon ist eine Variante des Biathlons, bei dem mit elektronischen Lasergewehren „geschossen“ und auf so genannten Cross-Skates mit der Unterstützung von Stöcken gefahren wird. Damit enthält diese modernisierte Sportart noch die Hauptelemente des Wintersports Biathlon - der Kombinations-Sportart, die aus Skilanglauf und dem Schießen mit Kleinkaliberwaffen besteht - und ist auch im Ablauf sehr ähnlich. Um Verwechslungen vorzubeugen, sollen hier die bekanntere Sporart als Wintersport Biathlon und die neuere Variante als Moderner Biathlon bezeichnet werden. Ziel des Modernen Biathlons ist es die Aufgabenstellung und die Spannung des Wintersports Biathlon zu erreichen, ihn aber nicht zwangsläufig originalgetreu zu imitieren oder zu simulieren. Es gibt auch keine notwendigen Gründe dafür, denn besonders diese neue Variation soll ein sehr erschwinglicher Sport für Jedermann sein, der aber gleichzeitig einige Nachteile der Wintersportart Biathlon hinter sich lässt.
Moderner Biathlon ist praktischer und vielseitiger als die Profi-Sportart Biathlon, sogar eingefleischte Biathlon-Fans müssen das zugeben. Allein die Verbindung von Anstrengung und Geschicklichkeit macht die Herausforderung und die Spannung der Biathlon-Idee aus. Durch die erhebliche Vereinfachung des Sports bleiben diese essenziellen Elemente hervorragend erhalten, während man überflüssigen „Ballast“ abgeworfen hat, der den Sport als Volkssport sonst nur aufwändiger, teurer, störanfälliger und mitunter auch gefährlicher machen würde. Jeder, der die Sportart Moderner Biathlon ausprobiert, wird spätestens nach dem Startsignal ganz automatisch von der dem Biathlon eigenen Dynamik und Spannung erfasst, die sich zwischen den körperlichen und den mentalen Anforderungen aufbaut. Durch die Vereinfachung vieler Abläufe ist man sehr schnell in der Lage problemlos an einem Modernen Biathlon teilzunehmen. Technische Pannen sind fast ausgeschlossen und sonst notwendige Waffen-Sicherheitsvorkehrungen werden wegen des rein elektronischen „Schießens“ überflüssig. Durch die umfassende Modernisierung ist Moderner Biathlon einfach und bezahlbar worden. Somit ist der Moderne Biathlon weniger Kampf gegen die Tücken des Materials, des Wetters, unpraktischer Regelvorschriften oder aufwändiger Sicherheitsauflagen. All das fällt praktisch weg und übrig bleibt ein wesentlich höherer Anteil „reinen Sports“. Denn der Sportler selbst trägt mehr zum Ausgang bei, weil er größeren Einfluss auf alle Vorgänge hat. Man kann davon ausgehen, dass diese Fokussierung auf mehr Sport und weniger Überflüssiges eine Sportart eher spannender als langweiliger macht.
Abb. 2: Beim Modernen Biathlon „schießt“ man mit Licht und skatet auf Cross-Skates.
Abb. 3: „Schießen“ mit Laserlicht, hier mit einem Lasergewehr für ergonomische Haltung
Abb. 4: „Cross-Skating“ ist die zweite Komponente, die dazu gehört.
Abb. 5: Zusammen ergeben beide Komponenten den Modernen Biathlon.
So läuft ein Moderner Biathlon ab
Wenn eine Veranstaltung verschiedene Wettkämpfe enthält, entscheiden die Teilnehmer, an welchem Wettkampf sie teilnehmen. Oft unterscheiden sich die Wettkäpfe durch verschiedene Distanzen oder Abläufe. Manchmal sind auch andere Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Einradfahren als Alternative möglich, damit die spontane Teilnahme für Sportler aus anderen Sportarten leichter möglich wird.
In Einzelwettkämpfen starten die Teilnehmer seltener im Massenstart, häufiger im Kleingruppen- oder Einzelstart. In Staffelwettkämpfen wechseln sich die Staffelmitglieder ab. Manche Sportler nutzen aber auch die noch seltene Gelegenheit eines Modernen Biathlons und starten gleich bei allen angebotenen Wettkämpfen.
