Akrons Crowley Tarot Führer

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Liber 77714 und weitere Korrespondenzen

Verborgenster Keim allen Lebens Schlangen Plan, Jungfrau, der Eremit geht, ein stummer Kastellan.

Titel: Der Magus der Stimme der Macht – Der Prophet des Ewigen

Bild: Ein in Gewand und Kapuze gehüllter Alter, der eine Lampe und Stab mit sich trägt

Zahl: 10, 20 (ausgeschrieben)


Buchstabe: Jod/​Iod/​Yod = I/​J/​IVD (Hand). Der Alte ist dem Buchstaben Jod zugeordnet, der Hand bedeutet. Seine Hand trägt das Licht. Dieses wiederum symbolisiert Erkenntnis und auf der höheren Stufe innere Weisheit und Versenkung.

Pfad: 20 von Chesed nach Tiphareth. ChSD steht für Verdichtung und Kristallisierung und TPhRTh für die innere Mitte, die Sehnsucht in Erkenntnis transformiert. Tiphareth symbolisiert auch das erkennende Bewusstsein,

Gottheiten: Kronos, Hüter der Zeit, oder Thot und sein hellenistisches Derivat Hermes Psychopompos, Führer der Seele in die Unterwelt (Hermes engl. Hermit = Eremit)

Mythen: Methusalem, der älteste der biblischen Urväter, Nestor, der weise Ratgeber des Agamemnon oder Diogenes in der Tonne, der auf Alexanders Angebot, ihm einen Wunsch zu erfüllen, nur bat: Geh mir aus der Sonne!

Symbole: Ashram, Kloster, Zölibat, Einöde, Wüste, einsamer Gipfel; die Kerze als Synonym für Kontemplation und die Laterne als Platzhalter für die Suche nach der verborgenen Wahrheit oder dem ewigen Licht

Kultstätte: Athos (Heiliger Berg), eine griechisch-orthodoxe Mönchsrepublik das die Gottessehnsucht – die Spiegelung der Ketherspähre – in das Gottesbewusstsein transformiert.

Götter: Isis, die Jungfrau, Attis, der sich selbst verstümmelnde Gott, Vesta, die Jungfrau-Göttin, Ceres, Flora und Adonis

Pflanzen: Schneeglöcklein, Lilie, Narzisse

Krafttiere: Rhinozeros – im Dhammapada (Anthologie von Aussprüchen Buddhas) ist es das Emblem des Einsiedlers (alle Tiere, die Einzelgänger sind oder sich der Vereinigung mit anderen verweigern)

Edelstein: Peridot

Wesen: Seejungfrauen, Banshees (weiblicher Geist oder Geistfrau in weißem Gewand und langem weißen Haar, mit rotgeweinten Augen, die Tot und Trauer ankündigt – irisch-gälische Überlieferung)

Dämonen (Qlipoth): Tzaphiriron, die Kratzenden (verfaulende lebendige Hüllen in der Erde)

Magische Kräfte: Unsichtbarkeit, Jungfernzeugung, Initiation

Magische Waffen: Die Lampe und der Stab (der die virilen Kräfte zurückhält), das Brot

Parfüm: Narzisse

Drogen: Anaphrodisiaka (Kräuter, die das sexuelle Verlangen dämpfen)

Geomantie: Conjunctio

Gematrische Korrespondenzen

10: langsames Vorgehen, allein, isoliert, Höhe, Hoheit, Hochmut, Majestät, fliegen, schweben, Fenster, Wolf, Busen

20: Bruderschaft, Darlegung, Krankheit, Tinte, eintreten, ins Dasein gesetzt werden, Unfall, Verderben, durchdringen, Seher, Prophet

Ritual: Fasten, Meditation, Kontemplation

Sabbat: Wintersonnenwende (aus tiefster Dunkelheit zum Licht)

Kraftsteine: Onyx, Kristall, Diamant (ein in Gold gefasster und in Onyx eingelassener Diamant symbolisiert das in die Dunkelheit geborene Licht)

Räucherwerk: Wacholder, Weihrauch, Wermut

Malerei: Die Nachtwache von Rembrandt

Musik: Gregorianische Gesänge oder Franz Schuberts Winterreise

Schrift: Bergpredigt (Matth. 5 – 7) oder das Nachtwandlerlied aus Zarathustra von Friedrich Nietzsche

X – Glück


Das einzig Beständige ist das ewig sich Verändernde.

