Die dentale Trickkiste

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Materialliste

1 Luxatoren (Fa. Optima Dental, Kümmersbruck).

2 MTI-System (Fa. Dentatus, Hägersten, Schweden; Vertrieb in Deutschland: Fa. Gert Loser, Leverkusen).

3 Metallkleber (DTK-Kleber, Fa. Bredent, Senden; Alternative: Nimetic, Fa. 3M Espe, Seefeld).

Die aufzementierte Überkrone
Problem: An einer intakten festsitzenden Brücke ist die Verblendung des Brückengliedes ausgebrochen

An einer Seitenzahnbrücke aus dem Jahre 1989 ist die Verblendung am Zahn 46 ausgebrochen (Abb. 1). Ansonsten ist die Brücke intakt – Kronenränder, Okklusion und Verblendungen im anterioren Bereich sind in Ordnung. Der Patient kommt seit Jahren mit der Brücke sehr gut zurecht. Die ausgebrochene Verblendung stört ihn aber sehr. Was ist zu tun?

Abb. 1 Ausgebrochene Keramikverblendung an einer festsitzenden Brücke

 Muss diese intakte Brücke neu angefertigt werden?

 Was ist die Ursache für den Bruch der Verblendung (Abb. 2)?Abb. 2 Abrasionsgebiss mit ausgeprägten Schlifffacetten

 Kann dies erneut passieren?

 Gibt es eine Reparaturmöglichkeit?

Die erprobte Lösung: Aufzementierung einer Überkrone

Sollte nur ein kleiner Teil der Keramikverblendung ausgebrochen sein, ist die Reparatur mittels Komposit nach Anätzung mit Flusssäure und Silanisierung zu empfehlen (vgl. Beitrag „Bruch einer Keramikverblendung“ in „Quintessenz“ 1/2001 oder in Buch „Die dentale Trickkiste“). Bei größeren Ausbrüchen, wie im vorliegenden Fall, kann dieses Vorgehen meiner Erfahrung nach nur einen kurzfristigen Erfolg bringen. So besteht die Methode der Wahl darin, eine Überkrone anzufertigen und definitiv zu zementieren.

Doch zuerst sollte die Ursache für den großflächigen Keramikbruch am Brückenglied 46 eruiert werden. Dazu stellen wir Ober- und Unterkiefermodelle her und montieren diese zentrisch in unserem Artikulator. Bei der instrumentellen Funktionsanalyse bemerken wir eine ausgeprägte Mediotrusionsstörung, die den Bruch der Keramikverblendung mit großer Sicherheit verursacht hat (Abb. 3 bis 6). Diese muss bei der Wiederherstellung der Brücke durch die Überkrone unbedingt ausgeschaltet werden.

Abb. 3 Vermutliche Ursache für den Bruch: nächtliches Zähneknirschen


Abb. 4 Der Ausbruch am Modell eingezeichnet


Abb. 5 Die instrumentelle Analyse im Artikulator

Abb. 6 Mediotrusionsstörung als Ursache

Am Unterkiefermodell zeichnen wir den Bezirk der ausgebrochenen Keramikverblendung an und planen die Präparation der Überkrone. Bei dieser Präparation gilt es, genügend Raum für die Krone zu schaffen und gleichzeitig eine ausreichende Retention sicherzustellen, damit die Überkrone auf Dauer ein fester Bestandteil der vorhandenen Brücke werden kann.

Mechanische Retention schafft man durch

 vertikale Flächen (Abb. 7),Abb. 7 Retention durch vertikale Flächen

 vertikale Rillen (Abb. 8),Abb. 8 Retention durch vertikale Rillen

 vertikale Retentionspins und

 vertikale Verschraubungen.

