Familien- und Kindschaftsrecht für die Soziale Arbeit

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2 Paarbeziehungen

2.1 Verlöbnis, § 1297 BGB

Das Familienrecht regelt in den §§ 1297 bis 1302 BGB zunächst, als eine wichtige Institution, das Verlöbnis (u. a. Eingehung, Wirkungen) als Vorstufe der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft (Prütting et al. 2017).

2.1.1 Begriff und Rechtsnatur

Definition

Das Verlöbnis ist ein gegenseitiges formfreies Versprechen, künftig miteinander die Ehe einzugehen (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010). Es begründet ein erhöhtes Einstehenmüssen und zwar auch im Sinne einer Garantenstellung gemäß § 13 StGB mit einer daraus resultierenden strafbewehrten Verpflichtung zum aktiven Handeln zum Schutz des Partners, weil ein familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis begründet wird (Dethloff 2015, Anmerkung: vgl. auch § 1 Abs. 4 LPartG).

Vertrag

Die Rechtsnatur des Verlöbnisses ist umstritten (hierzu Dethloff 2015). Das Eheversprechen und das dadurch begründete Rechtsverhältnis sind nach herrschender Vertragstheorie ein Vertrag, auf den die allg. Vorschriften der §§ 104 ff., 145 ff. BGB Anwendung finden, jedoch mit Ausnahme der §§ 164 ff. BGB, sodass Stellvertretung ausgeschlossen ist (Gernhuber/Coester-Waltjen 2010).

Folgt man der Einordnung als Vertrag, so gelten die Vorschriften über das Wirksamwerden von Rechtsgeschäften. Die Verlobten müssen, damit ein Verlöbnis als wirksam zustande gekommen gilt, zwei übereinstimmende Willenserklärungen abgegeben haben, die dem jeweils anderen zugegangen sein müssen. Inhalt der Erklärungen muss das ernsthafte gegenseitige Versprechen sein, einander zu heiraten. Eine Form ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass diese Willenserklärungen auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, abgegeben werden können. Es kann daher unter Umständen sogar schon ausreichen, die Eheringe zu kaufen, wenn dem ein entsprechender übereinstimmender Erklärungswert zukommt.

Aufgrund der Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre ist aber weitere Voraussetzung für den Abschluss eines Verlöbnisses auch die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verlobung. Bei Geschäftsunfähigkeit eines der Beteiligten liegt daher kein wirksames Verlöbnis vor. Bei beschränkter Geschäftsfähigkeit gelten die §§ 106 ff. BGB. Eine minderjährige Person bedarf demnach für eine wirksame Verlobung der vorherigen Einwilligung oder nachträglichen Genehmigung der gesetzlichen Vertreter (§§ 107, 108 Abs. 1 BGB).

Unwirksamkeit

Das Verlöbnis eines Verheirateten ist sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) und zwar unabhängig von der Kenntnis eines oder beider Beteiligten.

Rückforderung

Ist ein Verlöbnis wegen eines in der Person eines Verlobten liegenden Grundes, etwa weil er verheiratet oder schon verlobt ist, nichtig, kann der gutgläubige andere Verlobte Geschenke, die er im Vertrauen auf die Verlobung gemacht hat, gemäß § 1301 BGB herausverlangen (OLG Schleswig, Beschluss vom 06.12.2013, 10 UF 35/13; Palandt 2017). § 1301 BGB ist also auch anwendbar, wenn das Verlöbnis nichtig ist, der Schenkende jedoch die Schenkung im Vertrauen auf die Gültigkeit des Verlöbnisses vollzogen hat.

2.1.2 Wirkungen

nicht klagbar

Das Verlöbnis begründet keine klagbare Verpflichtung zur Eingehung der Ehe (§ 1297 Abs. 1 BGB). Das Versprechen zur Eingehung der Ehe ist daher gemäß § 120 Abs. 3 FamFG auch nicht vollstreckbar (Prütting/Helms 2013) und kann nach § 1297 Abs. 2 BGB nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden.

Sonderrechte

Im Zivil- und im Strafprozess können sich Verlobte auf Zeugnisverweigerungsrechte (§ 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und im Strafprozessrecht auf Auskunftsverweigerungsrechte (§ 55 StPO) berufen.

