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d) Haftung

354

Der Beauftragte ist verpflichtet, die ihm aufgetragenen Geschäfte mit der nach § 276 geschuldeten Sorgfalt auszuführen. Trotz Unentgeltlichkeit haftet der Beauftragte für jede Fahrlässigkeit (§§ 521, 599, 690 sind nicht entsprechend anwendbar), vielmehr verlangt die treuhänderische Tätigkeit in fremdem Rechts- und Wirtschaftskreis sogar besondere Sorgfaltswaltung.

Lediglich ausnahmsweise kann bei einem Auftrag zur Abwendung einer dringenden Gefahr § 680 analog heranzuziehen sein (Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit).

e) Weisungsgebundenheit

355

Zu der aus der Treubindung des Auftrags folgenden Pflicht zur Zusammenwirkung mit dem Auftraggeber und zur Befolgung von dessen Weisungen gilt Entsprechendes wie bei § 675. Das betrifft auch die Verpflichtung, notfalls von Weisungen abzuweichen, rechtzeitig neue Instruktionen einzuholen und hierzu den Geschäftsherrn angemessen zu informieren.

3. Beendigung des Auftragsverhältnisses

356

Der Auftrag ist als Vertrauensverhältnis jederzeit beidseitig lösbar (§ 671 Abs. 1). Die Kündigung durch den Beauftragten darf dabei nicht „zur Unzeit“ erfolgen, widrigenfalls er sich schadensersatzpflichtig macht (§ 671 Abs. 2).

Der Auftrag erlischt überdies infolge der höchstpersönlichen Leistungspflicht beim Tod des Beauftragten (§ 673 S. 1), wobei der Erbe zur Anzeige und Notgeschäftsführung verpflichtet bleibt.

Umgekehrt führt der Tod des Auftraggebers nicht zum Erlöschen, sondern es ist der Auftrag für die Erben fortzuführen (§ 672 S. 1). Dieser Unterschied ist inkonsequent, steht zur Disposition der Vertragsparteien, ist aber wohl aus praktischen Gründen gerechtfertigt (vgl. parallele Regelung zur Prokura in § 53 Abs. 3 HGB); der Beauftragte wüsste zumeist nicht sofort um den Eintritt des Beendigungstatbestands und wäre u.U. auf den ihm ungünstigeren Ausgleich nach § 684 gegenüber den Erben verwiesen.

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › IV. Besondere Treuhandverhältnisse des HGB

IV. Besondere Treuhandverhältnisse des HGB

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Die Wahrnehmung der Interessen eines anderen als Hauptpflicht und nicht bloß Nebenpflicht ist typisierendes Merkmal verschiedener weiterer vertraglicher Rechtsverhältnisse, die ihre Ausprägung insb. im HGB gefunden haben. Hierzu gehören der Handelsvertretervertrag (§§ 84 ff. HGB), der (Handels-)Maklervertrag (§§ 93 ff. HGB bzw. §§ 652 ff. BGB) und das Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB), aber auch das Speditionsgeschäft (§§ 453 ff. HGB). Es handelt sich um Geschäftsbesorgungen i.S.d. § 675 BGB mit speziell geregelten Rechten und Pflichten der Beteiligten, die nach § 675 Abs. 1 durch Verweisung auf das Auftragsrecht ergänzt werden und schließlich je nach konkreter Ausgestaltung Züge des Dienst- oder Werkvertragsrechts tragen.

358

Trotz ihrer Stellung im HGB und irreführender Bezeichnungen (Handelsvertreter als „kaufmännisches Hilfspersonal“ oder das Kommissionsgeschäft als „kaufmännisches Hilfsgeschäft“[167]) handelt es sich nicht um Gegenstände des Innenrechts (im Sinne eines betrieblichen Organisationsrechts), wie die Überschrift des Ersten Buchs des HGB („Handelsstand“) für Handelsvertreter und Handelsmakler nahezulegen scheint, sondern um unternehmerische Schuldverhältnisse, bei denen sich selbstständige Gewerbetreibende als Vertragspartner gegenüber stehen (Außenrecht), wenngleich sie im Hinblick auf den eigentlichen Lieferungs- bzw. Leistungsvorgang (das Ausführungsgeschäft) mit einem Dritten das Innenverhältnis zum Unternehmer betreffen.[168]

