Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht

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Ergebnis:

Güterrechtsstatut ist deutsches Recht; für das Grundstück in Florida jedoch floridanisches Recht, so dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet.


Unterhaltsstatut ist deutsches Recht; der Einwand des Ali Akbar nach Art. 5 HUntStProt 2007 greift absehbar nicht durch.
Versorgungsausgleichsstatut ist deutsches Recht; der VA kann nachgeholt werden.
Nach der jedenfalls für das iranische Recht zutreffenden ehewirkungsrechtlichen Qualifikation ist das auf die mehriye anwendbare Recht keine islamische Rechtsordnung; die Vereinbarung geht daher ins Leere und kann auch nicht als Verzicht bzw Abfindung anderer Scheidungsfolgenansprüche ausgelegt werden.

Frage 2: Zuständigkeit
I. Zugewinnausgleich
1. Internationale Zuständigkeit
a) Bereichsausnahme aus Brüssel Ia-VO

219

Die Brüssel Ia-VO ist sachlich nicht anzuwenden, da der Zugewinnausgleich unter den Ausschlusstatbestand des Art. 1 Abs. 2 lit. a fällt.[15] Auch der räumliche Anwendungsbereich wäre nicht eröffnet, da der Beklagte keinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat (Art. 6 Abs. 1, Art. 62 Abs. 1 Brüssel Ia-VO).

b) EU-EheGüterVO

220

Am 29.1.2019 ist jedoch für Deutschland als an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmendem Mitgliedstaat die EU-EheGüterVO in Geltung getreten; gemäß Art. 69 Abs. 1 EU-EheGüterVO sind deren verfahrensrechtlichen Bestimmungen anwendbar auf Verfahren, die ab dem 29.1.2019 eingeleitet werden; da der Antrag am 30.1.2019 gestellt wird, kommt es nicht darauf an, ob intertemporal Einreichung oder Zustellung maßgeblich ist. Der sachliche Anwendungsbereich gemäß Art. 1 Abs. 1 EU-EheGüterVO ist eröffnet; eheliche Güterstände sind hier wie in der Bereichsausnahme des Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO zu definieren. Eine räumlich-persönliche Begrenzung des Anwendungsbereichs sieht die EU-EheGüterVO nicht vor, so dass sie auch auf das Verfahren gegen den in den USA wohnenden bzw sich gewöhnlich aufhaltenden Antragsgegner anwendbar ist. Andererseits gibt es auch bei Unzuständigkeit nach der EU-EheGüterVO keine Fälle, in denen, wie unter Art. 6 Brüssel Ia-VO oder Art. 7 Brüssel IIa-VO, auf nationale Zuständigkeiten zugegriffen werden kann; die EU-EheGüterVO bestimmt vielmehr autonom und abschließend in Art. 11 EU-EheGüterVO auch die Notzuständigkeiten.

