Selbst im Traum werde ich reicher

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Die Tanya-Schule war sehr weit.
Wir mussten über eine Wildblumenwiese gehen. Es war weniger eine Wiese, sondern eher eine Weide, weil sie nicht gemäht wurde. Im Frühling blühte die gelbe Schlüsselblume, danach der gelbe Löwenzahn, dann die rote Mohnblume. Es gab Nelkensträuße, die der Leser als Kamille kennt. Die nickende Distel blühte lila und wenn sie verwelkt war, hat der Wind sie als Ball gerollt. In heißen Sommern trocknet auch das Gras aus. Die grüne Wiese wird hellbraun. Der Gesang der Lerche fehlte in Kereki auch nicht. Danach kamen die regnerischen Jahreszeiten. Zu dieser Zeit durchquerten wir die Wiese in Gummistiefeln. Wenn das Wasser zu groß war, sind wir ausgewichen und danach haben wir die schlammige Straße geknetet. Bis wir in der Schule ankamen, waren wir bereits müde. Ich sah auch Fata Morganen. Wie ein Spiegel, nur verkehrt zeigte sie die Kirche von Köröstarcsa. In meiner Kindheit war ich nie in Köröstarcsa. Meine Eltern sagten mir, dass es in diese Richtung sei. Auf der Straße konnte man das beobachten in der Weite. Im Winter ist meine Wildblumenwiese gefroren. Dann sind wir bis zur Schule rutschend über sie gelaufen. 100 Meter von unserer Tanya hat die Eislaufstrecke begonnen und ca. 100 Meter vor der Schule hat sie aufgehört. Sie war mehrere Kilometer lang. Wir hatten einen größeren Eislaufplatz als die Eisarena von Nürnberg. Nicht selten fiel so viel Schnee, dass er höher war als ich, oder die Schneeverwehungen hatten ihn auftürmen lassen, sodass wir nicht weiterkamen. Dann spannten meine Brüder die Pferde und wir wurden mit dem Schlitten in die Schule und wieder nach Hause gebracht. Mehrmals wurden Jani und Mari Bojti von ihrem Bruder mit dem Pferdeschlitten in die Schule gebracht, dann fuhren wir mit ihnen mit. Sie wohnten weiter nördlich von uns und wir lagen auf dem Weg zur Schule. War das nicht eine wunderschöne Kindheit?
Jedes Jahr bin ich mehr als 400-mal über die Brücke bei den zwei Körös-Flüssen – Fehér Körös und Fekete Körös – gegangen, trotzdem wurde mir dafür kein Denkmal errichtet. Sándor Petőfi ist einmal über die – damalige Holzbrücke – gegangen und die Gedenksäule steht bei der Brücke am Deich. Er hat sich diese Gedenksäule nicht dadurch verdient, dass er über die Brücke bei Kereki gegangen ist, sondern weil er ein großer Dichter war. Kennen Sie ihn? Auf der Tanya hatte ich nicht immer ein Fahrrad. Einer meiner Lieblingssportarten ist heute durch Kereki zu rasen – natürlich mit deutschen Automarken – mit einer Geschwindigkeit – wenn es die Straßenverhältnisse zulassen –, dass diejenigen, die ich überhole, aus ihren Autos steigen, weil sie glauben, dass sie stehen oder träumen. Weil ich vor ein paar Sekunden noch dort war. Und jetzt bereits nicht mal am Horizont zu sehen bin. In diesen Momenten finde ich es schade, dass die Verwandten – die Familie vom Bruder meiner Mutter, Jancsi Sáli und Bözsika Sáli – nur 16 km von Mezőberény in Bélmegyer wohnen und nicht weiter weg.
Ich lebte bereits in Nürnberg, aber meinen Urlaub verbrachte ich in Mezőberény. Ich habe öfter Spritztouren in Kereki gemacht. Bis die Straßen nicht umgelenkt wurden, habe ich den Platz unserer Tanya und meine einstige Schule angeschaut. Einmal träumte ich, dass UFOs in Kereki gelandet sind. Und ich war nicht weit von ihnen mit dem Auto unterwegs. Diese Wesen waren mit erhobenen Händen in meine Richtung unterwegs. „Wenn ihr schon gelandet seid, mache ich ein paar Fotos von euch“, dachte ich. Meine Kamera hatte ich immer bei mir, mit einer Ausnahme. Ich zückte sie auch in meinem Traum, knipste einige Male und drehte mich wieder ab, weil die als Feinde vermuteten Wesen bereits in der Nähe waren. In Nürnberg habe ich den Film entwickeln lassen. Stellen Sie sich vor, diese paar Bilder waren leer. Es gab keine Zeichen dafür, dass ich die Landung der UFOs in Kereki verewigt hätte.
Das eine Mal, als ich keine Kamera bei mir hatte, war in Nürnberg. Ich wollte schon immer radfahrende Nonnen fotografieren. Einmal kamen mir sogar drei entgegen, aber ich konnte sie nicht abknipsen.

