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Leben und Tod Königs Richard des zweyten

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Eilfte Scene

(In Wales.)

(Salisbury und ein Officier treten auf.)

Officier.

Milord von Salisbury, wir haben zehen Tage gewartet, und die gröste Mühe gehabt, unsre Landleute bey einander zu behalten; da wir aber noch immer keine Nachrichten von dem König erhalten, so wollen wir wieder auseinander gehen. Lebet wohl!

Salisbury.

Gedulde dich nur noch einen einzigen Tag, du rechtschaffner Welschmann; der König sezt all sein Vertrauen in dich.

Officier.

Man glaubt, der König sey todt; wir warten nicht länger. Die Lorbeer-Bäume in unserm Lande sind alle verdorben, Wunderzeichen schreken die Fix-Sterne vom Himmel; der bleiche Mond schaut blutig auf die Erde herab, und hagre Propheten lispeln furchtbare Veränderung. Reiche Leute sehen traurig aus, und Bettler und Spizbuben tanzen und springen; die eine, aus Furcht zu verliehren was sie gewonnen haben, die andre, in Hoffnung durch Krieg und Zerrüttung zu gewinnen. Alles dieses sind Zeichen, die den Tod der Könige ankündigen – Lebet wohl; unsre Landleute sind alle wieder auseinander gegangen, und lassen sich nicht benehmen, daß König Richard todt sey.

(Er geht ab.)

Salisbury.

Ach! Richard! ach! mit thränenbeladnen Augen seh' ich deinen Glanz, gleich einem fallenden Stern, vom Firmament zur Erde sinken.

Die Sonne sizt weinend im niedrigen West, und propheceyt Stürme, Unruhen und Unglük. Deine Freunde sind zu deinen Feinden übergegangen, und alle Umstände vereinigen sich zu deinem Verderben.

(Er geht ab.)

Dritter Aufzug

Erste Scene

(Bolingbroks Lager zu Bristoll.)

(Bolingbroke, York, Northumberland, Roß, Percy, Willoughby, mit Buschy, und Green, als Gefangnen treten auf.)

Bolingbroke.

Bringt diese Männer näher herbey – Buschy, und Green, ich will eure Seelen da es nun an dem ist, daß sie von ihren Leibern scheiden müssen, nicht mit so harten Vorwürfen ängstigen, als euer verderbliches Leben verdient hat, denn das wäre Unbarmherzigkeit; aber um euer Blut von meinen Händen zu waschen, will ich hier, vor dieser Versammlung, einige Ursachen eures Todes entfalten. Ihr habt einen Fürsten, den seine Geburt und sein angebohrner Edelmuth zu einem grossen und glüklichen Könige bestimmte, mißgeleitet, verderbt und unglüklich gemacht. Ihr habt ihn durch die Ausschweiffungen, wozu ihr ihn reiztet, in gewissem Sinn von seiner Königin geschieden, die geheiligten Rechte eines königlichen Ehbettes geschmälert, und die schönen Wangen einer liebenswürdigen Fürstin durch die Thränen beflekt, die eure Beleidigungen aus ihren Augen erpreßten. Ich selbst, durch das Glük meiner Geburt, ein Prinz vom königlichen Geblüte, und von dem König, meinem Blutsverwandten, werth gehalten, bis ihr durch giftige Eingebungen mich ihm verdächtig gemacht; ich selbst habe meinen Naken unter euern Verfolgungen beugen müssen, und, das bittre Brodt der Verbannung essend, meinen Engländischen Athem in ausländische Wolken verseufzt; indeß, daß ihr meine Herrschaften aufgezehrt, meine Waldungen und Lusthayne ausgehauen, mein Wappen von meinen Thoren abgerissen, und mir kein andres Zeichen übrig gelassen habt, wodurch ich der Welt zeigen kan, daß ich ein Edelmann bin, als die Meynung der Leute und das Blut in meinen Adern: Dieses und viel mehr, viel mehr als zweymal so viel, verurtheilt euch zum Tode. Sehet, daß ihr Urtheil an ihnen vollzogen werde.

