Longing for my Superstar

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Longing for my Superstar
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C.G. Grimm

Longing for my Superstar

Der ewige Traum vom schönen reichen Prinzen

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Longing for my Superstar

Frau Nachbarin

Impressum neobooks

Longing for my Superstar

„So ein Mist! Das fängt ja gut an!“, schimpfte der junge Lenker des schwarzen "VW Polo" – Geschenk der Eltern zum achtzehnten Geburtstag und vorgezogene Gratifikation fürs kaum noch zu versauende Abi – wie ein Rohrspatz.

Mit finalem, unsanft übertriebenem Bremsdruck reihte er sich im nachmittäglichen Verkehrsstau ein.

„Ich kotz gleich!“, fuhr er lautstark fort, tat’s dem herannahenden Hintermann gleich und schlug sich die Hände vors Gesicht, um die dann, nach kurzem, kühlenden Verweil, zu Fäusten geballt in die Höhe zu recken und das kunststoffgepolsterte Blechdach zu bearbeiten.

Der erste Wutausbruch des Führerscheinneulings war perfekt. Vielleicht hätte er ihn ja noch verschoben, sich nicht getraut, derart auszuflippen, wenn der von Mama zusätzlich gesponserte "Anfänger!"-Aufkleber noch von der Heckscheibe prangen würde – und nicht vor etwa zehn Minuten abgelöst und zusammengeknüllt im Fußraum der Beifahrerseite deponiert worden wäre.

Floyd, wie die von der Schwangerschaft überraschten, dennoch stolzen Eltern ihren Ersten und Einzigen zu nennen, gar zu taufen beliebt hatten, sah sich nach drei leer gefahrenen Tanks keineswegs mehr als ein solcher. Auch die höhnischen Spitzen von Freunden und Mitschülern hatten ihn ganz besonders flott zum erfahrenen Kraftfahrzeugführer werden und das ungeliebte Etikett nun endlich entfernen lassen.

„Gott sei Dank!“, entfuhr es dem ansonsten ruhigen, meist weniger pressanten Jüngling, als es schließlich weiterging.

Heute nämlich, heute hatte er es eilig wie nie, rechtzeitig zu Hause zu sein – duschen, was essen und schnell rüber zu Jo, wie nicht nur er seine langjährige, um vier Wochen jüngere Freundin Johanna nannte – vielleicht ein bisschen kuscheln noch, oder gar mehr, wenn’s noch reiche, um dann pünktlich aufzubrechen zum größten Ereignis des Jahres, ach was, des Jahrhunderts – dem lange herbeigesehnten Megakonzert des Megastars Robbie W.

Objektiv, wie Floyd nun mal war, mochte er dem kleinwüchsigen Angelsachsen, Traum aller Frauen weltweit, gewisse musikalische Fähigkeiten nicht absprechen – und er tat’s auch nicht, Gott bewahre! – Eine unumgängliche Geisteshaltung wahrscheinlich, wenn ein eben Achtzehnjähriger bereits seit fünfzehn meist harmonischen Jahren die gleiche bildschöne Freundin haben, vom Sandkasten, durch Kindergarten, Grundschule, Gymnasium und Konfirmandenkurs, bis zur Volljährigkeit begleiten und sich mindestens fünfzehn weiterer, schöner Jahre sicher sein durfte.

Der erste und bislang einzige Anschlag auf ihre Unzertrennlichkeit lag nun fast zwei Jahre zurück, war im blauen Brief angedroht und im Zeugnis zu dokumentierter Gewissheit geworden. Jo hatte eine Ehrenrunde drehen und schweren Herzens von seiner Seite weichen müssen. Und er war nicht in der Lage gewesen, das zu verhindern. Fiel dies Debakel doch in eben die unvergesslich schöne Zeit, als sie sich gegenseitig ihrer Jungfräulichkeit beraubt und schulische Dinge fortan eine untergeordnete Rolle zu spielen gehabt hatten, die meisten Hausaufgaben unter die Bettdecke verlegt und ob der alles überlagernden, gigantischen Verliebtheit regelmäßig vergessen oder aber mindestens hochgradig vernachlässigt worden waren.