Die Herren des Karmas: Schicksalsrad, Schicksalsuhr, Rad des Samsara

Astrologie: Uranus, Neptun und Pluto – die Transsaturnier oder karmischen Planeten

I Ging: 50 Ding – Der Opfertiegel

Rune: Hagalaz (Hagel) bzw. Hagal (All-Hag = Welt-All) allegorisiert die Nabe des Spinnrads und damit die sich auswirkende Ursache, die Vergangenheit und Zukunft verbindet.

Licht: Glück, Veränderung, unerwartete Wendungen, vertiefte Selbsterkenntnis, Karma-Einsicht, Erfassen der inneren Zusammenhänge

Schatten: Aufbegehren und Verzweiflung im Kampf gegen die Herren des Karmas; Wendung zum Bösen durch Ablehnen des Schicksals

Farben: Violett, Blau, sattes Lila, Hellblau mit gelben Strahlen (Liber 777)

Planet: Jupiter – das Element des Glücks, der unberechenbare Faktor. (Buch Thoth)

Kurzbeschreibung: Glück1 ist eine dynamische Karte, die Bewegung in den Ablauf der Dinge bringt. Obwohl in ständiger Drehung, bleibt das innerste Zentrum doch von jeder Veränderung unberührt. Deshalb ist hier auch nicht von profanem Glück, sondern von schicksalhaften Veränderungen die Rede. Glück oder Glücksrad ist der bildhafte Ausdruck jener zentrifugalen Kraft, die den kosmischen Schöpfergeist aus sich selbst hervorbringt, und ebenso jener zentripetalen Energie, die die Auswirkungen dieser Hervorbringung wiederum in das Gefüge des großen Ganzen einbindet. Alles ist einem steten Wandel unterworfen, und durch die Nabe des Rades müssen wir unseren Blick auf die Gesetzmäßigkeiten richten, die für dieses Wechselspiel verantwortlich sind. Gleichzeitig ist am unteren Rand auch eine Hand zu erkennen als Symbol des persönlichen Willens, der das Rad antreibt: die in den Taten der Menschen manifestierte Essenz, die gleichermaßen Ursache und Wirkung ist. Denn das aus allen kosmischen Handlungsfäden sich unablässig knüpfende Schicksalsmuster ist gleichzeitig die Grundlage, auf der sich das Ganze in sich selbst drehend bewegt. Das heißt: Wenn das Rad die Gegenwart ist, die sich beständig in die Zukunft dreht, dann ist die Gegenwart der Schöpfungsnabel, wo sich Zukunft durch Verwandlung von Vergangenheit erzeugt.2 Auf welcher Seite wir das Rad erleben ist nicht so sehr eine Frage äußerer Ereignisse und Gegebenheiten als vielmehr eine Frage unserer inneren Bereitschaft, uns auf Veränderungen einzulassen.

