Deutsch-kroatische Sprachkontakte

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2.2 Lehnwortforschung

Die Lehnwortforschung ist eines der ältesten Forschungsgebiete der Sprachkontaktforschung, die sich insbesondere mit den Wirkungen des sprachlichen Kontaktes sowohl auf der Ebene des Sprachsystems (Sprachkontakt im engeren Sinne) als auch auf der Ebene der Individuen (Zwei- oder Mehrsprachigkeit) beschäftigt. Das Ziel ist die Identifikation und Analyse der einzelnen Spuren des Sprachkontaktes mithilfe synchronischer Diagnosen (Bechert/Wildgen, 1991: 57). Die Lehnphänomene lassen sich sprachebenenspezifisch gliedern (Tesch, 1978: 83ff) in phonetisch-phonologische, die Phonemimport, Phonemschwund bzw. Phonemzusammenfall verursachen, grammatikalische, die in der Entlehnung der Wortbildungsmorpheme und Flexionssubstitution ihren Ausdruck finden, lexikalisch-semantische, die in der Übernahme bzw. Nachbildung der Lexeme bestehen, syntaktische, wodurch sich Lehnkonstruktionen und Lehnwortstellung im Satz ergeben. Die Übernahme betrifft jedoch vor allem die lexikalische Ebene, weil Wörter wegen ihrer allgemeinen Dynamik am einfachsten zu entlehnen sind. Der lexikalische Einfluss geht insbesondere auf inner- und außersprachliche Gründe zurück. Im Unterschied zu grammatischen und syntaktischen Elementen und Beziehungen innerhalb des Sprachsystems, die primär eine innersprachliche Funktion (z.B. Rektion, Koordination, Wortfolge) ausüben oder eine allgemeine Beziehung zur außersprachlichen Wirklichkeit (Tempora, Deiktika etc.) darstellen, steht bei den lexikalischen Einheiten die denotative Funktion im Vordergrund. Der Sprecher kann lexikalische Einheiten einer anderen Sprache am einfachsten wahrnehmen und lernen, weil diese explizit mit der außersprachlichen Wirklichkeit verbunden sind. Darüber hinaus ist die Lexik innerhalb des Sprachsystems mehr oder weniger offen und deshalb dynamischer bei der gegenseitigen Beeinflussung als das grammatische System. Dies stellt die strukturelle und kognitiv-semantische Grundlage des lexikalischen Einflusses einer Sprache auf eine andere dar.

Ein weiterer Grund ist das universale Bedürfnis für die Benennung neuer Entitäten. Die Motive können innersprachlich, z.B. geringe Verwendungshäufigkeit, schädliche Homonymie und der stetige Bedarf an Synonymie sein (vgl. Weinreich, 1977: 80ff). Diese Motive dürfen jedoch nicht als absolute Determinanten betrachtet werden, sondern sind vielmehr als Tendenzen zu verstehen. Die Gefahr ist groß, dass selten benutzte Wörter durch Lehnwörter ersetzt werden. Bei dem Grundwortschatz ist diese Gefährdung durchaus geringer. Homonymie ist ein großer Anreiz für lexikalische Entlehnungen, da die phonetische Übereinstimmung unterschiedlicher Begriffe den Sprecher verwirrt und das anders klingende Lehnwort gute Chancen hat, im weiteren Verlauf das ursprüngliche Wort zu verdrängen. Ein anderer Grund ist der Bedarf an gleichbedeutenden Wörtern, Synonymen. Dies kommt auch vor, wenn der Sprecher das Gefühl hat, dass ein Wort „mehr“ als das native Wort aussagt. Filipović (1986: 26) nennt sprachexterne Gründe für Entlehnung: das Bedürfnis nach Benennung eines übernommenen Produktes (soziologischer Grund) sowie das Bedürfnis des Sprechers nach Verschönerung seines Sprachgebrauchs mit modernen Ausdrücken aus fremden Sprachen (psychologischer Grund). Ein weiterer außersprachlicher Grund besteht in der subjektiven Bewertung einer Sprache, die dazu führt, dass die in der Gesellschaft verwendeten Sprachen unterschiedlichen Prestigewert besitzen. Der Sprecher, der die Sprache mit dem höheren Prestigewert benutzt, strebt einen höheren sozialen Status an und möchte damit seine Fremdsprachenkenntnis demonstrieren (vgl. Weinreich, 1977: 83). Somit können in Anlehnung an Bechert und Wildgen (1991: 77) drei grundlegende Motive für die lexikalische Entlehnung angeführt werden: 1. sprachliche Bedarfsdeckung beim Kulturtransfer (Kulturwörter); 2. Modeerscheinungen (Modewörter) und 3. Sprachwechsel.