Bei Floyd waren es lediglich ein paar Zehntel gewesen, die er sich jedoch schnell wieder zurückerobert hatte. Dass bei Jo sämtliche Mühen nicht hatten fruchten, auch vom wiederholten Stoff nicht viel mehr hatte hängen bleiben wollen, lastete schwer auf dem Gewissen des verknallten Teenagers. Nicht eben geschmälert wurden seine Selbstvorwürfe vom kolportierten Wissen um die reale, nicht die freundlichst vorgegaukelte Haltung der Schwiegermutter in spe. Schließlich wäre die, wie Floyds Daddy aber ganz sicher zu wissen meinte, von ganz anderem Kaliber, hätte sich am Ort und auch darüber hinaus einstmals ausreichend durchprobiert – keinesfalls etwas anbrennen lassen, wie man so schön sagt – um dann den örtlichen Bauamtsleiter für den Besten zu befinden und letzlich zu ehelichen, aber – offensichtlich nicht hundertprozentig glücklich damit zu sein.

Dass die gute Johanna davon etwas abbekommen haben könnte, war gleichfalls die Befürchtung von Floyds Mutter, wollte sich aber gern eines Besseren belehren lassen. Zumal auch sie sie seit langem ins Herz geschlossen, gar liebevoll miterzogen hatte – und die unüberhörbaren Freuden der erwachsen gewordenen Liebenden gerne in Kauf, mitunter sogar manchmal zum Anlass nahm, den heimkommenden Ehemann – ganz zufällig – halb nackt zu begrüßen, zum Vesper ins Schlafzimmer zu zerren und auch das Erdgeschoss mit dem atemlosen Stakkato der körperlichen Liebe zu erfüllen.

Vom Abziehen des Zündschlüssels bis zum Einstecken und Umdrehen des Haustürschlüssels nahm er seinen Blick nicht vom Fenster der angebeteten Nachbarin. Ein herumliegendes Teil nur, sein Skateboard zum Beispiel, wäre wohl ausreichend gewesen, ihn zu Fall zu bringen, ihm die nächsten blauen Flecken seiner nach wie vor blinden, unteilbaren Zuneigung zuzufügen. Aber nichts rührte sich, sogar die türkisfarbenen Vorhänge hatte sie zugezogen.

„Schade, mein Schatz!“, flüsterte er nur – traurig, ein Mal mehr nicht freudigst empfangen worden zu sein, schon wieder kein herübergehauchtes Küsschen mit unter die Dusche nehmen zu dürfen – und trat ins Haus.

Keinen Gedanken, wenigstens keinen vorwurfsvollen, verurteilenden, verschwendete der selbsterklärte Glückspilz an die fast verheilten Spuren der letzten dramatischen Rettung der Geliebten, der Frau seines Lebens. Er wusch sie, pfleglicher noch als die unversehrten Stellen seines Körpers, stolz, dass sie gar noch ein wenig wehtaten, wenn er draufdrückte oder zu heftig drüberschrubbte.

Allzu versöhnlich hatte er ihre leidenschaftlich vorgetragenen Entschuldigungen auf- und angenommen, die unvergesslichen, von größten, kaum auszuhaltenden Schmerzen, aber höchster, lautstarker Befriedigung geprägten nächtlichen Besuche, als er dann endlich aus dem Krankenhaus zurück war.

Ein Späßchen nur, ein kleines, hatte die gute Jo da machen wollen, wie sie beim sonntäglichen Spaziergang zum alten Steinbruch auffällig unauffällig vorausgelaufen war – eigentlich nichts Ungewöhnliches, musste man doch stets mit irgendeinem Blödsinn aus ihrem reichhaltigen Fundus rechnen. Floyd jedoch, der verknallte Durchgeknallte, war nicht wie alle anderen imstande gewesen, sein Hirn einzuschalten, die Finte der humorigen Schönheit zu durchschauen, zumindest eine solche in Betracht zu ziehen. Wie ein Berserker, unaufhaltbar, war der über das wacklige Geländer geklettert, der verkrümmten, wie tot in der Tiefe liegenden Freundin zu Hilfe zu eilen – auf einem Weg allerdings, den die wahrlich nicht genommen hatte – und auch kein anderer, noch lebender Zeitgenosse.

„Du hast sie doch nicht alle!“, und das waren keinesfalls seine Worte gewesen, als er sich die letzten paar Meter, blutverschmiert und laut aufstöhnend, vor die Füße der bereits wieder auferstandenen, wild fuchtelnden, äußerst talentierten Stuntwoman hatte plumpsen lassen.

Nach fünfzehn Lehrjahren beherrschte Floyd die große Kunst des Verzeihens, jedenfalls was Johanna anging, wie kein anderer. Nicht einmal der Größte der Zunft, der ans Kreuz Genagelte, hätte ihm da etwas vormachen können.

