WEHE… WENN

Text
Read preview
Mark as finished
How to read the book after purchase
WEHE… WENN
Font:Smaller АаLarger Aa

Andrea Lieder-Hein

WEHE… WENN

Wenn Liebe auf Lüge trifft

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

TEIL EINS

Emmas Tagebuch

Freundschaftsanfrage

Kaatje

Tagebuch Kaatje

Emma wird schwanger

Emmas Tagebuch

Hans-Heinrich Krohn

Kaatje bei facebook

Kaatjes Tagebuch

Dr. Jonas Krohn

Emma und Meeno

Ayaletta

Kaatje

Emma und Meeno

Emmas Tagebuch Ayaletta

Dr. Jonas Krohn’s Rachefeldzug

Kaatje

Treffen im Café

Jonas in Bremen

Wangerooge im September

Kaatjes Tagebuch

Party auf Wangerooge

Danach

Emma und Kaatje im Holzhaus

RIP Rest In Peace, Emma

Teil Zwei

Meeno

Tagebuch-Gedanken

Meeno, komm, wir trösten dich

Meeno will nicht

Paula in München

Große Aufräum-Aktion

Paula’s Mutter

Eine Woche Sylt

Deutschland-Österreich-Schweiz

Einbruch in die Tierklinik

Sylt-Bremen-Hamburg

Epilog

Leseprobe „Mitten in OstHolstein“ PROLOG

001 Sechs Jahre später

002 Versetzt in Klasse ZWEI

003

004

005 Amelies Beerdigung

006 Vor Gericht

Impressum neobooks

TEIL EINS

BIS ZUM MORD

Teil 1

PAN


Facebook

Hej, Meeno, schau mal, wen ich gefunden habe.

Wo?

Ich bin bei Facebook. Komm mal gucken.

Kaatje Krohn? Kenn ich nicht. Wer ist das?

Ihr Mädchenname ist Wittgens. Du warst doch mal mit ihr zusammen, damals, in der Oberstufe.

DIE Kaatje Wittgens? Aus unserer Clique?

Genau die.

Aber Ihr habt dann doch nie mehr miteinander geredet.

SIE nicht mit mir. Was für ein Wunder. Hatte DICH ihr doch ausgespannt. Das hat sie mir NIE verziehen.

Dann adde sie doch als Freundin. Nach so vielen Jahren. Und sie muss ja die Freundschaft nicht bestätigen.

Weiß nicht. Wir haben uns damals ziemlich zerstritten. Sämtlichen Kontakte abgebrochen. Sie ist dann auch durchs Abi gefallen. Erinnerst du dich nicht? Hatte nur noch Liebeskummer und gab MIR die Schuld.

Ja, und nicht zu Unrecht. Du hattest es auf mich abgesehen. Wolltest mich unbedingt. Auf Biegen und Brechen.

Das hast du SO empfunden?

Das habe ich SO gemerkt.

Und trotzdem?

Ja, trotzdem habe ich mich in dich verliebt. Damals.

Und jetzt?

Jetzt liebe ich dich immer noch. Aber lass uns lieber über was Nettes reden. Ich hab schon mal vorgeplant.

Nicht etwa unseren 5. Hochzeitstag?

Doch, genau den.

Du hast daran gedacht. Meeno, ich liebe dich.

Darum feiern wir ihn auch ganz groß. Hotel-Saal oder Mamas Garten? Oder auf Wangerooge?

Wangerooge wäre der Knaller. Müssen aber alle übersetzen. Das dauert und kostet.

An Geld mangelt es uns ja nicht wirklich.

Wir haben noch fast zwei Monate Zeit. Obwohl, Wangerooge im September, das kann ziemlich schön sein. Ich google das mal.

Wir bleiben dran! Kein Stress.

Meeno streichelte Emmas Haare, die er so liebte. Diese langen, blonden Wellen bis fast zur Taille, ein Traum. Jedes Mal konnte er sich in ihren Haaren verlieren. Heute aber war dazu keine Zeit. Er gab ihr einen zärtlichen Schmatzer auf die Stirn und auf den gespitzten Mund und fuhr in seine Hamburger Kanzlei.

Meeno Larssen war Patentanwalt in Hamburg. Er liebte seinen Beruf. Er liebte Hamburg und er liebte Emma.