In Metall scheiden im Normalfall vertikale Retentionspins und Verschraubungen aus, da sie nur äußerst schwierig präpariert werden können. Probleme bereitet hierbei die harte Aufbrennkeramiklegierung, welche ein Bohren erschwert. Weiterhin ist es kaum möglich, die Bohrungen freihändig parallel zu gestalten. Vom Schneiden eines Gewindes für eine Verschraubung im distalen Bereich des Mundes möchte ich lieber gleich gar nicht reden. Wer dies einmal versucht hat, weiß, wovon ich spreche. So bleiben für die Herstellung einer ausreichenden mechanischen Retention vertikale Flächen und vertikale Rillen.

Die Präparation der Überkrone umfasst folgende Schritte (Abb. 9):

Abb. 9 Präparation

Abb. 10 Zylindrischer Diamant (Grob- und Feinkorn)

Abb. 11 Zylindrischer Kronenauftrenner

 Reduktion des Brückengliedes, um genügend Platz für die Überkrone zu schaffen,

 Präparation der vertikalen Flächen bis in den Bereich der zervikalen Keramikverblendung (Abb. 10),

 Einschleifen der vertikalen Retentionsrillen bukkal und lingual (Abb. 11),

 Kontrolle der Parallelität und

 Finierung der Präparation.

Es wird eine Abformung vorgenommen und im Labor ein Pinmodell hergestellt. Darauf zeichnet der Zahntechniker mit dem Zahnarzt die Präparationsgrenzen an und bringt Platzhalterlack auf. Auf diesem so vorbereiteten Arbeitsmodell wird die Überkrone als metallkeramische Krone hergestellt (Abb. 12a und b sowie 13a bis d).

Abb. 12a und b Arbeitsmodell mit angezeichneter Präparationsgrenze von bukkal (a) und von lingual (b)



Abb. 13a bis d Die fertige Überkrone auf dem Modell von bukkal (a), von lingual (b), von okklusal (c) und von basal (d)

In der zweiten Sitzung erfolgen die Einprobe der Überkrone (Abb. 14) sowie die Überprüfung der Zahnfarbe und vor allem der Passgenauigkeit mit der Spotprobe (vgl. Beitrag „Die systematische Arbeitskette in Labor und Praxis“ in „Quintessenz“ 10/2001 oder in Buch „Die dentale Trickkiste“). Danach wird die Überkrone innen gestrahlt, um die Silikonölreste zu entfernen. Im Mund geschieht dies durch Reinigung der Präparation mit Bürstchen und Bimsstein.

Abb. 14 Die Überkrone wird einprobiert

Der Keramikrand wird mit Flusssäure geätzt und silanisiert (vgl. Beitrag „Bruch einer Keramikverblendung“ in „Quintessenz“ 1/2001 oder in Buch „Die dentale Trickkiste“). Die freien Metalloberflächen der Präparation werden mit einem geeigneten Metallprimer konditioniert (Abb. 15 bis 17).

Abb. 15 Eingliederung

Abb. 16 Porcelain Etch und Silane

Abb. 17 Metallprimer

Zur definitiven Eingliederung ist die adhäsive Zementierung mit einem nicht fließenden adhäsiven Befestigungskomposit zu empfehlen. In diesem Fall wurde der Adhäsivzement RelyX Unicem in Kapseln verwendet. Die Kapsel wird 3 Sekunden lang aktiviert und dann für 10 Sekunden im Kapselmischer durchmischt (Abb. 18 bis 21). Anschließend wird der Zement in die Überkrone eingespritzt, auf die Präparation aufgetragen und mit dem Pinsel verteilt. Cave: RelyX Unicem ist dualhärtend und reagiert auf helles Umgebungslicht mit beginnender Aushärtung. Deshalb sollte die OP-Leuchte gedimmt und helles Direktlicht unbedingt vermieden werden.

