Geschichte der USA

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Der spanischSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg-amerikanischeAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898) Krieg von 1898

Unter Präsident William McKinleyMcKinley, William, der im März 1897 sein Amt antrat, gewannen die Befürworter der Expansion spürbar an Einfluss. Die Administration konnte sich auf klare Mehrheiten im republikanisch beherrschten Kongress stützen und wusste die Industrie und die Großbanken hinter sich. Mit einem gestrafften und reorganisierten diplomatischen Dienst, vor allem aber mit der verstärkten Flotte gebot sie erstmals über wirksame Instrumente der Außenpolitik. Der tatsächliche, ungemein schnelle Durchbruch zur Großmachtstellung erfolgte aber nicht „geplant“, sondern eher spontan und resultierte aus der krisenhaften Zuspitzung der Lage auf KubaKuba. SpanienSpanienKolonien hatte die Insel halten können, weil sich die Ambitionen GroßbritanniensGroßbritannien und der USA hier gegenseitig neutralisierten. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der kreolischen Oberschicht, die immer wieder zu Unruhen und Revolten führten, waren zwar von amerikanischer Seite auf verschiedene Weise gefördert worden, aber McKinleyMcKinley, William arbeitete ebenso wenig wie sein Vorgänger ClevelandCleveland, Grover bewusst auf einen Krieg gegen Spanien hin. Angesichts der harten spanischenSpanienKolonien Repressionsmaßnahmen, insbesondere der als reconcentration bezeichneten Zwangsumsiedlungen ganzer Bevölkerungsgruppen, breitete sich in der amerikanischen Öffentlichkeit jedoch eine anti-spanische Stimmung aus, die von den Massenblättern angeheizt wurde. Aus der Sicht Washingtons begann die politische Instabilität auf der Insel die wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA ernsthaft zu gefährden. Der mangelnde Wille oder die Unfähigkeit der Spanier, Reformen durchzuführen, spielten den Befürwortern einer InterventionAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898) in die Hände. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Washington und MadridMadrid hatten sich bereits drastisch verschlechtert, als das amerikanische Schlachtschiff „MaineMaine“, das zu einem Höflichkeitsbesuch in den Hafen von HavannaHavanna eingelaufen war, am 15. Februar 1898 nach einer schweren Explosion sank. In den USA versetzte diese Katastrophe, bei der 260 Seeleute ums Leben kamen, die Menschen in Kriegsstimmung. Als eine Untersuchungskommission den Untergang der „Maine“ auf einen Bombenanschlag zurückführte (nach neueren Erkenntnissen handelte es sich um einen Unfall), entschlossen sich McKinleyMcKinley, William und seine Berater, Stärke zu demonstrieren und den Konflikt zu eskalieren. Die spanische Regierung war verhandlungsbereit, konnte aber aus ihrer Sicht die ultimative Forderung des amerikanischen Präsidenten nach Unabhängigkeit für Kuba nicht erfüllen. Daraufhin ließ sich McKinleyMcKinley, William am 11. April vom Kongress die Ermächtigung zur Anwendung militärischer Gewalt geben. Als Begründung nannte er die Verletzung der Menschenrechte auf Kuba, die Gefahr für die dort lebenden amerikanischen Staatsbürger, die Schädigung der amerikanischen Wirtschaftsinteressen und die allgemeine Bedrohung des Friedens und der Sicherheit. Eine förmliche Anerkennung der kubanischen Revolutionäre lehnte McKinleyMcKinley, William ab, weil er die volle Handlungsfreiheit behalten wollte. Auf Antrag von Senator Henry M. TellerTeller, Henry M. fügte der Kongress aber einen Passus hinzu, mit dem die USA jegliche Absicht bestritten, Kuba annektieren zu wollen. Anschließend traf die amerikanische Regierung militärische Vorbereitungen, überließ es aber den SpaniernSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg, am 24. April 1898 den Krieg zu erklären. Ein von Kaiser Wilhelm II.Wilhelm II. initiierter diplomatischer Vorstoß der europäischen Mächte zu Gunsten SpaniensSpanien blieb ergebnislos, da eine offene Parteinahme Deutschlands oder Englands gegen die USA nicht zu befürchten stand. McKinleysMcKinley, William Entscheidungen waren vorwiegend machtpolitisch und militärstrategisch motiviert. Es flossen aber auch innenpolitische und ökonomische Überlegungen ein, denn 1898 war ein Wahljahr, und das Ende der spanischenSpanienKolonien Kolonialherrschaft versprach neue Märkte für die amerikanische WirtschaftWirtschaft. In der Bevölkerung herrschte weitgehender Konsens darüber, dass die Kubaner vom (katholischen) „spanischenSpanien Joch“ befreit werden mussten, und es gab die Hoffnung, Amerika selbst könne sich durch solch eine Tat moralisch erneuern.

