Internationale Beziehungen

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Internationale Beziehungen
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Christian Tuschhoff

Internationale Beziehungen

UVK Verlagsgesellschaft mbH • Konstanz mit UVK/Lucius • München

Zum Autor:

Christian Tuschhoff lehrt als Privatdozent Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin. Zuvor arbeitete er u.a. an der Harvard University (Cambridge, MA), der Emory University (Atlanta, GA), den Universitäten Frankfurt/Main und Mainz sowie als Gastdozent an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, der Waseda University, Tokyo und dem Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO) in Moskau.

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2015

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Einbandmotiv: © JWMD – fotolia / © AndreasBaba – fotolia

Lektorat: Verena Artz, Bonn

Satz und Layout: Claudia Wild, Konstanz

UVK Verlagsgesellschaft mbH

Schützenstr. 24 · D-78462 Konstanz

Tel.: 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98

www.uvk.de

UTB-Band Nr. 4335

ISBN eBook 978-3-8463-4335-7

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Inhalt

Vorwort

1 Was sind Internationale Beziehungen?

1.1 Der Gegenstand Internationale Beziehungen

1.2 Rätsel und ihre Lösungen

1.3 Der Analyserahmen: Interessen, Interaktionen, Institutionen

2 Großtheorien Internationaler Beziehungen

2.1 Neorealismus

2.2 Institutionalismus

2.3 Liberalismus

2.4 Konstruktivismus

3 Krieg und Frieden – Verteilungskonkurrenz und -konflikt

3.1 Friedliche Streitbeilegung oder Krieg?

3.1.1 Verteilungskonflikte als Kriegsursache

3.1.2 Interaktionsprobleme als Kriegsursache

3.1.3 Mangelnde Glaubwürdigkeit und Nicht-Einhaltung als Kriegsursachen

3.2 Geographische Verteilung von Kriegen

3.3 Kriegsverhinderung und friedliche Konfliktregelung

3.4 »Alte« und »neue« Kriegsformen

3.4.1 Innerstaatliche oder Bürgerkriege

3.4.2 Terrorismus

4 Der demokratische Frieden — ein Januskopf

4.1 Die Klärung der konzeptionellen Grundlagen: Demokratie und Krieg

4.2 Erklärungen für die dyadische Variante

4.2.1 Rationalistische und institutionalistische Erklärungen

4.2.2 konstruktivistische Erklärungen

4.3 Die Debatte über die monadische Variante

4.4 Politische Praxis und Antinomien des demokratischen Friedens

5 Internationale Handelspolitik — Wohlstand durch Effizienzgewinn

5.1 Freihandel: Wohlstandsgewinn durch Arbeitsteilung und Austausch

5.2 Worauf spezialisieren sich einzelne Länder?

5.3 Hürden für den internationalen Freihandel

5.3.1 Sicherheitspolitische Hindernisse

5.3.2 Innenpolitische Hindernisse

5.3.2.1 Innenpolitische Institutionen und Handelspolitik

5.3.2.2 Durchsetzungskraft von Interessengruppen

5.4 Strategische Interaktion von Staaten

6 Internationale Finanzbeziehungen und Interdependenz

6.1 Internationale Finanzbeziehungen als Kooperation

6.1.1 Konflikte über die Verteilung der Kooperationsgewinne

6.1.2 Direktinvestitionen im Ausland

6.2 Konflikte in internationalen Finanzbeziehungen

6.2.1 Internationale Interdependenz

6.2.2 Innenpolitische Verteilungskonflikte

6.2.3 Internationales Krisenmanagement und der IWF

6.3 Beispiele internationaler Finanz- und Schuldenkrisen

6.3.1 Schuldenkrise in Lateinamerika

6.3.2 Finanzkrise in Südostasien

6.3.2 Weltfinanzkrise

7 Ursachen für Armut und Reichtum in der Welt – Geographie vs. Demokratie

7.1 Armut, Hunger und Unterernährung

7.2 Ursachen für Unterentwicklung und verschiedene Entwicklungspfade

7.2.1 Geographie und klimatische Bedingungen

 

