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Thomas Häring

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Agenten, Legenden und Tragödien der Arbeit Bonus Dreck

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Möge die Macht der Academy mit Dir sein!

Das sind doch nur Worte

Mitarbeiterdiebstähle

Impressum neobooks

Möge die Macht der Academy mit Dir sein!

„Aufgepaßt, meine Damen und Herren, das, was Sie jetzt zu hören bekommen, geht nur Sie und mich etwas an, es darf niemals, ich betone niemals, in andere Ohren gelangen, denn sonst sind wir dem Untergang geweiht und man wird gnadenlos über uns herfallen, sollten wir scheitern,“ begann der Leiter der Führungsakademie der BA seinen Vortrag vor den Zuhörenden. Jene saßen da, machten sich Notizen und trauten teilweise ihren Ohren kaum, denn was sie da so in ihren Gehörgängen aufschnappten, das war manchmal schon ziemlich heftige Kost. „Wir müssen neue Wege suchen, um das Arbeitslosenproblem zu lösen. Projekte wie Rent a Hartzie, also Arbeitslose, die zum Beispiel bei Geburtstagspartys als Bedienung auftreten oder die Ein Euro Popper in den Bordellen, kamen zwar ganz gut an, haben jedoch langfristig betrachtet keine Substanz und führen zu keiner Nachhaltigkeit. Deswegen haben wir beschlossen, flächendeckend die Tiefschulen einzuführen.“ Die fragenden Gesichter der Zuhörerschar ermunterten den Mann, nach einer kurzen Atempause, in der er so tief Luft holte wie er nur konnte, um seinen anvisierten Redeschwall nicht unterbrechen zu müssen, sogleich fortzufahren: „Die Tiefschulen sind das Pendant zu den Hochschulen, wenn nicht gar die andere Seite derselben Medaille. Bisher kannten Sie nur die Sonderschulen oder Schulen zur individuellen Lernförderung, wie man sie auch zu bezeichnen pflegte, im Volksmund gerne die „Depperlschule“ genannt. Wir aber finden, daß es nicht reicht, die Dummen auszugliedern, sondern wir sind der Meinung, daß sie ihre geistige Umnachtung auch noch vertiefen sollen und darum schicken wir sie nach der Sonderschule auf die Tiefschule.“ „Und was ist der Sinn der ganzen Aktion? Das kostet doch nur einen Haufen Geld“, bemerkte einer der Zuhörer. „Nicht unbedingt, denn wir schlagen damit mehrere Klappen mit einer Fliege: Erstens sind die Doofies beschäftigt und kommen deshalb auf keine dummen Gedanken. Zweitens fallen sie als Studierende auf einer Tiefschule jahrelang aus der Arbeitslosenstatistik und drittens dauert ein Studium an einer Tiefschule mindestens fünf Jahre, was bedeutet, daß wir die Vollidioten ziemlich lange unter unserer Aufsicht und Kontrolle haben. Dazu kommt, daß es in diesem Land sehr viele arbeitslose Lehrer gibt und die würden wir dann ebenfalls wieder in Lohn und Brot bringen, was auch gut zusammenpaßt, denn die dummen Lehrer, die keinen guten Notenschnitt hatten, unterrichten dann die blöden Studenten, die ebenfalls in der Schule Versager waren. Eine geniale Idee, wie ich finde.“ Anerkennendes Nicken mischte sich mit bewundernden Blicken, nur eine Frau schüttelte erregt ihr lockiges Haupt und rief: „Nein, so geht das nicht! Das sind doch alles nur Pseudoaktionen, die langfristig betrachtet nirgendwohin führen, sondern das Problem nur auf die lange Bank schieben.