Der KriegSpanienSpanisch-Amerikanischer KriegAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898), den der amerikanische Außenminister John HayHay, John einen „splendid little war“ nannte, war sehr kurz – bis zum Waffenstillstand im August vergingen vier Monate, bis zum Friedensschluss im Dezember weitere vier –, aber er zeitigte außerordentlich weitreichende Folgen. Als eindeutig kriegsentscheidend erwies sich die Überlegenheit der US Navy, die den ersten Schlag überraschend gegen die spanischenSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg PhilippinenPhilippinen führte. Aus HongkongHongkong kommend, drang eine von Commodore George DeweyDewey, George befehligte Schwadron am 1. Mai 1898 in die Bucht von Manila ein und vernichtete die veraltete spanische Pazifikflotte. Danach begannen amerikanische Marinetruppen und philippinische Freiheitskämpfer die Belagerung Manilas. In der KaribikKaribik blockierten die Amerikaner die spanischenSpanien Häfen und landeten im Juni Truppen auf KubaKuba. Zwei Schlachten, in denen afroamerikanischeAfroamerikanerSpanisch-Amerikanischer Krieg Einheiten und der von Theodore RooseveltRoosevelt, Theodore geführte Freiwilligenverband der Rough Riders – eine Mischung aus College-Studenten und hartgesottenen CowboysCowboy – die Hauptlast trugen, führten Anfang Juli zur Einschließung der spanischenSpanien Garnison in Santiago de CubaSantiago de Cuba. Als die spanische Flotte am 3. Juli die Blockade vor Santiago zu durchbrechen versuchte, wurden sämtliche Schiffe versenkt. Damit war das Schicksal der spanischenSpanien Kolonialmacht besiegelt, und die Regierung in MadridMadrid musste um Waffenstillstand ersuchen und die amerikanischen Friedensbedingungen akzeptieren.

Während sich SpanienSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg vom Schock der NiederlageAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898) jahrzehntelang nicht erholte, hatten die USA mit relativ geringen Verlusten – von den ca. 5000 Toten waren 400 im Kampf gefallen, der Rest erlag Krankheiten – sämtliche Kriegsziele erreicht. Im Friedensvertrag, der im Dezember 1898 in ParisParis unterzeichnet wurde, bestätigten die Spanier die Unabhängigkeit Kubas (das vorerst unter amerikanischer Besatzung blieb) und traten Puerto RicoPuerto Rico, die PhilippinenPhilippinen und GuamGuam an die USA ab. Die Amerikaner setzten die Tradition fort, unterlegenen Gegnern die Gebietsverluste durch Geldzahlungen – in diesem Fall 20 Millionen Dollar – etwas zu versüßen. Unabhängig vom KriegAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898) gegen Spanien, aber gewissermaßen in seinem Windschatten, sicherten sich die USA auch noch die HawaiiHawaii-Inseln, die mit ihrem exzellenten Hafen PearlZweiter WeltkriegPearl Harbor HarborPearl Harbor als ideales „Sprungbrett“ nach Asien galten. Eine Minderheit weißer Zuckerrohrpflanzer hatte zuvor die hawaiianische Königin abgesetzt und die Republik proklamiert. Im Juli 1898 billigte der Kongress, der bis dahin immer gebremst hatte, auf Vorschlag McKinleysMcKinley, William einen Anschlussvertrag, der zwischen der amerikanischen Regierung und den Pflanzern ausgehandelt worden war. 1900 wurde Hawaii dann als Territorium organisiert und erhielt einen ähnlichen Status wie die Karibikinsel Puerto Rico.