7.2.2 Innenpolitik, Infrastruktur und öffentliche Güter

7.2.3 Das Erbe des Kolonialismus

7.2.4 Gute Regierungsführung: einschließende vs. ausbeuterische Institutionen

7.2.5 Voreingenommenheit internationaler Organisationen

7.3 Entwicklungsstrategien

7.3.1 Importsubstitution

7.3.2 Exportorientierte Industrialisierung

7.3.3 Die Wirksamkeit von Entwicklungszusammenarbeit

8 Migration — Kooperationsversagen auf unterschiedlichen Analyseebenen

8.1 Was ist Migration?

8.2 Interessen und Konflikte

8.3 Migration als Kooperationsproblem Internationaler Beziehungen

8.3.1 Verteilungsprobleme und mangelnde Rechtsordnung

8.3.2 Asymmetrie und Lastenteilung

8.3.2.1 Kooperation innerhalb der EU

8.3.2.2 Globale Kooperation zum Schutz von Flüchtlingen

9 Menschenrechte — Nicht-Einhaltung von internationalen Normen

9.1 Was sind Menschenrechte?

9.2 Warum werden internationale Vereinbarungen über Menschenrechte abgeschlossen?

9.3 Warum halten Staaten Menschenrechte ein oder verletzten sie?

10 Internationale Umweltpolitik — Probleme kollektiven Handelns

10.1 Was ist internationale Umweltpolitik?

10.2 Aufmerksamkeit: Welche Umweltprobleme gelangen auf die Tagesordnung?

10.3 Erfolge und Misserfolge in der internationalen Umweltpolitik

10.4 Kooperationshindernisse beim Klimaschutz

10.5 Politische Durchsetzungskraft von Umweltsündern

10.6 Kooperationskatalysatoren

10.6.1 Institutionen

10.6.2 Führungskraft und Vorbildfunktion

11 Die Welt von morgen: Konkurrierende Theorien und Visionen Internationaler Beziehungen

11.1 Beschreibungen der internationalen Beziehungen in den Großtheorien

11.1.1 Neorealismus: Staatenwelt im Machtkampf um Sicherheit

11.1.2 Institutionalismus: Kooperationsprobleme bei der Selbstregierung zwischen Staaten

11.1.3 Liberalismus: Konflikt und Kooperation zwischen innenpolitisch geprägten Interessen

11.1.4 Konstruktivismus: Welt aus unterschiedlichen Ideen, Normen und Identitäten

11.1.5 Theorie als Anleitung empirischer Analyse

11.2 Internationale Beziehungen: Gegenwärtige Debatten und Trends

11.2.1 Globalisierung vs. Wettbewerb

11.2.2 »Ende der Geschichte« vs. Zivilisationskonflikte

11.2.3 Staatlichkeit, Staatszerfall und Governance

Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Glossar

Namens- und Sachregister

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abb. 1.1 Unterschiede: Harmonie, Kooperation, Konflikt

Abb. 2.1 Relative und absolute Verteilung von Kooperationsgewinnen

Abb. 2.2 Distanz als Kooperationshindernis

Abb. 2.3 Abstraktionsebenen von Theoriedebatten

Abb. 2.4 Lebenszyklus von Normen

Abb. 3.1 Krieg vs. Verhandlung

Abb. 3.2 Kriege nach Region

Abb. 3.3 Typen bewaffneter Konflikte

Abb. 4.1 Das Modell des Selektorats

Abb. 5.1 Anteil des Exports an der wirtschaftlichen Gesamtleistung ausgewählter Länder (% des BIP)

Abb. 5.2 Anzahl der existierenden regionalen Freihandelsabkommen

Abb. 6.1 Ausländische Direktinvestitionen von Industrieund Entwicklungsländern 1980–2012 (in Mio. US$)

Abb. 6.2 Inländische Bankkredite ausgewählter Ländergruppen 2012 (in % BIP)

Abb. 7.1 Veränderung globaler Armut (Bevölkerungsanteile in %)

Abb. 7.2 Armut 2010 nach Weltregionen (in %)