 

Abb. 18 Adhäsiver Kapselzement RelyX Unicem


Abb. 19 Aktivierung der Kapsel


Abb. 20 Anmischen der Kapsel im Mischer

Abb. 21 Ausspritzen des Zementes

Der Zementüberschuss kann nach kurzer Belichtung mit der Aushärtungslampe sehr einfach mit dem Scaler entfernt werden (Abb. 22). Nach vollständiger Selbstaushärtung des Zementes innerhalb von 5 Minuten wird die Überkrone bezüglich Artikulation und Okklusion mit der FGP-Einschleifmethode adjustiert und abschließend poliert (Abb. 23a bis d).

Abb. 22 Definitiv eingegliederte Überkrone

Abb. 23a Aufbringen von Occlusal Indicator Wax. Markierung der exzentrischen Kontakte


Abb. 23b Markieren der FGP-Engramme mit Fettstift (schwarz) und zentrischen Stopps mit Okklusionsfolie (rot)


Abb. 23c Zustand nach selektivem Ausschleifen der exzentrischen Fehlkontakte

Abb. 23d Endkontrolle

Abb. 23a bis d Okklusale Adjustierung nach FGP-Methode

Ein zufriedener Patient dankt es uns, dass wir seine Brücke auf solide Weise wieder instand gesetzt haben (Abb. 24)!

Abb. 24 Ein zufriedener Patient

Materialliste

1 Präparation: zylindrische Grob- und Feindiamanten (Komet, Fa. Brasseler, Lemgo; www.brassler.de) sowie zylindrischer Kronenauftrenner SS White (Fa. American Dental Systems, Vaterstetten, www.adsystems.de).

2 Einprobe: Spotprobe mit Pressure Spot Indicator (Fa. Coltène/Whaledent, Langenau; www.coltene.com).

3 Konditionierung: Porcelain Etch und Silane (Fa. Ultradent, South Jordan, USA; www.ultradent.com).

4 Zementierung: RelyX Unicem (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

5 Einschleifen nach FGP-Methode: Occlusal Indicator Wax (Fa. Kerr, Emeryville, USA; www.kerrdental.com) und Hanel-Okklusionsfolie (Fa. Coltène/Whaledent, Langenau; www.coltene.com).

Die abgebrochene Teleskopkrone
Problem: Ein Teleskopkronenpfeiler ist abgebrochen – was tun?

Ein langjähriger Patient kam in unsere Praxis, weil bei seiner abnehmbaren Brücke der Teleskoppfeiler 23 abgebrochen war. Im Rahmen des zahnärztlichen Notdienstes war die Wurzel am Wochenende trepaniert und offen gelassen worden.

Der Patient hatte die abnehmbare Brücke mit horizontalen Schwenkriegeln im Jahr 1982 erhalten. Seit dieser Zeit kam er problemlos zurecht und war von diesem Langzeiterfolg begeistert (Abb. 1 bis 4).

Abb. 1 Abnehmbare Brücke mit Schwenkriegeln Baujahr 1982 (Okklusalansicht)


Abb. 2 Abnehmbare Brücke (Basalansicht)


Abb. 3 Der frakturierte Kronenstumpf 23

Abb. 4 Der frakturierte Kronenstumpf 23 (Detailansicht)

Wie kann die prothetische Versorgung dauerhaft wiederhergestellt werden?

Die erprobte Lösung: Gegossener Stiftaufbau unter der vorhandenen Innenteleskopkrone

Die Inspektion und das Einzelröntgenbild stellten die Fraktur dar. Es war noch genügend Stumpfhöhe (≥ 2 mm) vorhanden, so dass der Zahn mit einem Aufbau rekonstruiert werden konnte. Weiterhin war der Zahn gangränös und wies eine apikale Aufhellung auf (Abb. 5).

Abb. 5 Zahn 23 im Röntgenbild

Als erste Maßnahme wurde der Wurzelkanal in drei Sitzungen lege artis nach elektronischer Längenmessung mit einer Wurzelkanalfüllung versorgt (Abb. 6 und 7). Für eine Wartezeit von 4 Wochen wurde das Außenteleskop 23 zur Abstützung auf dem Stumpf mit kalthärtendem zahnfarbenem PMMA unterfüttert. Der Zahn war belastbar sowie beschwerdefrei und konnte jetzt mit einem gegossenen Aufbau versorgt werden.