Als der FriedensvertragAußenpolitikSpanisch-Amerikanischer Krieg (1898) mit SpanienSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg 1898 zur Ratifizierung anstand, sammelten sich die Gegner der Expansion in der Anti-Imperialist LeagueAnti-Imperialist League und lieferten der Regierung eine große öffentliche Debatte. Ihre Kritik richtete sich vor allem gegen die Inbesitznahme der PhilippinenPhilippinen, mit der die Amerikaner ihrer eigenen antikolonialen Tradition untreu würden und das Selbstbestimmungsprinzip verletzten. Sprecher der Bewegung wie Carl SchurzSchurz, Carl und Andrew CarnegieCarnegie, Andrew behaupteten, die USA könnten ihren politischen Einfluss und ihren Handel auch ohne formelle Gebietserwerbungen weiter ausdehnen. Die GewerkschaftenGewerkschaften fürchteten die „Einfuhr“ billiger Arbeitskräfte aus den Kolonien, und der Führer der Afroamerikaner, Booker T. WashingtonWashington, Booker T., sah eine Verschärfung des internen Rassenkonflikts voraus. In die Ablehnungsfront reihten sich allerdings auch Rassisten ein, aus deren Sicht Kolonialbesitz die „Reinheit der angelsächsischen Rasse“ gefährdete. Auf Grund dieser widersprüchlichen Positionen gelang es den Anti-Imperialisten nicht, sich auf eine gemeinsame taktische Linie zu einigen. Als der Führer der Demokraten, William J. BryanBryan, William Jennings, die Parole ausgab, man solle zunächst den Kriegszustand mit SpanienSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg beenden, um dann für die Unabhängigkeit der Philippinen zu streiten, gelang es den Expansionisten im Frühjahr 1899, den Friedensvertrag im Senat mit knapper Zweidrittelmehrheit zu ratifizieren. Fast zur selben Zeit begann ein Aufstand philippinischer Freiheitskämpfer unter Emilio AguinaldoAguinaldo, Emilio, der von den amerikanischen Besatzungstruppen hart unterdrückt wurde. Guerrillakrieg und „Pazifizierung“ kosteten bis 1901 über 4000 US-Soldaten und ca. 20.000 Filipinos das Leben.

Im Wahlkampf von 1900 vermischte BryanBryan, William Jennings, der erneut für die DemokratenDemokratische Partei kandidierte, die außenpolitischen Themen mit der inzwischen unpopulären Gold-Silber-Frage. Das brachte ihn um alle Chancen, zumal McKinleyMcKinley, William den Gouverneur von New YorkNew York, Theodore RooseveltRoosevelt, Theodore, der sich als Unterstaatssekretär im Marineministerium und Kommandeur der Rough Riders den Ruf eines Kriegshelden erworben hatte, als Vizepräsidentschaftskandidaten präsentierte. McKinleyMcKinley, William interpretierte den Wahlsieg wohl zu Recht als klare Bestätigung seiner expansionistischen Außenpolitik. Er selbst konnte den Erfolg jedoch nicht mehr nutzen, denn knapp ein Jahr nach seiner Wiederwahl wurde er beim Besuch der Panamerikanischen Ausstellung in BuffaloBuffalo, New York, New York, von einem Anarchisten ermordet. Durch den Tod McKinleysMcKinley, William rückte der erst 42-jährige Roosevelt ins Präsidentenamt auf; ihm fiel es nun zu, die durch den Sieg über SpanienSpanienSpanisch-Amerikanischer Krieg errungene Machtposition zu konsolidieren und weiter auszubauen.