c) Internationale Zuständigkeit nach EU-EheGüterVO

221

Die internationale Zuständigkeit folgt weder aus Art. 4 EU-EheGüterVO, weil keine Nachlasssache parallel anhängig ist, noch aus Art. 5 EU-EheGüterVO, weil keine Ehesache anhängig ist. Eine gegenüber Art. 6 EheGüterVO vorrangige Vereinbarung gemäß Art. 7 EU-EheGüterVO liegt nicht vor. Von den subsidiär gestuften Anknüpfungen in Art. 6 EU-EheGüterVO ist keine gegeben: es fehlt bei Antragstellung an einem gewöhnlichen Aufenthalt beider Ehegatten in Deutschland; der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt lag nicht in Deutschland; es fehlt an einem gemeinsamen (deutschen) Personalstatut, da der Antragsgegner Ali Akbar seinen Asylstatus aufgegeben hat und seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat. Eine Zuständigkeitsanknüpfung an den Antragstelleraufenthalt sieht Art. 6 EU-EheGüterVO nicht vor. Auch Art. 10 EU-EheGüterVO greift nicht ein, da keine Ehegütersache vorliegt, die deutsche Immobilien zum Gegenstand hat. In Betracht kommt jedoch Art. 11 EU-EheGüterVO. Keines der Kriterien in Art. 4, 5, 6, 7, 8 und 10 EU-EheGüterVO weist in einen anderen an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaat. Laila könnte also nur in Florida ehegüterrechtliche Ansprüche geltend machen; ob dies angesichts des früheren ehelichen Aufenthalts in Florida unzumutbar ist, erscheint fraglich. Man könnte dies damit begründen, dass die Ehe in Deutschland geschlossen wurde, ein Vertrauen in die Anwendung deutschen Rechts als Ehegüterstatut begründet wurde und floridianische Gerichte allenfalls für die in Deutschland verbrachte Ehezeit von Zugewinngemeinschaft ausgehen würden, sofern sie die Zugewinngemeinschaft wie community property einordnen. Es könnte jedoch auch argumentiert werden, dass nach bisherigem deutschen IZPR in dieser Konstellation ebenfalls keine deutsche internationale Zuständigkeit bestanden hat (vgl Vorauflage Rn 216), was durchaus die Wertung eines deutschen Familiengerichts beeinflussen kann.

Der in Art. 11 Abs. 2 EU-EheGüterVO geforderte ausreichende Bezug zu Deutschland wäre jedenfalls durch die deutsche Staatsangehörigkeit von Laila gegeben.

d) Örtliche, sachliche Zuständigkeit

222

Bejaht man die internationale Zuständigkeit, so ist die örtliche Zuständigkeit gemäß Art. 2 EU-EheGüterVO nicht in der VO mitgeregelt. Anwendbar könnte § 262 FamFG sein; jedoch folgt aus § 3 IntGüRG, das zur Ausführung der EU-EheGüterVO erlassen wurde, eine vorrangige Regelung der örtlichen Zuständigkeit. Da sich die internationale Zuständigkeit (allenfalls) aus Art. 11 EU-EheGüterVO ergibt, ist dann gemäß § 3 Nr 9 IntGüRG das AG Berlin-Schöneberg örtlich zuständig. Sachlich zuständig ist ausschließlich das Familiengericht (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr 1 GVG, § 111 Nr 9 FamFG).

Ergebnis:

Ob deutsche Gerichte international für den Antrag auf Zugewinnausgleich zuständig sind, hängt davon ab, ob die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme drittstaatlicher (hier floridianischer) Gerichte anzunehmen ist. Sofern dies bejaht wird, ist örtlich und sachlich das AG Berlin-Schöneberg – Familiengericht – zuständig.

II. Unterhalt
1. Internationale Zuständigkeit
a) Anwendungsbereich der EG-UntVO

223

Für seit dem 18.6.2011 eingeleitete Unterhaltsverfahren wurden die Bestimmungen der Brüssel I-VO ersetzt durch die der EG-UntVO (Art. 68 Abs. 1 EG-UntVO). Für nach Inkrafttreten der Brüssel Ia-VO eingeleitete Unterhaltsverfahren ergibt sich dies nun ausdrücklich aus der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. e Brüssel Ia-VO.

Deren sachlicher Anwendungsbereich ist für den nachehelichen Unterhalt gegeben (Art. 1 EG-UntVO). Anders als Art. 6 Brüssel Ia-VO enthält die EG-UntVO keine Einschränkung des räumlich-persönlichen Anwendungsbereichs, so dass sie auch für einen Unterhaltsantrag gegen den in den USA wohnenden Antragsgegner gilt.

b) Zuständigkeit Art. 3 EG-UntVO

224

Unter den alternativ in Art. 3 EG-UntVO bestimmten Zuständigkeiten begründet jedenfalls Art. 3 lit. b EG-UntVO die Zuständigkeit deutscher Gerichte am gewöhnlichen Aufenthalt der Antragstellerin.