Buschy.

Willkommner ist mir der Streich des Todes, als Bolingbroke England ist – Milords, gehabt euch wohl.

Green.

Mein Trost ist, daß der Himmel unsre Seelen aufnehmen, und die Ungerechtigkeit mit den Qualen der Hölle straffen wird.

Bolingbroke.

Milord von Northumberland, sehet, daß sie abgethan werden – Mein Oheim, ihr sagtet, die Königin befinde sich in ihrem Hause; um des Himmels willen, sorget davor, daß ihr geziemend begegnet werde; sagt ihr, daß ich sie meiner Ehrfurcht und Ergebenheit versichre; traget ja Sorge dafür, daß ihr mein Gruß überbracht werde.

York.

Ich habe einen von meinen Edelleuten mit Briefen abgeschikt, worinn eure freundschaftliche Gesinnungen ausführlich erklärt sind.

Bolingbroke.

Ich danke euch, mein gütiger Oheim, kommt, Milords, kommt, zum Gefecht mit Glendower und seinen Anhängern; noch eine Weile Arbeit, und dann Feyer-Abend.

(Sie gehen ab.)

Zweyte Scene

(Verwandelt sich in eine Küste von Wales.)

(Trummeln und Trompeten. König Richard, Aumerle, der Bischoff von Carlisle, und Soldaten treten auf.)

König Richard.

Barkloughly-Castle nennt ihr jenes dort?

Aumerle. Ja, Gnädigster Herr; wie findet Eure Majestät die Landluft, nach den Beschwerlichkeiten der See?

König Richard.

Sie muß mir wol angenehm seyn – Freuden-Thränen erfüllen meine Augen, da ich noch einmal wieder den Boden meines Königreichs betrete. Theure Erde, ich umarme dich, obgleich Aufrührer dich mit den Hufen ihrer Pferde verwunden. Wie eine lang von ihrem Kinde getrennte Mutter, beym Wiedersehn lächelnd in zärtliche Thränen zerfließt, so grüß' ich dich, zugleich weinend und lächelnd, meine Erde, und drüke dich an meine Königliche Brust. O, nähre nicht deines Königs Feind, holde Erde, und labe nicht mit deinen Erquikungen seinen raubgierigen Muth: Sende die Schlangen, die deinen Gift in sich saugen, und schwellende Kröten in ihren Weg, ihre verräthrischen Füsse zu verwunden, die mit gewaltthätigen Tritten dich stampfen; und wenn sie eine Blume von deinem Busen pflüken wollen, so bewaffne sie, ich bitte dich, mit einer laurenden Natter, deren zweygespizte Zunge den Tod in die Adern der Feinde deines Herrn sprize. Spottet nicht, Milords, daß ich leblose Dinge beschwöre; diese Erde wird ein Gefühl haben, und diese Steine werden zu bewaffneten Kriegern werden, eh ihr gebohrner König unter den Waffen schändlicher Empörer fallen soll.

Bischoff.

Fürchtet euch nicht, Gnädigster Herr; diese Gewalt, die euch zum Könige schuf, hat Macht genug, euch troz aller Welt als König zu erhalten. Aber wir müssen die Mittel ergreiffen, die uns der Himmel anbietet.

Aumerle.

Seine Meynung ist, daß wir zu schläfrig sind, Gnädigster Herr, und dem Bolingbroke Zeit lassen, durch unsre Sicherheit immer stärker zu werden.

König Richard.