„Floyd, mein armer Schwerarbeiter, das Essen ist fertig!“, schallte es durchs Treppenhaus. Wenigstens eine schien temporal auf der Höhe zu sein – Frau Mama.

„Ich komm gleich!“, rief er zurück, während er vom Balkon aus gebannt auf das unverändert verhangene Fenster starrte, noch rubbelte, als seine Haare schon furztrocken waren. Dass sie vielleicht noch etwas schlafe, um auch richtig fit zu sein für den Abend, orakelte er.

Zumindest stand ausnahmsweise mal keins der Fahrzeuge derer da, die sich immer noch Hoffnung machten, immer noch glaubten, bei der attraktiven, am Ort fast konkurrenzlosen Beamtentochter landen zu können. Überhaupt schien ihm der gemeinsame männliche Bekanntenkreis aus wenigen geduldig Abwartenden, etlichen unverblümt wie beharrlich Grabenden und einer Hand voll auf die pure Freundschaft machenden, sittsam zurückhaltenden Werbetreibenden zu bestehen.

„Hallo, mein Großer!“, begrüßte ihn die Mutter mit einem angedeuteten Küsschen. „Wie lief’s denn so bei der Arbeit?“, wollte sie auch gleich wissen.

„Ach, es ging so – viel los halt!“

Seinen Job bei "Comtec" im Verkauf mochte er ja ganz gerne – und die vierhundert Euro, die er monatlich einbrachte. Kurz entschlossen war er vor Wochen losgezogen, mit dem Moped noch, ohne das Wissen oder gar den Anstoß der Eltern, und am gleichen Tag noch fündig geworden. Auslöser war ein belauschtes Gespräch mit dem Steuerberater gewesen, ein aufschlussreicher, heimlicher Blick auf die finanziellen Gegebenheiten. Ruck, zuck war ihm klar geworden, wie wenig ihnen doch von ihrem schmucken Häuschen bereits gehörte, welch riesigen Kostenfaktor alleine seine Person darstellte. Da wollte er doch wenigstens den Unterhalt fürs Auto selbst bestreiten, wo er nun mal wusste, an wie vielen Ecken und Enden die Alten das liebgewonnene Teil abgespart hatten.

 

„Nimm doch noch was, Floyd, du wirst es brauchen – Johanna wird sicher ganz vorne stehn wollen, da muss man erst mal hinkommen!“, schwadronierte die altgediente Rockkonzertbesucherin mit einem schlecht gefälschten Lächeln, wie sie es in letzter Zeit öfter aufsetzte, wenn sie von der angehenden Schwiegertochter sprach.

Am liebsten hätte sie ihm ja gleich alles berichtet, was sie so bewegte – ihre Beobachtungen – ihre Ahnungen – ihre veränderten Gefühle. Aus eigener Erfahrung wusste sie aber nur zu gut um die Kontraproduktivität einer elterlichen Einmischung. Darüber hinaus war sie sich zudem ganz sicher, dass ihr blitzgescheiter, leider etwas zu gutmütiger, zu gutgläubiger, von blind liebender Servilität gekennzeichneter Sohnemann, wie auch sie einst, ganz von alleine hinter das eigentlich Unübersehbare kommen und seine Lehren mitsamt den wie auch immer gearteten Konsequenzen daraus ziehen würde.

„Ich muss los, Ma!“, brabbelte Floyd hektisch und küsste sie mit vollem Mund mitten auf den ihren. „Bäh!“, gab sich die Verabschiedete übertrieben angeekelt, fuhr sich gleich mehrmals mit dem Handrücken über die Lippen, um die dann gleich wieder mit der Zunge nachzuziehen, als er’s nicht mehr sehen konnte. Lange hatte er das nicht mehr getan – freiwillig!

„Viel Spaß euch beiden!“, rief sie noch hinterher.

„Das ist auch schon schneller gegangen!“, moserte er leise, da er zum dritten Male sein unverwechselbares Klingelzeichen durchs Nachbarhaus schickte.

Endlich bewegte sich etwas, Jo kam die Treppe heruntergepoltert, öffnete und war auch schon wieder auf dem Rückweg. Beim Eintreten sah er nur mehr ihr nacktes Arschbäckchen mit dem kleinen bunten Kolibri um die Ecke flitzen. Ihre Mutter saß unabkömmlicherweise in der Essecke, über einer Modezeitschrift wahrscheinlich, blickte nicht mal auf. Wofür auch? War ja nicht für sie!

Erstmals zahlte er deren ignorante Nichtbeachtung mit gleicher Münze zurück und stiefelte ebenso grußlos nach oben – der Unbekleideten hinterher.

