Krisenspirale oder Neustart?

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Font:Smaller АаLarger Aa

2.3.7 JP Morgan Chase (USA)

JP Morgan Chase - nach manchen Kriterien die größte Bank weltweit - gehört zu den 28 System relevanten Banken und muss einen Zuschlag von 2,5 Prozentpunkten auf die Eigenkapitalvorschriften gemäß Basel III hinnehmen, damit sie wegen ihrer Bedeutung sicherer erscheint als andere Banken.

1823 wurde in New York die Chemical Manufacturing Co. gegründet, die ein Jahr später nach Satzungsänderung die Zulassung als Bank erhielt und fortan als Chemical Bank of New York firmierte.

1851 trennte sich die Bank von der Muttergesellschaft und wurde selbständig. Sie wuchs organisch, aber auch durch Übernahmen z. B. der Exchange Bank, der Texas Commerce Bank und der Manufacturers Hannover Trust Co.

1996 kaufte die Chemical Bank of New York die Chase Manhattan Corp. und 2000 J.P. Morgan & Co.

Anfang 2013 hat die amerikanische Regulierungsbehörde National Credit Union Administration (NCUA) JP Morgan verklagt, weil sie beim Verkauf von durch Hypotheken besicherten aber hochriskanten Wertpapieren im Wert von 2,2 Milliarden US-Dollar an die Genossenschaftsbanken U.S. Central, Western Corporate und Southwest Corporate diese als Käufer getäuscht hätten. Der Charakter der Derivate sei in vielfacher Hinsicht falsch dargestellt und wichtige Informationen seien verschwiegen worden. Die beanstandeten Geschäfte seien von Bankhaus Washington Mutual abgewickelt worden, das JP Morgan auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 übernommen habe. Diese Geschäfte hätten die drei Genossenschaftsbanken in die Insolvenz getrieben. Dies war bereits die dritte Klage der NCUA gegen JP Morgan: Im Dezember 2012 war eine Klage gegen die Bank wegen Hypothekengeschäften über 3,6 Milliarden US Dollar der Investmentbank Bear Stearns, die JP Morgan im März 2008 auf Geheiß der Regierung übernommen hatte, eingereicht worden. Im Juni 2011 wurde JP Morgan von der NCUA wegen eigener riskanter Hypothekengeschäfte im Volumen von 1,4 Milliarden US Dollar verklagt (SPIEGEL ONLINE; 5.1.2013: US Behörde verklagt Großbank JP Morgan).

Vor Beginn der internationalen Finanzkrise soll JP Morgan den halbstaatlichen Immobilienfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac gebündelte Hypothekenpapiere im Wert von 33 Milliarden US Dollar "angedreht" haben und dabei bewusst falsche Angaben über deren Qualität gemacht haben. Die beiden Immobilienfinanzierer waren in der Finanzkrise in Schieflage geraten und mussten vom Staat mit 187,5 Milliarden US Dollar gerettet werden. Die Federal Housing Financial Agency (FHFA) hat sich mit der Bank auf eine Strafe von 4 Milliarden US Dollar geeinigt (Handelsblatt.Online, 19.10.2013: Vier Milliarden Dollar Strafe für JP Morgan).

Im Herbst 2013 hat sich J P Morgan Chase mit einer Gruppe von Investoren auf die Zahlung einer Entschädigungssumme von 4,5 Milliarden US Dollar geeinigt. So sollen ein Teil der Verluste der Anleger ausgeglichen werden, die diese durch die Werteinbußen der riskanten Hypothekenpapiere erlitten hatten. Die Investoren hatten der Bank vorgeworfen, die Risiken der Papiere verschleiert zu haben. Zu den 21 Gesellschaften, die nun entschädigt wurden, gehören die Allianztochter Pimco, die Bayern LB, der Vermögensverwalter Blackrock und das US Versicherungsunternehmen MetLife (Spiegel Online, 16.11.2013: Entschädigung für Ramschpapiere: JP Morgan zahlt Investoren 4,5 Milliarden Dollar). Diese Bereitschaft zur Entschädigungszahlung ist insofern besonders bemerkenswert, als es sich um institutionelle Investoren handelt, von denen normalerweise angenommen wird, dass sie die Risiken ihrer Geschäfte professionell abschätzen können. Die Verschleierung der Risiken der in Frage stehenden Papiere muss daher seitens der Bank besonders trickreich und systematisch gewesen sein.