Untröstlicher Vetter, weißst du nicht, daß wenn das forschende Auge des Himmels hinter unsrer Halbkugel verborgen ist und der Unterwelt leuchtet, daß dann Diebe und Mörder ungesehn herumschleichen und Räubereyen und blutige Gewalt verüben; aber sobald die wiederkehrende Sonne die stolzen Gipfel der östlichen Hügel glühen macht, und ihr Licht durch jede verbrecherische Gruft blizt, daß dann Mord und Verrath und jede schändliche Sünde, aus der Finsterniß schwarzem Mantel hervorgezogen, bloß und nakend da stehn, und über sich selbst erzittern? So, wenn dieser Räuber, dieser verräthrische Bolingbroke, der während dieser ganzen Nacht, da wir unsern Lauf bey den Antipoden vollbrachten, ungestört herumschwärmte, uns unsern Thron im Osten besteigen sehen wird, werden seine Verräthereyen, in seinem schaamglühenden Angesicht enthüllt, den Tag nicht ertragen können, der sie vor ihrer eignen grauenvollen Gestalt erzittern machen wird. Alle Wasser der ungestümen See sind nicht fähig, das geheiligte Öl von einem gesalbten Könige wegzuwaschen; und der Athem sterblicher Menschen kan denjenigen nicht entsezen, den der Herr zu seinem Statthalter ernannt hat. Für einen jeden Mann, den Bolingbroke aufgetrieben hat, sein Schwerdt gegen unsre Crone zu ziehen, hat der Himmel für seinen Richard einen glorreichen Engel in himmlischem Sold, und wo Engel fechten, da müssen schwache Menschen fallen. —

Dritte Scene

(Salisbury zu den Vorigen.)

König Richard.

– Willkommen, Milord, wie weit ist eure Macht entfernt?

Salisbury.

Weder näher noch ferner als dieser schwache Arm, mein Gnädigster Herr. Ich habe trostlose Zeitungen zu bringen. Ein einziger Tag zu spät, hat alle deine glüklichen Tage auf Erden umwölkt. O ruffe den gestrigen Tag zurük, befiehl der Zeit zurük zu kehren, und du wirst zwölftausend streitbare Männer haben. Dieser Tag, dieser einzige unglükselige Tag zu spät, vernichtet deine Freuden, deine Freunde, dein Glük und deinen Stand. Alle Welschen, haben, auf die Zeitung von deinem Tode, sich zerstreut, oder sind zu Bolingbroke übergegangen.

Aumerle.

Fasset Muth, Gnädigster Herr, warum seht ihr so blaß aus?

König Richard.

Nur noch vor einem Augenblik triumphierte das Blut von zwanzigtausend Mann in meinem Gesicht, und nun sind sie verschwunden; und bis wieder so viel Blut dahin zurük kommt, hab' ich nicht Ursach bleich und todtenhaft auszusehen? Die Zeit hat meinen Stolz zuschanden gemacht, und wer seine Seele retten will, flieht von meiner Seite.

Aumerle.

Beruhiget euch, Gnädigster Herr, erinnert euch, wer ihr seyd.

König Richard.

Ich hatte mich selbst vergessen: Bin ich nicht ein König? Erwache, du schüchterne Majestät, du schläfst! Ist nicht des Königs Name soviel als vierzigtausend Namen? Rüste, rüste dich, mein Name; ein elender Unterthan dräuet deiner glänzenden Majestät. Seht nicht so auf den Boden, ihr Günstlinge eines Königs! Sind wir nicht hoch? Laßt es uns wenigstens in Gedanken seyn. Ich weiß, mein Oheim York hat ein ansehnliches Heer zu unserm Dienst aufgebracht. Aber wer kommt hier?

Vierte Scene

(Scroop zu den Vorigen.)

Scroop.

Ein besseres Glük falle meinem Könige zu, als meine kummerbeladne Zunge ihm ankündigen muß.

 

König Richard.

Mein Ohr ist offen, und mein Herz gerüstet; das schlimmste was du sagen kanst, ist nur zeitlicher Verlust. Sagst du, mein Königreich sey verlohren? Nun dann, es war meine Sorge; was für ein Verlust ist es, seiner Sorgen entlediget zu werden? Strebt Bolingbroke so groß zu werden als wir? Grösser kan er nicht werden; und wenn er doch immer ein Unterthan des Himmels bleibt, so bin ich das auch, und so bleibt er meines gleichen. Empören sich unsre Unterthanen? Das können wir nicht ändern; sie brechen ihre Treue gegen Gott eben sowol als gegen uns. Ruffe immerhin Weh, Jammer, Verwüstung, Fall, Untergang; das schlimmste ist der Tod, und der Tod hat seinen unvermeidlichen Tag.