In der Regel beginnt der Moderne Biathlon mit dem ersten Durchgang der Ausdauerdisziplin, oft 1,5 bis über 3 Kilometer Cross-Skating. Manche Wettkampfstrecken bieten am Anfang der Cross-Skating-Strecke nicht genügend breite Wege für ein dichteres Teilnehmerfeld. Unter diesen Bedingungen kann man mit einem anderen Start-Modus trotzdem in Kleingruppen starten. Die Zielsport-Disziplin (oder das „Schießen“) wird dann gleich zu Anfang durchgeführt, wodurch sich das Teilnehmerfeld sichtbar in die Länge zieht und die Teilnehmer oft deutlich hintereinander auf die Cross-Skating-Strecke gehen.
Einige Veranstalter lassen die Teilnehmer abwechselnd liegend und stehend schießen, andere verzichten völlig auf das liegende Schießen, und zwar aus gut verständlichen Gründen. Mit wenig Routine beim Hinlegen und Aufstehen mit Cross-Skates besteht ein gewisses Verletzungsrisiko, auch das Material wird beim Hinlegen nicht gerade geschont. Und sollte der Boden bei Regen feucht werden, sind viele dankbar sich nicht hinlegen zu müssen.
Korrekt wäre es, die Größe der Ziele für das liegende Schießen auf etwa 40 % zu verkleinern. Aus Bequemlichkeit und auch, um es nicht zu schwer zu machen, wird darauf aber leider oft verzichtet. Ein besonders sportliches Niveau hat das liegende Schießen mit zu großen Zielen nicht mehr, was auch ein Grund für einige Veranstalter ist, die Teilnehmer nur stehend schießen zu lassen.
Dazu muss erwähnt werden, das liegende Schießen auf große Ziele ist dermaßen leicht, dass man es eigentlich auch gleich lassen könnte. Die bereits während der Entstehungsphase dieses Sports festgestellte Unterbewertung des Schießens würde dadurch noch deutlich verstärkt werden und solche Wettkämpfe kann man dann tatsächlich nicht mehr als einen ausgewogenen Zwei-Disziplinen Sport bezeichnen. Man „spielt“ dann eigentlich nur noch Biathlon.
Der nächste Abschnitt soll zeigen, wie spannend die Teilnahme an einem Moderen Biathlon sein kann.
Moderner Biathlon – wirklich ein Sport für Jedermann
Die Anfahrt zum Wettkampf war zwar mit rund mehr als 300 Kilometern nicht kurz, aber angemessen, wenn man bedenkt, dass viele Biathlon-Fans noch viel weiter zu einem Winter-Biathlon anreisen, allein um zuschauen zu können. Aber ich war immerhin als Teilnehmer gemeldet. Der Austragungsort, ein Festplatz, war in dem kleinen süddeutschen Dörfchen schnell gefunden und dort regte sich schon sichtbare Geschäftigkeit. Das Wetter war schön, ein herrlicher sonniger Frühommertag. In aller Ruhe bauten die Helfer die „Schießstände“ auf, an denen später kein einziger echter Schuss fallen würde, weil die Ziele dann nur „gelasert“ wurden. Meine Frau und ich meldeten uns ganz unspektakulär an und gingen dann zum Festplatz, um die dort bereit liegenden Lasergewehre auszuprobieren und ein paar Fotos zu "schießen". Ganz unwichtig war dieses „Einschießen“ nicht, denn von zu Hause waren wir wesentlich sportlichere Lasergewehre gewohnt; diese hier sahen mehr aus wie die Gewehre einer Schießbude, die Abzüge gingen entsprechend "robust" und die Visierungen waren alle etwas anders eingestellt. Aber da alle Teilnehmer die gleichen Gewehre benutzen und diese auch, sehr praktisch, nach ihrer Benutzung beim Modernen Biathlon einfach liegen bleiben, dürfen sich Moderne Biathleten nicht so sensibel geben wie Biathlon-Profis, die schon bei kleinsten Änderungen am Gewehr gleich übernervös werden und dann oft schlechter treffen. Ich merkte mir trotzdem zwei Lasergewehre, die ich dann im Wettkampf vorzugsweise benutzen wollte.