2.1.3 Beendigung des Verlöbnisses

Gründe

Das Verlöbnis wird durch die Eheschließung, durch den Tod, durch eine einvernehmliche Entlobung oder durch Rücktritt nach §§ 1298 ff. BGB beendet. Nach § 1298 BGB ist ein Rücktritt ohne wichtigen Grund jederzeit möglich.

Folgen

Der ohne wichtigen Grund von der Verlobung Zurücktretende hat dem anderen Verlobten nach § 1298 Abs. 1 BGB Schadensersatz zu leisten. Umgekehrt begründet § 1299 BGB eine Schadensersatzpflicht des anderen Teils, soweit dieser einen wichtigen Grund für den Rücktritt veranlasst hat. Als wichtige Gründe i. S. v. § 1298 Abs. 3 kommen solche Gründe in Betracht, die zur Anfechtung wegen Irrtums oder wegen arglistiger Täuschung berechtigen würden, so dass die Aufrechterhaltung des Verlöbnisses unter Würdigung aller Umstände unzumutbar ist, z. B. Untreue, körperliche Gewalt oder grobe Beleidigungen.

Der Anspruch auf Herausgabe der Brautgeschenke ist in § 1301 BGB geregelt. Die Norm des § 1301 BGB greift grundsätzlich in allen Fällen der Beendigung des Verlöbnisses ein und verpflichtet den Verlobten zur Rückgabe der Geschenke. Sie verweist auf das Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, sodass auch § 815 BGB anwendbar ist, was für das Bestehen des Anspruchs bedeutsam sein kann.


§ 815 BGB (Nichteintritt des Erfolgs):

„Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.“

Verlobte können kein gemeinsames Testament errichten, § 2265 BGB, und haben auch kein gesetzliches Erbrecht. Sie können jedoch Ehe-, Erb- sowie Erbverzichtsverträge schließen (§§ 1408, 2275 Abs. 3, 2347 Abs. 1 BGB).

2.2 Ehe, §§ 1303–1563 BGB

Definition

Die Ehe ist eine staatlich anerkannte Lebensgemeinschaft zwischen zwei Menschen, die gemäß Art. 6 Abs. 1 GG (Ehe und Familie) unter dem besonderen Schutz des Staates steht. Art. 6 GG umfasst die Freiheit, eine Ehe mit einem selbst gewählten Partner zu schließen (vgl. BVerfGE 31, 58, 67; 76, 1, 42; 105, 313, 345; Ipsen 2014).


Bundesverfassungsgericht:

Zur Ehe gehört, dass sie

„die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates“ (vgl. BVerfGE 10, 59, 66; 29, 166, 176; 62, 323, 330),

„in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen“ (vgl. BVerfGE 37, 217, 249; 103, 89, 101) und

„über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können“ (vgl. BVerfGE 39, 169, 183; 48, 327, 338; 66, 84, 94).

2.2.1 Ehe und Lebenspartnerschaft/-gemeinschaft

Bisherige Rechtslage

Das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft und die nichteheliche Lebensgemeinschaft wurden noch bis Oktober 2017 von diesem Schutz nicht erfasst (vgl. BVerfGE 105, 313, 345). Sie waren vielmehr durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 und 3 GG geschützt (hierzu ausführlich Grziwotz 2014).

Gesetzentwurf des Bundesrats vom 22.03.2013:

Der Bundesrat hatte bereits am 22.03.2013 einen Gesetzesentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts beschlossen und beim Deutschen Bundestag eingebracht, der aber nicht behandelt wurde. Der Beschluss beschreibt sehr gut den historischen Wandel und die Entwicklung im Zusammenhang mit der „Ehe für Alle“ und erleichtert das Verständnis des Themas:

BR-Drucksache 193/13 (Beschluss):„Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes bestimmt: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“ Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird durch diese Vorschrift unter anderem die Ehe als Institut garantiert. Der Gesetzgeber muss deshalb die wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien beachten. Diese Strukturprinzipien hat das Bundesverfassungsgericht aus den vorgefundenen, überkommenen Lebensformen in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des Artikels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes und anderen Verfassungsnormen hergeleitet. Allerdings wird die Ehe durch Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht abstrakt gewährleistet, sondern in der verfassungsgeleiteten Ausgestaltung, wie sie den herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgeblich zum Ausdruck gelangenden Anschauungen entspricht. Danach schützt das Grundgesetz die Ehe – anders als die Weimarer Verfassung, die die Ehe als Grundlage der Familie verstand und die Fortpflanzungsfunktion hervorhob, – als Beistand- und Verantwortungsgemeinschaft, unabhängig von der Familie. Deshalb fällt unter den Schutz des Artikels 6 des Grundgesetzes ebenso die kinderlose Ehe. Nach dem traditionellen Eheverständnis kam der Geschlechtsverschiedenheit der Ehegatten prägende Bedeutung zu. Ebenso galt sie lange Zeit als notwendige Voraussetzung der Ehe im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, so dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften vom Ehebegriff ausgeschlossen waren (vgl. BVerfG Beschluss vom 4. Oktober 1993 – 1 BvR 640/93 –, NJW 1993, 3058; BVerfGE 105, 313, 345f = NJW 2002, 2543; BVerwGE 100, 287, 294 = NVwZ 1997, 189).

 

Seit einiger Zeit gibt es nun hinreichende Anhaltspunkte für einen grundlegenden Wandel des traditionellen Eheverständnisses, die angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers die Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts verfassungsrechtlich zulassen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt einen Bedeutungswandel zu, wenn entweder neue, von der gesetzlichen Regelung nicht erfasste Tatbestände auftauchen oder sich Tatbestände durch Einordnung in die Gesamtentwicklung verändert haben (vgl. BVerfGE 2, 380, 401 = NJW 1953, 1137; BVerfGE 45, 1, 33 = NJW 1977, 1387).

Erstens erfolgte der grundlegende Wandel des Eheverständnisses in Folge der Einführung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft. In der Bevölkerung wird heute nicht mehr zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft unterschieden. Die Eingehung einer Ehe und die Begründung einer Lebenspartnerschaft werden unterschiedslos als „heiraten“ bezeichnet. Man macht auch keinen Unterschied mehr zwischen „verheiratet“ und „verpartnert“, sondern spricht unterschiedslos bei Ehegatten und bei Lebenspartnern davon, dass sie „verheiratet“ sind. Die Bevölkerung geht zudem wie selbstverständlich davon aus, dass Ehegatten und Lebenspartner dieselben Pflichten und Rechte haben, obwohl das tatsächlich nur für die Pflichten zutrifft. Nach aktuellen Meinungsumfragen wird die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ganz überwiegend befürwortet.“

Neue Rechtslage

Der Bundestag hat am 30.06.2017 nunmehr unter Zugrundelegung dieses Entwurfs die Öffnung der Ehe entsprechend den Empfehlungen des Bundesrates für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen. Sie erfolgt durch die Ergänzung von § 1353 Abs. 1 S. 1 BGB, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können. Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen von dieser gesetzlichen Neuregelung unberührt bleiben (vgl. BR-Drucksache 18/6665 und 18/12989). Damit können künftig auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Am 07.07.2017 stimmte der Bundesrat dem neuen Gesetz zu. Das Gesetz ist am 01.10.2017 in Kraft getreten (BGBl. I 2017 S. 2787).


§ 1353 BGB a. F. (Eheliche Lebensgemeinschaft) (bis 30.09.2017)

„(1) Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.“

§ 1353 BGB n. F. (Eheliche Lebensgemeinschaft) (ab dem 01.10.2017)

„(1) Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.

(2) Ein Ehegatte ist nicht verpflichtet, dem Verlangen des anderen Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft Folge zu leisten, wenn sich das Verlangen als Missbrauch seines Rechts darstellt oder wenn die Ehe gescheitert ist.“

In § 1353 BGB wird somit klargestellt, dass die Ehe eine Lebensgemeinschaft zweier Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts ist. Mit der Neufassung des § 1353 BGB traten am 01.10.2017 flankierend weitere Regelungen etwa zur Umwandlung einer Lebensgemeinschaft in eine Ehe oder der Schließung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft für Neueintragungen in Kraft (siehe Änderung der §§ 1309, 1353 BGB, Einfügung der § 20a Lebenspartnerschaftsgesetz, § 17a Personenstandsgesetz, Änderung des § 7 Transsexuellengesetz und des Art. 17b Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch).

Zukunft der eingetragenen Lebenspartnerschaft

Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare entfällt die Notwendigkeit für das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Deshalb wird die Neueintragung der Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich sein. Die schon eingetragen Lebenspartnerschaften werden hingegen weiter bestehen, es sei denn die Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner wandeln sie in eine Ehe um.


neu § 20a LPartG

Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16.02.2001 (BGBl. I S. 266) wird wie folgt geändert:

„1. Eine Lebenspartnerschaft wird in eine Ehe umgewandelt, wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben werden.

