Wechseljahresbeschwerden

Text
From the series: Was tun bei
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
Wechseljahresbeschwerden
Font:Smaller АаLarger Aa

Was tun bei ...
Wechseljahresbeschwerden
Ingrid Gerhard Annette Kerckhoff


Inhaltsverzeichnis

  Einleitung

  Grundlagen: Die Hormone Funktion der Hormone Botenstoffe Der hormonelle Regelkreis Hormone und ihre Rezeptoren Der weibliche Monatszyklus Die Geschlechtshormone Weitere interessante Hormone Hormone und Nerven Geschlechtshormone, Schilddrüse und Nebenniere

  Wechseljahre – Zeit des Übergangs Die Menopause Entstehung der Wechseljahre Nachlassen der Eierstockfunktion Hormonelle Schwankungen „Künstliche“ (scheinbare) Wechseljahre Die häufigsten Beschwerden Vorübergehend oder von Dauer? Vorübergehende Beschwerden der Wechseljahre Anhaltende Beschwerden des Älterwerdens Nachgedanken Wie wir den Wechsel bewerten Wechseljahre im Kontext der Kulturen Abschied und Neuanfang

  Die konventionelle Behandlung Die Hormontherapie Möglichkeiten und Grenzen der Hormontherapie Weitere Therapien Die bioidentische Hormonersatztherapie Medikamente zur symptomatischen Therapie Isoflavontherapie Unsere Empfehlung

  Den Lebensstil langfristig verändern Achtsamkeit und Selbstfürsorge Ernährung Ernährung und Darmgesundheit Grundsätzliche Empfehlungen „Phytoöstrogene“ in der Nahrung Einkaufsliste für die Über-45-Jährigen Vegane Ideen Trinken Allgemeine Hinweise Apfelessig-Honig-Trank Schlaf und Schlafhygiene Sport und Bewegung Die Körperhaltung: Immer wieder aufrichten Bewegung im Licht und an der frischen Luft Wandern und Spazierengehen Nordic Walking Fahrradfahren Schwimmen Entspannung

  Die Behandlung der vorübergehenden Beschwerden Hormonelle Dysbalance allgemein Ernährung Nahrungsergänzungsmittel Heilpflanzen Homöopathie

  Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit Heilpflanzen Ätherische Öle Kanne Brottrunk Bewegung

  Hitzewallungen Heilpflanzen Wasseranwendungen Allgemeine Tipps gegen Hitzewallungen Schlafstörungen Wasseranwendungen: Kühle Fußdusche und Wassertreten Heilpflanzen Alkoholfreies Bier Weitere Tipps

  Die Behandlung von Beschwerden des Älterwerdens „Anti-Osteoporose-Plan“ Kalziumreiche Ernährung – auch pflanzlich! Vitamin D Kraft- und Vibrationstraining Trockenheit von Haut und Schleimhäuten Grundsätzliche Empfehlungen Tägliche Körperpflege Pflege der trockenen Mundschleimhaut Augenbad und Gesichtsguss bei trockenen Augen Pflege der trockenen Vaginalschleimhaut Herz-Kreislauferkrankungen Der „12-Punkte-Wechseljahresfahrplan“ Schlusswort Literaturtipps Studien und Quellen Die Autorinnen

Einleitung

Im Jahr 2002 war eine der wichtigsten Meldungen der Medizinforschung, dass eine groß angelegte Studie der Women’s Health Initiative (WHI-Studie) vorzeitig abgebrochen wurde. In der Untersuchung wurde überprüft, ob Hormongaben bei Frauen zwischen 50 und 79 Jahren das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie von Osteoporose vermindern können. Im Laufe der Studie erkrankten mehr Studienteilnehmerinnen, die Hormone erhielten, an Embolien, Herzinfarkten und Schlaganfällen als erwartet. Auch Brustkrebs trat häufiger auf, so dass sich schließlich ein Fortführen der Studie aus ethischen Gründen nicht mehr verantworten ließ.

Damit war es auch mit der bis dahin selbstverständlichen Hormontherapie gegen Wechseljahresbeschwerden vorbei. Mehr noch: Hormone schienen, wenn sie auch Wechseljahresbeschwerden linderten, so gravierende Nebenwirkungen zu haben, dass ihr Einsatz per se in Frage gestellt werden musste.

Im Jahr 2016, also 14 Jahre später, wendete sich das Blatt erneut. Nach Einwänden gegen die radikale Kehrtwende, neuen Auswertungen und Langzeitbeobachtungen fordern gynäkologische Fachgesellschaften zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden nun eine Rehabilitierung der Hormontherapie. Allerdings sind sich die Experten darüber einig, dass die Bedingungen und Voraussetzungen strenger sein sollten:

– Die Beschwerden müssen gravierend sein.

– Andere Maßnahmen greifen nicht.

– Die Hormoneinnahme ist keine Dauertherapie, denn bei der herkömmlichen Hormontherapie kann ein gesundheitliches Restrisiko nicht ausgeschlossen werden.