2. Örtliche, sachliche Zuständigkeit

225

Die örtliche Zuständigkeit folgt ebenfalls aus Art. 3 lit. b EG-UntVO; sachlich zuständig ist ausschließlich das Familiengericht (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr 1 GVG, § 111 Nr 8 FamFG). Zuständig ist damit das AG München – Familiengericht.

III. Versorgungsausgleich
1. Internationale Zuständigkeit
a) Brüssel Ia-VO, EG-UntVO

226

Die Brüssel Ia-VO ist wiederum räumlich nicht anwendbar; auch sachlich ist die VO nicht anwendbar, denn der Versorgungsausgleich fällt als auf der Ehe beruhender vermögensrechtlicher Ausgleichsanspruch zwischen Ehegatten unter den Güterstandsbegriff des Art. 1 Abs. 2 lit. a Brüssel Ia-VO.[16] Die EG-UntVO ist nicht anwendbar, weil der Versorgungsausgleich nicht auf die Deckung gegenwärtiger Unterhaltsbedürfnisse gerichtet und damit nicht als Unterhalt iSd. Art. 1 EG-UntVO zu qualifizieren ist.[17]

b) Anwendbarkeit der EU-EheGüterVO

227

Aus der EU-rechtlichen Einordnung des Versorgungsausgleichs als Ehegüterrecht iSd. Bereichsausnahme der Brüssel Ia-VO folgt nun umgekehrt die Anwendbarkeit der EU-EheGüterVO.

c) Zuständigkeit aus Art. 11 EU-EheGüterVO

228

Damit ergibt sich wie zum Zugewinnausgleich die Frage der Anwendbarkeit des Art. 11 EU-EheGüterVO. Für den Versorgungsausgleich dürfte die Unzumutbarkeit der Geltendmachung in Florida jedoch eindeutig zu bejahen sein. Die Entwicklung der deutschen Rechtsprechung zum nachgeholten Versorgungsausgleich nach Auslandsscheidung beruht auf dem Gedanken des Schutzes des ausgleichsberechtigten deutschen Ehegatten, die auch mit der sozialpolitischen Erwägung verknüpft ist, diesen Ehegatten nach Scheidung nicht ohne ausreichende eigene Rentenansprüche zu lassen. Dies kam zunächst in der Figur der hypothetischen Verbundzuständigkeit und sodann in § 102 FamFG zum Ausdruck, der eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestimmt, wenn der Antragsteller in Deutschland gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 102 Nr 1 FamFG); übernimmt man diese Wertung im Rahmen des Art. 11 EU-EheGüterVO, so kann im materiell gebotenen Umfang (oben Rn 211) auch über ausländische Anwartschaften entschieden werden, während § 102 Nr 2 FamFG nur eine Entscheidung über inländische Anwartschaften erlauben würde.

 

2. Örtliche, sachliche Zuständigkeit

229

Ob sich die örtliche Zuständigkeit aus § 3 Nr 9 IntGüRG ergibt, erscheint fraglich, da der EU-rechtliche Begriff der Güterstände nicht notwendig die Auslegung der Reichweite des § 3 IntGüRG betrifft. Bejaht man eine Erstreckung des EU-rechtlichen Begriffs auf das IntGüRG, so ist wieder das AG Berlin-Schöneberg zuständig. Anderenfalls ergibt sich gemäß § 218 Nr 4 FamFG die örtliche Zuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt der Antragstellerin. Sachlich zuständig ist das Familiengericht (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr 1 GVG, § 111 Nr 7 FamFG).