“ Der Redner schaute ihr direkt in die Augen, dachte einen Augenblick lang nach, musterte sein Publikum und hob dann zu einer Rede an, die ihresgleichen suchte. Zarter Besaitete mögen die folgenden Seiten schnell überblättern, denn was nun folgte, war ein Monolog, der inhaltlich an Menschenverachtung, Schärfe und Grausamkeit nicht zu überbieten war. Die Zuhörenden warteten gespannt darauf, wie der Mann auf den Einwurf der renitenten Frau reagieren würde, doch wenn sie gewußt hätten, welche Worte ihnen sogleich um die Ohren fliegen und nie wieder aus dem Kopf gehen würden, dann hätten sie vielleicht lieber den Raum verlassen oder sich die Ohren mit Watte zugestopft. So aber folgte: „Also gut, wie ich höre, sind nicht alle in diesem Saale von der Wirksamkeit unserer Maßnahmen überzeugt und daher will ich Ihnen gestehen, daß auch wir selbst schon weiter denken und ganz andere Ideen im Kopf haben, die ich Ihnen nun näherbringen möchte. Wie Sie alle wissen, haben wir unter den 6,5 Millionen Hartz IV Empfängern 3,5 Millionen Individuen, die aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen und das natürlich nicht ohne Grund. Dabei handelt es sich um Alkoholiker, psychisch Kranke, Kinder, Schwangere und viele Andere, die uns ausnützen, dem Staat und der Gesellschaft jedoch in keinster Weise nützen. Was tun mit diesem Gesocks oder lebensunwertem Leben, wie man es früher nannte, was man heutzutage ja leider nicht mehr sagen darf, dabei ist genau das der absolut passende Begriff. Wir werden diese Gestalten nicht so einfach los, deshalb müssen wir natürlich etwas dagegen tun, daß sich diese Asozialen auch noch vermehren. Gut, beginnen wir mit den Alkoholikern: Die kümmern uns am wenigsten, da sie sich selbst erledigen, indem sie früher sterben, meistens keine Nachkommen in die Welt setzen, da sie im Suff den Schlüssel nicht ins Loch bringen und außerdem sind sie ziemlich leicht zu kontrollieren, da sie ja Süchtige sind. Bei den psychisch Kranken sieht es schon etwas komplizierter aus. Wir sorgen dafür, daß sie behandelt, aber nie geheilt werden, bis sie es irgendwann nicht mehr aushalten und sich selber aus dem Staub machen. Mit den Kindern ist es auch so eine Sache und da wären wir bei einem unserer Hauptprobleme angelangt: Da wir in Deutschland in der Vergangenheit etwas zu auffällig gewesen sind, was Sterbehilfe und solche Sachen angeht, beobachtet man uns heutzutage natürlich mit Argusaugen, so daß wir offiziell nicht alles machen können, was wir gerne würden. Dazu kommt, daß sich in unserem Land sehr viele Ausländer befinden und die vermehren sich auch noch die ganze Zeit. Was dagegen tun? Na ja, erst einmal denen da unten das Kindergeld streichen, damit der Anreiz schon mal wegfällt. Dann auf in den Kampf gegen das Migrantentum und unseren eigenen Bodensatz. Wie Sie wissen, bestimmt das schwächste Mitglied die Leistung in der Gruppe und genau aus dem Grund müssen wir uns der Schwachen entledigen, weil wir sonst nie vorwärtskommen und uns weiterentwickeln. Das mag alles brutal und schrecklich klingen, allerdings führt kein Weg daran vorbei. Intelligente Leute wie Hitler, Himmler und Goebbels haben das schon vor etlichen Jahrzehnten erkannt, ihr Fehler bestand jedoch darin, daß sie sich zu sehr auf die Juden konzentrierten, anstatt mit der Rassenmähermethode alles dem Erdboden gleichzumachen, was nicht gleichförmig wuchs und sich als Unkraut erwies. Meine Damen und Herren, ich bin mir darüber im Klaren, daß meine Worte Sie sehr aufwühlen und durcheinanderbringen werden, aber es hilft nichts, denn wenn wir das Problem mit den Arbeitslosen in Deutschland ein für allemal lösen wollen, dann müssen wir drastische Maßnahmen ergreifen, weil wir uns sonst wieder nur im Kreis drehen und uns nicht verändern und erst recht nicht verbessern. Man muß das Übel der Arbeitslosigkeit bei der Wurzel packen und das sind nun mal die Arbeitslosen selbst. Nur ein arbeitendes Volk kann in dieser globalisierten Welt siegreich bestehen und wenn wir mit den anderen Ländern in diesem Wettbewerb mithalten wollen, dann müssen wir Ballast abwerfen, also quasi den Müll rausbringen und entsorgen, denn sonst werden wir selbst auf dem Müllhaufen der Geschichte landen und zwar auf der Sondermülldeponie. Wenn Sie wollen, dann können Sie mir jetzt noch ein paar Fragen stellen, wenn nicht, dann umso besser.