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Frau Jenny Treibel

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Dieser, der an hundert Tafeln wetterfest geworden und im Vergleich zu Schmidt noch ganz leidlich imstande war, schritt, ohne langes Sträuben, auf den Flügel zu, während ihm Schmidt und Treibel Arm in Arm folgten, und ehe der Rest der Gesellschaft noch eine Ahnung haben konnte, daß der Vortrag eines Liedes geplant war, legte Krola die Zigarre beiseite und hob an:

 
Glück, von allen Deinen Losen,
Eines nur erwähl’ ich mir,
Was soll Gold? Ich liebe Rosen
Und der Blumen schlichte Zier.
 
 
Und ich höre Waldesrauschen
Und ich seh’ ein flatternd Band —
Aug’ in Auge Blicke tauschen,
Und ein Kuß auf Deine Hand.
 
 
Geben, nehmen, nehmen, geben,
Und Dein Haar umspielt der Wind,
Ach, nur das, nur das ist Leben,
Wo sich Herz zum Herzen find’t.
 

Alles war heller Jubel, denn Krolas Stimme war immer noch voll Kraft und Klang, wenigstens verglichen mit dem, was man sonst in diesem Kreise hörte. Schmidt weinte vor sich hin. Aber mit einem Male war er wieder da. »Bruder,« sagte er, »das hat mir wohl getan. Bravissimo. Treibel, unsere Jenny hat doch recht. Es ist was damit, es ist was drin; ich weiß nicht genau was, aber das ist es eben – es ist ein wirkliches Lied. Alle echte Lyrik hat was geheimnisvolles. Ich hätte doch am Ende dabei bleiben sollen …«

Treibel und Krola sahen sich an und nickten dann zustimmend.

»… Und die arme Korinna! Jetzt ist sie bei Trebbin, erste Etappe zu Julias Grab … Julia Capulet, wie das klingt. Es soll übrigens eine ägyptische Sargkiste sein, was eigentlich noch interessanter ist … Und dann alles in allem, ich weiß nicht, ob es recht ist, die Nacht so durchzufahren; früher war das nicht Brauch, früher war man natürlicher, ich möchte sagen sittlicher. Schade, daß meine Freundin Jenny fort ist, die sollte darüber entscheiden. Für mich persönlich steht es fest, Natur ist Sittlichkeit und überhaupt die Hauptsache. Geld ist Unsinn, Wissenschaft ist Unsinn, alles ist Unsinn. Professor auch. Wer es bestreitet, ist ein pecus. Nicht wahr, Kuh … Kommen Sie, meine Herren, komm, Krola … Wir wollen nach Hause gehen.«

Ende