2.3 Resultate lexikalischer Entlehnung

Der Terminus Entlehnung gilt als Oberbegriff für alle Arten der Übernahme sprachlicher Phänomene aus einer Sprache in die andere und wird meistens im weiteren Sinne benutzt, d.h. er bezieht sich nicht nur auf das Ergebnis, sondern auch auf den Vorgang dieser Übernahme. Nach Weinreich (1976: 69) regulieren diesen Vorgang zwei grundlegende Mechanismen: 1. Einheiten der Sprache A werden in die Sprache B übernommen; 2. Morpheme der Sprache B werden anstelle ihrer gleichbedeutenden Morpheme der Sprache A benutzt. Diese Mechanismen sind bei jedem Entlehnungsvorgang präsent, allerdings werden die Resultate in der Sprachwissenschaft unterschiedlich benannt. Dabei spielen die Wortbedeutung und die Wortform bzw. die Inhalts- und Ausdrucksseite als zwei Komponenten jedes Wortes bei allen Definitionsversuchen die ausschlaggebende Rolle. Der Hauptunterschied birgt sich in der Frage, ob die äußere Form des Wortes zusammen mit seiner Bedeutung oder nur die Bedeutung übernommen wird. Betz (1949: 27f) versucht als einer der ersten die Resultate der lexikalischen Entlehnung zu klassifizieren und führt dabei neue Fachbegriffe ein. So unterscheidet er zwischen dem ‘äußeren Lehngut’ – Lehnwort (Übernahme der Wortform und der Wortbedeutung – Morphemimport) und dem ‘inneren Lehngut’ – Lehnprägung (Übernahme nur der Wortbedeutung – Morphemsubstitution). Das Lehnwort teilt er weiter in Fremdwort und assimiliertes Lehnwort, die Lehnprägung in Lehnbildung (Neologismus) und Lehnbedeutung (semantische Entlehnung). Lehnbildung teilt er in Lehnübersetzung, Lehnübertragung (teilweise Übersetzung) und Lehnschöpfung (formal unabhängiger Neologismus). Nach Haugen (1950: 214) sollte der Begriff Lehnwort aufgrund des Ausmaßes der Morphemsubstitution nach dem Grad der Assimilation weiter unterteilt werden. In Folge schlägt er die Begriffe loanword (reiner Morphemimport), loanblend (Morphemimport und -substitution) und loanshift (reine Morphemsubstitution) vor. Weinreich (1977: 69) nennt Import und Substitution transfer und reproduction. Somit liegt jeder Klassifikation ein grundlegendes Gliederungsprinzip zugrunde: Man unterscheidet sorgfältig zwischen der Übernahme entweder der Wortform mit der Wortbedeutung oder nur der Wortbedeutung.