2. Die bisherigen Abschnitte 5 und 6 werden die Abschnitte 6 und 7.“

2.2.2 Eheschließung

Voraussetzungen

Voraussetzung einer fehlerfreien Eheschließung ist zunächst die Ehefähigkeit. Das bedeutet Ehemündigkeit, § 1303 Abs. 1 BGB (Prütting et al. 2017) und Geschäftsfähigkeit (§ 1304 BGB); bei beschränkt Geschäftsfähigen gilt § 1303 Abs. 2 bis 4 BGB.

Es dürfen zudem keine Eheverbote eingreifen, z. B. Doppelehe (§ 1306 BGB), Verwandtschaft in gerader Linie oder zwischen vollbürtigen oder halbbürtigen Geschwistern (§ 1307 BGB) (Prütting et al. 2017).

Form

Die Eheschließung erfolgt gemäß §§ 1310 Abs. 1, 1311 S. 1 BGB durch persönliche und gleichzeitige Erklärung der Eheschließenden vor dem mitwirkenden Standesbeamten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Diese Erklärung darf gemäß § 1311 S. 2 BGB an keine Bedingung oder Befristung geknüpft werden.

Der Trauvorgang erfolgt gemäß § 1312 BGB vor dem örtlich zuständigen Standesbeamten (vgl. § 6 Abs. 2 PStG).

2.2.3 Wirkungen der Ehe

Name

Das Namensrecht der Eheleute ist in § 1355 BGB geregelt. Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen, haben aber keine Pflicht zur Führung des Ehenamens (§ 1355 Abs. 1 S. 1 BGB). Wenn ein Ehename gewählt wird, besteht die Möglichkeit zur Führung eines Begleitnamens (§ 1355 Abs. 4 BGB), der voranzustellen oder anzufügen ist. Wird hingegen kein Ehename geführt, behalten die Ehegatten die z. Zt. der Eheschließung geführten Namen (§ 1355 Abs. 1 S. 3 BGB).

Der Ehename wird Geburtsname des Kindes (§ 1616 BGB). Wenn kein gemeinsamer Ehename geführt wird, können die Eltern den Namen entscheiden. Bei Uneinigkeit überträgt das Familiengericht das Bestimmungsrecht auf einen Elternteil (§ 1617 BGB).

§ 1353 BGB regelt die Kernpflichten der Eheleute, die den persönlichen und vermögensrechtlichen Bereich betreffen, z. B. die Pflicht zur gegenseitigen Liebe und Achtung (Muscheler 2017), zu Beistand und Hilfe (begründet nach § 13 StGB Garantenstellung), zum Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft oder zur Aufklärung über Vermögensstand und laufendes Einkommen (Muscheler 2017).

Pflichten

Die Eheleute haben die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2 BGB). Das bedeutet ein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft. Beiden muss die Mitbenutzung von Hausrat und Ehewohnung (Mitbesitz) ermöglicht werden unabhängig davon, wer Eigentümer/Mieter ist. Sie haben auch die Pflicht zur ehelichen Treue, zur Achtung des Ehegatten (Anschauungen, Privatsphäre) und Beistandspflichten in erheblichen Zwangslagen/Notsituationen (Krankheitsfall, drohender Selbstmord, Garantenstellung nach § 13 StGB; vgl § 1353 Abs. 1 S. 2, 2.HS BGB).

Im vermögensrechtlichen Bereich haben die Eheleute die Pflicht, die Vermögensinteressen des anderen zu wahren und Auskunft über die eigenen Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Teilnahme am Rechtsverkehr

Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 BGB) verpflichten und berechtigen beide Ehegatten (als Gesamtschuldner bzw. Gesamtgläubiger) gemeinsam unabhängig davon, ob die Willenserklärung im Namen der Eheleute abgegeben wird oder der Vertragspartner bei Vertragsschluss Kenntnis von der Ehe hatte. Anwendungsbereich sind Geschäfte zur Deckung des auf Einkommen und Vermögen der Familie zugeschnittenen Lebensbedarfs, wie z. B. Haushaltsgeschäfte zur Beschaffung von Lebensmitteln, Kleidung etc., Reparatur des PKW, medizinisch gebotene (zahn-)ärztliche Behandlung (BGH, FamRZ 1992, 291). Bei Lebenspartnern gilt § 8 Abs. 2 LPartG, der auf § 1357 BGB verweist.