„Hallo, mein Schatz!“, begrüßte ihn Johanna in ihrem mit reichlich Süßholzspänen eingestreuten Reich mit einem lapidar hingehauchten Küsschen, wie es ihm vor einer halben Stunde noch ausreichend erschienen wäre.

Wortlos machte er sich daran, sich ein richtiges, ausgewachsenes, adäquates, abzustauben, musste sie mehrfach um den Schreibtisch jagen, bis er sie endlich zu fassen bekam.

„Wie begrüßt man seinen Liebsten richtig – vollends, wenn man ihn schon fast zwanzig Stunden nicht mehr gesehen hat?“, bedrängte er seine Gefangene liebevoll nachdrücklich, die eine Hand bereits auf besagtem Vögelchen ruhend.

„Ich bin doch noch lange nicht fertig!“, säuselte die Paradiesische, nachdem sie seinem Wunsch nachgegeben, dem Darbenden kurz die Zunge in den Hals gesteckt hatte.

Der liebkoste derweil ihren samtenen Hals, leckte sich genüsslich abwärts, über Schulter und Oberarm zum Busen.

„Mensch, Floydibaby, wir müssen doch gleich weg!“, haderte sie in ungeheuerlich bedauerndem Tonfall, wollte ihn eben noch von sich puffen, aber als sein flinkes Zünglein sich anschickte, ihren süßen Bauchnabel zu vermessen, ließ sie es geschehn, ließ sich ihrerseits mit lingualem Druck in Richtung Matratze dirigieren, nahm noch den eindringlichen, frivolen Superstar-Blick vom Riesenposter mit in die Horizontale.

Flugs, schließlich hatte man es eilig, war Floyd bei Teddys Grabhügelchen angelangt, wie er die meist stachelige Erhebung seit der messerscharfen Verjagung des vormals wachhabenden Bären zu betiteln pflegte – bei abgeschaltetem Ton nur, versteht sich. Bereitwillig öffnete sie ihm ihre seidenen Schenkel; mit geschlossenen Augen schnurrte sie seine hilflos suchende Lustraspel mittels zielgerichtet ansteigender Tonhöhe ins Epizentrum. Er liebte es wie nichts anderes auf der Welt, diesen von Haus aus fest verschlossenen Spalt aufzuzaubern, zu einem feucht brodelnden Vulkan anschwellen zu lassen, zum alleinigen Dirigenten, zum Maestro von Jos betörenden, mehrere Oktaven übergreifenden Gesängen zu werden. – Auch wenn es vorher keinen rauhaarigen, feindselig piksenden, brummig schimpfenden, aber feinst duftenden Höhlenhüter mehr zu überlisten galt.

Besser noch als in seiner eigenen Westentasche meinte er, sich auszukennen in dieser anatomischen Region der einzig Geliebten – zumal er über zahlreiche, nicht weniger imposante, präsexuale, fast prähistorische Erfahrungen verfügte. Hatte er doch bereits früh, erstmals just nach der Erkenntnis ihrer augenscheinlichen körperlichen Verschiedenheit, die Gelegenheit bekommen, den weiblichen Korpus bei hochwissenschaftlichen Doktorspielchen zu studieren, noch ohne die bei Erwachsenen obligate automatische Gehirnabschaltung zu erkunden, zu entdecken, was anderen, und auch viel später erst, in endlos langweiligen Unterrichtsstunden vermittelt werden musste. Schon damals waren es weniger die bluttriefenden, komplizierten, aber stets erfolgreichen Operationen gewesen, die er am meisten liebte, vielmehr die finale Säuberung der Patientin vom wohlschmeckenden, dem heimischen Kühlschrank entlehnten Heinz’schen Jungfrauenblute.

Allzu gerne hätte er auf die dann urplötzlich von Johanna verordnete, mit dem bloßen Älter- und Gescheiterwerden begründete langjährige Zwangspause verzichtet, während der er, in posttraumatischer Manier, peu à peu, dieses Faible für gewisse Tomatenprodukte abzulegen, Pommes und dergleichen nur noch mit Mayo zu genießen begonnen hatte.

Zum Glück, dem Himmel sei Dank, war es ihr jedoch gegeben, mit fünfzehn wieder zur Besinnung zu kommen, die alten, beim Chirurgen schmerzlichst vermissten, nur mehr körpermittigen Beschwerden zurückzuerlangen, sich vertrauensvoller noch als früher von Dr. Floyd behandeln, in therapeutische Ekstase versetzen und mit wohldosierten Zungenschlägen von grausamsten Leidensanfällen befreien zu lassen.