Das Lehngut kann auf unterschiedlichen Wegen in eine Sprache gelangen. Geographisch unterscheidet man zwischen direkter und indirekter (vermittelter) Entlehnung. Eine indirekte Entlehnung findet statt, wenn ein Sprachgebiet von einem anderen Sprachgebiet durch eine Sprachgrenze getrennt ist. „Wohnnachbarschaft liegt nicht vor” (Tesch, 1978: 62). Die Entlehnungen entstehen auf friedliche Weise, z.B. durch Reisen, Pilgerfahrten, Studienreise, Arbeit im Ausland, usw. oder im Krieg durch Feldzüge u.Ä. Bei direkten Entlehnungen sind beide Sprachgebiete geographisch im Kontakt (ebd. 62ff). Bezüglich der Art und Weise der Übernahme sowie der späteren Assimilation bzw. Integration in die Gebersprache wird zwischen dem mündlichen und dem schriftlichen Übernahmeweg unterschieden. Der mündliche Übernahmeweg vollzieht sich meistens durch die Umgangssprache, während der schriftliche (literarische) Weg durch die Literatur, Wissenschaft, amtliche oder geschäftliche Korrespondenz, durch das Lesen und das Übersetzen wissenschaftlicher Werke, durch die Beschäftigung mit Zeitungen und Zeitschriften, d.h. durch den geschriebenen Text zu Stande kommt (ebd. 73f). Die Wörter, die auf mündlichem Wege übernommen wurden, sind meistens direkte Entlehnungen. Die auf schriftlichem Wege übernommenen Wörter lassen sich häufig nicht von denen unterscheiden, die mündlich entlehnt sind.

Das Kroatische übernahm und übernimmt auch heute noch vor allem deshalb fremdes Wortgut, um Wortlücken im eigenen lexikalischen Bestand zu schließen. In manchen Fällen kommt es in der kroatischen Sprache zu Entlehnungen, weil ihre Bedeutungen nicht mit den kroatischen Lexemen übereinstimmen. Deshalb tragen solche Entlehnungen zur klaren semantischen Abgrenzung innerhalb des kroatischen Lexeminventars bei (Samardžija, 1995: 45). Es gibt auch solche Entlehnungen, die keinen neuen Begriff mit sich gebracht haben, sondern mit einem koexistierenden in der kroatischen Sprache übereinstimmen. In diesem Fall kommt es zur vollständigen Synonymie. Es gibt auch andere Ursachen für die Entlehnung wie beispielsweise das Bedürfnis nach Abgrenzung schon bestehender Wörter und Begriffe sowie die Tendenz zur teilweisen Internationalisierung des kroatischen Wortschatzes.