Wir legten danach unsere Cross-Skates an, die wir anlässlich des Wettkampfes, mit etwas mehr Luftdruck, nämlich mit 9 bar, aufgepumpt hatten. So nahmen wir noch unsere Cross-Skating Stöcke und fuhren die Wettkampfrunde kurz ab. Sie war übersichtlich: 900 Meter bergauf, die Aussicht über die Mittelgebirgslandschaft war wunderschön, dann wenden und den gleichen Weg zurück zum Festplatz. Während wir auf unseren Start warteten, schauten wir uns um. Die Szene des Modernen Biathlon war noch klein, war sie damals doch erst seit 5 Jahren langsam gewachsen, aber sie war schon sehr vielfältig. Von Gelegenheitssportlern bis hin zu sehr Ehrgeizigen waren fast alle Kategorien vertreten: Einer hatte sogar eigene Fans zum Jubeln und zum Transparente schwenken mitgebracht, andere hatten sogar exakt die gleichen schießbuden-ähnlichen Gewehre zu Hause, die auch hier verwendet wurden, wieder andere hatten sich spontan überreden lassen hier mitzumachen. Mehr als ein Viertel der Teilnehmer waren Frauen. Vor der Veranstaltung versuchte uns noch netterweise ein älterer Herr, den Modernen Biathlon zu erklären, obwohl er, selbstbekenned, mit ihm sonst keine Berührungspunkte hatte. Seine Erläuterungen zum Schießen passten auch nicht wirklich wirklich lückenlos zum Modernen Biathlon, aber wir schätzten den Service des ausrichtenden Schützenvereins und hörten höflicherweise zu. Hauptsache, der Sport wird bekannter. Anschließend wollte er uns dann auch im Wettkampf zeigen, was er konnte - wir waren gespannt. Ein mir bekannter teilnehmender Moderner Biathlet war ein sehr ruhig und konzentriert wirkender Polizeibeamter, der immer sehr gut vorbereitet zum Wettkampf antrat.
Es starteten immer neun Biathleten in einer Gruppe, was bei acht Laseranlagen voraussichtlich keine Probleme bereiten würde, weil der Schnellste erfahrungsgemäß schon die Laseranlagen verlassen hatte, wenn der Letzte eintraf. So ging es auf der Cross-Skating-Strecke nicht zu eng zu, aber man erfuhr seine Platzierung erst am Ende, wenn alle Startgruppen ausgewertet waren.
Nach dem Startschuss verlor ich meine Frau schnell aus den Augen , denn das Teilnehmerfeld zog sich rasch auseinander. Mein ständiger Begleiter wurde aber jener Polizeibeamte, der, obwohl 7 Jahre älter als ich, sehr zähen Widerstand leistete. Am Ende der Steigung überholte ich ihn, wusste ich doch um seine Qualitäten als Schütze. Sofort ergaben sich die typische biathletischen Überlegungen, dass ich Vorsprung herausholen musste, ohne zu viel beim Schießen zu riskieren. Der Veranstalter hatte auch liegendes Schießen im Programm, jedoch die eigentlich zu leichte Variante, ohne verkleinerte Ziele, die eine simple Strategie nahe legte: Vor dem liegenden Schießen einfach das Tempo nicht herausnehmen, weil das Treffen so leicht war, dass nichts schief gehen konnte. Mit der Ausnahmen vielleicht, das falsche Lasergewehr zu erwischen.
Ich erinnerte mich an eine Veranstaltung im Jahr davor, wo sich der technische Ausrichter weigerte die nach seinem Augenmaß aufgestellten Ziele auf genau 10 Meter Entfernung zu platzieren. So standen sie in 11,5 Meter Distanz. Das Problem ist dann weniger, das kleinere Ziel zu treffen, als die zu tief zielende Visierung einzuschätzen. Folglich gingen 30 % meiner Treffer damals exakt in der Mitte weinge Millmeter über das Ziel. Heute stimmten aber die Entfernungen, was mich bei meinen Überlegungen etwas beruhigte.