 

Schwerpunkte der amerikanischen Außenpolitik bis zum Ersten WeltkriegErster Weltkrieg

Theodore RooseveltRoosevelt, Theodore entstammte einer angesehenen und wohlhabenden amerikanisch-niederländischen Familie im New Yorker HudsonHudson-Tal. Um seine eher schwächliche körperliche Konstitution auszugleichen, hatte er sich durch ein Fitness-Programm und einen mehrjährigen Aufenthalt als Viehzüchter im WestenWesten abgehärtet. Sein Selbstbewusstsein und sein Ehrgeiz rührten nicht zuletzt vom unbändigen Stolz auf die Vereinigten Staaten her, deren Regierungs- und Gesellschaftssystem seiner Überzeugung nach die Zukunft gehörte. Er sah sich als Repräsentant einer aufstrebenden „neuen“ Mittelschicht, die das „amerikanische Experiment“ gegen die Gefahren von außen wie gegen die Monopolbestrebungen der Wirtschaftselite im Innern verteidigen musste. Besser als die meisten seiner Vorgänger im Weißen Haus erkannte er, welche Möglichkeiten gerade die Außenpolitik dem Chef der Exekutive bot, seine Macht und sein Ansehen zu steigern. Ganz bewusst gab er sich das Image eines „modernen“ Präsidenten und versuchte, durch Reden und Besuchsreisen direkten Einfluss auf die öffentliche MeinungÖffentliche Meinung zu nehmen. Bekannt wurde sein Ausspruch, die USA müssten „mit sanfter Stimme sprechen, aber einen dicken Knüppel (gemeint war die Flotte) in der Hand halten“; Roosevelts Handeln entsprach jedoch nur sehr bedingt dieser Maxime, denn hinter dem Schirm einer drohenden, gelegentlich bombastischen Rhetorik betrieb er eine klug kalkulierende, eher vorsichtige Diplomatie.

Ganz im Einklang mit Captain MahansMahan, Alfred T. geostrategischem Konzept machte Roosevelt die Kanalverbindung zwischen Atlantik und Pazifik zum Kernstück seiner Außenpolitik. Zunächst ließ er sich von den BritenGroßbritannien für die Garantie der freien Durchfahrt aller Schiffe die alleinige Befugnis zum Bau und zur Kontrolle des Kanals geben. Dann traf er die Entscheidung für die Kanalroute am Isthmus von PanamaPanama, wo in den 1880er Jahren ein französischer Versuch unter Ferdinand de LessepsLesseps, Ferdinand de gescheitert war. Als die kolumbianische Regierung ihre finanziellen Forderungen in die Höhe schraubte, setzte Roosevelt Ende 1903 ohne Rücksicht auf völkerrechtliche Gepflogenheiten und mit Hilfe eines zwielichtigen französischen Verbindungsmannes, Philippe Buneau-VarillaBuneau-Varilla, Philippe, die Unabhängigkeit PanamasPanama ins Werk. (Knapp zwanzig Jahre später erleichterten die Amerikaner ihr Gewissen, indem sie KolumbienKolumbien mit 25 Millionen Dollar „abfanden“.) Die panamesischen Nationalisten traten eine 32 km breite Kanalzone an die USA ab, für die Washington eine einmalige Summe von 10 Millionen Dollar und ein jährliches Entgelt von 250.000 Dollar zahlte. 1906 begann der Bau des „Jahrhundertprojekts“, den amerikanische Ingenieure leiteten und der im Wesentlichen von amerikanischen Firmen vorangetrieben wurde. Roosevelt scheute keine Kosten und brachte den Kongress immer wieder dazu, die erforderlichen Gelder zu bewilligen. Er stationierte Militär in der Kanalzone und ließ sie mit schweren Geschützen befestigen. Im Jahr 1914, fast zeitgleich mit dem Kriegsausbruch in Europa, wurde der 82 km lange PanamakanalPanamakanal fertig gestellt und von Präsident WilsonWilson, Woodrow feierlich eingeweiht. Er verkürzte den Seeweg von der Ost- zur Westküste der USA um 8000 Seemeilen, was große wirtschaftliche Bedeutung hatte, vor allem aber enorme strategische Vorteile einbrachte, weil Kriegsschiffe jetzt innerhalb weniger Tage vom Atlantik in den Pazifik und umgekehrt verlegt werden konnten. Inzwischen war der Flottenbau weiter intensiviert worden, und die USA standen seit 1907 an der zweiten Stelle der Seemächte, übertroffen nur noch von Großbritannien. Die Militärplaner in WashingtonWashington, D.C. rechneten zu diesem Zeitpunkt aber bereits nicht mehr mit der Möglichkeit eines amerikanisch-englischenGroßbritannien Krieges, sondern richteten ihr Augenmerk ganz auf das DeutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Vor dem Ersten Weltkrieg Reich und JapanJapanImperialismus als potenzielle zukünftige Gegner.