Abb. 6 Der frakurierte Stumpf 23 nach endodontischer Versorgung

Abb. 7 Zahn 23 im Röntgenbild nach endodontischer Versorgung

Das weitere Vorgehen sei im Folgenden Schritt für Schritt beschrieben:

1 Zentral okklusal wurde ein paralleler Kasten mit 3 mm Tiefe präpariert.

2 Die Wurzelkanalfüllung aus Sealer und Guttapercha wurde ca. 15 mm tief entfernt.

3 Mit einer Normbohrung des Parapost-Systems gelb wurde die parallele Bohrung eingebracht. Das Kontrollröntgenbild zeigt die Einprobe des angussfähigen Edelmetallstiftes (Abb. 7 bis 10).Abb. 8 Einprobe des Wurzelstiftes (Bukkalansicht)Abb. 9 Einprobe (Kontrolle im Röntgenbild)Abb. 10 Wurzelstift im Zahn – präparierter Kasten erkennbar (Okklusalansicht)

4 Die Innenteleskopkrone wurde auf Passung einprobiert und der Stift auf die richtige Länge gebracht.

5 Anschließend wurde die Innenteleskopkrone innen zur Isolierung dünn ausgewachst und in der abnehmbaren Brücke verriegelt (Abb. 11 und 12).Abb. 11 und 12 Die Innenteleskopkrone wird ausgewachst

6 Zur Modellation wurde Pattern Resin angeteigt, bis es nicht mehr floss. Eine Portion wurde in den mit Vaselineöl isolierten okklusalen Kasten gefüllt und der Parapost-Stift eingeschoben. Dann wurde die Außenteleskopkrone halb aufgefüllt und die abnehmbare Brücke korrekt verriegelt im Mund platziert (Abb. 13 bis 19).Abb. 13 Isolierung des Kastens mit VaselineölAbb. 14 und 15 Das Innenteleskop – innen sandgestrahlt – wird im Außenteleskop verriegeltAbb. 16 Pattern Resin wird angeteigtAbb. 17 Der okklusale Kasten wird aufgefülltAbb. 18 Einführung des Parapost-StiftesAbb. 19 Die abnehmbare Brücke wird korrekt platziert und verriegelt

7 Die Überschüsse des aushärtenden Materials wurden mit dem Scaler entfernt (Abb. 20).Abb. 20 Entfernung der Überschüsse

8 Nach der vollständigen Aushärtung wurde die Brücke entriegelt und abgenommen (Abb. 21).Abb. 21 Das Innenteleskop nach Entfernen der Brücke

9 Die Innenteleskopkrone wurde vorsichtig mit einer umwickelten Extraktionszange gelockert und herausgezogen (Abb. 22 und 23).Abb. 22 Das Innenteleskop wird mit der umwickelten Extraktionszange herausgezogenAbb. 23 Die Innenteleskopkrone mit modelliertem Aufbau

10 Im Warmwasserbad wurde der modellierte Aufbau aus der Krone entfernt, und vorhandene feine Pressfahnen wurden abgetrennt. Der Aufbau war nun bereit zum Guss (Abb. 24 bis 28).Abb. 24 und 25 In heißem Wasser werden Aufbau und Krone getrenntAbb. 26 Einprobe in die Krone nach AusarbeitungAbb. 27 Der ausgearbeitete Aufbau fertig zum GussAbb. 28 Der Aufbau – bereit zum Einbetten

11 Nach dem Guss (wir verwenden dazu stets hochgoldhaltige Legierungen, eventuell auch Altgold aus Gusskanälen, um einen Kontakt von zwei unterschiedlichen Legierungen zu vermeiden) wurde der gegossene Aufbau ausgearbeitet und unter dem Stereomikroskop in die Innenteleskopkrone eingepasst (Abb. 29 und 30).Abb. 29 Der Aufbau nach dem GussAbb. 30 Der Aufbau – zum Einsetzen bereit