Auf gänzlicher Gegenseitigkeit hatte jedoch erst nicht beruhen dürfen, was die beiden bereit waren, heilbringenderweise füreinander zu tun. Vielleicht war Johanna ja auch nur stets etwas kränker gewesen – mit Sicherheit aber öfter, sodass es seine Zeit dauerte, bis auch seine sensibelste Stelle nicht länger nur am Laken zu rubbeln oder von eigener Hand medizinisch versorgt, gesundgeschrumpft zu werden brauchte. Mit viel Honig, Vanillesoße und ganzen Bergen von Schlagsahne hatte sie sich dann doch überwinden können, seine schlimmen Schwellungen im Nu abklingen, die glibberigen Störenfriede entweichen, zur letzten, krönenden Ingredienz werden zu lassen.

Johanna quiekte bereits in gewohntem Stile. Blitzschnell, weil oft geübt, hatte sie sich umgedreht und aufgerichtet, ritt nun, die Hände an der Wand, auf des artig gefolgten, noch vollständig Bekleideten eifrigem Schleckermäulchen. Die Augen hielt sie dabei geschlossen, nur bei unvermittelten Takt- oder Tempowechseln riss sie diese kurz auf.

Der berittene Lustspender, der vermeintliche Glückspilz, gewiss aber ein Ständerpilz, träumte derweil von nichts anderem als der begnadeten Reiterin, ihrer gemeinsamen Zukunft und natürlich von den restlichen dreißigtausend Wiederholungen dieses intimen Vorgangs. Keinen noch so winzigen Gedanken daran, dass dies von Little Jo nicht mindestens genau so empfunden würde, hätte er je verschwendet – nicht bei vollem Verstand – und schon gar nicht im Liebestaumel!

Gleichermaßen gewandt, vielleicht ein bisschen weniger graziös, knöpfte er seine viel zu eng gewordene Hose auf und schob sie, ohne seine wichtige, hörbar erfolgversprechende Kopfarbeit zu vernachlässigen, mitsamt der Unterhose bis über die Knie, von wo die sich dann unwidersetzlich über die Füße strampeln ließen.

Die Hände zurück an den vergötterten Backen, forcierte der gute Floyd seine genussvollen Bemühungen. In kleinsten, abwechselnd kreisenden und linearen Bewegungen blies er zum finalen Tanz, unterstützte die aufsitzende Primaballerina mit sanften, ihr schmuckes Sitzfleisch implizierenden, aber durchweg unverbindlichen Richtungsvorgaben.

So weggetreten, wie man(n) nach einem knappen Tag ohne Sex nur sein konnte, katapultierte er sein Mädchen auf direktem Wege in den Himmel, den siebten, vernahm erst wieder ihr hochtönendes, langgezogenes Stöhnen und den obligatorischen, höchstes Wohlsein indizierenden, zufriedenen Seufzer.

Beim Hervortauchen biss er noch kurz in den farbstrotzenden Schwirrvogel, bevor er sich aufrichtete und an die schnaufende Schönheit schmiegte, die feuchte Nase in ihr duftendes Haar steckte und liebevoll ihre herrlichen Brüste massierte. Langsam glitten seine Handflächen hinab über ihr süßes Bäuchlein, entfernten sich voneinander, um ihre Beckenknochen zu umfassen, sie mit einem entschlossenen Ruck nach hinten zu ziehen, in die gewünschte Position zu bringen, wo sein einsatzbereiter, rotglühender Zauberstab auf sein ersehntes Bad im Glück wartete, danach lechzte, endlich eintauchen und letztlich auf der selben Wolke Platz nehmen zu dürfen. Für den Bruchteil einer Sekunde nur durfte der ausgehungerte, tatenfrohe, listig-lustige Stecken am glitschig-flauschigen Terrain schnuppern, sein neugierig-vorwitziges Köpfchen gerade mal zur Hälfte benetzen, mit einer hauchdünnen Glasur aus allerfeinstem aphrodisischen Vaginalsekret überziehen – dem schmeichelnden Schmelz der Göttin Lust!

„Halt, mein Lieber, dafür haben wir jetzt wirklich keine Zeit mehr!“, erklärte die feinst Verwöhnte herzlos, während sie sich unsanft losriss und zum Kleiderschrank stürmte.

„Och Menno!“, fauchte der mit seiner steil aufragenden Erregung alleingelassene Halbnackte nicht eben wie ein richtiges Drachenmännchen.