Der PanamakanalPanamakanal in Verbindung mit der Monroe-DoktrinAußenpolitikMonroe-DoktrinMonroe-Doktrin machte die KaribikKaribik im Verständnis vieler Amerikaner endgültig zum „Vorgarten“ oder „Hinterhof“ der USA. Ökonomische Durchdringung und politische Einflussnahme gingen hier Hand in Hand, und die Hemmschwelle für militärische Zwangsmaßnahmen begann zu sinken. Das bekamen als Erste die Kubaner zu spüren, deren Souveränität erheblich eingeschränkt wurde. Das von Kriegsminister Elihu RootRoot, Elihu verfasste Platt AmendmentPlatt Amendment, das die Kubaner 1901 in ihre VerfassungVerfassung aufnehmen mussten, legte fest, dass alle völkerrechtlichen Verträge, die KubaKuba abschloss, der Genehmigung durch den amerikanischen Kongress bedurften. Darüber hinaus wurden die USA ermächtigt, militärisch einzugreifen, wenn sie die territoriale Integrität oder die innere Ordnung der Insel für gefährdet erachteten; und schließlich durfte die US Navy den Stützpunkt GuantánamoGuantánamo, Kuba (US Stützpunkt) unterhalten (was sie heute noch tut). Obgleich die USA also offiziell die Unabhängigkeit Kubas anerkannten, errichteten sie faktisch ein Protektorat über die Insel, das durch die einflussreiche Rolle amerikanischer Landbesitzer, Geschäftsleute und Konzerne noch verstärkt wurde. Dieser halbkoloniale Status provozierte fast zwangsläufig Widerstand, den die USA mehrfach mit militärischen Interventionen beantworteten. Erst 1922 verließen die letzten amerikanischen Besatzungstruppen die Insel, und 1934 hob der Kongress das Platt Amendment im Zeichen von Franklin D. RooseveltsRoosevelt, Franklin D. Good Neighbor PolicyAußenpolitikGood Neighbor-Politik offiziell auf.

Besonders empfindlich reagierten die USA auf Aktionen, die sie als Missachtung der Monroe-DoktrinAußenpolitikMonroe-DoktrinMonroe-Doktrin verstanden. Das erfuhren Engländer, Deutsche und ItalienerItalien, als sie 1902 die Regierung von VenezuelaVenezuela, die den Staatsbankrott erklärt hatte, durch eine gemeinsame Flottenexpedition zur Anerkennung ihrer Schulden zwingen wollten. Vor Theodore RooseveltsRoosevelt, Theodore Drohung, notfalls die Flotte einzusetzen, wichen sie zurück und fanden sich mit einem Schiedsgericht ab. Diese zweite Venezuelakrise sorgte wiederum für große Aufregung in der amerikanischen Öffentlichkeit und belastete vorübergehend die Beziehungen der USA zu den europäischen Mächten. Um ähnlichen Zwischenfällen vorzubeugen und den Europäern jeden Vorwand für Strafaktionen in der KaribikKaribik zu nehmen (die möglicherweise zur Besetzung von Inseln oder zur Errichtung von Flottenstützpunkten führen konnten), verkündete Roosevelt im Dezember 1904 seine so genannte „Ergänzung“ (corollary) zur Monroe-DoktrinAußenpolitikMonroe-Doktrin. Formell war sie an die Adresse der lateinamerikanischenLateinamerika Regierungen gerichtet, die gewarnt wurden, durch eigenes Fehlverhalten Situationen heraufzubeschwören, die europäische Mächte zum Eingreifen veranlassen könnten. In flagranten Fällen solchen Fehlverhaltens oder bei offenkundiger Unfähigkeit der Verantwortlichen würden sich die USA gezwungen sehen, die Aufgaben einer „internationalen Polizeimacht“ (international police power) auszuüben und für Ordnung, Stabilität und Sicherheit zu sorgen. Die praktische Anwendung folgte auf dem Fuße, als die USA 1905 die Finanzverwaltung der bankrotten Dominikanischen RepublikDominikanische Republik übernahmen. Die eigentlichen Adressaten der Roosevelt Corollary waren jedoch die Europäer, denen die Bereitschaft der USA demonstriert werden sollte, die Monroe-DoktrinAußenpolitikMonroe-Doktrin (in der erweiterten Interpretation des Präsidenten) notfalls mit Gewalt durchzusetzen.