12 Die Einprobe im Mund erfolgte sehr sorgfältig mit Spotproben (vgl. Kapitel „Die systematische Arbeitskette in Labor und Praxis“ im Buch „Die dentale Trickkiste“, S. 95 ff.) bis zur gewünschten Passung (Abb. 31 bis 33).Abb. 31 und 32 Der Stiftkanal wird mit dem Parapost-Bohrer im Handgriff gereinigtAbb. 33 Abgeschlossene Einprobe des Aufbaus

13 Mit dem Glasionomerzement Maxi Cem aus der maschinell angemischten Kapsel wurde der Kanal mit dem Wurzelfüller Pastinject (keine Lentulos – Bruchgefahr) aufgefüllt (Abb. 34).Abb. 34 Einfüllen des Zementes mit dem Wurzelfüller

14 Der Aufbau wurde mit Maxi Cem eingepinselt und durch vorsichtiges Einklopfen eingebracht (Abb. 35).Abb. 35 Der Aufbau wird platziert

15 Die Innenteleskopkrone im Außenteleskop wurde mit Maxi Cem ausgepinselt.

16 Die abnehmbare Brücke wurde korrekt platziert und verriegelt (Abb. 36).Abb. 36 Einsetzen des Innenteleskopes mit der Brücke

17 Nach vollständiger Aushärtung des Zementes wurde die Brücke abgenommen, und die Zementüberreste wurden sorgfältig entfernt.

18 Die Okklusions- und die Funktionskontrolle schlossen den Einsetzvorgang ab (Abb. 37 bis 40).Abb. 37 Röntgenkontrolle der wieder eingesetzten Innenteleskopkrone mit gegossenem AufbauAbb. 38 Die Innenteleskope 13 und 23Abb. 39 Die abnehmbare Brücke in situ – auf die nächsten 20 Jahre!Abb. 40 Ein zufriedener Patient mit wiedergewonnenem Biss – er wollte inkognito bleiben

 

Der Wiederaufbau eines frakturierten Kronenstumpfes kann nur gelingen, wenn durchgehend auf Sorgfalt und Präzision geachtet wird! Dies sollte in dem vorliegenden Beitrag vermittelt werden.

Materialliste

1 Wurzelstift Parapost-System (Fa. Coltène/Whaledent, Langenau; www.coltenewhaledent.de).

2 Aufbauacrylat Pattern Resin (Fa. GC Germany, München; www.gc-germany.de).

3 Provisorisches Unterfütterungspolymerisat Dentalon Plus (Fa. Heraeus Kulzer, Hanau; www.heraeus-kulzer.de).

4 Spotprobenfeinsilikon PSI Indikator (Fa. Coltène/Whaledent, Langenau; www.coltenewhaledent.de).

5 Wurzelfüller Pastinject (Fa. Micro-Mega, Neu Anspach; www.micro-mega.com).

6 Glasionomerzement Maxi Cem in Kapseln (Fa. 3M Espe, Seefeld; www.3mespe.com/de).

Bruch einer Implantatschraube
Problem: Die Vertikalschraube eines Aufbaus ist im Implantat gebrochen – was tun?

1998 war bei einer Patientin die einseitige Freiendlücke im Oberkiefer mit einer implantat-/zahngestützten Brücke versorgt worden. Jetzt stand die Patientin als Notfall in der Tür und hatte zwei Bruchstücke in der Hand. Die Inspektion ergab: Die auf einem Implantat und einem Geschiebe an Zahn 13 verankerte Freiendbrücke 14 bis 16 war herausgebrochen (Abb. 1 und 2). Die vertikale Halteschraube war frakturiert. Das Bruchstück, der untere Teil der Schraube, steckte tief im Implantat (Typ Screw-Vent Innensechskant Titan). Es war sogar ein Teil des oberen Sechskants am Implantatkopf ausgebrochen. Das Freiendglied war abgebrochen (Abb. 3).