IV. Morgengabe
1. Internationale Zuständigkeit
a) Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO

230

Die Brüssel Ia-VO ist räumlich nicht anwendbar (Art. 4, 6 Abs. 1 Brüssel Ia-VO); deshalb kann hier offenbleiben, wie die Morgengabe prozessual zu qualifizieren ist.

b) Anwendungsbereich der EG-UntVO

231

Fraglich ist, ob die EG-UntVO anwendbar ist; da deren Zuständigkeitsbestimmungen nicht mehr, wie in früherer Anwendung der Brüssel I-VO, räumlich-persönlich beschränkt sind, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob die Morgengabe in den sachlichen Anwendungsbereich des Art. 1 EG-UntVO fällt. Um die Morgengabe als Unterhalt einzuordnen, müsste sie vorrangig dem Zweck dienen, den Lebensunterhalt der Ehefrau sicherzustellen, wie dies etwa scheidungsfolgenrechtliche Pauschalabfindungen in manchen Rechtsordnungen vorsehen.[18] Das ist vor allem für die iranische (shi‘itische) Gestaltung der Morgengabe mit Gewissheit abzulehnen, weil sie bereits mit der Eheschließung Eigentum der Frau wird und daher nicht vorrangig den nachehelichen Lebensbedarf sichert.

Fraglich ist auch, ob die EU-EheGüterVO anwendbar ist, deren Zuständigkeitsbestimmungen ebenfalls nicht räumlich-persönlich begrenzt sind. Fasst man den Anwendungsbereich zutreffend komplementär zu der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 Brüssel Ia-VO, so müsste es sich um eine vermögensrechtliche Regelung zwischen den Ehegatten handeln. Die Morgengabe begründet jedoch einen von der Vermögenslage unabhängigen Leistungsanspruch eigener Art, der anders als etwa eine Abfindung des Zugewinnausgleichs auch nicht an die Stelle eines ehevermögensrechtlichen Anspruchs tritt. Damit ist auch die EU-EheGüterVO nicht sachlich anwendbar.

c) §§ 98 ff FamFG

232

Die Zuständigkeit könnte sich wieder nach dem System der §§ 98 ff FamFG beurteilen. Fraglich ist, ob der Anspruch auf Zahlung der Morgengabe Familiensache ist. § 111 FamFG nennt die Morgengabe nicht. Schon vor Inkrafttreten des FamFG fiel sie jedenfalls funktionell nach allen vertretenen Ansichten unter eine oder mehrere der in § 621 aF ZPO genannten Kategorien; durch die Erweiterung des Katalogs der Familiensachen auf die sonstigen Familiensachen (§ 111 Nr 10 FamFG) steht die Einordnung als Familiensache nun außer Frage; der Anspruch auf mehriye ist jedenfalls ein aus der Ehe herrührender Anspruch iSd. § 266 Abs. 1 Nr 2 FamFG. Damit sind §§ 98 ff FamFG anzuwenden.

d) Verfahrensrechtliche Qualifikation

233

Für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit genügt nicht die Einordnung als Familiensache, sondern es bedarf einer Qualifikation angesichts der unterschiedlichen Regelungen in §§ 98 FamFG ff. Ausgehend von der strittigen materiellrechtlichen Qualifikation kommen § 111 Nr 5, 7, 8, 9 und 10 FamFG in Betracht. Da die mehriye jedenfalls nicht einer der spezifischen Folgesachen hauptsächlich zugeordnet werden kann (vgl auch oben Rn 231), dürfte bei ehewirkungsrechtlicher Qualifikation eine Einordnung unter § 111 Nr 10 FamFG als sonstiger aus der Ehe folgender Anspruch (§ 266 Abs. 1 Nr 2 FamFG) vorzugswürdig sein. Nur bei scheidungsrechtlicher Qualifikation käme eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 FamFG in Betracht.

e) Internationale Zuständigkeit für Sonstige Familiensache

234

Für Sonstige Familiensachen sind deutsche Gerichte international zuständig gemäß §§ 105, 267 FamFG. Da keine Ehesache anhängig ist (§ 267 Abs. 1 FamFG), ist, wie schon für die Güterrechtssache, abzustellen auf die ZPO-Zuständigkeiten (§ 267 Abs. 2 FamFG), wobei in §§ 12, 13 ZPO der gewöhnliche Aufenthalt den Wohnsitz ersetzt. Da der Antragsgegner keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, käme wiederum nur eine Zuständigkeit deutscher Gerichte aus § 23 ZPO in Betracht, für die sich aus dem Sachverhalt nichts ergibt.

