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Die Heirath im Omnibus

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Ich spreche aber durchaus nicht von einer Ruhe, die keine Pflichten hätte und die in der Praxis des Lebens zu Nichts nützte – die Hilfsbedürftigen in der kleinen Sphäre, welche mich umgiebt, zu unterstützen, Denen, welchen Noth und Mangel zu viel Hindernisse in den Weg geworfen, dieselben beseitigen zu helfen, meinen Geist durch alle Kenntnisse zu stärken, welche ihn geeigneter machen können, die Absichten des großen Wesens zu durchdringen, welches über uns Allen wacht, mich jeden Tag zu bemühen, die sich stets gleichbleibende vollkommene Zuneigung einer geliebten Schwester zu verdienen, welche mir an diesem theuern Heerde Gesellschaft leistet – dies sind die einzigen theuern Pläne, mit welchen ich mich noch befreunden kann. Möge es mir vergönnt sein, lange genug zu leben, um sie durchzuführen und ich habe dann Nichts mehr von dem Leben zu verlangen.

Es hält mich nun Nichts mehr ab, diesen Brief zu beenden. Ich habe Ihnen alle Materialien mit getheilt, die zum Schlusse meiner Geschichte nöthig sind, und Ihnen alle Instructionen gegeben, welche Sie in den Stand setzen können, diese Geschichte zu veröffentlichen. Bewirken Sie diese Veröffentlichung, wie und wann Sie wollen, denn in Bezug auf die Aufnahme, welche sie bei dem Publikum finden wird, habe ich keinen bestimmten Wunsch auszusprechen. Für mich genügt es, zu wissen, daß ich sie trotz ihrer sonstigen Mängel aufrichtig und der Wahrheit gemäß, ohne falsche Scham, aber auch ohne Dünkel oder Ueberhebung niedergeschrieben habe.

Wenn Sie übrigens noch irgend eine andere Auskunft, die ich vielleicht versäumt habe zu geben, zu erhalten wünschen, so schreiben Sie mir, oder noch besser, kommen Sie selbst, um aus meinem eignen Munde zu hören, was Sie zu wissen wünschen. Sehen und beurtheilen Sie selbst das Leben, welches ich jetzt führe und ferner führen werde, so wie es wirklich ist. Gönnen Sie sich in Ihrem angestrengten ehrenvollen Berufe einmal einige Tage Muße und besuchen Sie uns in unserem kleinen Landhause. Clara verbindet ihre Einladung mit der Meinigen, denn niemals wird sie vergessen, was ich Ihrer Freundschaft verdanke, niemals wird sie – eben so wenig als ich – müde werden, Ihnen zu zeigen, daß wir fähig sind, sie zu verdienen. Sie werden meine Schwester noch ganz so finden, wie sie früher war – die verkörperte unerschöpfliche Herzensgüte.

Leben Sie also wohl bis auf Wiedersehen! Ziehen Sie keine übereilten Schlüsse aus dem einsamen Leben, welches ich in diesen letzten Jahren geführt. Glauben Sie nicht, daß das Unglück mein Herz erkältet oder meinen Geist entnervt habe. Die vergangenen Leiden haben vielleicht Einfluß auf mein Temperament gehabt, aber sicherlich ohne der Seele zu schaden. Im Gegentheile haben sie dieselbe gestählt Ihnen verdanke ich, daß ich nun endlich klar sehe, was anfangs nur eine verworrene Wahrnehmung für mich war. Ich habe begriffen, welchen Gebrauch ich von meiner Existenz machen kann, indem ich nach einem höheren Beifalle trachte, als der Ruhm vor Menschen ist. Ich fühle jetzt den edelsten Ehrgeiz, den einzigen, welcher Kraft genug besitzt um sich über die Grenzen dieses kurzen Lebens hinaus zu erwecken. In der That habe ich trotz dieser so einfachen zurückgezogenen Existenz meine Bestrebungen, mein Ziel. Alles, theurer Freund, was wir durch unsere Gesinnungen oder durch unsere Fähigkeiten in dieser Welt Gutes thun können, steigt wie ein Lobgesang der Menschheit zur ewigen Welt empor. Und sind unter den tausend und abertausend Stimmen, welche diese Hymne des Weltalls bilden, die, welche man hienieden und auf den irdischen Höhen am weitesten vernimmt, nicht zugleich die sanftesten und reinsten, welche durch den Raum hindurch zu dem Throne des Unvergänglichen aufsteigen und sich in der reinsten Harmonie mit dem Chore der Engel mischen?

Diese Frage ist eine erhabene und unseres Nachdenkens würdige. Lassen Sie, lieber Freund, Ihr Herz darauf antworten und dann werden Sie mir sagen, ob das einsamste, dunkelste Leben, ob selbst ein Leben, wie das meinige, nicht durch ein dauerndes Streben veredelt und einem höhern Ziele zugewendet sein kann.

Ich bin fertig. Die milde Frische dieses Sommerabends hat mich während des Schreibens überrascht, und Clara's Stimme – die Stimme, welche, wie sonst so auch jetzt noch, Behagen und Heiterkeit des Geistes um sich her verbreitet, fordert mich auf, aus dem Bosket unseres Gartens herauszukommen, um die am fernen Horizonte in das Meer hinabsinkende Sonne zu betrachten. Noch ein Mal – leben Sie wohl!

Ende des dritten und letzten Bandes