„Spritz ihn doch ins Klo – deinen Klecks!“, riet ihm die Fischblütige allen Ernstes. „Das wirst du ja wohl noch alleine können!“, verweigerte sie dem Armen doch tatsächlich die Ersthilfe.

Diese nie zuvor gebrauchten Worte, die Härte mit der sie vorgetragen worden waren, diese ungekannte Ferne, die die drei Meter bis zum Schrank bei weitem überstieg, ließ ihm die einzig Begehrte, einzig Gewollte – die Traumfrau schlechthin – immer fremder erscheinen – mit jedem Kleidungsstück mehr, das sie über ihre an keiner Stelle zu kritisierende, makellose fleischgewordene Pracht streifte.

Proportional zum Heranreifen dieses – gewiss nur vorübergehend wirkenden – unsäglich unerquicklichen Gefühls, hatte sich sein verschmähter, fälschlich alarmierter, traurig seine gesunde Farbe verlierender Schwellkörper aus dem trockenen Staube gemacht.

„Mein Gott, ein bisschen noch, und er ist ganz weg!“, faselte der unerschütterliche Humorist im gedemütigten, unbefriedigten Liebhaber.

„Nun ja, der Größte ist er sowieso nicht, hihihi!“, haute Johanna die nächste schmerzhafte Kerbe – und auch nach längerem gebannten Warten – er kam nicht, der an dieser Stelle gewohnte, versöhnlich intonierte Zusatz: „Aber ein ganz, ganz großer Schaffer ist er halt schon, der Kleine! Gell?“

Allzu viele Worte waren es dann auch nicht mehr, die im Reich der Schönen noch gemacht wurden. Während Floyd alles unnötigerweise Ausgepackte wieder gemächlich verstaute, versah sich die vorfreudig summende Jo mit eigentlich erlässlichem, grell farbigen, zusätzliche Blicke erheischenden Zierwerk.

„Wie seh ich aus?“, fragte die mächtig Gestylte den bei der Tür wartenden Freund und wog mit stolzem Blick ihre strammen, BH-freien, nur von einem hauchdünnen Shirt verborgenen, allzeit irre machenden montanen Vorbauten in ihren noch hinlänglich großen Händen.

„Blendend! Wie immer halt! Vielleicht eine Nuance zu aufgemotzt – für meinen Geschmack!“

„Ach was!“, kam es zurück. „Sonst holt mich der Robbie doch nie auf die Bühne – wenn ich nicht die Schönste bin, Mensch!“

„Willst du das denn, Joiiiii?“, fragte Floyd nun nahezu humorfrei.

„Warum nicht? Das wär doch toll – megageil!“

„Na ja, wen sollte er auch sonst holen?“, frotzelte der degradierte Zweitgeiger und öffnete die Tür.

„Ciao, Robbie, mein Schatz! Bis später!“, hörte er noch – und, wie ein Küsschen via Handfläche durchs Zimmer gepustet wurde.

„Tschüssi, Mami, wir düsen los!“, rief Johanna der nach wie vor schmökernden Hausfrau zu. „Tschüss, meine Kleine, und gib deinem Robbie einen dicken Schmatz von mir, hörst du!“

„Geht klar, Mamilein! Ich bring ihn dir gleich mit nach Hause – versprochen! Zieh dir ja etwas Passendes an, okay!“

Floyd wähnte sich indes im existenziellen Off, selbst der prüfende Blick, den er an seiner Vorderseite hinunter bis zu den Schuhen schickte, vermochte ihn nicht hundertprozentig von seiner Anwesenheit zu überzeugen.

 

Johannas flapsiges „Auf, marsch, marsch!“ und der knapp unter der Schmerzgrenze angesiedelte linkshändige Klaps auf die rechte Backe taten dies dafür umso eindrucksvoller.

So kommentarlos, wie er den hingenommen hatte, fragte er sich doch allen Ernstes, ob er’s vielleicht schon brauche, ob die abgeklungenen Nachwehen seiner fatalistischen Heldentat in Reinhold-Messner-Manier bereits nach weiteren, noch schlimmeren Wehwehchen lechzten – als Preis sozusagen, relativierende Dreingabe zur monopolistischen Beanspruchung der regional-numinosen Queen of Queens? – An den allgegenwärtigen Neid seiner Geschlechtsgenossen sämtlicher Altersklassen – und (un)sinnigerweise auch einiger fehlgeleiteter Weiber – hatte er sich schon nicht gewöhnen können – verdrängte ihn halt, so gut es eben ging. Auch ließ der sich keineswegs kompensieren, indem er bei allen anderen Dingen nicht die geringste Versessenheit darauf zeigte, das Beste haben zu müssen.