Scroop.

Es erfreut mich, daß Eure Majestät so gerüstet ist, unglükliche Nachrichten zu ertragen. Wie ein ungestümer stürmischer Tag, der die Silberströme so hoch über ihre Ufer schwellen macht, als ob die ganze Welt in Thränen zerflossen wäre: So hoch über alle Schranken schwellt Bolingbroks Wuth, und bedekt euer geschrektes Land mit hartem schimmerndem Stahl, und mehr als stählernen Herzen. Weisse Bärte haben ihre nakten dünnbehaarten Schädel gegen deine Majestät bewaffnet; Knaben mit Weiber-Stimmen bemühen sich grob zu reden, und schmiegen ihre weiblichen Gelenke in unbiegsam Waffen gegen deine Crone; ja selbst Kunkel-Weiber schwingen rostige Hellebarden. Alte und Junge stehen gegen deinen Thron auf, und alles geht schlimmer, als ich es auszusprechen vermag.

König Richard.

O nur zu gut, zu gut erzählst du eine so böse Geschichte. Wo ist der Graf von Wiltschire? Was ist aus Buschy worden? Wo ist Green? Daß sie den Feind so ruhig sich über unsre Grenzen haben ausbreiten lassen? Wenn wir die Oberhand erhalten, so sollen ihre Köpfe davor bezahlen. Ich zweifle nicht, sie haben ihren Frieden mit Bolingbroke gemacht.

Scroop.

Sie haben Frieden mit ihm gemacht, in der That, Gnädigster Herr.

König Richard.

O Bösewichter, Vipern, verdammte Verräther! Hunde, die sich leicht gewinnen lassen, einem jeden liebzukosen! Schlangen, die ich in meinem Busen erwärmte, und die nun mein Herz durchstechen! Drey Judasse, jeder dreymal ärger als Judas! Haben sie Frieden gemacht? Die flammende Hölle bekriege ihre beflekten Seelen für diese Schandthat!

Scroop.

Die süsseste Liebe wird, wie ich sehe, wenn sie ihre Natur ändert, zu bitterstem und tödtlichstem Haß. Entlasset ihre Seelen wieder euers Fluchs; sie haben ihren Frieden mit Köpfen gemacht, nicht mit Händen; diejenigen, denen ihr fluchet, haben des Todes gewaltthätige Hand gefühlt, und ligen tief in geweihtem Grund.

Aumerle.

Ist Buschy, Green, und der Graf von Wiltschire todt?

Scroop.

Ja, alle drey verlohren zu Bristol ihre Köpfe.

Aumerle.

Wo ist denn der Herzog, mein Vater, mit seinen Völkern?

König Richard.

O! Frage nicht wo er ist; und niemand rede mehr von Trost! Von Gräbern laßt uns reden, von Würmern und Grabschriften; laßt uns den Staub zu unserm Papier machen, und mit regnenden Augen unsern Jammer auf den Busen der Erde schreiben. Laßt uns von Testamenten reden, und unsre Ausrichter erwählen – doch nein – Was können wir vermachen, als unsre abgelegte Leiber der Erde? Unsre Länder, unser Leben, alles ist Bolingbroks, und wir können nichts unser nennen als den Tod, und dieses Bißchen Erde, das unsre Gebeine deken wird. Ums Himmels willen! laßt uns hier auf den Boden niedersizen, und einander melancholische Geschichten vom Tod der Könige erzählen; wie einige entsezt, andre im Krieg erschlagen worden; andre von den Geistern derjenigen verfolgt, so sie aus dem Wege geräumt hatten; andre von ihren Weibern vergiftet, andre im Schlaf umgebracht, alle ermordet! – denn in der holen Crone, die eines Königs sterbliche Schläfe umfaßt, hält der Tod seinen Hof; da sizt das groteske Ungeheuer und spottet mit grinsendem Lächeln seines Pomps, erlaubt ihm einen Athem-Zug, eine kleine Scene lang zu herrschen, gefürchtet zu werden, und mit Bliken zu tödten, lispelt ihm eitle schwülstige Gedanken ein, als ob das Fleisch, worinn sein Leben eingeschlossen ist, unzerstörbares Metall sey; und wann er ihn so bethört hat, kommt er zulezt, durchbort mit einer kleinen Steknadel seine Schläfe, und gute Nacht König! – Bedekt eure Häupter, und verspottet nicht Fleisch und Blut mit feyrlicher Ehrerbietung; werfet Ehrfurcht, Titel, Ceremoniel, und alle diese Zeichen der Unterwürfigkeit weg; ihr habt mich diese ganze Zeit her mißkannt. Ich lebe von Athem wie ihr, ich habe Bedürfnisse wie ihr, fühle Schmerzen, habe Freunde vonnöthen, wie ihr; so abhängig, wie ich also bin, wie könnt ihr mir sagen: ich sey ein König?