Der eine Kilometer auf Cross-Skates zur Laseranlage war keine lange Strecke mehr, doch ich war etwas überrascht, dass mein Sportsbekannter nur zwei Sekunden hinter mir zum liegenden Schießen eintraf. Ich traf sicher, fehlerfrei und schnell, aber mein Nachbar schoss noch schneller, einfach unglaublich schnell! Meine nur drei Sekunden Rückstand zeigten sich dann als fast 20 Meter Abstand zu ihm. Jetzt steckte ich in der Zwickmühle, ich musste ihn nach Möglichkeit wieder überholen ohne es zu riskieren, beim anschließenden anspruchsvolleren stehenden Schießen zu viel zu wagen. Nach 2 Kilometern auf den Cross-Skates ist man noch frisch, aber das waren wir noch beide und mein Kollege legte ein Tempo vor, das ich kaum mithalten konnte. Trotz theoretisch gleicher Überlegungen war er sich offenbar sicher dieses Tempo aushalten zu können. Am Wendepunkt der Strecke hatte ich ihn zwar wieder eingeholt, wollte bergab aber kein Überholmanöver riskieren und blieb hinter ihm. Also versuchte ich mich „taktisch klug“ zu verhalten, mich etwas zu erholen und es auf ein schnelles und fehlerfreies stehendes Schießen anzulegen. Kurz vor der Laseranlage kam uns meine Frau entgegen, die uns Heißsporne fröhlich und entspannt begrüßte und anfeuerte.
Diesmal rechnete ich mit einem größeren zeitlichen Rückstand nach dem Schießen, konzentrierte mich aber darauf unbedingt fehlerfrei zu bleiben. Das kostete etwas Zeit, doch auch neben mir wurde langsamer geschossen. Rund 5 Sekunden bzw. rund 30 Meter war mein Rückstand, allerdings wäre es keine Schande gegen einen so perfekten Schützen das Nachsehen zu haben. Doch nach dem Cross-Skating stand als Nächstes liegendes Schießen bevor, so dass meine Strategie wieder „Vollgas“ lautete. Schneller als erwartet hatte ich meinen Mitstreiter eingeholt und sogar überholt, vielleicht, weil er eine andere Strategie verfolgte oder aber seine Kräfte schonen musste. Meine Stimmung kippte sofort in eine andere Richtung. Diesmal kam uns, kurz bevor wir den Festplatz erreichten, ein anderer Teilnehmer entgegen, jener ältere Herr, der uns noch vorher Erklärungen über das Schießen geben wollte. Nur noch eine gute Minute aufzuholen, dann würden wir ihn überrunden. Ich hatte ungefähr 40 Meter Vorsprung vor meinem Mitstreiter erkämpft, ziemlich genau der Abstand, den ich mindestens benötigte.
Mein liegendes Schießen ging wieder schnell und fehlerfrei, nebenan aber auch und so sprangen wir fast gleichzeitig auf. Doch ich beschleunigte schneller und lag wieder knapp vorne. Ich war zwar nun derjenige, der den Windschatten spendete, aber damit auch derjenige, der das Tempo vorgab. Ganz langsam wuchs mein Vorsprung, allerdings nicht schneller als auf den letzten drei Abschnitten. So hatte ich nach den 1,8 Kilometern wieder nicht mehr als 50 Meter Vorsprung – es war noch nichts entschieden. Zwar war dieser Wettkampf extrem wenig schießlastig, weil es keine Strafen für Fehlschüsse gab, man musste einfach nur alles „wegballern“, aber jede Sekunde, die man dadurch verlor, konnte trotzdem entscheidend sein.
Als ich zum letzten Schießen kam, lag der ältere Herr noch zum Schießen auf seiner Gummimatte, ich musste schon stehend schießen. Jetzt musste ich mir mehr Zeit nehmen, bekam aber dennoch mit, wie der ältere Herr zwei oder sogar drei Schüsse verschoss und immer noch liegend versuchte zu treffen, während ich schon fertig war. Seine eigenen Schieß-Tipps funktionierten offenbar beim Biathlon nicht so gut. Irgendwie tat er mir leid.