Unabhängig von den Risiken und Nebenwirkungen einer Hormontherapie ist auch die Frage wichtig, wie Wechseljahresbeschwerden erklärt und dann entsprechend behandelt werden. Denn zum einen ist die hormonelle Veränderung in den Wechseljahren Teil eines natürlichen Prozesses, den es zu begleiten gilt, der jedoch nicht an sich krankhaft ist. Zum anderen muss nicht jedes Symptom, das bei Frauen um die 50 auftritt, mit dem Absinken des Östrogenspiegels bzw. den Schwankungen des Hormonspiegels zusammenhängen. Manche „Zipperlein“, die eine Frau jetzt bemerkt, sind vielleicht dem Älterwerden geschuldet? Oder der Trauer um den Verlust der Jugend? Es ist auch vorstellbar, dass durch die hormonelle Umstellung und die teils großen hormonellen Schwankungen eine körperliche und seelische „Empfindlichkeit“ entsteht, die alles etwas größer und schlimmer erscheinen lässt.

 

In unserem Buch bemühen wir uns um eine Annäherung an das Thema Wechseljahre – eine Zeit des Übergangs, der Veränderung, des Annehmens und Lernens. Vermutlich sind die meisten Beschwerden, die Sie während dieser Zeit verspüren, durch die Maßnahmen zu lindern, die wir Ihnen vorstellen. Unser Anliegen ist es, Ihnen den Wechsel leichter zu machen und die Lebensqualität zu verbessern. Die Wechseljahre sind keine Krankheit, aber für manche Frauen können die Beschwerden ein so unerträgliches Ausmaß annehmen, dass der Gang zum Frauenarzt/ der Frauenärztin sinnvoll und notwendig ist. Auch wenn Sie unsicher sind, sollten Sie einen Arzt zu Rate ziehen. Gut informierte Frauenärztinnen oder -ärzte werden zunächst Maßnahmen zur Linderung empfehlen und verordnen, die langfristig und ohne Nebenwirkungen helfen. Dazu zählen Veränderungen des Lebensstils ebenso wie Anwendungen der Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Die gute Nachricht ist: Allein die Regulation des Lebensstils kann schon sehr viel bewirken. Zudem gibt es eine ganze Menge an sanften Möglichkeiten, den Übergang zu begleiten oder gezielt Beschwerden zu behandeln, z.B. pflanzliche Arzneimittel, bioidentische Hormone und vieles mehr.

* * *

Wie ist dieses Buch aufgebaut? Zunächst möchten wir einen kurzen Einblick in das komplexe Regelwerk des menschlichen Hormonsystems geben, damit Sie verstehen, wie der ganz normale, also „physiologische“ Ablauf in den Wechseljahren aussieht, warum es zu bestimmten vorübergehenden Beschwerden kommt, aber auch, wie sich Ihr Körper mit den Wechseljahren langsam auf eine neue Lebensphase einstimmt. Wir unterscheiden hier in vorübergehende und anhaltende Beschwerden. Die vorübergehenden Beschwerden werden durch die hormonellen Schwankungen im Laufe der Wechseljahre verursacht, die anhaltenden Beschwerden ergeben sich aus dem natürlichen Alterungsprozess.

Nach den häufigsten Beschwerden und der konventionellen Therapie stellen wir im nächsten Kapitel Maßnahmen des Lebensstils vor, die ab dem Zeitpunkt der Wechseljahre besonders sinnvoll sind und die wir grundsätzlich allen Frauen empfehlen möchten. Sie dienen dem Wohlbefinden, der Fitness, nicht zuletzt der Schönheit, beugen gesundheitlichen Risiken vor und können zudem auch dazu beitragen, die häufigsten Wechseljahresbeschwerden zu lindern. Ein kleiner „12-Punkte-Plan“ soll die Umsetzung erleichtern.

Abschließend finden Sie bewährte Empfehlungen zur gezielten Behandlung der häufigsten Symptome – sowohl der vorübergehenden wie auch der anhaltenden. Die Pflanzenheilkunde und Naturheilkunde stehen hier im Vordergrund.

Welche der vorgeschlagenen Maßnahmen für Sie „passt“, können Sie nur selber herausfinden. Haben Sie etwas Geduld, wenn Sie sie ausprobieren, aber wechseln Sie auch die Strategie, wenn etwas gar nicht hilft. Gerade in „hormonell bewegten Zeiten“ kommen die unterschiedlichen Typen von Frauen besonders zum Tragen: Jede Frau ist anders. Jeder Frau tut etwas anderes gut.

Es lohnt sich also, gerade in diesem entscheidenden Lebensabschnitt in sich hineinzuhören, vielleicht verschiedene Maßnahmen auszuprobieren und zu prüfen, ob sie das Wohlbefinden verbessern. Dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg, vor allem aber auch immer mehr von genau der Gelassenheit, die viele Frauen auszeichnet, die die Wechseljahre hinter sich gebracht haben.

Bereits an dieser Stelle möchten wir Sie auf die Internetseite netzwerk-frauengesundheit.com von Ingrid Gerhard hinweisen, auf der Sie viele weitere Informationen finden – auch zu zahlreichen anderen Themen der Frauengesundheit.