Obwohl JP-Morgan Chase die Summe von insgesamt 20 Milliarden US-Dollar Strafzahlungen leisten musste - davon allein 13 Milliarden im Rahmen eines Vergleichs mit US-amerikanischen Behörden wegen fragwürdiger Hypotheken-Deals und wegen des Verkaufs von "Schrottpapieren" vor bzw. in der Finanzkrise (Spiegel Online, 19.10.2013 JP Morgan soll nun sogar 13 Milliarden Dollar Strafe zahlen) und obwohl die Bank dadurch Milliarden Verluste erlitt (2012 allein durch Fehlspekulation des Londoner Büros in Höhe von mindestens 6 Milliarden US-Dollar) -, erhielt der Chef Matt Dimon, der auch zur fraglichen Zeit Chef war, für 2012 "nur" 19 und für 2013 20 Millionen US-Dollar als Vergütung, und zwar 1,5 Mio. als Grundgehalt und 18,5 Mio. als Bonus (Vgl. Süddeutsche.de 24.1.2014: Geld trotz Milliardenstrafen). Dies sind die offiziellen Presseverlautbarungen nach dem weitgehend geheim gebliebenem Vergleich.

Tatsächlich sieht die Realität hinter dem "Vergleich" ganz anders aus und zwar viel günstiger für J P Morgan Chase, als es den Anschein hat. Zunächst ist festzuhalten, dass 4 Milliarden für "consumer relief" vorgesehen sind. Diese Summe ist nicht von J P Morgan Chase an geschädigte Hypotheken Schuldner zu zahlen, sondern an die Käufer der Schrottpapiere von J P Morgan Chase, und dies auch nur, wenn diese zustimmen. Der Vergleich ist also um vier Milliarden "aufgeblasen" worden, um in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, der Generalstaatsanwalt (= Justizminister Eric Holder) habe richtig zugelangt. Dieser Eindruck ist aber aus weiteren Gründen falsch: Es wurden keine offiziellen hearings zum Fehlverhalten von J P Morgan durchgeführt sondern alles getan, damit es zu keinem förmlichen Gerichtsprozess komme und der Deal geheim ausgehandelt werden konnte. Er enthält zwar ein statement of facts, aber diese werden kurz und sehr schwammig umschrieben. J P Morgan Chase hat dabei keinerlei Rechtsverstöße eingeräumt.

Dabei liegen diese nach den Angaben einer whistle blowerin auf der Hand und reichen für eine Strafverfolgung allemal aus: Alyne Fleischmann, ausgewiesene Kapitalmarkt Rechtsanwältin, war Angestellte bei J P Morgan Chase und versuchte vergeblich 2006, was sie einen "massive criminal securities fraud" (Betrug mit Wertpapierhandel) nennt, zu stoppen. Als transaction manager war sie eine Art Qualitätskontrolleurin. Ende 2006 sollte ein 900 Millionen US Dollar Paket von Hypothekenpapieren zu neuen Wertpapieren gebündelt werden. Ihre Überprüfung ergab, dass der Pool der Hypothekenpapiere schon 8 Monate alt war, während normalerweise die neuen Wertpapiere schon nach 2 Monaten ausgegeben wurden. Dieses Alter der Hypotheken deutete darauf hin, dass es sich um "stratch and dent loans" handelte - riskante Kredite, die nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden, weil die Kreditnehmer z. B. Insolvenz angemeldet haben. Sie sollten trotzdem in den neu geschnürten Wertpapieren eingebaut und als sicher - "above subprime" - verkauft werden. Frau Fleischmanns Analysen ergaben, dass es zu diesen Hypotheken gekommen war, weil in 40 % der Fälle die Einkommen der Hypothekenschuldner zu hoch angegeben worden waren. Ein eklatantes Beispiel war, dass eine Manikuristin ihr Jahreseinkommen mit 117 000,- US Dollar - weit, weit über dem Durchschnitt in ihrem Beruf - angegeben hatte. Normalerweise wurden 5% riskante Hypotheken in einem Pool akzeptiert. Auf ihre Meldungen und ihren Protest hin wurde ihr von den Vorgesetzten jede Form von E-Mails zu diesen Vorgängen verboten: Die Vorgesetzten wussten also, dass etwas faul war und wollten es geheim halten. Außerdem wurden die Angestellten, die die Prüfungen vornahmen, so lange unter Druck gesetzt, bis ihre internen Berichte keine Kritik an den Papieren mehr enthielten - Frau Fleischmann sieht hierin eine Parallele zu erpressten falschen Geständnissen. Die Schrottpapiere wurden ohne Aufklärung über die enthaltenen Risiken verkauft.