2.4 Begriffsbestimmung

Bei der Begriffsbestimmung der Lehnwörter deutscher Herkunft stößt man in der Sprachwissenschaft auf einige Probleme. Zum einen ist schon die Bezeichnung der deutschen Lehnwörter in der linguistischen Literatur vom etymologischen Standpunkt aus umstritten, da sich das Deutsche in vielen verschiedenen regionalen und überregionalen Erscheinungsformen manifestiert. Zum anderen existiert, wie eine Übersicht der in den sprachwissenschaftlichen Abhandlungen dargestellten Definitionen verdeutlicht, keine einheitliche Begriffsbestimmung: In der einschlägigen kroatischen Literatur werden die Ausdrücke germanizam (Germanismus) und njemačka posuđenica (deutsches Lehnwort) gebraucht. Klaić (1988) führt in seinem Fremdwörterbuch unter dem Stichwort germanizam zwei Erklärungen an: 1. Ausdrucksweise im Geiste der deutschen Sprache; 2. Fremdwort, das aus einer germanischen Sprache übernommen wurde. Simeon (1969) führt in seinem Lexikon der Sprachwissenschaft drei Bedeutungserklärungen dieses Begriffs an: 1. allgemein Besonderheit aus Deutschland, die von anderen Völkern oder Sprachen übernommen wurde (Bräuche, Sprache u.Ä.); 2. insbesondere bezieht es sich auf ein Wort, eine Konstruktion aus der deutschen Sprache; 3. im weiteren Sinne, aus einer germanischen Sprache übernommenes oder nach ihrem Vorbild gebildetes Wort, Ausdruck oder Konstruktion. Laut Babić (1990) ist die erste Bedeutungserklärung im gesellschaftlichen Sinne, die dritte im linguistischen und die zweite allgemein zu weit gefasst und ergänzt: Alles was in der kroatischen Sprache unmittelbar oder mittelbar aus der deutschen Sprache stammt, gilt als Germanismus (ebd. 217). Diese Deutung trennt Wörter deutscher Herkunft klar in zwei Gruppen: indirekte und direkte Germanismen. In der Sprachwissenschaft wird die Rolle der Mittlersprache unterschiedlich bewertet. Viele Autoren denken, dass bei der Bestimmung der Herkunftssprache des Lehnwortes nicht die Sprache, aus der das Wort tatsächlich stammt, im Vordergrund steht, sondern nur diejenige Sprache, aus der das Wort letztendlich in die Nehmersprache übernommen wurde (Theorie der etymologia proxima, vgl. Muljačić, 2000: 302). So wurde beispielsweise das Wort kiosk aus dem Deutschen Kiosk ins Kroatische übernommen. Das Deutsche hat jedoch selbst das Wort aus dem Französischen kiosque entlehnt. Dieser Ausdruck stammt wiederum aus dem Türkischen, das es selbst aus der persischen Sprache übernommen hat. Während für die direkte Entlehnung als Voraussetzung gilt, dass diese Art von Sprachkontakt von einem zweisprachigen Sprecher realisiert wird, kann bei der indirekten Entlehnung auch eine Sprache oder häufiger sogar öffentliche Medien die Mittlerrolle innehaben (vgl. Filipović, 1986: 51). In Mittel-, Ost- und Südosteuropa übte diese Mittlerrolle in den meisten Fällen das Deutsche aus (ebd. 190). Muljačić (1971: 43) verweist in seinen Forschungen über kroatisch-französische und kroatisch-italienische Sprachkontakte auf die Mittlerrolle des Deutschen und auf die Tatsache, dass Wien zur Zeit der Habsburger Monarchie, teilweise auch heute noch, ein großer „Rangierbahnhof“ für die Weiterleitung deutscher Gallizismen, Italianismen und Anglizismen in Richtung Nordosten spielte. Italianismen kamen im 18. Jahrhundert insbesondere im Zuge der Terminologisierung in das österreichische Deutsch, weil ein großer Teil Norditaliens unter österreichischer Herrschaft stand (Jernej, 1956: 61).

 

Babić (1990: 217ff) unterscheidet zwischen echten Germanismen (direkt aus dem Deutschen ins Kroatische entlehnte deutsche Wörter), Halbgermanismen (deutsche Wörter, die mittels einer anderen Sprache ins Kroatische entlehnt wurden) und Pagermanismen (Wörter, die das Deutsche aus einer anderen Sprache entlehnt hat und dann ins Kroatische vermittelte). Pagermanismen können zwei Erscheinungsformen haben: Die Entlehnungen wurden schon im Deutschen phonologisch oder semantisch bzw. phonologisch und semantisch angepasst und als adaptierte Formen ins Kroatische übernommen, z.B. das kroatische Wort cigla < dtsch. Ziegel < lat. tegula; kro. adut < dtsch. Adutt < frz. à tout usw. Zum zweiten Typ gehören Wörter, die im Deutschen nicht angepasst wurden, das Deutsche also nur als Mittlersprache im Transfer fungierte. Da es sich bei diesen Wörtern hauptsächlich um Entlehnungen aus dem Lateinischen, Französischen und vereinzelt aus dem Neugriechischen handelt, kann diese Gruppe auch als Europäismen bezeichnet werden, weil sie in mehreren europäischen Sprachen zu finden sind, z.B. atlas, dekan, docent, recept, internist u.Ä. Nach diesen Kriterien führte Babić eine Analyse der von Schneeweis ermittelten Germanismen im Serbokroatischen durch und kam auf diese Weise zu einer Liste von 88 echten Germanismen, die Babić weiter nach ihrer wahren Herkunft, der Zeit der Entlehnung, dem Grad der Integration im Sprachsystem und dem Verhältnis des Lehnwortes zur Standardsprache nach der Zeit ihrer Entlehnung bestimmt.