Völkerrechtlich war diese Position mehr als zweifelhaft, und lateinamerikanische Politiker und Juristen hielten RooseveltRoosevelt, Theodore die Doktrin der Nichteinmischung in die Angelegenheiten souveräner Staaten und die Forderung nach einem allgemeinen Interventionsverbot entgegen. Dennoch übten die USA bis zum Eintritt in den Weltkrieg wiederholt die von Roosevelt reklamierte „Polizistenrolle“ aus, in einigen Ländern wie KubaKuba, NicaraguaNicaragua und MexikoMexikoBeziehungen im 20.Jh. sogar mehrfach. Roosevelts Nachfolger William Howard TaftTaft, William Howard verlegte sich stärker auf die so genannte Dollar DiplomacyAußenpolitikDollar Diplomacy, die eine wechselseitige Unterstützung von US-Regierung und im Ausland tätigen amerikanischen Konzernen, etwa der 1899 gegründeten United Fruit Co.United Fruit Co., beinhaltete. Demgegenüber setzte Präsident WilsonsWilson, Woodrow Außenminister William J. BryanBryan, William Jennings seine Hoffnungen auf die panamerikanische Bewegung, die sich seit Ende der 1880er Jahre auf Kongressen um politische Einigkeit und wirtschaftliche Zusammenarbeit bemühte. Als Anhänger der FriedensbewegungFriedensbewegung unternahm BryanBryan, William Jennings auch einen ernsthaften Anlauf, die von den USA auf den Haager KonferenzenHaager Konferenzen (1899/1907) von 1899 und 1907 maßgeblich unterstützten Ideen der friedlichen Konfliktregelung und der Schiedsgerichtsbarkeit in die Praxis umzusetzen. Andererseits waren BryanBryan, William Jennings und WilsonWilson, Woodrow nicht minder von der Überlegenheit des amerikanischen politischen Systems und vom zivilisatorischen Auftrag der USA überzeugt als RooseveltRoosevelt, Theodore und TaftTaft, William Howard. Bei dieser Einstellung fiel es ihnen nicht schwer, Rechtfertigungsgründe für die Einmischung in die Mexikanische Revolution und für die Fortsetzung der Interventionspolitik in der KaribikKaribik zu finden. WilsonWilson, Woodrow sprach sogar von der Notwendigkeit, die Nachbarnationen zur Selbstregierung „anzuleiten“ und ihnen den Respekt vor dem Gesetz beizubringen. 1917 veranlasste er den Kongress zum Kauf der Virgin IslandsVirgin Islands von DänemarkDänemark, um einer befürchteten (aber tatsächlich gar nicht geplanten) Übernahme dieser Inselgruppe durch das DeutscheDeutschlandBeziehungen zu Deutschland vor 1949Vor dem Ersten Weltkrieg Reich zuvorzukommen.