Im Oktober 2006 hat der CEO Matt Dimon angeordnet: "We need to sell a lot of our positions … This stuff could go up in smoke". Dies geschah bereits 2 Monate bevor Frau Fleischmann ihre Überprüfungen durchführte.

2008 wurde Frau Fleischmann entlassen gegen ein Schweigegelöbnis. Die SEC interessierte sich nach ihren Angaben nicht für ihre Aussagen. Die SEC, nach ihrer Meinung "a sleep on the job regulator", konzentrierte sich auf ein Vergehen von J P Morgan Chase, obwohl es Dutzende gab - so als ob ein Serienmörder nur in einem Fall angeklagt wird und dann Bewährung erhält. Auch bei der Staatsanwaltschaft wurde sie nicht vorgeladen, sondern ihre mögliche Aussage wurde nur benutzt, um im Deal eine höhere Summe zu erreichen - eine Summe auf dem Papier für die Öffentlichkeit. Offenbar gab es bei dem Deal eine geheime Absprache zwischen Holder und Dimon, auf Strafverfolgungen zu verzichten. Holder hat öffentlich immer wieder darauf hingewiesen, dass die Regulierungsbehörden jeweils die Systemrelevanz der Großbanken zu berücksichtigen hätten - too big or too important to prosecute.

7 Milliarden US Dollar des deals konnte J P Morgan Chase von der Steuer absetzen. Nach dem Deal stiegen die Aktienkurse von J P Morgan Chase um 6 %, was einem Vermögenszuwachs der Aktionäre von 12 Milliarden US Dollar gleichkommt. Bei Licht besehen kann man also sagen, dass J P Morgan Chase aus dem Deal einen Gewinn gemacht hat und das unter Beihilfe des Bundesjustizministers. Im Übrigen wird vermeldet, dass 2 Anwälte, die JP Morgan offenbar erfolgreich vertreten haben, für Führungsposten in der SEC vorgeschlagen wurden (manager magazin online,7.11. 2014: Wie JP Morgan und die US Regierung die Öffentlichkeit täuschten; Matt Taibbi, The $9 Billion Wittness: Meet JP Morgan Chase`s Worst Nightmare in der Zeitschrift Rolling Stone vom 6.11.2014).

Die Berliner Verkehrsbetriebe ließen sich 2007 unter der damaligen Aufsicht des Berliner Finanzsenators Thilo Sarazzin auf eine riskante Finanzwette mit JP Morgan ein. Wie viele andere Städte hatten auch die Berliner Verkehrsbetriebe seit den 90er Jahren auf das Cross-Border-Leasing gesetzt: Sie vermieteten amerikanischen Firmen langfristig ihre Bahnen, um sie dann kurzfristig zurück zu leasen. Da die Steuergesetzgebung in den USA und Deutschland unterschiedlich war, sollten so Steuern gespart werden. Um das Geschäft abzusichern, erwarben die Berliner Verkehrsbetriebe bei JP Morgan eine synthetische CDO, eine Wette darauf, dass bestimmte Unternehmen nicht Pleite gehen. Auf der Liste standen Namen wie Lehman Brothers und die isländische Kaupting Bank. Nach deren Zusammenbrüchen verlangt JP Morgan nun vertragsgemäß 200 Mio. Euro von den Berliner Verkehrsbetrieben. In dem Londoner Prozess argumentieren die Berliner Verkehrsbetriebe nun, dass sie nicht zahlen müssten, da sie das komplizierte Produkt von JP Morgan nie richtig verstanden hätten. In den Gerichtsakten heißt es: Die Berliner BVG war naiv in der Welt komplexer Kreditderivate (Vgl. Süddeutsche.de vom 27.1.2014: Keine Ahnung, keine Schuld).

 

Im Januar 2014 wurde JP Morgan zu einer Strafe von 1,7 Milliarden US Dollar verurteilt, weil die Bank es versäumt hatte, Bernard L. Madoffs kriminelle Aktivitäten den Behörden zu melden. 2007 hatte die Bank die Kreditlinie für Madoffs Unternehmen auf 250 Millionen erhöht, obwohl Madoff der Bank gegenüber bzw. ihrem risk officer gegenüber jede weitere Auskunft über seine Aktivitäten verweigerte.