Analyse

Nach der Verinnerlichung der Weisheiten des Eremiten steht dem Helden auf seiner Entwicklungsreise jetzt der Schritt hinter die Kulissen des Schicksals bevor. Die Karte repräsentiert das Universum aus Sicht der ewigen und unabänderlichen Verwandlung: Glück verkörpert im traditionellen Sinn das Rad oder die Nabe (des Wagens3), um die sich die menschliche Entwicklung dreht. Sie illustriert das Ewige in den Gesetzen der Kausalität und die unerwarteten Wendungen. Die Blitze sind die Gewichte an der Pendüle, die den Pulsschlag des Göttlichen in die Tiefe ziehen – das Rad selbst ist das Zifferblatt des Ewigen in der Einbindung in Zeit. Erst die Einsicht, dass die Karte nichts anderes darstellt als die (Zeit-)Achse des (Wagen-) Rades, auf dem sich die kollektive Entwicklung oder menschliche Evolution bewegt, macht uns durch die Brille des Eremiten für eine viel tiefere Erkenntnis bereit. Crowley schreibt: Im oberen Teil der Karte ist der Sternenhimmel (horizontales Rad) abgebildet. Die Sterne erscheinen verzerrt, obwohl sie sich im Gleichklang befinden, einige besitzen einen strahlenden Glanz und andere sind dunkel. Von ihnen gehen durch das Himmelsgewölbe ziehende Blitze aus, die das Firmament heftig erschüttern und es in eine Masse von blauen und violetten Federn verwandeln.4 Das heißt: Es geht nicht nur darum, die Welt nach den Prinzipien von Ursache und Wirkung zu betrachten. Es geht auch darum, zu begreifen, dass sich jede Ursache als Wirkung einer älteren Sache auf eine immer weiter zurückliegende Voraussetzung zurückführen lässt, und das große vertikale Rad in der Mitte den Aufriss des horizontalen Rades am oberen Kartenrand darstellt, das sich gleichzeitig zu seiner Drehbewegung auch wie eine Spirale schraubenförmig von unten nach oben bewegt.1 Die Frage ist ähnlich wie beim Universum und beim Narren: Was war zuerst – das Huhn oder das Ei? Ist es das Schicksal von außen, auf das die Menschheit reagiert, oder ist es das Schicksal von innen, das sich – wenn man beispielsweise die Probleme im Nahen Osten bedenkt – über das Ineinandergreifen der Zahnräder kollektiver Zusammenhänge nach außen wälzt und dort als Quasi-Ereignis erscheint, damit die Menschen im dualen Erleben einen Grund haben, der ihnen die Sicherheit vermittelt, handeln zu müssen, was ihnen wiederum als höheres Schicksal erscheint? Dann wäre das alt-indische Sonnen- und Fruchtbarkeitszeichen mit seinen aus allen Speichen hervortretenden Energiewirbeln, das auf alte Feuerräder zurückgehen soll, möglicherweise nur ein virtueller Hilfspunkt im grenzenlosen Chaos der Vorstellungen zum Zweck, uns im Dschungel der seelischen Irrationalität die Sicherheit einer höheren Vorsehung an die Hand zu geben (die spirituelle Täuschung obläge dann dem Hierophanten). Aus Sicht des göttlichen oder nach Gott strebenden Menschen bedeutete diese Variante aber eine Katastrophe: Schicksal bzw. Vorstellung von Schicksal wäre dann ein letztlich unbedeutender Punkt, der weder seelisch noch karmisch fixiert ist, sondern einfach unsere in die kulturellen und sozialen Strukturen eingebundene individuelle Prägung darstellt, die sich in den jahrtausendealten Prozessen unserer Entwicklung niedergeschlagen hat.

 