Abb. 8.1 Migration nach Motiv und Rechtsstellung der Betroffenen

Abb. 9.1 Spiralmodell zur Entstehung und Fortentwicklung von Menschenrechten

Abb. 9.2 Beachtung elementarer Menschenrechte in Weltregionen

Tab. 4.1 Konfliktverhalten politisch relevanter Dyaden zwischen Staaten, 1946–1986

Tab. 7.1 Weltbevölkerung 2012 gruppiert nach volkswirtschaftlicher Leistung

Tab. 7.2 Unterernährung nach Weltregionen

Tab. 7.3 Stimmrechte im Gouverneursrat des Internationalen Währungsfonds seit 2008 und gemäß der Reform 2010*

Tab. 8.1 Anzahl von Migranten sowie Veränderung über Zeit

Tab. 8.2 Schrittfolge und Kriterien zur Prüfung der Zuständigkeit für die Gewährung von Schutz und Bearbeitung von Asylanträgen (Dublin III)

Tab. 10.1 Profile für Umwelt politik

Tab. 11.1 Regierungsformen in Internationalen Beziehungen bei variierender Staatlichkeit

Vorwort

Dieses Buch ist das Ergebnis der Erfahrungen aus meiner langjährigen Lehrtätigkeit im Fach Internationale Beziehungen im In- und Ausland. Diese Tätigkeit begann an der Freien Universität Berlin, an der ich bis heute unterrichte. Sie führte aber auch über viele andere Stationen einschließlich der Kennedy School of Government, Harvard University, der Emory University, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, der Johann-Wolfgang-von-Goethe Universität Frankfurt, der Alice-Salomon-Hochschule Berlin sowie in geringerem Ausmaß der Waseda University Tokio und der MGIMO University in Moskau. Unterrichten — das haben mich diese Erfahrungen gelehrt — ist weit mehr als der Vortrag desselben Lehrstoffes gegebenenfalls in verschiedenen Sprachen. Unterrichten heute bedeutet Kommunikation mit einer außergewöhnlich großen Vielfalt von Studierenden, deren Bedürfnisse sich nicht nur von Land zu Land, sondern auch über Generationen hinweg erheblich unterscheiden können. Unterrichten ist ein dynamischer Prozess, der verlangt, dass der Lehrende sich jeweils rasch auf die unterschiedlichsten Vorkenntnisse, Bedürfnisse, Sichtweisen und Fragen von Studierenden einstellt. Wer als Lehrender einen Unterrichtsraum betritt, sollte sich auf eines gefasst machen: Überraschungen und Unberechenbarkeit. Keine noch so detailliert geplante Vorlesung oder Seminarsitzung verläuft wie erwartet. Die Welt der akademischen Lehre ist wie die Welt der Internationalen Beziehungen: Gerade wenn man sich entspannt zurückgelehnt hat und denkt, alles verläuft in geordneten Bahnen, passiert etwas Unvorhergesehenes und häufig Verstörendes. Der Unterricht einer immer stärker internationalisierten Studentenschaft gleicht der Vielfalt und den Überraschungen, die Internationale Beziehungen als Teildisziplin der Politikwissenschaft einerseits und als gelebte Realität andererseits bereithalten.

Studierende mögen das gelegentlich als verstörend empfinden: Überraschungen und Unberechenbarkeiten untergraben nicht nur unser Wissen, sondern auch unsere Fähigkeit, uns in einer komplexen Welt orientieren, d. h. zurechtfinden zu können. Noch ärgerlicher: wie kann man eigentlich eine gute Klausur oder eine Hausarbeit schreiben, um mit einer guten Note belohnt zu werden, die eine von vielen Voraussetzungen für eine bessere Zukunft ist? Der bedenklich hohe Anteil von Studienabbrechern in den neuen Studiengängen nach der Bologna-Reform weist darauf hin, dass viele mit dieser Herausforderung nicht zurechtkommen.

Dennoch bleibe ich dabei: Internationale Beziehungen sind wie das Unterrichten in akademischen Einrichtungen — eine Entdeckungsreise. Überraschungen und Unberechenbarkeiten sind zwar sicherlich eine große Herausforderung für alle Beteiligten; sie sind aber gleichzeitig auch eine einzigartige Gelegenheit, Neues zu erfahren sowie sich selbst fortzubilden und weiterzuentwickeln. Herausforderungen und Gelegenheiten halten sich die Waage.