Auch J P Morgan Chase gehört zu den 6 Großbanken, die gemeinsam zur Zahlung einer Geldbuße von 4,3 Milliarden US Dollar wegen der Manipulation von Devisenkursen durch verbotenes Front Running verpflichtet wurde - ausführlich dazu bei UBS (tagesschau.de 12.11.2014: Erste Strafen im Devisenskandal, Banken müssen 4,3 Milliarden blechen). Erneut muss JP Morgan zusätzlich 550 Millionen US Dollar wegen der Manipulation von Devisenkursen an Strafen zahlen, u. a. verhängt von der FED und weiteren Regulierungsbehörden in den USA und Großbritannien (Süddeutsche.de 20. Mai 2015: Milliarden-Strafe für 6 Großbanken).

JP Morgan Chase beschäftigte Ende 2013 ca. 250 000 Mitarbeiter. Doch wegen des schleppenden Hypothekengeschäfts - kein Wunder nach dem massiven Fehlverhalten der Bank in der Finanzkrise - werden innerhalb von 2 Jahren 18 000 Stellen gestrichen und in der Sparte Verbraucherkredite 27 000. Im Jahre 2013 machte die Bank trotz hoher Strafzahlungen - tatsächlich waren sie ja gar nicht so hoch - einen Gewinn von 17,9 Milliarden US Dollar (tagesschau.de 8.12.2014: Schleppendes US-Hypothekengeschäft JP Morgan streicht noch mehr Stellen).

Nach diesen Vorfällen wird diskutiert, ob das Problem der Komplexität einer so großen Bank wie JP Morgan Chase nicht durch eine Entflechtung gelöst werden kann (DealBook, New York Times, 7.1.2014: Steep Penaltys Taken in Stride by JPMorgan Chase). Doch angesichts der engen Verflechtung der Großbank mit der Politik erscheint dies zunächst als illusorisch.

Das nach der Finanzkrise geschaffene Office of Financial Research (OFR) hat erstmals Anfang 2015 einen Bericht über riskante Geldhäuser nach Kriterien wie Größe, Vernetzung und Komplexität erstellt. Es geht dabei darum festzustellen, welche Bank, sollte sie in Schwierigkeiten kommen, am ehesten das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft zieht. Danach ist JP Morgan Chase die für das Weltfinanzsystem risikoreichste Bank, gefolgt von der Citigroup, der Bank of America, Morgan Stanley und Goldman Sachs. Das OFR hat Zugriff auf interne Daten der Finanzkonglomerate (Süddeutsche.de, 18.2.2015: JP Morgan ist die gefährlichste Bank Amerikas).

Die Schwierigkeiten des regulatorischen Umgangs mit dieser Großbank verweisen auf das Dilemma der Politik, hier in Gestalt des US amerikanischen Justizministers: Es geht ihm einerseits trotz der immensen Verfehlungen der Bank und ihres Vorstands um die Erhaltung dieser für die amerikanische Wirtschaft so wichtigen Finanzinstitution. Andererseits sieht er sich gezwungen, angesichts der Publizität der kriminellen Machenschaften öffentlich regulatorisch einzuschreiten. So wird dann eine Show mit der Verhängung "hoher" Geldbußen abgezogen.

2.3.8 Goldman-Sachs (USA)

Goldman Sachs wurde 1869 von dem aus Deutschland ausgewanderten Juden Marcus Goldman in einem Ein-Zimmer-Büro in New York gegründet. 1882 trat sein Schwiegersohn Samuel Sachs in die Bank ein, die fortan als M. Goldman Sachs firmierte. Nach Aufnahme weiterer Familienmitglieder hieß das Unternehmen Goldman Sachs & Co. Die Bank reüssierte mit der Hilfe bei der Ausgabe von "commercial papers" von Unternehmen, also von Geldmarktpapieren zur kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung in der Form von ab- gezinsten Unternehmensschuldverschreibungen. 1896 ging Goldman Sachs an die New Yorker Börse. Dass Unternehmen wurde führend bei der Organisation von unternehmerischen Börsengängen: so brachte es 1906 Sears, Roebock and Co. erfolgreich an die New York Stock Exchange.