Es ist kaum möglich, die verschiedenen Motive der Lateinamerikapolitik in dieser Periode sauber auseinander zu halten. Im Grunde ging es den Verantwortlichen in Washington immer um eine umfassende Wahrung der nationalen Interessen, wobei militärische Sicherheitsüberlegungen, wirtschaftliche Profitgesichtspunkte und spezifische Vorstellungen von politischer Entwicklung und sozialem Fortschritt ineinandergriffen. Mit einer schlichten Verurteilung des US-Imperialismus ist es für den Historiker aber nicht getan. Zum einen erzielten die USA in einigen lateinamerikanischenLateinamerika Staaten – wie auch auf den PhilippinenPhilippinen – durchaus gewisse Modernisierungserfolge. Analog zu den progressivenProgressivismus ReformenReformbewegungenProgressivismus daheim verbesserten sie die Infrastruktur, bauten das Bildungs- und GesundheitswesenGesundheitswesen aus, reorganisierten die Finanzverwaltungen und drängten auf demokratische Wahlen. Als zweischneidiges Schwert erwies sich die Ausbildung von Polizei- und Militärverbänden, die in der Folge oft zu Unterdrückungsinstrumenten diktatorischer Regime degenerierten. Andererseits trugen die Lateinamerikaner, insbesondere die gesellschaftlichen Eliten, durch eigene Versäumnisse und Fehler sehr viel dazu bei, dass die USA eine derart ungehinderte Vorherrschaft ausüben konnten. An erster Stelle ist hier die unsolide Finanz- und Steuerpolitik zu nennen, die viele Länder immer wieder in Krisen und Staatsbankrotte hineintrieb. Hinzu kam der mangelnde nationale Zusammenhalt, der es einzelnen Fraktionen der Führungsschicht geraten erscheinen ließ, sich bei dem großen Nachbarn im Norden „rückzuversichern“ und ihn in die eigenen innenpolitischen Querelen hineinzuziehen. In dem Maße, wie das nationale Selbstbewusstsein in den lateinamerikanischenLateinamerika Ländern zunahm, wuchs auch die Proteststimmung gegen die erzwungene Modernisierung, die militärischen Eingriffe und den Dollar-Imperialismus der YankeesYankee. Auf diese Weise entstand ein politischer und kultureller Antagonismus zwischen den USA und LateinamerikaLateinamerika, der auch nicht verschwand, als die Interventionstruppen überall abgezogen wurden und Präsident Franklin RooseveltRoosevelt, Franklin D. in den 1930er Jahren seine „Politik der guten Nachbarschaft“ verkündete.

 

Den zweiten Schwerpunkt der außenpolitischen Aktivitäten vor dem Ersten WeltkriegErster Weltkrieg bildete OstasienOstasien, wo die Großmächte seit dem japanisch-chinesischen KriegJapanJapanisch-chinesischer Krieg von 1895 das zerfallende ChinaChinaBeziehungen zu ChinaImperialismus in Interessensphären aufteilten und die amerikanischen Kaufleute und Missionare Gefahr liefen, an den Rand gedrängt zu werden. Nachdem die USA auf den PhilippinenPhilippinen und HawaiiHawaii Fuß gefasst hatten, konnte die amerikanische Regierung ihre AsienAsien-Ambitionen mit größerem Nachdruck verfolgen. Außenminister HayHay, John warnte die anderen Mächte in zwei Noten von 1899 und 1900 davor, die territoriale Integrität ChinasChinaBeziehungen zu ChinaImperialismus zu zerstören, und forderte sie auf, in ihren jeweiligen Einflusszonen allen Nationen gleichberechtigte Handelsmöglichkeiten zu gewähren. Europäer, Russen und JapanerJapanImperialismus betrachteten dieses Prinzip der Open DoorAußenpolitikOpen Door PolitikOpen Door Policy, das ihren eigenen Vorstellungen von Kolonialpolitik zuwiderlief, als Verschleierung amerikanischer Monopolbestrebungen. Zunächst änderte sich nicht viel, zumal die Amerikaner 1900 unter deutschem Oberbefehl an der gemeinsamen Niederschlagung des nationalistischen Boxer-AufstandsBoxer-Aufstand in PekingPeking teilnahmen. Allmählich traten die Interessenkonflikte aber schärfer hervor, denn die USA bezogen trotz oder gerade wegen ihres wirtschaftlichen Profitstrebens in China den anderen Mächten gegenüber eine anti-kolonialistische Position. Die Chinesen versuchten, daraus Kapital zu schlagen, indem sie die Amerikaner gegen die übrigen Eindringlinge ausspielten.