2. Örtliche, sachliche Zuständigkeit

235

Damit ist die örtliche Zuständigkeit, die sich ebenfalls nach § 267 FamFG bestimmt, nicht zu prüfen, auch nicht die sachliche, die sich nach § 111 Nr 10 FamFG beurteilt.

Ergebnis:

236

Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für ehegüterrechtliche Ansprüche fehlt. Ebenso fehlt eine internationale Zuständigkeit für Ansprüche auf mehriye, die verfahrensrechtlich als sonstige Familiensachen zu qualifizieren sind.

Für Unterhaltsansprüche folgt die internationale und örtliche Zuständigkeit des AG München – Familiengericht – aus Art. 3 lit. b EG-UntVO.

Für den nachzuholenden Versorgungsausgleich besteht eine internationale Zuständigkeit aus § 102 Nr 1 FamFG, sowie die örtliche Zuständigkeit des AG München – Familiengericht – aus § 218 Nr 4 FamFG; das Verfahren ist Familiensache nach § 111 Nr 7 FamFG.

Frage 3: Wirksame Ehescheidung
1. Verfahrensrechtliche Vorfrage

237

Soweit der Tatbestand einer anzuwendenden materiellen Norm die Ehescheidung voraussetzt, handelt es sich um eine Vorfrage. Dies ist vorliegend für §§ 1569 ff, 1573 BGB sowie für §§ 1 ff VersAusglG (der VA findet nach §§ 9 ff, 20 ff VersAusglG nur bei oder nach Scheidung statt) der Fall. Da eine ausländische gerichtliche Ehescheidung vorliegt, findet jedoch keine kollisionsrechtliche Vorfragenanknüpfung statt, sondern es ist die Anerkennung der ausländischen Ehescheidung zu prüfen.

2. Keine Anwendung der Brüssel IIa-VO

238

Die Scheidung aus Florida müsste also in Deutschland anzuerkennen sein.

Art. 21 ff Brüssel IIa-VO sind für die Anerkennung einer Ehescheidung aus den USA nicht anzuwenden; die Anerkennung nach der VO erfasst nur die „in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen“ (Art. 21 Abs. 1 Brüssel IIa-VO). Da die Ehescheidung aus deutscher verfahrensrechtlicher Sicht eine Familiensache ist (§§ 111 Nr 1, 121 Nr 1 FamFG), bestimmt sich die Anerkennung nicht nach § 328 ZPO, sondern nach §§ 107 ff FamFG.

3. Anerkennungsmonopol der LJV (§ 107 FamFG)

239

Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in Ehesachen erfolgt gemäß § 107 FamFG in einem bei der Landesjustizverwaltung durchzuführenden gesonderten Anerkennungsverfahren in Ausnahme vom sonst (§ 328 ZPO, § 108 FamFG, Art. 21 Abs. 1 Hs. 2 Brüssel IIa-VO) geltenden Grundsatz der Inzidentanerkennung. Ausgenommen sind nur Entscheidungen aus dem Staat, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehörten (§ 107 Abs. 1 S. 2 FamFG), was vorliegend nicht der Fall ist. Das mit der Folgesache befasste AG München – Familiengericht – kann also nicht selbst die vorfragliche Anerkennungsfähigkeit prüfen.