Irreführend sind deshalb auch die Formulierungen etwa in § 84 Abs. 1 HGB („Handelsvertreter ist, wer ….“), in § 383 Abs. 1 („Kommissionär ist, wer….“) etc., als dort nicht ein besonderer Kaufmannstyp oder Beruf bestimmt wird, der Träger eines diesbezüglichen Unternehmens (einer Handelsvertretung, eines Kommissionshauses) wäre; angesprochen sind gewerbliche Geschäftsbesorgungsverhältnisse, die je nach angelegter Dauer, dem Grad der wechselseitigen Abhängigkeit und dem wesensmäßigen Erfordernis besonderer Vertragspartner (bei sog. beiderseitigen Handelsgeschäften) einen angemessenen Interessenausgleich schaffen sollen. Es handelt sich um treugebundene Dauer(dienst)leistungen, so insb. Agenturvertrag und Handelsvertreter, bzw. um treugebundene Erfolgs(werk)leistungen, so insb. Maklervertrag, Kommission und Spedition.

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › V. Handelsvertreter

V. Handelsvertreter

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„Handelsvertreter ist, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen“ (§ 84 Abs. 1 S. 1 HGB). Deutlicher sagt § 85 HGB, dass es sich hierbei um ein zweiseitiges Handelsvertreterverhältnis handelt, wenn dort bestimmt ist, dass jeder Teil verlangen kann, dass „der Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag“ schriftlich niederzulegen sind. Handelsvertreterrecht ist daher immer dann anzuwenden, wenn ein den §§ 84 ff. HGB entsprechendes Dauerschuldverhältnis besteht. Der Handelsvertreter ist solcher jedenfalls (ggf. nur) in Bezug auf das Verhältnis zu diesem einen Patron, im Übrigen mag er selbstständiger Gewerbetreibender gleich welcher Branche sein.

1. Lebenstypen

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Der Handelsvertreter ist Dienstleister für Umsatzgeschäfte von Unternehmen, Absatzvermittler. Typischerweise tritt er als Warenvertreter oder Versicherungsvertreter auf (§ 92 HGB), aber auch als Agent im Bereich der Kunst, als Event-Agentur, Konzertagentur etc. Aber auch Reisebüros, Tankstellen und manche Autohäuser (insb. Mercedes-Händler) sind Handelsvertreter und die mit den Kunden abgeschlossenen Verträge lauten auf das andere Unternehmen (die Mineralölgesellschaft, den darbietenden Künstler selbst, den Hersteller oder Reiseveranstalter, das Versicherungsunternehmen oder die Bausparkasse etc.). Handelsvertreterverhältnisse sind damit eine bestimmte Form organisierter Vertriebsnetze, nämlich mittels selbstständiger Unternehmer (zumeist) mit Vollmacht zum Abschluss im Namen des dahinterstehenden Unternehmens, für das sie dauerhaft tätig sind.

Der Vertrieb über Handelsvertretungen kann über mehrere Stufen von Generalvertretungen und Untervertretungen weiter untergliedert sein (vgl. § 84 Abs. 3 HGB).

Beispiele:

Ebenfalls Handelsvertreter sind die Ein-Firmen-Vertreter (vgl. § 92a HGB), die eine arbeitnehmerähnliche Stellung haben (vgl. § 5 Abs. 3 ArbGG) und deshalb sozial besonders schutzbedürftig sind. Schließlich können Handelsvertreter auch nur im Nebenberuf tätig sein (vgl. § 92b HGB), was vor allem bei Versicherungs- und Bausparkassenvertretern (§ 92b Abs. 4 HGB) vorkommt.

Sog. Handlungsreisende sind hingegen gar nicht selbstständig (vgl. § 84 Abs. 2 HGB) und damit angestellte Handlungsgehilfen („Commis-Voyageurs“), nicht Handelsvertreter.