Nach der Jahrhundertwende stiegen die JapanerJapanImperialismus auf Grund ihrer wirtschaftlichen und militärischen Erfolge zum härtesten Konkurrenten der USA in AsienAsien auf. 1905 vermittelte Präsident RooseveltRoosevelt, Theodore in PortsmouthFrieden von Portsmouth (1905), New HampshireNew Hampshire, einen Frieden zwischen Japan und RusslandRusslandZarenreichRusslandRussisch-Japanischer Krieg in der Absicht, das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Mächten möglichst zu erhalten. Sein Engagement trug ihm 1906 den Friedensnobelpreis ein, hinderte die Japaner aber nicht daran, ihre Machtposition auf dem chinesischen Festland immer weiter auszubauen. Wegen der exponierten Lage der PhilippinenPhilippinen sah sich RooseveltRoosevelt, Theodore deshalb gezwungen, ein politisches Arrangement mit TokioTokio zu suchen: Im Gegenzug für die japanische Zusage, die amerikanischen Besitzungen in Asien zu respektieren, erkannten die USA die Hegemonie JapansJapanImperialismus über KoreaKorea und die Interessen der Japaner in der MandschureiMandschurei an. Ein dauerhafter Ausgleich gelang jedoch nicht, weil die Zielvorstellungen zu unterschiedlich waren und kulturelle Faktoren die Beziehungen zusätzlich belasteten. Die JapanerJapanImperialismus betrachteten die Amerikaner als Störenfriede in Asien und empörten sich über die rassische Diskriminierung ihrer Landsleute auf HawaiiHawaii und in KalifornienKalifornien. Als die Schulbehörden von San FranciscoSan Francisco 1906 gesonderte Schulen für asiatische Kinder einführten, konnte ein Bruch zwischen Tokio und Washington nur mit Mühe verhindert werden. Um weiteren Demütigungen dieser Art vorzubeugen, sah sich die japanische Regierung genötigt, die Auswanderung in die USA praktisch zu unterbinden. Die Amerikaner wiederum misstrauten nach wie vor den japanischen Absichten in ChinaChina und unterstützten ab 1911, als die Revolution ausbrach, die nationalchinesischen Kräfte gegen die Japaner. Ob es ihre Politiker wollten oder nicht, wurden die USA von nun an in die Intrigen und Händel der asiatischen Politik hineingezogen.

Am Vorabend des Ersten WeltkriegesErster Weltkrieg hatte ein American Empire Konturen gewonnen, nicht als Kolonialreich im herkömmlichen Sinne, sondern als weltweites System unterschiedlicher Rechtstitel und abgestufter Einflussmöglichkeiten: Neben der einzigen „echten“ Kolonie, den PhilippinenPhilippinen – deren Einwohnern 1916 die Unabhängigkeit in Aussicht gestellt wurde –, gehörten hierzu Territorien mit US-Gouverneuren (Puerto RicoPuerto Rico, HawaiiHawaii), Flottenstützpunkte auf dem Weg nach AsienAsien (SamoaSamoa, GuamGuam, MidwayMidway-Inseln und weitere Pazifikinseln), Protektorate, in denen der amerikanische Botschafter wie ein Statthalter residierte (KubaKuba, PanamaPanama, Dominikanische RepublikDominikanische Republik, HaitiHaiti, NicaraguaNicaragua), und Staaten, deren Politik weitgehend von US-Konzernen kontrolliert wurde (etwa Costa RicaCosta Rica und HondurasHonduras von der United Fruit Co.United Fruit Co. und das afrikanischeAfrika LiberiaLiberia vom Kautschukproduzenten FirestoneFirestone). Die meisten Staaten Mittel- und Südamerikas waren inzwischen schon so stark auf den nordamerikanischen Markt ausgerichtet, dass sich auch ihr politischer Handlungsspielraum verringerte. In der westlichen Hemisphäre übten die USA also bereits eine Hegemonie aus, und in Europa und Südostasien machte sich ihr Gewicht allmählich stärker bemerkbar.