Am 4.12. 1928 gründete Goldman Sachs einen geschlossenen Investmentfonds, dessen Geschäftsmodell Ähnlichkeiten mit einem hochriskanten, wenn nicht kriminellen Schneeballsystem aufwies. Dieser Fonds ging im Jahre des Börsencrashs 1929 Bankrott und ruinierte die Reputation von Goldman Sachs für längere Zeit.

Nach 1930 widmete sich Goldman Sachs verstärkt dem Investmentbanking. 1956 war Goldman Sachs führend zuständig für den Börsengang von Ford, einem der damals größten Börsengänge. In den 70er Jahren wurde für Goldman Sachs die Philosophie des "long-term greedy" (langfristig gierig) maßgebend: Solange auf lange Sicht Geld verdient wird, können auch kurzfristige Verluste in Kauf genommen werden.

1970 traf erneut eine schwere Krise Goldman Sachs, als die Penn Central Transportation Company Pleite ging mit einer Verschuldung von mehr als 89 Mio. US Dollar in commercial papers, die vorrangig von Goldman Sachs ausgestellt waren. Die Konkursmasse des Unternehmens war klein und damit der Schaden für Goldman Sachs Existenz gefährdend. Hiernach wurden Bonnitätsratings für Unternehmen, die commercial papers emittieren, eingeführt. Trotz dieser Krise begann Goldman Sachs im gleichen Jahr mit der Eröffnung einer Filiale in London als ersten Schritt zu einer internationalen Expansion.

1981 übernahm Goldman Sachs ein Handelsunternehmen, das vornehmlich mit Kaffee und Gold handelte. 1986 organisierte Goldman Sachs u. a. den Börsengang von Microsoft. Nach dem Zusammenbruch der Sowjet - Union war Goldman Sachs an der Privatisierung früherer Staatsunternehmen beteiligt. 1994 wurde eine Niederlassung in Peking eröffnet.

2006 berief Präsident George W. Bush Henry Paulson, den Chef von Goldman Sachs, zum Finanzminister. In dem Moment rückte LLoyd Blankfein, seit 2004 Chief Operating Officer, auf den Posten des Vorstandschefs nach. Auf Grund der Immobilien-Finanzierungskrise ab 2007 gerieten 3 Goldman Sachs Hedge Fonds in Schieflage, da sie substantiell an Wert verloren. Sie mussten aus anderen Sparten des Unternehmens mit 3 Milliarden US Dollar gestützt werden. Noch 2007 im Vorlauf der Krise, verdiente Blankfein 69 Mio. Dollar pro Jahr, ein Zeichen für die wilden Übertreibungen der Wall Street. Unter Blankfein profitierte Goldman Sachs eiskalt von der Krise der anderen. "Ich tue Gottes Werk", prahlte er 2009 in der Sunday Times. Im gleichen Jahr kührte Forbes ihn zum unverschämtesten Vorstandschef. Gegen kleine Fische wie den Goldman Sachs Mitarbeiter Fabrice Tourré wurde ermittelt - Goldman Sachs soll Anfang 2007 für den Kauf synthetischer CDOs Abacus 2007 -AC 1 geworben haben, ohne über die Risiken aufzuklären - und auch Goldman Sachs musste millionenschwere Strafzahlungen leisten. Doch dies berührte den weiter fungierenden Vorstandschef nicht. Er verdiente 2012 26 Mio. US Dollar (Vgl. SPIEGEL online, Wirtschaft, 5 Jahre Lehman Pleite: Was die die Krisenverursacher heute machen).

Goldman Sachs soll in der europäischen Schuldenkrise gegen hohe Gewinne Griechenland systematisch geholfen haben, seinen tatsächlichen Schuldenstand in den Jahren 1998 bis 2002 zu verschleiern. Nur so sei es Griechenland gelungen, die Euro Beitrittsbedingungen zu erfüllen. Die Verflechtungen von Goldman Sachs mit der amerikanischen und europäischen Politik werden deutlich, wenn man darauf verweist, dass Mario Monti, ehemaliger Premierminister von Italien, Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, Mark Carney, Vorsitzender des Financial Stability Board zur Überwachung des globalen Finanzsystems in den USA und Robert Rubin, wirtschaftspolitischer Berater des US Finanzministeriums, vormals Banker bei Goldman Sachs waren.