Abb. 1 Bruchstücke der Patientenbrücke

Abb. 2 Das tief liegende Schraubenbruchstück im Gewindekanal des Implantates

Abb. 3 Röntgenbild Regio 13 bis 16

In Fällen wie diesem sollte man zunächst sorgfältig über die möglichen Ursachen nachdenken. Eine biologische Ursache schied hier aus, denn die Patientin knirschte nicht. Vielmehr handelte es sich um ein mechanisches Problem: Die vertikale Halteschraube und der Implantatkopf waren überlastet. Darüber hinaus wirkten sicher exzentrische Kräfte auf das angelötete Freiendglied. Die ganze Konstruktion war schlicht und einfach für die Kaubelastungen zu schwach ausgelegt (Abb. 4).

Abb. 4 Die Gesamtsituation mit den einzelnen gebrochenen Komponenten

Solche Situationen werfen stets mehrere Fragen auf:

 Lässt sich das Schraubenbruchstück aus dem Implantat entfernen?

 Kann das Implantat belassen werden?

 Wie soll eine neue Versorgung aussehen?

Die erprobte Lösung: Herausdrehen der Schraube gegen den Uhrzeigersinn

Schraubenbrüche treten immer wieder auf. Dies passiert besonders bei Außensechskantsystemen (Brånemark, 3i, Steri-Oss, Lifecore u. a.) (Abb. 5). Ursprünglich war diese Verbindung zwischen Aufbauteil und Implantat als Sollbruchstelle konstruiert. Bei einer exzentrischen Überlastung sollte die vertikale Halteschraube brechen und das Implantat unversehrt bleiben. Man hat in den ersten Dekaden erfolgreicher Implantologie nicht geglaubt, dass die dentalen Implantate viel größeren Belastungen standhalten könnten, als wir uns das je erhofft hatten.

Abb. 5 Bruch der Schraube bei einem Außensechskantsystem

Bei der Außensechkantkonstruktion wirkt im Falle exzentrischer Belastungen die ganze Kraft auf die vertikale Halteschraube. Diese Schraube allein sorgt für den Halt des Aufbaus, was von der Technik als Kraftschluss definiert wird. Dies überfordert in vielen Fällen die Schrauben, so dass sie sich häufig lockern und bisweilen sogar brechen. Deshalb wurden zu Beginn der 90er Jahre Innensysteme konstruiert, seien es Sechskantsysteme (z. B. Frialit 2) oder das berühmte Tube-in-Tube-System (Camlog) (Abb. 6). Bei diesen Innensystemen wurde im Falle exzentrischer Kräfte durch das Ineinandergreifen größerer, vor allem längerer geometrischer Passformen eine Belastungseinleitung über die Form in den gesamten Implantatkörper erreicht. Die Technik definiert dies als Formschluss (Abb. 7). Bei dieser Art der Verankerung kommt es nur noch sehr selten zur Schraubenlockerung – den Bruch einer Schraube habe ich selbst noch nie beobachtet.

Abb. 6 Konstruktion Innensysteme (Camlog Tube-in-Tube, Frialit 2 Innensechskant)

Abb. 7 Kraftschluss versus Formschluss

Zurück zum Schraubenbruch: Ist das im Gewindekanal des Implantates verbliebene Bruchstück nun fest oder lose? Wenn wir die mechanische Funktion der vertikalen Halteschraube überdenken, bei welcher der Halt des Aufbaus ausschließlich durch die Spannung zwischen dem Kopf der Schraube und ihren Gewindegängen bewirkt wird, kommen wir zum eindeutigen Ergebnis: Das Bruchstück ist lose (Abb. 8)! Wie können wir es nun aus dem Schraubenstollen entfernen, ohne die Gewindegänge und den Kopf des Implantates zu beschädigen?

Abb. 8 Schraubenbruchstück – fest oder lose?