Emmas Tagebuch

Liebes Tagebuch,

ich bin kein Freund von schmalzigen Tagebüchern. Aber heute habe ich das Gefühl, ich müsste etwas von meinem Leben aufschreiben, etwas, wo ich mein eigenes ICH nachlesen kann. Die Zeit, das Leben, es zerrinnt unter meinen Fingern. Du, Tagebuch, du wirst mir helfen, mich zu erinnern. Ich werde dir einen Namen geben, Tagebuch. Du bist Ayaletta.

Liebe Ayaletta,

ich weiß es noch wie heute. Papa hatte sich nach Niedersachsen beworben, an ein Gymnasium in Oldenburg. Und er hatte die Stelle bekommen. Es war furchtbar. Ich an Papas Gymnasium? NIE!!! NIEMALS!!!. Gehänselt von allen? Gemoppt, weil mein Vater mir helfen würde und vielleicht sogar heimlich die Arbeiten im Lehrerzimmer einsehen konnte? NIEMALS!

Ich war damals so sauer, dass ich ganz krank wurde. Raus aus Bayern, aus München weg, das war schon der pure Horror. Von München in ein Kaff wie Oldenburg! Und dann noch an die gleiche Schule wie Papa!

Sicher, es gab mehrere Gymnasien in Oldenburg, aber da musste ich gefahren werden. Und Mama war krank. Burnout und magersüchtig. Sie machte sich immer und um alles Sorgen. Und sie schluckte dauernd diese bunten Pillen. Ganze Hände voll. Gruselig.

 

Dann entschieden Mama und Papa sich für ein Internat, weil sie dann doch verstanden, dass ich NICHT an Papas Schule wollte!!! Das Internat hieß „NIG-OL“. Das Niedersächsische Internatsgymnasium in Oldenburg. Na prima! Aber immer noch besser als an Papas Schule.

Nach den Sommerferien fingen Papa und ich dann an, an unseren neuen Schulen. Ich in der 11L des NIGOL. Ich war traurig, zornig und nervös. Alles auf einmal. Und dann sah ich IHN. Er war so alt wie ich, Oberstufe, schwarze Haare, Wuschelkopf und eine Traumfigur. SÜSS. Leider hatte er so eine Tussi aus meiner Klasse im Arm. Dunkle, lange Haare. Hübsch, aber irgendwie böse, stechende Augen. Fand ich.

Im Englisch-LeistungsKurs traf ich ihn wieder. Er war in der 11F, Französisch und er hieß Meeno. Meeno Larssen. Und sie? Kaatje Wittgens. Und sie war seine Freundin. Na, das würde sich bald ändern. Meeno, zieh dich warm an. Und Kaatje, such dir schon mal was Neues. Meeno wird bald nicht mehr an deiner Seite sein und dich anhimmeln.

Ab dann lief die Zeit für mich und –fast schon meinen- Meeno. Ich sah ihn nur in den Pausen und in den gemeinsamen Kursen. Und in Philosophie. Aber das musste reichen. Ich wollte ihn, ich MUSSTE ihn HABEN!!! Meinen Meeno.

Und heute? Da finde ich bei Facebook Kaatje wieder. Habe ich ein schlechtes Gewissen? Wegen Meeno? Nein. Warum? Er wollte MICH und ich ihn. Schicksal eben.

Freundschaftsanfrage

Emma schaute auf das Titelbild von Kaatje. Zwei Irische Wolfshunde spielten in einem Garten. Der eine war grau gestromt, der andere schwarz. Brrrr, gruselig. Solche Riesenfiecher. Emma schüttelte sich.

Dann schaute Emma auf das Profilbild. Viel konnte sie nicht erkennen. Kaatje hatte, wie damals auch, einen fabelhaft makellosen Teint, große, etwas böse Augen, eine gerade, niedliche Nase und volle Lippen. Das Böse an den Augen wurde von den Augenbrauen unterstützt. Die waren teuflisch hochgezogen und fielen dann plötzlich wieder nach unten ab.

Emma zögerte noch, ob sie wirklich eine Freundschaftsanfrage stellen sollte. Gefunden hatte sie Kaatje nur, weil Kaatje bei Facebook Kaatje Wittgens-Krohn hieß. Aber so hieß sie gar nicht. Als Kaatje damals heiratete, da stand das in allen Zeitungen. Ihr Mann war viel älter und steinreich. Und Kaatje hieß in der Anzeige Kaatje Krohn geb. Wittgens. Ob sie wohl geschieden war? Tot war der Krohn sicher nicht. Er war ein bekannter Reeder. Das hätte sie gelesen oder in den Nachrichten gehört.

Bremen. Da waren sie beide gar nicht so weit von Oldenburg weggezogen. Kaatje nach Bremen und sie nach Hamburg. Witzig.