Nach § 1362 Abs. 1 S. 1 BGB gelten die im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen als Sachen des Schuldner-Ehegatten (Eigentumsvermutung; Dethloff 2015). Diese Vermutung des § 1362 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt bei Getrenntleben (§ 1362 Abs. 1 S. 2 BGB). Bei Lebenspartnern gilt § 1362 BGB gemäß § 8 Abs. 1 LPartG nur, soweit im Gesetz darauf verwiesen wird.

Ansprüche gegen Ehegatten

Die gerichtliche Durchsetzung der personalen Pflichten im Wege der Herstellungsklage oder Unterlassungsklage ist nicht vollstreckbar („Recht zum Getrenntleben“). Es gibt auch keine Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Pflichten aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB (so BGHZ 57, 229).

Ansprüche gegen Dritte

Bei der Verletzung des räumlich gegenständlichen Bereichs der Ehe durch Dritte bestehen Abwehr- und Unterlassungsansprüche (§§ 823 Abs. 1 und 2, § 1004 BGB, nicht § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Umfang der Pflichten in der Partnerschaft folgt der Form einer Pyramide von der Spitze bis zur Basis (Abb. 3).


Abb.3: Umfang der Pflichten in einer Partnerschaft

3 Trennung und Scheidung

3.1 Grundsatz

Form der Scheidung

Eine Ehe wird durch einheitlichen Beschluss (§ 1564 BGB, § 142 Abs. 1 FamFG) über sämtliche im Verbund stehenden Familiensachen geschieden, wenn sie gescheitert ist.


§ 1564 BGB (Scheidung durch richterliche Entscheidung)

„Eine Ehe kann nur durch richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. Die Ehe ist mit der Rechtskraft der Entscheidung aufgelöst. Die Voraussetzungen, unter denen die Scheidung begehrt werden kann, ergeben sich aus den folgenden Vorschriften.“

Zerrüttungsprinzip

Das früher herrschende Schuldprinzip hat der Gesetzgeber schon 1976 abgeschafft. Es gilt (nunmehr) das Zerrüttungsprinzip (Wellenhofer 2017).


§ 1565 BGB (Scheitern der Ehe)

„(1) Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.

(2) Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.“

 

Wann eine Ehe zerrüttet und damit gescheitert ist, wird anhand einer Einzelfallprüfung festgestellt (hierzu auch Dethloff 2015).

3.2 Fallgruppen der Scheidung

Das Gesetz geht von vier Fallgruppen aus, die sich aus Abb. 4 ergeben und im Folgenden erläutert werden.


Abb. 4: Fallgruppen der Scheidung

3.2.1 Die „unwiderlegliche“ Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB

einvernehmliche Trennung (1 Jahr)

Das Scheitern der Ehe wird nach einjähriger Trennungszeit und Einvernehmlichkeit der Eheleute unwiderleglich vermutet. Die Definition des Begriffs Trennung ergibt sich aus § 1567 BGB:


§ 1567 BGB (Getrenntleben)

„(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

(2) Ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen soll, unterbricht oder hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.“

Begriff der „Einvernehmlichkeit“

„Einvernehmlichkeit“ der Scheidung bedeutet, dass eine beidseitige Beantragung der Scheidung oder eine entsprechende Zustimmung zur Scheidung vorliegt (aber keine Einvernehmlichkeit, wenn z. B. Sorgerecht bezüglich ehelicher Kinder streitig ist).

Begriff der „Trennung“

Die „Trennung“ im Sinne § 1567 BGB bedeutet das Ende der häuslichen Gemeinschaft sowie der Wille zur Trennung und Scheidung (Münder et al. 2013).

Eine Trennung gemäß § 1567 BGB ist gegeben, wenn eine häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht: Trennung meint dabei insbesondere eine Trennung von „Tisch und Bett“.


Entscheidung „Scheitern der Ehe bei Geisteskrankheit eines Ehegatten“ (BGH, Urteil vom 07.11.2001, XII ZR 247/00):

Anmerkung der Autorin: Der Fall behandelt die Frage der häuslichen Gemeinschaft zwischen Parteien, die zu keinem Zeitpunkt zusammen gelebt haben. Der Ehemann bewohnt im selben Haus wie seine kranke Frau eine (Nachbar-)Wohnung und kümmert sich intensiv um die Ehefrau. Der Betreuer der Ehefrau stellt einen Scheidungsantrag.