Grundlagen: Die Hormone

„Man sieht die Blumen welken und die Blätter fallen, aber man sieht auch Früchte reifen und neue Knospen keimen. Das Leben gehört den Lebendigen, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.“ (Goethe)

Funktion der Hormone
Botenstoffe

Hormone sind Botenstoffe, die in den zahlreichen Hormondrüsen gebildet und ins Blut abgegeben werden. Sie spielen für fast alle Vorgänge im Körper eine außerordentlich wichtige Rolle. Während Nervenimpulse in Windeseile über die Nervenbahnen weitergeleitet werden, werden Informationen durch Hormone etwas langsamer über das Blut zu ihrem Zielort gebracht. Dort angekommen, beeinflussen sie Funktion und Stoffwechsel des Organes bereits in sehr geringer Konzentration. So steuern z.B. Geschlechtshormone den Haarwuchs, das Schilddrüsenhormon die Körpertemperatur, das Nebennierenhormon den Herzschlag, die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) beeinflusst andere Hormondrüsen usw.

Der hormonelle Regelkreis

In einem komplexen System sind die verschiedenen Hormondrüsen hierarchisch geordnet: Der Hypothalamus, eine kleine Struktur in der Mitte des Gehirns, ist für die Regulation verschiedenster Überlebensfunktionen zuständig und eine Schaltzentrale für Hormone. Er regt die Hormonausschüttung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) an. Die in der Hypophyse gebildeten Hormone wirken dann auf die Eierstöcke und regen hier die Ausschüttung von Hormonen an. Die von den Eierstöcken produzierten Hormone gelangen ins Blut und von dort zurück zum Gehirn. Dort wird ihr Spiegel vom Hypothalamus registriert und entsprechend die Hypophyse in der Produktion ihrer Hormone gedrosselt oder angeregt.

Stark vereinfacht wird das in der folgenden Abbildung gezeigt. Das Ganze ist ein komplexer Regelkreis – ein physiologischer Kreislauf, der sich selbst reguliert: Gibt es zu viele Hormone, wird die Produktion heruntergefahren. Gibt es zu wenige Hormone, wird sie hochgefahren.


Abbildung: Der hormonelle Regelkreis

Hormone und ihre Rezeptoren

Zurück zur Wirkungsweise der Hormone: Sie werden von den Hormondrüsen ins Blut abgegeben, um über die Blutbahn das Zielorgan zu erreichen. Damit sie dort aktiv werden können, gibt es an der Zielzelle so genannte Rezeptoren. Ein Rezeptor ist mit einem Schloss vergleichbar, in den das Hormon wie ein Schlüssel hineinpasst.

Durch eine Bindung von Rezeptor und Hormon wird der Rezeptor aktiviert, und, um im Bild zu bleiben, die Tür geöffnet: Das Hormon beeinflusst den Zellstoffwechsel.

Der weibliche Monatszyklus

Nach der Beschreibung von Wirkung und Aufgaben der Hormone werfen wir noch einen kurzen Blick auf den Monatszyklus vor den Wechseljahren.

Der weibliche Monatszyklus beginnt mit dem 1. Tag der Menstruation und endet mit dem letzten Tag vor der nächsten Blutung. Er hat eine durchschnittliche Länge von 28 Tagen mit dem Eisprung etwa in der Mitte. Im Eierstock bildet sich in dieser Zyklusphase ein Eibläschen (Follikel), in dem das Ei unter dem Einfluss des follikelstimulierenden Hormons (FSH) anschließend heranreift. Als Follikel wird die Eizelle selbst samt einiger umgebender Zellschichten verstanden. Hier im Follikel wie auch im Eierstock wird das Hormon Östrogen produziert, durch das die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut nach dem Ende der Monatsblutung wiederaufgebaut wird.

„Östrogen“ ist ein Überbegriff für zahlreiche weibliche Geschlechtshormone, darunter z.B. Östradiol, Östron und Östriol.

7–21 Tage nach dem ersten Blutungstag hat der Östrogenspiegel im Blut eine Konzentration erreicht, die dazu führt, dass eine „Rückmeldung“ an die übergeordnete Hormondrüse, die Hirnanhangsdrüse, erfolgt. Hier wird nunmehr das luteinisierende Hormon (LH) produziert, das den Eisprung auslöst.

In der nun anschließenden Zyklusphase tritt ein anderes Hormon in den Vordergrund: das Progesteron oder Gelbkörperhormon, gebildet im Follikel. Der Follikel verändert sich nach dem Eisprung und wird dann als Gelbkörper bezeichnet.

Das Progesteron hat die Aufgabe, die Gebärmutter optimal auf eine mögliche Schwangerschaft vorzubereiten. Bleibt eine Schwangerschaft aus, bildet sich der Gelbkörper zurück. Die Progesteronbildung und -konzentration gehen zurück.

Es sind also vor allem zwei Geschlechtshormone, die im Monatszyklus der Frau eine Rolle spielen: Östrogen und Progesteron.