 

Mir kommt es mit dem vorliegenden Buch darauf an, diese Waage zugunsten von Gelegenheiten zu senken. Seine Leser — seien es Studierende, Lehrende, Journalisten, Experten, politische Praktiker oder andere Interessierte — werden mit auf eine Entdeckungsreise genommen: Was ist das Rätselhafte in Internationalen Beziehungen und wie kann man es auf eine verständliche und nachvollziehbare Weise vermitteln? Mehr noch: Der Leser wird mit einem Rüstzeug befähigt, sich selbst in der komplexen Welt internationaler Beziehungen zu orientieren, Rätsel zu lösen und selbständig auf Überraschendes zu reagieren. Von einem – mit diesem Buch gelegten – soliden Fundament aus können die anstehenden Herausforderungen der akademischen Leistungsüberprüfung einerseits und der selbständigen Forschung im Teilgebiet Internationalen Beziehungen andererseits bewältigt werden. Daher hilft dieses Buch nicht nur beim Erarbeiten von Wissen über Internationale Beziehungen, sondern auch bei der akademischen Reifung und Befähigung.

Eine solche Reifung zum selbständigen Umgang mit den Herausforderungen ist notwendig, weil sich der Gegenstand Internationale Beziehungen selbst dynamisch und rasant fortentwickelt. Früher sahen Politikwissenschaftler vor allem ein Staatensystem, dessen Akteure ihre Beziehungen untereinander regelten. Heute ist dieses System einer Vielfalt von Akteuren gewichen, die ungemein komplexe Beziehungen zueinander pflegen, deren Regieren extrem vielfältig und unübersichtlich geworden ist ( Kap. 11.2.3). Früher galt das Prinzip der Souveränität, mit dem eine Trennung von Innenpolitik und äußeren Angelegenheiten vereinfacht wurde. Heute heben die neuen Fragen Internationaler Beziehungen wie neue Kriege, Finanzkrisen, Menschenrechte, Umweltschutz, Migration, Religion, Ethnizität, Demokratie oder Recht diese Trennung auf. Früher befassten sich Internationale Beziehungen mit den Spannungen zwischen der Staatenwelt und der stark fragmentierten Welt von Märkten. Heute rücken die Spannungen zwischen Staat und Gesellschaft und Fragen von Autorität und Legitimität internationaler Beziehungen ins Blickfeld (Barnett/ Sikkink 2010; Schimmelfennig 2013: 36–9).

Dieser Unterschied kommt schon im Cover dieses Buches zum Ausdruck: Der Globus im Vordergrund mit seinen Kontinenten verweist auf eine Staatenwelt, deren Grenzen sich jedoch schon so weit aufgelöst haben, dass sie nicht mehr kenntlich sind. Hinter dieser Welt kommen eine ganze Reihe von Problemen zum Vorschein wie Menschenrechte, Entwicklung, Migration, Handel, Finanzen oder bewaffnete Konflikte.

Diese neuen Herausforderungen des Gegenstandes Internationale Beziehungen erfordern auch einen neuen Zugang bei der Vermittlung. Früher wurde danach gestrebt, die Gesamtheit Internationaler Beziehungen — damals Internationale Politik genannt — möglichst umfassend und auf einheitliche Weise zu beschreiben und zu erklären. Dieser Weg ist heute von der ungeheuren Komplexität internationaler Beziehungen verstellt. Daher muss es darum gehen, den gesamten Gegenstand in kleinere Bestandteile zu zerlegen, die der Beschreibung und Erklärung eher zugänglich sind. Diese Bestandteile werden hier »Rätsel« genannt. Jedes Kapitel beschäftigt sich mit einem Rätsel. Es beginnt meistens mit einer Erzählung, die einen aktuellen Bezug herstellen, ein Problem aufzeigen und damit die gesellschaftliche Relevanz des Rätsels unter Beweis stellen soll. Die folgende Auflösung der Rätsel durch Beschreibung und Erklärung folgt einem einheitlichen Schema: Interessen, Institutionen und Interaktionen stehen mit unterschiedlichem Schwerpunkt im Zentrum der Untersuchung. Auf diese Weise durchstößt dieses Buch die auf dem Umschlag abgebildete Weltkugel der alten Staatenwelt und dringt zur systematischen Analyse der sich dahinter verbergenden Probleme moderner internationaler Beziehungen vor. Bei der Wahl dieser Vorgehensweise hat das sehr beliebte und erfolgreiche Buch World Politics Pate gestanden (Frieden/Lake/Schultz 2012), das ich in einschlägigen Lehrveranstaltungen in Deutschland benutzt habe. Es stieß bei den Studierenden auf eine derart positive Resonanz, dass ich mich entschloss, mich von diesem Vorbild inspirieren zu lassen.