“ „Das klingt alles sehr radikal und ich werde das Gefühl nicht los, daß man uns hier zu einer SS-Eliteeinheit machen will“, gab ein junger Mann zu. „Sehr gut, Kamerad und Volksgenosse, Sie haben es erfaßt und auf den Punkt gebracht. Wir sehen uns selbstverständlich in der Tradition der ruhmreichen SS und werden ihr Andenken immer in Ehren halten. Nichtsdestotrotz leben wir in einer anderen Zeit, weshalb wir uns mit bestimmten Gegebenheiten abfinden müssen und nicht nur so handeln können, wie wir uns das vorstellen. Am einfachsten und billigsten wäre es, die Arbeitslosen alle zu erschießen, aber so etwas kann man in der heutigen Zeit leider nicht bringen. Deswegen müssen wir andere Wege finden, um unsere hehren Ziele zu erreichen. Machen wir uns doch nichts vor: Die meisten Arbeitslosen haben es sich als Asoziale in unseren sozialen Hängematte bequemgemacht und denken nicht im Traum daran, jene irgendwann zu verlassen. Ganz im Gegenteil, sie behaupten statt dessen auch noch ganz frech, dreist und unverschämt, daß sie ein Recht auf die Kohle vom Staat hätten, weil sie nun mal deutsche Staatsbürger wären und deshalb von Vater Staat angemessen versorgt werden müßten. Uns Arbeitenden, welche diese Schmarotzer und Parasiten seit Jahrzehnten finanzieren, stellen sich bei solchen Aussagen natürlich die Haare zu Berge und ohnmächtiger Zorn erfaßt unsere Gedanken. Was glauben die eigentlich wer sie sind, kommt es uns in den Sinn, aber wir werden diesen Abschaum, der uns wie ein Zeck aussaugt, nicht mehr los. Ganz im Gegenteil, immer ungeheuerlicher werden ihre Forderungen, alles soll ihnen der Staat, also wir, bezahlen, diskriminiert und stigmatisiert wollen sie auch nicht mehr werden, mobben und dizzen soll man sie ebenso nicht mehr dürfen, ja wo kommen wir denn da hin? Wollen Sie, meine Damen und Herren, ein Land, in dem morgens der Muezzin kräht und dem dann der Sprecher der Arbeitslosen folgt, welcher lautstark verkündet, daß für alle Arbeitslosen im Land wieder ein Feiertag, weil freier Tag, begonnen hat?“ Der Redner fixierte sein Publikum und erntete das erwünschte energische Kopfschütteln, einige Zuhörende hätten sich vor Ekel beinahe übergeben. Zufrieden nickte er bekräftigend, bevor er auf die nächste Frage wartete. Jene wurde von einer älteren Frau gestellt und lautete folgendermaßen: „Das klingt ja alles logisch und vernünftig, aber wie sollen wir das den Menschen im Land beibringen?“ „Natürlich überhaupt nicht. Geheimhaltung lautet das wichtigste Gebot der Stunde. Niemand darf jemals erfahren, was hier besprochen wurde. Die Deutschen sind ein lahmes und denkfaules Volk, sie hassen Veränderungen und haben Angst. Außerdem sind sie prinzipiell erst einmal gegen alles, was man ihnen vorschlägt, weil es sich bei ihnen um Gewohnheitstiere handelt, die man nicht überfordern darf. Aus diesem und vielen anderen Gründen dürfen und werden unsere Landsleute von unseren Plänen kein Sterbenswörtchen erfahren. Wir werden zunächst ganz sachte und unauffällig vorgehen, nämlich indem wir die Arbeitslosen leise verrecken lassen, zum Beispiel durch unterlassene Hilfeleistung. Da kommt halt dann der Krankenwagen erst, wenn der Patient schon tot oder nicht mehr zu retten ist, so etwas kann immer mal passieren. Der psychisch Kranke wird leider erst gefunden, nachdem er sich umgebracht hat und lauter solche Sachen, die alten Arbeitslosen bekommen keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr bezahlt, wir trocknen diesen Sumpf einfach aus und erst dann, wenn wir uns über die renitenten, widerborstigen Leistungsempfänger hermachen, werden die Messer so richtig gewetzt.“

 
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