Daher war es in den Augen manch missgünstigen Betrachters auch ein eher lächerlicher, inadäquater Anblick, wenn so ein hochwohlgeborenes, Besseres verdienendes Prachtexemplar seinen Astralleib in dieses enge, unklimatisierte, wenig repräsentative Volksgefährt zu zwängen hatte. Dessen Abmessungen waren aber durchaus zureichend – und bis dato von Johann’scher Kritik verschont geblieben.

Floyd modifizierte derweil seine gebrauchte Laune, initiiert durch einen vermessen(d)en Seitenblick auf die Nebenangeschnallte, mit der schleunigst reaktivierten, maßvollen Freude über die gnadvollen, weil fehlenden, stumm bejubelten Zentimeter. Nicht die seiner Männlichkeit – nein, um Gottes willen! Die waren doch, wie er von zahlreichen, frisch geduschten Vergleichen nur zu gut wusste, eher virtueller, seiner Demütigung dienender Natur. Johannas abgängige, heftigst beweinte Zentimeter waren es, die ihn nun zu belustigen hatten, einen Hauch von Zufriedenheit auf sein Antlitz zauberten. Für zu klein befunden – schön genug, doch fürwahr – hatte man sie, beim von Frau Mama angestoßenen Model-Casting – gleich in der ersten Runde! Leicht war ihm das nicht gefallen, seiner Glückseligkeit darüber den sich ständig anbiedernden Ausdruck verweigern, gar regelmäßig pietätvolle Anteilnahme heucheln zu müssen.

„Komm, lass jucken! Überhol den doch, den Penner! Das ist doch zum ....!“

Aufgebracht kickte die nahezu freiheitsberaubte, notorisch eilige Schnell(bei)fahrerin das makulierte Loser-Emblem durch den Fußraum. Sie würd’s auch gewiss nicht brauchen, wenn sie erst die Straße unsicher machen dürfe! Dies bedurfte keinesfalls einer verbalen Vermittlung.

„Lass doch den Scheiß!“, fuhr er sie an, ihre flinken Finger verfehlte er allerdings knapp, haute selbst nochmal auf die Hupe, als es noch gute hundert Meter bis zu dem wartenden, bereits wild fuchtelnden ungleichen Pärchen waren.

„Hallo ihr zwei! Wird aber auch Zeit!“, grüßte Frederike mit vorwurfsvollem Blick auf ihr reich geschmücktes, aber uhrenfreies Handgelenk – Russel blieb stumm.

„Siehst du!“, furchte die ach so selbstlose Interruptia eine Hundertschaft Grinsfalten auf ihr Madonnengesicht, dass es an Selbstverstümmelung grenzte.

„Ich denk nicht, dass der gute Robbie anfängt, bevor du da bist, mein Schatz!“, erklärte Floyd sachlich, erntete ein Höllengelächter aus dem Fond – selbst Russel verzog das Gesicht – kurz.

Der war eigentlich ein ausgemachter Scheißtyp, ein Täuscher, ein Opportunist, ein Trittbrettreiter, beschlief die arme Rike nur, um eines viel, viel höheren Zieles willen. Drei Viertel der "Polo"-Besatzung wussten das von Tag eins an. Wer natürlich keine Ahnung hatte, war die holde "Frederike Nixmitkriege"!

Gerade weil ihr die beste Freundin und Klassenprimel so wichtig sei, könne sie sie doch nicht so vor den Kopf stoßen! Das war jedenfalls in der Angelegenheit Jos letzter unsäglicher Griff in die Stereotypen-Kiste gewesen, worauf er dann auch entschieden hatte, dieses leidige Thema zu begraben, hoffnungsfroh seiner eigendynamischen Lösung zu überlassen.

Die stundenlangen, ganz aus Versehen aufgenommenen, vor Russel’schem Hirnsperma nur so triefenden Bild- und Tondokumente waren mit wenigen Mausklicks von Johannas Festplatte verbannt. Die Zweifel und der Ekel des degeneriert gescholtenen Abhörspezialisten von nebenan jedoch mussten fortan im eigenen Oberstübchen ihr armselig stummes, wenngleich deeskalierendes Dasein fristen.

Die gegebene personelle Konstellation versprach also keinesfalls, anderes als seine kontinuierlich absackende Laune zu lancieren, und der britische Erfolgsmösenbefeuchter von priapschem Format würd’s wohl kaum zu unterbinden wissen. Eher im Gegenteil!