Selbstverständlich konnten nicht alle Rätsel Internationaler Beziehungen in dieses Buch aufgenommen, geschweige denn erschöpfend behandelt werden. Die getroffene Auswahl ist dennoch nicht zufällig. Sie folgt vielmehr den Kriterien gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Relevanz. Bei der gesellschaftlichen Relevanz ließ ich mich von den Erfahrungen leiten, welche einzelnen Fragen Studierende besonders interessieren, d. h. worüber sie gerne Hausarbeiten, B. A.-Arbeiten oder Masterarbeiten schrei ben oder Referate halten. Mit Blick auf die wissenschaftliche Relevanz wählte ich die Rätsel aus, die das Fachgebiet in einem weiteren Sinne repräsentieren können. Sie stehen für die breiteren Themen Sicherheit, Wohlfahrt und aktuelle Fragen. Auf die an einigen deutschen Universitäten institutionalisierte Aufteilung Internationaler Beziehungen in Internationale Sicherheit einerseits und Internationale Politische Ökonomie andererseits habe ich bewusst verzichtet. Denn die Theoriedebatte des Faches greift mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung auf beide Teilbereiche zu. Es ist deshalb allein für das Theorieverständnis wichtig, auch Kenntnisse über die empirischen Sachverhalte zu vermitteln, von denen die Theoriebildung mit gespeist wird.

Zusätzlich dienen die einzelnen Kapitel auch der exemplarischen Darstellung rätselübergreifender Probleme Internationaler Beziehungen wie z. B. Verteilungsfragen, kollektives Handeln, Interdependenz oder Nicht-Einhaltung von Vereinbarungen. Wo immer möglich wurde dies bereits in den Kapitelüberschriften deutlich gemacht. Dann bezieht sich der vordere Teil der Kapitelüberschrift auf ein spezifisches empirisches Rätsel, während der hintere Teil anzeigt, welches rätselübergreifende Problem in diesem Kapitel exemplarisch behandelt wird. Damit die kapitelübergreifende Bedeutung dieser Fragen auch im Kontext anderer Kapitel deutlich wird, wurden jeweils Querverweise auf die einschlägigen Kapitel eingefügt, um Redundanz zu vermeiden.

Die verschiedenen Lesergruppen werden von den die gesamte Buchreihe kennzeichnenden Merkmalen profitieren und sich diese zunutze machen können, je nachdem, ob sie das Buch zum Zweck der Wissensbeschaffung oder -vermittlung, der Prüfungsvorbereitung, der Lehrvorbereitung, der schnellen Information oder zum Verschaffen eines Überblickes nutzen wollen. Hierzu sind die Kapitelbeschreibungen, die Zusammenfassungen oder Zwischenfazits, die kompakte Informationsvermittlung oder die sonstige Hervorhebung zentraler Aussagen sowie Abbildungen oder Tabellen besonders geeignet. Überschriften, Marginalien, Querverweise, Glossar (auch im Internet frei zugänglich) und ein ausführlicher Index sind als Leitsystem gedacht, damit Leser sich teils gut und schnell orientieren, teils zeitsparend Information finden und/oder Lernstoff wiederholen können.