Ein Lachen huschte über Emmas Lippen, als sie die Anfrage stellte. Sie würde Kaatje ihren Meeno stolz präsentieren. Kaatjes ehemaligen Meeno in IHREM Bett und sie fast schon schwanger. Von Meeno. Er hatte nach fünf Jahren Ehe gefragt, ob das nun der richtige Augenblick für ein Baby sei. Und sie hatte mit JA geantwortet. DAS war ein Triumph. Den konnte man feiern. Schwanger von ihrem Meeno. Da lohnte sich die Freundschaftsanfrage.

Abgeschickt. Nun musste sie nur noch warten.

Kaatje

Kaatje schaute auf ihre Armbanduhr und nickte. Ja, genau die richtige Zeit, um in den „Englischen Garten“ zu gehen. Relaxen. Ausspannen vom Stress ihres Berufes.

Kaatje war Tierärztin in Bremen und verdiente gut. Sie verarztete nur Kleintiere, in Notfällen aber auch mal Tiere in Massentierhaltung. Sie hatte sich damals in Bekämpfung von Tierseuchen ausbilden lassen, weil antibiotika-resistente Krankheitserreger aus dieser Intensivmast für Menschen gefährlich waren. Die Keime könnten über den Feinstaub ungefiltert aus den Mastanlagen in die Umwelt gelangen und schwere Entzündungen erzeugen. Deshalb trug Kaatje auch immer einen Ganzkörper-Schutzanzug, wenn sie mal für einen Kollegen in einem Mastbetrieb einsprang. Dass sie diesen Schutzanzug auch mal anders verwenden würde, hätte sie sich damals nicht träumen lassen.

Aber eigentlich hatte sie gut zu tun in Bremen. Da gab es Patienten genug. Gelenke kaputt, Fettleibigkeit, falsche Ernährung, zu wenig Auslauf, im Grunde genau die Leiden, die Menschen auch haben. Kaatje lachte laut auf. „Aber sag das mal einem Herrchen oder Frauchen“, dachte sie und eilte die Treppen des „Hotel Isarkutter“ hinunter. Sie hatte sich dort für eine Woche eingemietet, in München, fernab von Bremen und ganz nah zwischen Bergen und Natur. Herrlich, ein Sommerurlaub in München, Ende Juli.

Der Englische Garten gehört zu den größten Parkanklagen der Welt. Knapp 400 ha Grünanlage, im NordOsten von München, am Westufer der Isar“ hatte sie in der Schule gelernt. Ob er immer noch einer der größten der Welt war? Sie wusste es nicht. War auch nicht wichtig. Mitten in München und mit so vielen Attraktionen, das war ihr wichtiger.

Biergärten, staunenswerte Ausblicke, Liegewiesen und Scharen von fröhlichen Menschen begegneten ihr auf ihrem Weg zum Eisbach. Im Sommer war hier Hochbetrieb und eine Erfrischung im Eisbach angenehm. Sie aber nahm ihr Handy aus der Hosentasche und startete ein Filmchen. Surf-Action am und im Eisbach. Fantastisch. Manche Surfer konnten sich minutenlag auf der Welle halten, ehe sie in die Fluten eintauchten und ihr Glück erneut versuchten.

Nach fast einer Stunde taten Kaatje die Beine weh und sie machte sich auf zu einem Café. Auf den großen Wiesen staunte sie über Federball, Jogger, viele Hunde und jede Menge Radfahrer. An einem Biergarten mit Seeblick hielt sie inne. Biergarten war auch gut. Passte. Und ein Päuschen hatte sie jetzt bitter nötig.

Sie hatte Glück. Ein Pärchen stand gerade auf, winkte ihr zu und überließ ihr den Tisch mit einem fantastischen Blick auf den See. Hmmm, leckere Gerichte standen auf der Speisekarte und sie hatte Hunger. Oder doch nur Kaffee? Kaatje überlegte kurz, ob ihr Bruder wohl mit den beiden Irischen Wolfshunden in ihrem Haus zurecht kam. Thure hatte sie nämlich gefragt, ob er die Woche in ihrem reetgedeckten Hof am Rande von Bremen wohnen könnte, während sie in München war. Er würde dafür auch auf Pan und Amos aufpassen und sie versorgen.

Ob sie ihn mal anrufen sollte? Dann konnte sie hier auch in aller Ruhe essen und vielleicht doch mal in ihren Facebook-Account schauen. Eigentlich wollte sie das diese Woche vermeiden. Aber man wusste ja nie...