In der Akquise von Umsatzgeschäften eingesetzte „freie Mitarbeiter“ sind regelmäßig (soweit nicht vielmehr nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV Scheinselbstständigkeit vorliegt, vgl. § 84 Abs. 2 HGB) Handelsvertreter, z.B. eines Immobilienmaklers – was v.a. im Hinblick auf § 89b HGB gravierende Folgen im Fall der Trennung haben kann.

2. Begriff des Handelsvertreters

361

Handelsvertreter kann nur sein, wer selbstständiger Gewerbetreibender ist. Als solche kommen Unternehmer in Betracht, die als Kaufmann ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) betreiben, aber auch Kleingewebetreibende („Minderkaufmann“) ohne Eintragung im Handelsregister (§§ 84 Abs. 4, 1 Abs. 2 und § 2 HGB). Dazu gehören auch Handelsgesellschaften (§ 6 HGB), die ebenfalls Handelsvertreter sein können.

Den Gegensatz bilden Angestellte, also Arbeitnehmer (§ 84 Abs. 2 HGB). Abgrenzungsmerkmal ist die Selbstständigkeit im Sinne persönlicher Freiheit zur Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitspensums (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB) im Unterschied zur Weisungsgebundenheit hinsichtlich Art und Weise, Zeit und Dauer sowie Ort der Dienstleistung und der betrieblichen Eingliederung bei Arbeitnehmern. Die Arbeitnehmereigenschaft schließt ein Handelsvertreterverhältnis mit diesem Prinzipal (Arbeitgeber) aus.[169]

Auch selbstständige Handelsvertreter haben Weisungen des Unternehmers (vgl. § 665), in dessen Vertriebsorganisation sie eingebunden sind, Folge zu leisten; diese Formen von Weisungsgebundenheit und Eingliederung betreffen die treuhänderische Interessenwahrnehmung, also die Ausrichtung der Tätigkeit, und sind eine substantiell andere als diejenige von Arbeitnehmern, welche für ihre Tätigkeit initial auf Weisung und Eingliederung angewiesen sind.

Nicht maßgeblich ist die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Handelsvertreters, vgl. die arbeitnehmerähnlichen Handelsvertreter (§§ 5 Abs. 3 ArbGG, 92a HGB). Handelsgesellschaften (§ 6 HGB) sind stets selbstständig i.S.v. § 84 Abs. 1 HGB und zwar auch dann, wenn sie als Tochterunternehmen in das Vertriebssystem ihres Mutterunternehmens eingeordnet und damit gesellschaftsrechtlich abhängiges Unternehmen (§ 17 AktG) sind. Konzernstruktur und Handelsvertreterverhältnis überlagern sich dann.

a) Vermittlung oder Abschluss von Geschäften

362

Der Handelsvertreter kann Vermittlungs- oder Abschlussvertreter sein. Vermittlung bedeutet, Geschäftsabschlüsse dadurch zu fördern, dass auf Dritte als potentielle Kunden fördernd eingewirkt wird. Vermittlung i.S.v. § 84 Abs. 1 S. 1 HGB geht über den bloßen Nachweis der Gelegenheit zu einem Vertragsschluss (vgl. Nachweismakler, § 652) hinaus.

Beispiel:

Kein Handelsvertreterverhältnis liegt deshalb in der bloßen Befassung mit Kundenbetreuung, Werbung und Public Relations. Pharmavertreter in Arztpraxen beraten über Vorteile neuer Medikamente, welche die Ärzte verordnen mögen, und sind deshalb ebenso wenig Handelsvertreter wie derjenige „Agent“ eines Künstlers, der für ihn lediglich Termine vereinbart, ohne ihn zu vermarkten (i.e. Verhandlung von Konzertauftritten etc.).

363

Gleiches gilt für den Abschlussvertreter, der lediglich zusätzlich bevollmächtigt ist, den Vertragsschluss mit dem Dritten im Namen des Unternehmers zu vollziehen. Er hat dann zugleich Handlungsvollmacht (vgl. § 91 Abs. 1 HGB) mit entsprechend gesetzlich umschriebenem Umfang (§§ 55 Abs. 1, 54 HGB).