Für Turk (1994: 186ff) sind echte Germanismen nur diejenigen deutschen Entlehnungen, die ursprünglich deutsche Wörter sind und direkt aus dem Deutschen ins Kroatische übernommen wurden. Indirekte deutsche Entlehnungen zählt sie zur Gruppe der unechten Germanismen. Die Zeit der Entlehnung ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium für die Bestimmung des Status des Germanismus in der kroatischen Sprache, weil ältere Entlehnungen in der Regel eine vollständig veränderte Phonemstruktur aufweisen und somit vollständig in die kroatische Sprache integriert sind und, nach Filipović, den Status einer Kompromissreplik aufweisen: Der deutsche Muttersprachler erkennt die Entlehnung nicht mehr als deutsches Wort, die kroatischen Sprecher empfinden es jedoch als fremdes Wort. Wichtig für die Untersuchung deutscher Lehnwörter im Kroatischen ist auch ihr sprachlicher Status in der Nehmersprache bzw. ihre Zugehörigkeit zur Standardsprache, Dialekt, Umgangssprache usw.

Piškorec (2001: 40) macht eine Unterteilung der indirekten deutschen Entlehnungen in primär und sekundär. So sind Wörter, die das Deutsche beispielsweise aus dem Lateinischen entlehnt und dann ins Kroatische vermittelt hat, primäre Germanismen und sekundäre Latinismen. Die Mittlersprache ist die eigentliche Gebersprache (ebd. 40). Somit sind auch ursprüngliche deutsche Wörter, die über eine andere Sprache ins Kroatische vermittelt wurden, keine echten Germanismen. Als Beispiel führt der Autor das Wort šaraf an, das die kroatische Sprache aus dem Ungarischen entlehnt hat und somit ein Hungarismus ist, obwohl es auch im Ungarischen eine Entlehnung aus dem österreichischen Wort Schraffe ist, folglich einen primären Hungarismus und sekundären Germanismus darstellt.

Ljubičić (2011: 52f) nennt Entlehnungen aus romanischen Sprachen, die über das Deutsche ins Kroatische vermittelt wurden, deutsche Romanismen und kroatische Germanismen, z.B. rezonirati < dtsch. räsonieren < frz. raisonner. Wörter aus dem Englischen, die über das Deutsche ins Kroatische vermittelt wurden, sind demnach deutsche Anglizismen und kroatische Germanismen, z.B. šrapnel < dtsch. Schrappnell < engl. shrapnel u.v.m.

Eine einheitliche, von allen anerkannte Begriffsbestimmung und eine ihr folgende Untersuchung der deutschen Lehnwörter im Kroatischen gibt es jedoch noch immer nicht. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass der Begriff Germanismus an und für sich nicht transparent und präzise genug ist. Nimmt man dazu noch die allgemeine Definition der -ismen, nach der ein -ismus nach der Gebersprache bestimmt wird (Samardžija, 1995: 49), in Betracht, so wäre ein Germanismus jedes Wort, dass die kroatische Sprache aus dem Deutschen entlehnt hat, ohne Rücksicht auf seine wahre Herkunft. Wenn man dieser Definition folgen würde, so müsste man alle deutschen Wörter, die die kroatische Sprache über eine andere Sprache entlehnt hat, nicht als Germanismus betrachten, sondern als -ismus der betreffenden Mittlersprache. So beispielsweise das Wort šogor, das aus dem Ungarischen ins Kroatische entlehnt wurde (sógor), folglich als Hungarismus betrachtet werden kann, obwohl es ursprünglich auf das deutsche Wort Schwager zurückgeht. Aus diesem Grunde wird im vorliegenden Band der Terminus deutsche Entlehnung bevorzugt. Dazu zählen: alle Wörter, die aus der deutschen Sprache direkt oder indirekt in die kroatische Sprache entlehnt wurden. Dabei werden diejenigen Wörter, die ursprünglich deutscher Herkunft sind und direkt oder indirekt ins Kroatische entlehnt wurden, als echte deutsche Entlehnungen betrachtet. Dazu gehören auch diejenigen Entlehnungen, die im Deutschen aufgrund fremdsprachiger Elemente entstanden sind und als solche nur im Deutschen existieren bzw. in einer anderen Sprache, die sie aus dem Deutschen entlehnt hat. Als unechte deutsche Lehnwörter gelten diejenigen Wörter, die das Deutsche aus einer anderen Sprache entlehnt hat und über deutsche Vermittlung ins Kroatische gelangten, dabei jedoch nicht auf die Grundbedeutung der Entlehnung einwirkte. Nach dieser Klassifikation gehört das Lexem cigla zu den unechten deutschen Entlehnungen im Kroatischen. Es geht auf das deutsche Modell Ziegel, das in die deutsche Sprache aus dem Lateinischen (tegula) entlehnt wurde, zurück. Das Wort apoteka hingegen gehört zur Gruppe der echten deutschen Entlehnungen, weil es auf das deutsche Wort Apotheke zurückgeht, das im Deutschen aufgrund des griechischen Ausdruckes apotíthēmi 'ablegen, aufbewahren' gebildet wurde. Aus diesem Grund gilt auch das Wort šogor als echte deutsche Entlehnung, weil es aus dem Deutschen stammt. Das Ungarische diente zwar als Vermittler und beeinflusste die Form der Replik im Kroatischen, jedoch nicht auch die Bedeutung.