Die Lernkontrollfragen dienen nicht ausschließlich der Rekapitulation. Sie sollen vielmehr die Leser zu selbständigem und kritischem Weiterdenken oder sogar zu eigenständigem Forschen anregen. In Seminaren können einige auch zu Übungen und/oder zur Gruppenarbeit genutzt werden. Die weiterführenden Literaturhinweise leisten denjenigen eine erste Hilfestellung, die eigenständig forschen wollen. Hier findet man einerseits Überblicke zu Forschungsständen und andererseits Hinweise auf richtungsweisende Forschungsarbeiten. Einige eigenen sich darüber hinaus für kurze Übungen etwa in Kleingruppen während des universitären oder schulischen Unterrichts.

Ich hätte dieses Buch weder geschrieben noch schrei ben können, wenn mich nicht zahllose Studenten im In- und Ausland in vielen Lehrveranstaltungen ermutigt oder auch nachdrücklich aufgefordert hätten, ihnen selbst komplexe und schwierige Sachverhalte verständlich und nachvollziehbar zu erläutern. Dafür gebührt ihnen mein großer Dank. Sie haben mir gezeigt, dass sie sich sehr für die Teildisziplin Internationale Beziehungen interessieren, aber einen fachspezifischen Jargon ablehnen und nicht verstehen, warum sie einen solchen erwerben müssen. Ich habe dies als Appell verstanden, dass die moderne Wissenschaftsgesellschaft demokratisiert werden muss, indem neue, kommunikative Möglichkeiten der Beteiligung an wissenschaftlichen Debatten geschaffen werden. Dieser Herausforderung stelle ich mich mit diesem Buch ausdrücklich. Gleichzeitig verbinde ich meinen Versuch, ein verständliches Buch vorzulegen, mit meinem eigenen Appell an die Studierenden und andere Leser: Legen Sie bei der Buchlektüre und Beschäftigung mit Fragen Internationaler Beziehungen Ihre Fähigkeit zu kritischem Selbstzweifel an den Tag. Die Möglichkeit, sich an wissenschaftlichen Debatten zu beteiligen, erfordert auch, sich häufig von vorgefertigten Urteilen und Meinungen zu trennen und sich auf neue Erkenntnisse einzulassen, wenn die Argumente plausibel sind. Diese wichtige Erfahrung machen alle Akademiker jeden Tag.

Viele weitere Personen haben sich um dieses Buch verdient gemacht, denn ich verdanke meinen akademischen Lehrern, Kollegen und Freunden zahllose wissenschaftliche wie didaktische Hinweise und Anregungen, die ich hier verarbeiten konnte. Stellvertretend und besonders herzlich möchte ich mich jedoch bei Sven-Eric Fikentscher bedanken, der sich die Mühe gemacht hat, viele Kapitel sehr detailliert und kritisch zu lesen. Seine Kommentare und Hinweise waren ungemein wertvoll und haben dieses Buch entscheidend verbessert. Alle noch enthaltenen und kritikwürdigen Schwächen habe ich jedoch allein zu verantworten.

Verena Artz ist es zu verdanken, dass ich mich überhaupt entschloss, meine Lehrerfahrung in Internationalen Beziehungen in die Form eines Lehrbuchs zu gießen. Sie hat mich geduldig und anhaltend dazu überredet und mir damit den Plan schmackhaft gemacht. Darüber hinaus nahm sie es auf sich, das gesamte Buch als Lektorin zu betreuen und meine Gemütsschwankungen während des Entstehungsprozesses stoisch zu ertragen. Ihr professioneller Umgang und Ratschlag waren eine große Stütze. Mit überzeugender Akribie hat sie jeden Satz und jedes Wort überprüft und damit Aussagekraft und Verständlichkeit des Buches ganz entscheidend verbessert. Schließlich hat sich Sonja Rothländer von der UVK Verlagsgesellschaft große Verdienste um die Entstehung dieses Buches erworben. Sie hat den gesamten Produktionsprozess fürsorglich und kompetent koordiniert.

Die Anstrengung aller Beteiligten hat sich dann gelohnt, wenn die Leser Nutzen aus diesem Buch ziehen, Kenntnisse gewinnen, Freude am Forschen oder Lehren finden und ihre eigenen Fähigkeiten ausbauen können. Dazu wünsche ich allen jeden erdenklichen und verdienten Erfolg.

Berlin, im November 2014

Christian Tuschhoff