Beachte:

§ 91 Abs. 1 HGB fingiert die Handlungsvollmacht ausdrücklich auch auf die Erteilung durch einen Nichtkaufmann (notwendige Konsequenz aus § 84 Abs. 1 S. 1 HGB: Prinzipal kann jeder „Unternehmer“ sein ohne Einschränkung auf Kaufleute, vgl. dagegen §§ 54 Abs. 1, 1 Abs. 2 HGB: „Handelsgewerbe“).

Beispiel:

Das Tankstellennetz einer Mineralölgesellschaft, das mit Handelsvertretern aufgebaut wird, funktioniert praktisch nur mit Abschlussvertretern, wo hingegen Versicherungsagenturen wohl immer nur Vermittlungsvertreter sind und die Kundenverträge „in der Zentrale“ gezeichnet werden.

364

Wer im eigenen Namen für einen anderen Unternehmer Geschäfte abschließt, ist also nicht Handelsvertreter, sondern u.U. Kommissionär oder Eigenhändler. Dessen unbeschadet kann ein Vertriebsunternehmen im Verhältnis zum einen Unternehmer als Handelsvertreter (also in dessen Namen), zu einem anderen Unternehmer oder aber auch zum gleichen Unternehmer parallel etwa als Kommissionär (im eigenen Namen für fremde Rechnung, vgl. § 343 Abs. 1 HGB) tätig sein; es liegen dann voneinander zu trennende parallele Rechtsverhältnisse vor.

365

Die Erteilung der Vollmacht kann schon im Handelsvertretervertrag liegen und konkludent erfolgen. Geschäftsabschlüsse, die der Handelsvertreter ohne oder unter Überschreitung einer Vollmacht tätigt, gelten nach § 91a HGB als genehmigt, wenn der Unternehmer sie nach Bekanntwerden nicht unverzüglich dem Dritten gegenüber ablehnt (umgekehrte Regelung zu § 177 BGB).

b) Art der Geschäfte

366

Der Gegenstand der vom Handelsvertreter vermittelten Geschäfte ist gesetzlich nicht beschränkt. In Betracht kommen neben dem Warenumsatz (Einkauf und Verkauf) vor allem Überlassungsverträge (z.B. Leasingverträge, Lizenzverträge als Form der Rechtspacht), Dienstverträge (Telefondienste) und Werkverträge (Transportverträge, Reiseleistungen) oder Versicherungsverträge.

Beispiel:

Kein Geschäft ist hingegen die Platzierung von Werbung des Unternehmers, weil sie den Vertrieb nur vorbereitet. Hingegen kann der Anzeigenvertrieb für einen Zeitungsverlag Gegenstand eines Handelsvertreterverhältnisses sein. Dienstleister für die Verwertung von Warenbeständen im Zusammenhang mit der Abwicklung von (insolventen) Unternehmen, dienen nicht dem Betrieb des zu liquidierenden Unternehmens und sind nicht Handelsvertreter desselben.

c) Prinzipal

367

Der Handelsvertreter entfaltet seine Tätigkeit „für einen anderen Unternehmer“ (vgl. § 84 Abs. 1 S. 1 HGB); gemeint ist der Rechtsträger eines anderen Unternehmens, dem die vermittelten Geschäfte rechtlich zugeordnet werden und in dessen Namen der Handelsvertreter im Fall des Abschlussvertreters auftritt. Denkbar sind vor allem Gewerbetreibende unabhängig von ihrer Kaufmannseigenschaft (vgl. § 91 Abs. 1 HGB), aber auch freiberuflich tätige Schriftsteller und Künstler, die sich durch einen Agenten (Impresario oder Galeristen) vermarkten lassen.

d) Ständige Betrauung

368

Im Unterschied zum nur punktuell beauftragten Handelsmakler (§ 93 HGB) muss der Handelsvertreter „ständig betraut“ sein, es muss also ein Dauerschuldverhältnis vorliegen, das ihn in das Vertriebssystem des Unternehmers einbindet. Entscheidend ist, dass sich der Handelsvertreter um eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen bemühen muss.