Aus den Gründen: „Unter der Lebensgemeinschaft der Ehegatten ist das Ganze des ehelichen Verhältnisses, primär aber die wechselseitige innere Bindung der Ehegatten zu verstehen. Die häusliche Gemeinschaft umschreibt dagegen die äußere Realisierung dieser Lebensgemeinschaft in einer von beiden Ehegatten gemeinsamen Wohnstätte. Im Verhältnis zueinander ist die Lebensgemeinschaft der Ehegatten der umfassendere Begriff; die häusliche Gemeinschaft bezeichnet nur einen äußeren, freilich nicht notwendigen Teilaspekt dieser Gemeinschaft.“

Gemeinsame Wohnung

Ein „Getrenntleben“ ist auch möglich, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (Dethloff 2015).

Berücksichtigung einer Versöhnung

Die Annahme des Getrenntlebens innerhalb der ehelichen Wohnung setzt allerdings voraus, dass kein gemeinsamer Haushalt geführt wird und zwischen den Ehegatten keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen (BGH, Urteil vom 14.06.1978, IV ZR 164/77; OLG Köln, Beschluss vom 07.12.2012, 4 UF 182/12; Palandt 2017).

Versöhnungsversuche unterbrechen die Trennungszeit. Bei der Berechnung werden allerdings Versöhnungsversuche (nach der Rechtsprechung) unter 3 Monaten nicht mitgerechnet: Wird also nach einer gewissen Zeit des Getrenntlebens ein Versuch gestartet, sich zu versöhnen, der dann allerdings innerhalb von 3 Monaten scheitert, wird bei der Bemessung der Zeit des Getrenntlebens auch die Zeit des Versöhnungsversuchs mit eingerechnet (Dethloff 2015).


Entscheidung „Versöhnungsversuch“ (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.09.2009, Az.: 6 WF 98/09):

Leitsatz: „Ein Zeitraum von drei Monaten stellt – vorbehaltlich besonderer Umstände – die Obergrenze dar, bis zu der noch ein „Zusammenleben über kürzere Zeit“ im Sinne des § 1567 Abs. 2 BGB – und damit ein den Lauf des Trennungsjahres nicht beeinflussender Versöhnungsversuch – angenommen werden kann.“

Trennungswillen

Eine „Trennung“ gemäß § 1567 BGB ist nur bei einem entsprechenden Trennungswillen (mindestens bei einem der Eheleute) anzunehmen. Voraussetzung ist danach der Wille zur Trennung und Scheidung, der tatrichterlich festgestellt werden muss.

Einer Scheidung steht nicht entgegen, dass ein erkrankter Ehegatte im familiengerichtlichen Verfahren aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung keinen Scheidungswillen mehr fassen kann: Die Ehe kann dennoch geschieden werden, wenn die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben, der Erkrankte im Zusammenhang mit der Trennung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Trennung gefasst hat und er die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft ablehnt. Bei Vorliegen des freien Willens ist der Mensch geschäfts- und einwilligungsfähig. Der natürliche Wille ist – in Abgrenzung zum freien Willen – der Wille, der in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit gefasst wird. Das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Leben (Art. 2 Abs. 1 GG) gebietet es aber nach dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit, auch den natürlichen Willen zu beachten.


Entscheidung „Demenz“ (OLG Hamm, Beschluss vom 16.08.2013, 3 UF 43/13):

Anmerkung der Autorin: Der an einer Demenz vom Typ Alzheimer erkrankte 60-jährige Antragsteller hatte im Frühjahr des Jahres 2011 die 20 Jahre jüngere Antragsgegnerin geheiratet. Ende des Jahres kam es nach ca. achtmonatigem ehelichen Zusammenleben zur Trennung der Eheleute. Bei einer im Frühjahr 2012 im Rahmen des Betreuungsverfahrens durchgeführten richterlichen Anhörung hat der Antragsteller trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen seinen Willen zur Trennung und Scheidung geäußert. Die für den Antragsteller bestellte Betreuerin reichte daher im Jahre 2012 einen Scheidungsantrag ein, dem die Ehefrau mit der Begründung, dass der Antragsteller an der Ehe festhalten wolle, entgegengetreten ist.