Bischoff.

Gnädigster Herr, weise Männer bejammern niemals ihre gegenwärtigen Übel, sondern kommen gegenwärtig den Übeln zuvor, die sie künftig bejammern müßten. Den Feind fürchten, giebt, da die Furcht die Stärke schwächt, dem Feind einen Zuwachs von Stärke in unsrer Schwäche, und so haben wir an unsrer eignen Thorheit einen Feind mehr. Fürchtet euch, so seyd ihr geschlagen; kan es euch schlimmer gehen, wenn ihr euch wehret? Fechtet ihr und kommt um, so sterbt ihr doch edler, als wenn ihr aus Zagheit umkommt.

Aumerle.

Mein Vater hat Truppen; schiket nach ihm, und lernet aus einem Gliedmaß einen Leib machen.

König Richard.

Du beschiltst mich mit Recht. Stolzer Bolingbroke, ich komme, um durch Streiche deinen oder meinen lezten Tag zu entscheiden. Dieser fiebrische Schauer von Furcht ist vorüber; es ist eine leichte Arbeit zu gewinnen was unser eigen ist. Sage, Scroop, wo ligt unser Oheim mit seiner Macht? Antworte etwas besseres, als deine düstern Blike versprechen.

Scroop.

Wol mögt ihr aus meinen düstern und kummerbeladnen Augen urtheilen, daß meine Zunge noch eine bösere Zeitung zu erzählen hat, wie man aus der Beschaffenheit des Himmels auf das heitre oder ungestüme Ende eines Tages zu schliessen pflegt. Ich mache den Peiniger, indem ich das ärgste was ich sagen muß, in die Länge ziehe. Euer Oheim York hat sich mit Bolingbroke vereiniget, alle eure Nordischen Schlösser sind übergeben, und aller euer südlicher Adel ist in Waffen auf seiner Parthey.

König Richard.

Du hast genug gesagt. Wehe dir, Vetter, daß du mich von diesem guten Weg, worauf ich war, in Verzweiflung geführt hast. Was sagt ihr izt? Was für Hoffnung haben wir nun? Beym Himmel! ich hasse den auf ewig, der mir zumuthen will, noch etwas zu hoffen. Geht nach Flint-Castle, dort will ich mich ungestört dem Gefühl meines Jammers überlassen. Entlasset die Mannschaft die ich noch habe, laßt sie zu demjenigen gehen, der Hoffnung hat zu steigen. Ich habe keine mehr. Wende mir niemand etwas gegen diß ein; aller Rath ist umsonst.

Aumerle.

Nur ein Wort, Gnädigster Herr —

König Richard.

Schmeicheleyen in solchen Umständen worinn ich bin, machen meine Wunden nur tiefer. Entlaßt meine Leute; laßt sie gehen, laßt sie aus Richards Nacht in Bolingbroks aufgehenden Tag.

(Sie gehen ab.)

Fünfte Scene

(Bolingbroks Lager bey Flint.)

(Ein Aufzug mit Trummeln und Fahnen, Bolingbroke, York, Northumberland und Gefolge treten auf.)

Bolingbroke.