Auf dem vertikalen Rad finden wir drei ägyptische Gottheiten als Ausdruck von Sein, Werden und Vergehen: Hermanubis, das gestaltende und initiative Affenwesen, Typhon, das zerstörerische und rückblickende Krokodil, und auf dem höchsten Punkt die alles miteinander verbindende Sphinx, die die Polaritäten im Gleichgewicht hält.2 Zusammen stellen sie die drei Energieformen dar, wie sie uns von den drei obersten indischen Göttern her bekannt sind: Brahma, den Schöpfer, Vishnu, den Bewahrer, und Shiva, den Zerstörer. Diese Dreiheit, die das ewige Rad von Werden und Vergehen in Bewegung hält, macht deutlich, dass sich Anfang und Ende nicht bekämpfen, sondern einander ergänzen. Im hinduistischen Weltbild werden sie auch als die drei Gunas (Rajas, Tamas, Sattwas) bezeichnet, die permanent ineinander übergehen. Das ist ähnlich wie bei Zahnrädern: Das eine springt hervor und das andere weicht zurück, und so greifen sie in Projektion und Gegenprojektion ohne Ende ineinander über, bis sich etwas löst oder bricht, oder bis ein gnädiger Gott am Ende aller Tage einen dicken Knüppel ins Schicksalsgetriebe wirft. Sehen wir sie uns näher an: Auf der rechten Seite Typhon, von dem Crowley schreibt: Er war ein Monster der Urwelt und verkörperte die zerstörerische Macht und Gewalt der Vulkane und Taifune.5 Als Zeichen, dass die von ihm verkörperte Energie der Zerstörung immer auch einen Keim von Aufbau und Entwicklung in sich trägt, hält er einen Ankh und einen Krummstab in den Händen. Letztlich ist er es, der sich in die Tiefe fallen lässt und dem Rad dabei den ersten Schwung versetzt.3 Er ist der Sohn, den die Erdmutter Gaia von Tartaros empfing, und selbst Vater des dreiköpfigen Höllenhundes. Mit dem Ziel, die Götter zu stürzen, kämpfte er gegen die Olympier, wurde letztlich aber von einem Blitz erschlagen und unter dem Ätna (Sizilien) begraben, in dessen Grollen man heute noch seine Stimme aus dem Hades vernimmt. Die Blitze sind Zeus zugeordnet, den Crowley als Jupiter mit dieser Karte gleichsetzt: Sie gehen vom speichenlosen Rund (horizontales oder himmlisches Rad) im oberen Fünftel der Karte aus, und die Energiewirbel sind das Resultat der beständigen Drehbewegung.

Diesem Absturz in die Unterwelt steht diametral Hermanubis gegenüber, der durch Typhons Abschwung auf der anderen Seite wieder emporgeschleudert wird, wo er auf dem höchsten Punkt des Rades der mit einem Schwert bewaffneten Sphinx begegnet. Crowley nennt ihn Hermanubis, was auf den ägyptischen Gottesnamen Heru-em-Anpu zurückgeht, der ursprünglich eine Verbindung aus dem Himmelsgott Horus und dem Unterweltsgott Anubis war. Im Grunde sind beide zwei verschiedene Ausformungen eines gleichen Archetyps, und es ist nur die Drehung auf dem Lebensrad, die die verschiedenen Stimmungen oder Lebensabschnitte hervorhebt. Auf einer tieferen Ebene streicht die Karte die schon beim Eremiten formulierte Erkenntnis noch einmal hervor, dass nämlich das sich selbst in den Mittelpunkt stellende Ego seine Haltung während der zweiten Lebenshälfte zugunsten des Selbst aufgeben muss, will es nicht wie Typhon in die Tiefe gerissen werden. Durch die Bereitschaft, seine bewusste Kontrolle abzugeben, wird es dann wie Hermanubis auf der anderen Seite wieder heraufgetragen, bis es von der geheimnisvollen Sphinx auf der obersten Spitze des Rades mit der Botschaft empfangen wird: Wenn du dich schon gezwungen fühlst, deinen Willen den Göttern zur Verfügung zu stellen, dann wisse wenigstens, dass ich dich immer ans Ziel deiner Wünsche bringe – was auch immer das für dich bedeutet! Crowley erläutert das so: Diese Karte entspricht dem Buchstaben Kaph, der »Handfläche« bedeutet und in deren Linien man das Schicksal ihres Eigentümers herauslesen kann. Es wäre eine engstirnige Betrachtungsweise, Jupiter als Symbol des guten Schicksals anzusehen, er repräsentiert das Element des Glücks. Den unberechenbaren Faktor.6