Sie bestellte sich eine Bärlauchcrémesuppe, danach den Baby-Steinbutt mit Kräutern, Knobi und Zitrone und als Getränk ein Radler. Es gab sogar BioEis in den Geschmackssorten Ingwer, Pflaume-Zimt und Gries-Sahne. Vielleicht passte am Ende noch etwas rein in ihren Magen. Und wenn nicht - sie war ja noch drei ganze Tage in München und man musste es nicht übertreiben.

Während Kaatje auf ihre Leckereien wartete, klingelte sie bei Thure durch, aber niemand ging ran. Typisch für Thure.

Dann tippte sie fast verschämt auf das weiße f im blauen Quadrat in ihren Apps. Erschrocken tat es ihr sofort leid. 38 Benachrichtigungen, 17 Nachrichten und eine Freundschaftsanfrage. Nach nur drei Tagen. Eine Freundschaftsanfrage? Wer das wohl sein könnte? Einige Patienten waren mit ihr befreundet. Und sie bestätigte diese Freundschaften immer. Man wollte sie ja als Patienten behalten. Meistens posteten sie dann Hundebilder oder Katzen, Mäuse und Hamster und somit völlig ungefährlich und bei FB-Usern durchaus beliebt.

Als sie schaute, wer da die Anfrage gestellt hatte, wurde ihr schlagartig übel. Emma Larssen!!! Das durfte doch gar nicht wahr sein. Die alte Hexe, dass die sich das traute. Larssen. So hieß sie jetzt, wie Meeno. Larssen. Nicht mehr Greiner.

Als die Bärlauchsuppe serviert wurde, konnte Kaatje gerade noch alles bezahlen, sich entschuldigen und mit wackeligen Beinen in ihre Pension fahren, mit einem Taxi. Dort nahm sie eine Valium und legte sie sich auf ihr Bett.

Tagebuch Kaatje

Liebes Tagebuch,

mir ist immer noch ganz schlecht. Ich kann es kaum fassen. Jahre lang habe ich versucht, Meeno und diese Emma zu vergessen, eher zu verdrängen, und dann finde ich heute von ihr in meinem Urlaub eine Freundschaftsanfrage bei FB vor. Unglaublich.

Meeno, mein geliebter Meeno, wie verliebt waren wir seit der Zehnten. Wir waren DAS Paar, das TRAUMPAAR der Schule. Meeno hat mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen, mich überall als seine „Freundin for ever“ vorgestellt, ich war bei seinen Eltern fast schon die Schwiegertochter. Und dann kommt zu Beginn der Elften dieser Barbie-Verschnitt mit Supertaille und langem wallenden Haar in blond zu uns in den Jahrgang.

Hey, Leute, ich komme aus München und bin nun bei euch im Jahrgang. Ich bin Emma“.

DAS waren ihre Worte. Ich sah Meenos Gesicht und wusste sofort, ich hatte verloren. IHN verloren. Und sie hatte ihn gewonnen. Einfach so. Mit „Hey, Leute, ...“

Als ich heute die Anfrage fand, da fragte ich mich, ob ich deswegen vielleicht in München war. SIE kam aus München. Vielleicht wollte ich hier gar nicht relaxen, Berge und Natur sehen? Vielleicht wollte ich immer noch den Schmerz fühlen, auffrischen? München, da lebte sie.

Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich Meeno noch vermisse, nach all’ den Jahren....

Als Dr. Schuster, unser Politik-Lehrer, mit uns die Bildungsfahrt nach Berlin plante, da wusste ich noch nichts von unserer Liebe, von Meeno. Meeno war in der Parallelklasse, in der 10F, und die Berlin-Fahrt war aus Kostengründen mit der 10F und der 10L zusammen geplant. Franzosen und Lateiner. Na toll.

In Berlin stand einiges auf dem Plan. Historische Gebäude und Orte wie Reichstag, Brandenburger Tor, die Straße unter den Linden, die Humboldt-Universität. Darüber hinaus waren Informationen über die Schattenseiten des SED-Staates und Funktion und Funktionieren des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) mit seinem Überwachungssystem eingeplant. Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, die ehemalige Untersuchungshaftanstalt der Stasi der DDR, war ebenfalls eines unserer Ziele.

Und dann verteilte Dr. Schuster die Referate. Immer einer aus der 10F zusammen mit einem aus der 10L. Meeno und ICH. Ja, das war der Anfang.