Diese Nachricht belehrt uns also, daß die Welschen zerstreut sind, und daß Salisbury dem Könige entgegengegangen ist, der mit einer kleinen Anzahl von Freunden kürzlich an dieser Küste angeländet ist.

Northumberland.

Die Zeitung ist schön und gut, Milord; Richard hat sein Haupt nicht weit von hier verborgen.

York.

Es würde dem Lord Northumberland nicht übel anstehen, zu sagen, König Richard.

O! des unglüklichen Tags, da ein geheiligter König sein Haupt verbergen muß!

Northumberland.

Euer Gnaden nimmt mir's anders auf als es gemeynt war; ich ließ seinen Titel nur aus, um kürzer zu seyn.

York.

Es war eine Zeit, wo ich es euch nicht gerathen haben wollte, so kurz mit ihm zu seyn, wenn es euch nicht gleichgültig gewesen, daß er es so sehr mit euch sey, um euch eure ganze Kopfslänge kürzer zu machen.

Bolingbroke.

Nehmet seinen Ausdruk nicht übler auf als recht ist, mein Oheim.

York.

Und nehmet ihr nicht mehr als recht ist, mein guter Neffe; oder ihr vergeßt zulezt, daß der Himmel über euerm Haupt ist.

Bolingbroke.

Ich weiß es, mein Oheim, und widerseze mich seinem Willen nicht.

Wer kommt hier? (Percy zu den Vorigen.) Willkommen, Harry! Wie?

Will sich dieses Schloß noch nicht ergeben?

Percy.

Das Schloß ist gegen euern Einzug königlich bemannt, Milord.

Bolingbroke.

Königlich? Wie, enthält es denn einen König?

Percy.

Ja, Milord, es enthält einen König; König Richard ligt innert dem Bezirk von jenem Leim und Stein, und bey ihm Lord Aumerle, Lord Salisbury, Sir Stephan Scroop, und noch ein Geistlicher von heiligem und ehrfurchtwürdigem Ansehn, dessen Name ich nicht erfahren konnte.

Northumberland.

Vermuthlich der Bischoff von Carlisle.

Bolingbroke (zu Northumberland.) Mein edler Lord, geht vor die Mauren dieses alten Schlosses, fordert durch die eherne Stimme der Trompete eine Unterredung, und sprecht so: Heinrich von Bolingbroke küsse auf seinen Knien König Richards Hand, und sende ihm die Versicherung seiner Unterthänigkeit und aufrichtigen Treue gegen seine Königliche Person; sagt ihm, ich sey in dem nemlichen Augenblik bereit, meine Waffen und Völker zu seinen Füssen niederzulegen, in welchem er mir die Widerruffung meiner Landes-Verweisung und die Wieder-Einsezung in meine Güter freywillig garantiren wolle; wo nicht, so werde ich mich des Vortheils meiner Macht bedienen, und den Sommer-Staub mit Regen von Blut legen, die aus den Wunden erschlagner Engländer sich ergiessen sollen. Wie entfernt aber von Bolingbroks Herzen der Gedanke sey, daß ein solch blutiges Ungewitter den frischen grünen Schooß von König Richards Land überschwemmen solle, davon könne ihn meine Mäßigung und Entfernung von allem pflichtwidrigen Gebrauch meiner Obermacht überzeugen. Geht, erklärt ihm dieses, indessen daß wir ohne das Getöse drohender Trummeln über diese Ebne fortziehen, damit unser Betragen, von den zerfallnen Zinnen dieses Schlosses beobachtet, die Wahrheit unsrer Erklärung bekräftige. Mich däucht, König Richard und ich sollten uns mit nicht mindern Schreknissen begegnen, als die Elemente des Feuers und des Wassers, wenn ihr donnernder Zusammenstoß die bewölkten Wangen des Himmels mit Thränen badet. Ist er das Feuer, so will ich das nachgiebige Wasser seyn; er mag rasen, indeß daß ich meine Wasser auf die Erde regne; auf die Erde, nicht auf ihn. Nähert euch den Mauren – Milord, und beobachtet die Fassung des Königs genau.