Das vor der Landesjustizverwaltung des Bundeslandes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 107 Abs. 2 S. 1 FamFG), also Bayern, durchzuführende Verfahren wurde bisher nicht durchgeführt. Da das Gericht mangels eines eigenen rechtlichen Interesses nicht selbst antragsberechtigt ist (§ 107 Abs. 4 S. 2 FamFG), wird es daher das Unterhaltsverfahren und das VA-Verfahren[19] nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 148 ZPO wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung der bayerischen Landesjustizverwaltung auf Antrag eines Beteiligten (hier absehbar der Leila) aussetzen.

 

4. Anerkennungsvoraussetzungen (§ 109 FamFG)

240

Ob die Ehegatten im Ergebnis wirksam geschieden sind, hängt von der Beurteilung der Anerkennungsvoraussetzungen im Verfahren nach § 107 FamFG ab. Diese bestimmen sich auch im Verfahren nach § 107 FamFG für gerichtliche ausländische Ehescheidungen gemäß § 109 FamFG, der die Anerkennungsvoraussetzungen sowohl für die Anerkennung nach § 107 FamFG als auch für die nach § 108 FamFG regelt.

a) Spiegelbildliche Zuständigkeit

241

Die Gerichte des Urteilsstaates müssten spiegelbildlich zuständig gewesen sein (§ 109 Abs. 1 Nr 1 FamFG). Dabei genügt es für Entscheidungen aus einem Staat mit verschiedenen Jurisdiktionen, wenn der Gesamtstaat (hier USA) bei gespiegelter Anwendung deutschen Zuständigkeitsrechts zuständig wäre. Die innerstaatliche Zuständigkeitsverteilung fremder Staaten ist deren Sache und entzieht sich der Bewertung im Anerkennungsstadium.

Fraglich ist, ob im Rahmen des § 109 Abs. 1 Nr 1 FamFG nur auf Zuständigkeiten nach § 98 FamFG abzustellen ist oder, wie für die eigene Zuständigkeitsbestimmung, vorrangig auf Art. 3 Brüssel IIa-VO. Für Ersteres spräche prima facie, dass gegenüber Drittländern die Anerkennung nicht nach Art. 21 ff Brüssel IIa-VO erfolgt. Gleichwohl erfordert es die ratio des § 109 Abs. 1 Nr 1 FamFG fremde Urteile anzuerkennen, solange sie sich im Rahmen der vor deutschen Gerichten geltenden Zuständigkeitsmaßstäbe halten; ein Anerkennungshindernis kann nur bestehen, wenn in einem gespiegelten Fall deutsche Gerichte sich nicht für zuständig hielten, das ausländische Verfahrensrecht also nach deutschem Maßstab sich eine zu weite Zuständigkeit anmaßt. Zum Arsenal der aus deutscher Sicht anwendbaren Zuständigkeiten gehört aber auch Art. 3 Brüssel IIa-VO, der bei gewöhnlichem Aufenthalt beider Ehegatten in einem Mitgliedstaat unbeschadet der Beteiligung von Nicht-EU-Bürgern sogar Ausschließlichkeit gegenüber der Anwendung nationalen Zuständigkeitsrechts in anderen Mitgliedstaaten beansprucht. Gegen eine Spiegelung des Art. 3 Brüssel IIa-VO spricht auch nicht, dass dort von „Gerichte des Mitgliedstaats“ die Rede ist. § 98 FamFG spricht sogar von „deutschen Gerichten“; der Austausch solcher Begriffe bedeutet gerade das Prinzip der Spiegelung. Lediglich die Ausschließlichkeit der Brüssel IIa-VO ließe sich nicht spiegeln, sodass jedenfalls subsidiär immer auch § 98 FamFG eine spiegelbildliche Zuständigkeit vermitteln kann.[20] Im Fall folgt die spiegelbildliche Zuständigkeit von US-Gerichten jedoch bereits aus Art. 3 Abs. 1 lit. a Str. 2 Brüssel IIa-VO (letzter gemeinsamer, von einem Ehegatten beibehaltener gewöhnlicher Aufenthalt).