Und dann? Das Ende? Schmerz? Nach Jahren jetzt eine Freundschaftsanfrage? Ausgerechnet von IHR?

Ich werde nachdenken. Vielleicht kann ich so auch meinen Schmerz vergessen? Ihn aufarbeiten? Mit Emma? Oder wenigstens Meeno wiedersehen? Vielleicht haben sich die Zwei auch schon satt? Wie lange sie wohl verheiratet sind? Ob sie Kinder haben? Kinder, die ich nie von Meeno kriegen durfte?

Werde ich diese Anfrage bestätigen? Ich weiß es nicht. Drei Tage bleibe ich noch in München. Die Zeit nehme ich mir. Dann will ich es wissen, für mich, ob ich es ertragen werde, sie wieder um mich zu haben. Sie zu sehen, von Meeno zu hören, zu wissen, er liebt jetzt SIE. Oder tut er das gar nicht? Hoffe ich DAS?

Emma wird schwanger

Als Emma erwachte, stieg eine unbekannte Übelkeit in ihr hoch. Ihr Mund füllte sich spontan mit einer Art Wasser und sie hatte nur noch wenig Zeit, um ins Bad zu stürzen und sich die Hand vor den Mund zu halten. Mehr schaffte sie nicht. Es sprudelte durch ihre Finger hindurch, auf die Fliesen und klebte dann an ihrer rechten Hand. Igitt. Was war das? Kleine graue Stückchen machte sich auf den Fliesen breit und saurer Geruch verbreitete sich im Bad.

 

Emma setzte sich auf den geschlossen WC-Deckel und zupfte sich einige Blätter Klopapier ab. Damit reinigte sie ihre klebrigen Finger. Boah, dachte sie, wie ekelig war DAS denn?

Langsam kam sie wieder zu sich und schüttelte die Übelkeit ab. Ob sie tatsächlich schwanger war? Aber sie hatte doch ihre Periode gehabt, bis jetzt, regelmäßig. Das hatte sie schon einigermaßen traurig gestimmt. Sie wollte ein Baby, jetzt, jetzt sofort. Von Meeno. Und wenn sie dann mit dickem Bauch vor Kaatje stehen könnte und sagen würde: „Komm, Kaatje, fühl mal, es strampelt schon“, DAS wär der Hammer.

Jetzt Kaffee? NEIN, sie brauchte Gewissheit. Kaffee hin, Kaffee her. Den konnte sie auch noch bei Tchibo trinken. Sie griff zum Hörer und telefonierte mit ihrem Gyn.

Sofort? Ja? Wunderbar. Bin in einer Stunde da.

Dr. Lasse Ambroser war mit Meeno befreundet. Lasse hatte sich ein Patent für eine besondere Schnittführung bei Kaiserschnitt-Geburten bei Meeno patentieren lassen und verdiente sich damit eine goldene Nase. Sonst hätte sie in Hamburg nie sofort einen Termin bei ihm bekommen. Er war DER Gynäkologe in Blankenese.

Knapp 70 Minuten später saß Emma dem Arzt gegenüber und wartete aufgeregt auf das Ergebnis. „Herzlichen Glückwunsch, Emma. Da wird sich Meeno aber freuen. Du bist schwanger, in der 9. Woche.“

Emma berichtete ihm, dass sie ihre Periode aber regelmäßig gehabt habe. „Emma, das gibt es wohl mal. Keine Sorge. Bei mir bist Du in den besten Händen. Und Du wirst sehen, alles geht gut.“

Kann man schon sehen, was es wird?“

Dr. Ambroser lachte. „Emma, Emma, wie alle Frauen, diese Frage. Ist es wichtig? Willst Du ein Kind oder eine bestimmte Sorte Kind?“

Etwas verschämt antwortete Emma: „Es ist nur wegen des Namens.“

Sei ehrlich, das ist eine Ausrede. Wie ich Dich kenne, wünscht Du Dir einen kleinen Meeno. Stimmt’s? Ich weiß doch, wie Du ihn vergötterst.

Aber in den ersten Wochen ist es nicht leicht, das Geschlecht mit Sicherheit zu bestimmen. Im frühen Entwicklungsstadium sehen alle Embryos gleich aus. Ungefähr ab der 11. Woche ist es möglich, einen Unterschied zwischen den Geschlechtern zu erkennen. Die beste Zeit dafür ist aber die 20. Woche. Dann machen wir einen erneuten Ultraschall und dann sage ich Dir, was Du bekommst. Vorher ist es auch nur Spekulation, denn Irrtümer sind nicht ausgeschlossen.“