2012 wurde der frühere Verwaltungsrat (mit einem Vorstandsmitglied nach deutschem Recht vergleichbar) Raja Gupta wegen Insiderhandels in den USA zu 2 Jahren Haft und der Zahlung von 5 Millionen US Dollar an Goldman Sachs verurteilt. Er hatte geheime, d. h. nur der Bank zur Verfügung stehende Informationen, an den betrügerischen Hedgefonds Manager Rajaratnam verraten. Er hatte u. a. weitergemeldet, wie viel Geld Milliardär Warren Buffett auf dem Höhepunkt der Finanzkrise in Goldman Sachs investierte. Rajaratman selber ist im gleichen Jahr wegen Insiderhandels - er profitierte von seinem Wissen in der Höhe von 70-75 Mio. US Dollar - zu einer 11jährigen Haftstrafe verurteilt worden (SPIEGEL ONLINE 25.10.2012).

Am 16.4.2010 hat die SEC Goldman Sachs wegen Betruges ihrer Kunden verklagt: Die Bank habe bei der Vermarktung zweitklassiger Kreditportfolios (CDOs) den Investoren verschwiegen, dass der Hedge Fond Paulson & Co. nicht nur an der Auswahl der Papiere beteiligt war, sondern auf den Verlust der Papiere am Kapitalmarkt wettete. Der Milliardär John Paulson, der diesen Hedge Fond beherrschte, hat Goldman 15 Millionen US Dollar gezahlt, um das im April zusammengestellte CDO zu strukturieren, d. h. die Mischung aus einzelnen Risikoklassen festzulegen. Neun Monate später waren 99 % der dem Papier zugrunde liegenden Hypotheken durch die Ratingagenturen herabgestuft. Nach SEC Angaben soll Paulson durch die gewonnene Wette 1 Milliarde Dollar verdient haben - ein unvorstellbar rentables Geschäft und das ohne Risiko, weil durch die Zusammenstellung der Hypotheken der Ausgang der Wette vorbestimmt war - allerdings ein doppelter Betrug, zum einen durch Goldman Sachs an den Investoren, zum anderen durch Paulson an seinen Wettpartnern, die die Credit Default Swaps (CDS) gekauft hatten. Die Deutsche IKB hatte auch in dieses Papier investiert und nach Angaben der SEC praktisch das gesamte Anlagevolumen von 150 Mio. US Dollar verloren (Handelsblatt online, 28.6. 2014). Der Gesamtschaden wurde auf 1 Milliarde US Dollar beziffert. Im Juli 2010 gestand Goldman Sachs ein, beim Verkauf der CDOs wesentliche Informationen unterschlagen zu haben. Goldman Sachs zahlte eine Strafe von 550 Mio. US Dollar, wovon 15o Mio. an die IKB in Düsseldorf gingen. Diese Geldbuße ist als absolut geringfügig einzustufen angesichts der Milliarden schweren Gewinne von Goldman Sachs im gleichen Jahr (The New York Times.com vom 16.7.2010: S.E.C. Settling Ist Complaints With Goldman). Dies ist ein Zeichen dafür, wie eng vernetzt Goldman Sachs in der amerikanischen Politik ist. 2012 kam der größte Teil der direkten und indirekten Wahlkampfspenden für den gegen Obama gescheiterten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mit Romney von Goldman Sachs.

Nach der Bank of America und Morgan Stanley hat sich nun auch Goldman Sachs mit der zuständigen Aufsichtsbehörde Federal Housing Financial Agency (FHFA) darauf geeinigt, die zwischen 2005 und 2007 an Fannie Mae und Freddie Mac verkauften umstrittenen Wertpapiere (CDOs) für 3,15 Milliarden US Dollar zurückzukaufen, was einer Strafzahlung von 1,2 Milliarden entspricht, da die Papiere zur Zeit nur knapp 2 Milliarden wert sind. Im Gegensatz zur FHFA, für die der Fall damit erledigt ist, ermittelt das US Justizministerium als Bundes-Staatsanwaltschaft weiter in dieser Sache (SPIEGEL online, 23.8.2014: Rücknahme von Ramschpapieren: Goldman Sachs muss 1,2 Milliarden bezahlen),

Kritiker werfen Goldman Sachs eine zunehmende Unternehmens "Unkultur“ vor. Kunden würden nur noch als Objekte zum Ausnehmen von Geld betrachtet und es gehe immer mehr um höchstmögliche Rendite: "Die Unersättlichen" lautet der Titel eines Buches des früheren Insiders Greg Smith.