369

Kein Handelsvertreter ist deshalb eine „freie“ Agentur, die lediglich auf Einzelaufträge von Unternehmern hin tätig wird (dann auf Basis von § 675, ggf. auch als Makler). Mehrstufige Handelsvertreterverhältnisse stehen der ständigen Betrauung nicht entgegen, so dass ein Handelsvertreter (Generalvertreter) seinerseits wiederum Handelsvertreter einsetzen kann (vgl. § 84 Abs. 3 HGB).

3. Zustandekommen des Handelsvertreterverhältnisses

370

Das Handelsvertreterverhältnis ist vom Gesetz als Zweipersonenverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und seinem Auftraggeber, dem „Unternehmer“, ausgestaltet und aufgrund der Treuhandstruktur nicht synallagmatisch. Das Zustandekommen des Handelsvertretervertrags ist vom Abschluss der durch den Handelsvertreter vermittelten Verträge zu unterscheiden. Er kann formlos geschlossen werden. Lediglich die Übernahme des sog. Delkredere (§ 86b Abs. 1 HGB) oder eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (§ 90a Abs. 1 S. 1 HGB) bedarf der Schriftform. Bei einvernehmlichen Vermittlungstätigkeiten einer Partei kann der Vertrag stillschweigend geschlossen sein.

371

Hersteller und Fachhändler können bei sehr lockerer Verbindung zuerst einen bloßen Rahmenvertrag ohne wechselseitige Rechtspflichten schließen; je enger die Verbindung wird, desto mehr mag die einzelne Verkaufsleistung hinter die dauerhafte Vermittlung der Produkte zurücktreten und das Verhältnis Dienstleistungscharakter annehmen. Handelt der Fachhändler dann nicht (z.B. als Vertragshändler oder im Franchisesystem) im eigenen Namen und für eigene Rechnung, sondern vermittelt er die Kundenverträge etwa nach Katalog direkt mit dem Hersteller (oder handelt sogar als Vertreter in dessen Namen), kommt Handelsvertreterrecht zur Anwendung.

Das kann auch dann gelten, wenn der Fachhändler als Kommissionsagent zwar im eigenen Namen aber auf Rechnung des Herstellers Verkäufe tätigt (vgl. §§ 383, 406 HGB), dazu aber als Vertriebsmittler „ständig betraut“ ist und deshalb eine Zwischenstellung zwischen dem Kommissionär und dem Handelsvertreter einnimmt.[170]

4. Hauptpflichten des Handelsvertreters

a) Dienstvertragliche Bemühenspflicht

372

Der Handelsvertreter hat sich nach § 86 Abs. 1 HGB um die Vermittlung bzw. den Abschluss von Geschäften zu bemühen, also professionelle Anstrengungen in diese Richtung zu entfalten. Im Unterschied zum Handelsmakler (§ 93 Abs. 1 HGB, ebenso zum Zivilmakler, § 652 BGB), den keine Tätigkeitspflicht trifft, übernimmt der Handelsvertreter eine dienstvertragliche Bemühenspflicht als Kehrseite seiner ständigen Betrauung. Der Handelsvertreter hat das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen (§ 86 Abs. 1 HGB), insb. das Vertriebsinteresse und ist im Rahmen seines Dauerschuldverhältnisses gerade damit „ständig betraut“ (§ 84 Abs. 1 HGB).

b) Interessenwahrung

373

Ihn trifft darüber hinaus eine allgemeine Interessenwahrungspflicht,[171] die sich auf seine gesamte Tätigkeit erstreckt und z.B. auf Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Unternehmers gerichtet ist und über die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses hinaus reicht (vgl. § 90 HGB).

Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter alle erforderlichen Nachrichten und Auskünfte zu geben. Die Benachrichtigungspflicht betrifft insb. seine Vermittlungstätigkeit, also die Abschlussbereitschaft eines Dritten und von ihm getätigte Geschäftsabschlüsse. Er ist verpflichtet, über den Stand seiner Bemühungen und die Aussicht auf Abschlüsse auf Verlangen ebenso Auskunft zu geben, wie über Einzelheiten seiner Tätigkeit, angewandte Werbemethoden, vorbereitende Abreden, aber auch die Annahme von Schmiergeldern ebenso wie über relevante eigene Krankheiten.

Art, Inhalt und Häufigkeit der Berichte bestimmen sich nach dem objektiven Interesse des Unternehmers von Fall zu Fall, u.U. können, etwa bei Umsatzrückgang, wöchentliche Kundenbesuchsberichte verlangt werden. Es gilt subsidiär § 666, wobei eine Rechenschaftspflicht aufgrund des Handelns in fremdem Namen wohl mehrheitlich unnötig sein wird (vielmehr umgekehrt, vgl. § 87c HGB im Hinblick auf Provisionsansprüche).

374

Das Handelsvertreterverhältnis ist eine treugebundene Geschäftsbesorgung, bei der die Information des Geschäftsherrn und das Befolgen seiner Weisungen (§ 665) für die Interessenwahrnehmung wesensnotwendig sind. Diese Pflicht kann deshalb durch Vertrag konkretisiert und erweitert, nicht aber ausgeschlossen werden (vgl. auch § 86 Abs. 4 HGB).

375

Verstöße gegen diese Pflichten machen schadensersatzpflichtig (§ 280 Abs. 1 BGB) und berechtigen ggf. zur außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages (§ 89a HGB).

Eine Einstandspflicht für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus vermittelten oder abgeschlossenen Verträgen (Delkredere) trägt der Handelsvertreter nur bei besonderer Vereinbarung nach § 86b HGB und nur gegen zusätzliche Vergütung (Delkredereprovision).

c) Wettbewerbsverbot

376

In rechtlicher Hinsicht ist eine Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen danach zu unterscheiden, ob diese während der Vertragslaufzeit oder nachvertraglich erfolgen soll. Aus der Pflicht zur treugebundenen Interessenwahrung, insb. der Förderung der Vertriebsinteressen des Unternehmers, ist dem Handelsvertreter die Vermittlung von Konkurrenzprodukten innerhalb seines Sortiments untersagt. Zwar gilt für ihn nicht § 60 HGB (Wettbewerbsverbot für angestellte Handlungsgehilfen), der dort die Treupflicht als bloße Nebenpflicht konkretisierende Rechtsgedanke trifft auf ihn aber umso mehr zu, als hier die Treupflicht eine Hauptpflicht ist.[172]

377

Er wird dadurch nicht zum Ein-Firmen-Vertreter i.S.d. § 92a HGB, sondern ist nur hinsichtlich Substitutionsgütern in seinem Sortiment beschränkt (etwa im Vertrieb von Weinen hinsichtlich benachbarter Anbaugebiete). Dies gilt gleichermaßen für anderweitige Gewerbebetriebe des Handelsvertreters (Bsp.: Betreibt der Handelsvertreter eine Markentankstelle, gilt das Wettbewerbsverbot für Schmierstoffe anderer Hersteller auch für eine von ihm rechtlich verselbstständigt betriebene Autowerkstatt; Ausnahmen können sich dort jedoch daraus ergeben, dass Motorenhersteller die Verwendung bestimmter Markenöle empfehlen und Werkstattkunden darauf beharren könnten).

378

Mit der Vertragsbeendigung fällt auch die Pflicht zur Interessenwahrung weg und mit ihr das Wettbewerbsverbot. Ein nachvertragliches kann nur unter den Voraussetzungen des § 90a HGB in schriftlicher Form vereinbart werden. Dazu gehören die zeitliche Begrenzung auf maximal zwei Jahre und die räumliche und gegenständliche auf den früheren vertraglichen Tätigkeitsbereich des Handelsvertreters, der dafür dann eine Karenzentschädigung fordern kann.