Halten wir gemeinsam fest, was uns der Geist dieser Karte zu sagen hat: Die positive Bedeutung jeder Entwicklung ist die Annahme des Schicksals zugunsten der tieferen Entwicklung des Selbst, auch wenn das vom kurzsichtigen Ego als Niederlage oder sogar Tod empfunden werden kann. Für das unreife Ich mag es ein schwarzer Tag sein, wenn ihm dämmert, was für Schmerzen die Konsequenzen seines Handelns seiner Seele zufügen können. Für das reife Bewusstsein ist es jedoch ein höchst erfolgreicher Moment, wenn es begreift, dass seine Herrschaft nur eine Schimäre ist und jede neue Schicksalsdrehung im Grunde nur vom Schatten her beginnen kann. Es ist die in allen Mythen überlieferte Blindheit der Seher, denn zu jedem erfolgreichen Neuaufbau gehört auch die vorangegangene Zerstörung, damit sich die Bewegungen im Gleichgewicht halten. Das »blinde« Rad mit den drei unbewussten Gestalten impliziert, dass jede neue Serpentine ihren Ursprungsort dort haben muss, wo der Verstand am wenigstens in der Lage ist, einzugreifen. Wüsste der Mensch um die oft schmerzhaften persönlichen Konsequenzen, derer die Entwicklung nun einmal bedarf, so läge es auf der Hand, dass das von Ängsten und Schuldgefühlen besetzte Ego mit seinem grundsätzlichen Widerstand gegen jede Art von Veränderung sein entschiedenes Veto einlegen würde. Das Dunkle ist aber nicht der Widerspruch zum Hellen, das durch das Helle vermieden wird, sondern eine Seite des Hellen selbst, damit sich das Rad bewegen kann.

Weiterführende Bemerkungen


1 Arthur Edward Waite beispielsweise hat diesen denkerischen Widerspruch, den Crowley in seiner vertikalen-horizontalen Radverbindung dreidimensional andeutet, auf der allegorischen Ebene zweidimensional gelöst. Auf dem äußeren Kreis seiner Tarotkarte sehen wir das Wort TORA oder ROTA aufgereiht, je ein Buchstabe für jede Himmelsrichtung, dazwischen die hebräischen Chiffren JHVH für Gott. Im inneren Kreis finden wir die alchemistischen Symbole für Schwefel, Salz und Quecksilber sowie für das Element Wasser. Wenn man sich das Rad in Bewegung vorstellt, kann man aus den vier Buchstaben des Wortes T + O + R + A den von Paul Foster Case kombinierten Satz ROTA TARO ORAT TORA ATOR herauslesen, der offenbart: Das Rad des Taro verkündet das Gesetz Ators (eine ägyptische Göttin, die auf der Frequenz der Isis = Hohepriesterin schwingt).

2 Hermanubis und Typhon, die uns schon in den Karten 1 + 0 begegnet sind, bilden zusammen die Karte 10. Zuerst ist der Urgrund (= 0), dann folgt die Tat (= 1), und die alles im Netz des Kosmos miteinander verbindende Kraft ist die Auswirkung der Tat, die wieder zum Urgrund zurückstrebt, um daraus neu auferstehen zu können (= 10). Anders gesagt: Null ist das Meer, die Eins die Welle und die Zehn das Gesetz, das die Welle wieder ins Meer zurücksinken lässt und eine neue Welle hervorbringt. Deshalb fließen in die Erlebnisse, die wir zu irgendeinem Zeitpunkt an irgendeinem Ort haben, immer auch die Erlebnisse aller anderen möglichen Erlebnisformen mit ein. Jede unserer Erfahrungen auf dem Lebensrad wirkt sich umgekehrt auf Vergangenheit und Zukunft aus und ist somit ein lebendiger Teil unserer Entwicklung, gerade so, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings zu einem Tornado führen7 oder ein ins Meer geworfener Felsbrocken an einem anderen Ort Überschwemmungen auslösen kann.


3 Crowleys Verteilung der »Energien auf dem Rad« ist nicht ganz schlüssig: Typhon, die Trägheit, bringt auf dem Bild das Rad in Schwung, und Hermanubis, der Antrieb, verlangsamt die Bewegung durch sein Gewicht. Man kann es vielleicht so sehen, dass Hermanubis durch seine Masse den Schwung verstärkt und Typhon mit seinem Krummstab und dem Henkelkreuz, das Malkuth berührt, die Bewegung durch das Festklammern am Erdhaften bremst.