Leitsätze: „Eine einseitige, dem Familiengericht den Ausspruch der Ehescheidung ermöglichende Zerrüttung der Ehe lässt sich gemäß den §§ 1565, 1566, 1567 BGB jedenfalls feststellen, wenn die Ehegatten unstreitig seit mehr als einem Jahr räumlich getrennt voneinander leben und die Anhörung des an Demenz erkrankten Antragstellers nach § 128 FamFG sowie das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme den Rückschluss zulassen, dass dieser zum Zeitpunkt der Trennung bzw. zu einem danach liegenden Zeitpunkt noch den hinreichend sicheren natürlichen Willen zur Trennung und Ehescheidung sowie die Ablehnung der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft erklärt hat.

Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.“

3.2.2 Scheidung wegen Zerrüttung der Ehe, § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB

Fehlende Einvernehmlichkeit

Wenn eine Einvernehmlichkeit fehlt, ist die Ehe nur dann gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und eine tatrichterliche Prognose ergibt, dass nicht zu erwarten ist, dass sie wieder hergestellt wird, diese Zerrüttungslage wird in tatsächlicher Hinsicht gerichtlich überprüft (Wellenhofer 2017).

Zerrüttung

Indizien für die Zerrüttung (Beispiele aus der Rechtsprechung) sind:

■ Anderweitige Partnerverbindung (OLG Frankfurt, FamRZ 1977, 810)

■ Homosexualität (OLG Hamm, FamRZ 1978, 190)

■ Endgültige Abwendung eines Ehepartners ohne Versöhnungsversuch (OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.02.2015, 9 UF 260/14)

■ Unüberbrückbare Gegensätze und Auseinandersetzungen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.09.2006, 15 WF 32/06)

■ Kein Geschlechtsverkehr mehr zwischen den Ehegatten (BGH, Beschluss vom 31.01.1979, IV ZR 72/78)

■ Unüberwindbare Abneigung des Ehegatten gegen den anderen (BGH, Urteil vom 14.06.1978, IV ZR 164/77)

■ Trunksucht und grobe Beleidigungen/Beschimpfungen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1978, 590)

■ Fehlende Kommunikation zwischen den Ehegatten (KG, FamRZ 1978, 594)

Vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2014, 11 U 105/13: Zu den Voraussetzungen der §§ 1565, 1566 BGB.

3.2.3 Unwiderlegliche Vermutung (§ 1566 Abs. 2 BGB)

Dreijährige Trennung

Bei einer dreijährigen Trennungszeit wird das Scheitern unwiderleglich vermutet. Eine Einigung der Eheleute über die Scheidung ist nicht erforderlich (Wellenhofer 2017).


Entscheidung „Entbehrliche Anhörung“ (OLG Hamm, Beschluss vom 21.11.2014, 6 UF 30/14).

Leitsatz: „Liegen die Voraussetzungen für das Scheitern der Ehe unzweifelhaft vor, weil die Ehegatten bereits seit mehr als 3 Jahren getrennt leben, bedarf es keiner Anhörung der Ehegatten mehr.“

3.2.4 Härtefallscheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB

Unzumutbare Härte

Auch bei der Härtefallscheidung gemäß § 1565 Abs. 2 BGB muss die Ehe gescheitert sein, § 1565 Abs. 1 BGB. Während die drei oben genannten Fälle der Scheidung (einvernehmliche bzw. streitige Scheidung nach einem Jahr Trennungszeit sowie streitige Scheidung nach dreijähriger Trennungszeit) jeweils eine Trennungsphase voraussetzen, kann die Zerrüttung der Ehe aufgrund eines Härtefalls ohne Trennungsphase geschieden werden. Nach ständiger Rechtsprechung reicht es aber nicht aus, wenn die Fortsetzung des realen ehelichen Zusammenlebens unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit muss sich vielmehr auf das Eheband als solches beziehen, das „Weiter-miteinander-verheiratet-sein“. Auf das subjektive Empfinden des scheidungswilligen Ehegatten kommt es nicht an. Maßstab ist hier, ob eine objektive dritte Person bei einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls das Verhalten des anderen Ehegatten ebenfalls als eine unzumutbare Härte empfinden würde (Wellenhofer 2017).