Und wieder hatte ich alles getroffen, wenn auch etwas langsamer. Ich war erleichtert, denn wieder sprang ich gleichzeitig mit meinen Wettkampfbegleiter auf. Wenn er im Training nicht eisenhart an besonderen Endspurt-Qualitäten gearbeitet hatte, sollte ich, auf Grund meines bisher minimal höheren Tempos, nun eigentlich die besseren Karten haben. Aber so etwas ist nie sicher, bevor man nicht im Ziel ist, und ich wollte das so früh wie möglich klar machen. Ein knallharter Endspurt wäre mir auch zu gefährlich gewesen, es darauf ankommen zu lassen. Wenn Moderne Biathloeten fallen, dann auf harten Boden und nicht auf Schnee! Ab nun also Vollgas bis ins Ziel. Bis zum Wendepunkt konnte ich rund 60 Meter Vorsprung herausfahren, das sollte ausreichen, aber im leichten Gefälle zum Ziel schlotterten mir bereits die Knie erheblich und ich fuhr lieber auf Nummer sicher ab. Meinem Verfolger ging es wohl ähnlich, aber größer wurde mein Vorsprung nicht. Die Abbiegung zur kurzen Zielgeraden nahm ich dann flüssiger, als ich befürchtet hatte, und nahm noch viel Schwung mit ins Ziel. Mein Vorsprung im Ziel vor meinem sportlichen Konkurrenten betrug im Ziel nur knappe zehn Sekunden! Bei einem rund 28-minütigem Wettkampf betrachte ich so etwas als sportlichen Gleichstand. Wir tauschten noch einen herzlichen Handschlag und Dank für das harte, aber faire Rennen aus.
Später erfuhr ich, dass meine Zeit am Ende für einen zweiten Gesamtplatz ausgereicht hatte. Meine Lieblingsplatzierung eigentlich, denn dann wird man nicht so laut gefeiert, wie der fast 20 Jahre jüngere Skilangläufer es dann als Sieger mit seinem Fanclub ausgiebig tat. Aber auch „nach vorne“ waren es zum ersten Platz keine 10 Sekunden mehr gewesen. Egal, ob man startet, um zu siegen, oder wie ich, um sich mit anderen „älteren“ Biathleten ein knappes Rennen zu liefern, alle Teilnehmer hatten bei diesem herrlichen Wetter eine spannende und faszinierende Vorstellung des Moderen Biathlonsports gegeben. Was mir erst nachträglich auffiel, war die herrliche Ruhe während des Wettkampfes. Nur der eine Teilnehmer, der seinen Fanclub mitgebracht hatte, wurde lautstark angefeuert, wir anderen nur dezent, was beim konzentrierten Zielen ein riesiger Vorteil war. Auch Profi-Biathleten schützen sich gegen den unsportlichen Lärm der Schlachtenbummler inzwischen häufig mit Ohrenstöpseln. Die Zeiten respektvoller Ruhe am Schießstand scheinen beim Winter-Biathlon vorbei zu sein. Wie angenehm dagegen Moderner Biathlon für die Sportler ist!
Meine Frau kam dann bald als erste Frau, ebenfalls nach fehlerfreiem Schießen, ins Ziel, nur etwa eine Minute nach dem älteren Herrn, der uns vorher noch den Modernen Biathlon erklären wollte, obwohl er ihn selbst nicht erfunden hatte. Moderner Biathlon ist eben in vielerlei Hinsicht anders und nie sicher vor Überraschungen. Den Körper kann man trainieren, aber der Kopf kann einem jederzeit beim Biathlon einen Streich spielen. Die Spannung und Faszination als Teilnehmer ist unbeschreiblich groß und auch alle anderen Teilnehmer, die ich gefragt hatte, haben mir das bisher bestätigt.
Abb. 6: Spannende Wettkämpfe und trotzdem die Kirche im Dorf lassen - Moderner Biathlon ist einfach zu organisieren und ungefährlich.