„Ich park da vorne gleich!“, tönte Floyd pietätlos in Limp Bizkits von drei zusätzlichen Stimmen verhunztes "Behind Blue Eyes" – angesichts der ersten beiden phosphoreszierenden Parkplatz-Anweiser.

„Bist du bekloppt! Da müssen wir doch ewig laufen! Fahr weiter, hörst du!“, grölte Johanna entrüstet über die solidarisch abgesonderten Interjektionen aus dem Background hinweg.

Dabei befahl sie den Blick des sportiven Blödmanns auf ihren fragilen, schwer zu manövrierenden Fuß-Schmuck – oder auch umgekehrt; jedenfalls hätte er leicht in die dargebotene, eng aneinandergepresste, stilettobewehrte Fünferbande beißen können – wenn ihm danach gewesen wäre halt nur.

Entgegen aller Erwartungen, inklusive seiner eigenen, kurvte Floyd, von metaphysischen Kräften indoktriniert, in die verpönte Richtung, rangierte brav ans Ende der Reihe.

„Du bist doch ein Arsch mit Ohren!“, blaffte die Hochhackige.

„Ach Schatzilein – ich trag dich natürlich!“, scherzte der ansonsten indolent wirkende Chauffeur, hielt ihr die gebeugten Arme hin. „Spring auf!“

Und er hätt’s getan – aber ganz gewiss! Die Schöne jedoch wandte sich ab und stocherte vom geschotterten Platz, auf kürzestem Wege zum rettenden Asphalt. Ihr herzliches „Verpiss dich!“ war eher zu erahnen als zu hören, aber ein jeder meinte zu wissen, dass es an dieser Stelle einfach gekommen sein musste. Ein vor den anderen gut verborgenes, besonders hintergründiges Lächeln von Rike war dann die vorerst letzte Einbeziehung seiner Person.

Missmutig anmutend, aber von ungekannter innerer Heiterkeit beseelt, stapfte Floyd hinterher, beobachtete, wie Russel nur den minimal verpackten, oszillierenen Arsch von Johanna beobachtete, wenn ihn die an der Hand geführte Strohfrau nicht gerade davon ablenkte, nach einem lästigen Zwischen-durch-Küsschen verlangte oder dergleichen. Er selbst glaubte ja, zu spüren, wenn er oder auch nur einzelne Bauteile von ihm fixiert würden, was durchaus gelegentlich vorkam. Wie gut, dass Jo das offensichtlich nicht konnte! Unerträgliche Schmerzen, dachte er, müssten das wohl sein – bei dem immensen Aufkommen an nuditisierenden Blicken von visuellen Onanisten.

Johanna bemerkte nicht mal, dass sie die Spitze einer anwachsenden, gleichsam erigierenden Gruppe bildete, aus der gleich keiner mehr ausscheren, gar überholen wollte, egal wie zackig er noch angekommen war.

Zu ihrem darüber hinaus gut funktionierenden Leidwesen musste sie die dann aber alle vorbeiziehen lassen – weil der, der dieses achte Weltwunder heut schon hatte küssen dürfen, sich deshalb auch wohlwollend zurückfallen lassen konnte, im Besitz der vier wertvollen Tickets war.

„Meine Fresse, jetzt hab ich doch glatt die Karten vergessen!“

Trotz mehrmaligen Einübens dieser niederschmetternden Nachricht auf den letzten Metern – keiner schenkte ihm Glauben, war er doch eher für andere Macken berühmt, aber keineswegs für seine Vergesslichkeit.

„Mach hin, Alter!“, drängelte jetzt gar der perfide Fremdarsch-Gucker.

Sofort waren die Reihenfolge und der alte Abstand wieder hergestellt. Johanna voran, stürmten sie in Richtung Bühne. Nur noch wenige kreischende Girlies schafften es, sie abzuhängen; dennoch war so knapp fünfzig Meter vor den aufgereihten, durchweg schwarz gekleideten, zumeist grimmig dreinschauenden professionellen Robbie-Beschützern erst mal Schluss – kein Durchkommen mehr. – Und dann kam er, der herzerweichend flehende, typisch johannsche Hilf-mir-ich-hab-dich-doch-so-lieb-Blick. Floyd beließ es bei innerlich zelebriertem Jubel, verzog keine Miene, machte sich prompt an die wertsteigernde, von wenig fremdem Beifall begleitete Verdrängungsarbeit.

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