Was Lehnprägungen betrifft, so gilt in der kroatischen Sprachwissenschaft1 für die Beschreibung von Lehnphänomenen in der Lehngutforschung das Gliederungsschema des lexikalischen Lehngutes und die Terminologie von Werner Betz bis heute als Muster und als Grundlage für die meisten Studien, die sich mit den Entlehnungsprozessen aus einer Sprache in eine andere befassen. Žarko Muljačić (1968: 8f) schlägt kroatische Entsprechungen für Betz Terminologie vor: Lehnübersetzung > doslovna prevedenica, Lehnübertragung > djelomična prevedenica, Lehnschöpfung > formalno nezavisan neologizam, Lehnbedeutung > semantička posuđenica, Lehnwendung > frazeološki kalk, Lehnsyntax > sintaktički kalk. Matthias Rammelmeyer (1975: 22) gliedert die Lehnprägungen in Anlehnung an Betz Klassifikation: Lehnbedeutung, Lehnübersetzung, Lehnübertragung, Lehnschöpfung, Teillehnübersetzung, Lehnsyntax, Lehnphraseologie. Der kroatische Sprachwissenschaftler Stjepan Babić (1990: 226) hat Betz Klassifikation teilweise als Grundlage für seine Klassifikation genommen und unterscheidet neben prevedenica (Lehnübersetzung), poluprevedenica (Lehnübertragung), formalno nezavisan neologizam (Lehnschöpfung) und semantička posuđenica (Lehnbedeutung) auch noch hibrid bzw. hibridna složenica (Hybrid bzw. hybride Zusammensetzung). Vesna Muhvić-Dimanovski (1992: 102) unterteilt die Lehnbedeutungen in zwei Typen: Typ I (Übereinstimmung in Form und größtenteils in Bedeutung) und Typ II (Übereinstimmung in Bedeutung). Marija Turk (2013: 64ff) vereint alle diese Klassifikationen und teilt die Lehnprägungen nach den Ebenen, denen sie angehören, in:

1 Lexikalische Lehnprägung:a) Lehnübersetzung (doslovna prevedenica)b) Lehnübertragung (djelomična prevedenica)c) Teillehnübersetzung (poluprevedenica)d) Lehnschöpfung (formalno nezavisni neologizam)e) Lehnwendung (frazeološki kalk)

2 Lehnbedeutung (semantički kalk)

3 Lehnsyntax (sintaktički kalk)

Jede Kategorie kann Untertypen umfassen. Die Analyse der Lehnprägungen im Kroatischen nach deutschem Vorbild, der das Kapitel 6 im vorliegenden Band gewidmet ist, erfolgt nach dieser Klassifikation.