Eine weitere Zuordnung zu den drei archetypischen Gestalten ist die der alchemistischen Qualitäten Sulfur, ☿ Merkur und ⊖ Salz, wobei die Sphinx den Schwefel, der Hermanubis-Affe das Quecksilber und Typhon das Salz repräsentieren.

Andere Verbindungen
Zeit und Ewigkeit

Der Magier ist das, was wir glauben zu sein, der Kaiser das, was wir hoffen, zu werden, und das Glück oder Schicksalsrad schließlich das, was dazwischen liegt: die Differenz zwischen dem, was wir sind und dem, was wir sein wollen. Wir erkennen in diesem Themenkomplex auch eine gewisse Nähe zur Ausgleichung, die uns zeigt, warum die Dinge so geschehen, wie sie geschehen. Auch zum Kaiser und Hierophanten führen gedankliche Vernetzungen: Beide bewahren uns vor der »sinnlosen« Freiheit, denn indem alle Muster des Lebens miteinander verwoben sind und jede Handlung eine andere auslöst, erschaffen die Wirkungen aller Muster ein Oberpriester-Richter-Muster, in dem sich die Muster selbst betrachten und sich gegenseitig erlösen oder verdammen können.8 Wenn wir dieses Spiel durchschauen, das die Schöpfung mit sich selbst spielt, durchschauen wir auch die Falle, die sich selbst fängt: die kollektiven Verhaltensmuster, mit denen wir die Welt gestalten, damit diese immer mehr so wird, wie wir sie uns vorstellen. Der geistige Kokon von Erwartungen reproduziert normalerweise die Tendenz, das sehen zu wollen, was wir von der Welt erwarten. Das ist der Bewusstseinsstoff, aus dem unsere Bilder sind: die Ping-Pong-Spiele unseres Kombinationsvermögens mit den anerzogenen Vorstellungen auf der Verstandesebene.

Im Grunde erscheint uns Zeit nur deshalb als Zeit, weil wir sie mit äußeren Dingen verbinden und dabei die Veränderung der Ereignisse sehen – die Räume zwischen der Veränderung –, die wir als Zeit definieren. Die Zeitschiene selbst ist unsichtbar, da wir uns ja stets auf einen (Zeit-)Punkt konzentrieren und unsere Perspektive immer nur auf den schmalen Ausschnitt zwischen Vergangenheit und Zukunft (= Gegenwart) ausrichten. Wir müssen daher wissen, dass alles, was wir wahrnehmen, gerade davon abhängt, an welchem Punkt auf dem Glücksrad sich unser Fokus befindet. Die Nabe mit der Sonne in der Mitte ist das Kontinuum unseres Raum/​Zeit-Empfindens zwischen Narr und Universum, das sich uns als eine Reise zwischen Zeugung und Erlösung darstellt, und unsere aktuelle Wahrnehmung entspricht der Stelle auf dem Rad, an der wir uns in unserer Umdrehung unserer Ansicht nach bewegen.9 Die ruhelosen Speichenräder des Großen Schicksalsrades singen: Wir sind die Boten dessen, was die Menschen die langsam aufkeimende und stetig wachsende Bewusstwerdung tief in ihrem Unbewussten nennen, und durch uns beginnen sie sich ein Bild von den gesellschaftlichen Prägungen durch die Schicksalsmächte in der kollektiven menschlichen Psyche zu machen. Das heißt: Der Verstand als Chefarchitekt unserer Wirklichkeitskonstruktion ist mit nichts anderem beschäftigt, als die angelernten Muster unserer Vorstellungen irgendeinem Punkt auf dem Rand des Rades zuzuordnen, damit sich ein Gefühl von Kontrolle einstellt. Obwohl wir meistens nur den durch das Bewusstsein huschenden Mustern hinterher schauen, gewinnen unsere Konstruktionen in dem Maß an Stabilität, wie es uns gelingt, das Unfassbare auszuschließen oder wenigstens zu einem Teil des Fassbaren zu machen.