Im Kapitel „Mein Nürnberg“ berichte ich von meiner hollywoodreifen Flucht aus Ungarn nach Nürnberg in Deutschland. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, wieso die Menschen Ungarn verlassen und sich der Gefahr einer Flucht aussetzen. Bis zur Mitte der 1980er Jahren war es riskant. Von der Frau, die in Mezőberény im deutschen Pfarrhaus wohnte, besorgte ich die Adresse des 1981 von dort geflüchteten deutschen Pfarrers Zoltán Ferenczy in Lauterhofen in der Oberpfalz. Ca. 50 km von Nürnberg. Aber ich durfte nicht dort schlafen, weil ich auch eine Spionin sein konnte, nahmen sie an. Ich habe in Nürnberg im Lager übernachtet. Am fünften Tag konnte ich das Lager verlassen, weil Zoltán Ferenczy mir eine 1-Zimmer-Wohnung besorgt hatte. Es ist immer gut, wie es ist. Eines Nachts habe ich noch in Mezőberény geträumt, dass ich hier in Deutschland ein zuverlässiges Auto habe – weil unser russischer Mercedes öfter ausgeliehen war und immer kaputt zurückgebracht wurde – und ein ruhigeres Leben führen könnte als in Mezőberény. Ich kann mit Begeisterung und nicht lustlos arbeiten. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen.

Ich war auf meinen Mann sauer und habe ihn verlassen.
Ich werde nicht niederschreiben warum, aber ich erzähle es mündlich. Er hat im Winter, Frühling, Sommer, Herbst gegen Abend nach rechts und nach links geschaut und auf Leonille gewartet, aber jahrelang ist die blonde Frau nicht gekommen. Das hat eine alte Nachbarin Frau Marika Scherrer jedes Mal erzählt, als ich sie besuchte. Danach folgte mir Ádám. Einmal läutete er an meiner Wohnung in Nürnberg. Ich öffnete die Tür. Ádám steht da. Er hat die blonde Frau gefunden. Seitdem ist er deutscher Staatsbürger und wohnt in Nürnberg. Bis heute hat er 80 unterschiedliche Obstbäume, Obststräucher und Weintrauben in unserem Garten in Mezőberény gepflanzt. Er produziert fünf verschiedene Weinsorten; aus Weintrauben rot, weiß und rosé, aus Feige, aus Sauerkirsche, kocht vier verschiedene Marmeladensorten, legt Obst und Gemüse ein und kocht besser als ein TV-Koch. Was für ein Koch! Ein Vierteljahrhundert arbeitete er bei einer Firma in Nürnberg. Die Firma wurde viermal verkauft, aber Ádám blieb jedes Mal. Und er fühlt sich auch nicht gut, wenn Laura nicht in der Nähe ist.

Meine Damen! Die Ehemänner muss man nicht beseitigen, wenn man ihnen überdrüssig geworden ist, sondern verlassen. Das ist die beste Medizin für einen Charakterwechsel.

Im Kapitel „Mein Nürnberg“ erwähne ich, dass hinter mir zwei Mal die Gefängnistore zugefallen sind. Nicht die Zellentür, sondern glücklicherweise nur das Gefängnistor, so war ich bereits nach 10 Minuten wieder draußen. Sie werden lesen, dass ich nichts Kriminelles verbrochen habe.
Laura
Als ich sie das erste Mal sah, verzauberten mich ihr Lachen, ihre Güte und ihr langes, lockiges, blondes Haar. Ich half ihr sich in der Bismarck-Schule und danach in die Oberstufe in der Veit Stoß Schule zu integrieren. Wir fliegen gemeinsam um die Welt. Sie findet sich überall zurecht und wird schnell zum Liebling des Hotelpersonals. Laura hat eine Mutter und einen Vater, sogar zwei ältere Schwestern und sie ist zweifache Tante. An den Wochenenden ist sie bei uns und wir verbringen den Großteil der Schulferien gemeinsam. Sie ist meine persönliche Assistentin und kann alles erledigen. Von Bankangelegenheiten über Einkaufen bis hin zur Abrechnung bei meinem Chef. Die Skiausflüge, Sommerurlaube, unsere Aufenthalte in Schlössern oder Burgen reserviert sie über das Internet. Sie passt besser auf mein Geld auf als ich. Sie kümmert sich um Geschenke für Namenstage und Geburtstage. Sie sucht immer das Neueste, die Alternative. „Geht nicht, gibt es nicht“, ist Lauras Credo. Mit meinem Mann waren wir dagegen, aber wir haben es doch zugelassen, dass sie vier unterschiedliche Glätteisen kauft – natürlich nicht auf einmal –, womit sie ihre Haare glätten kann. Ich habe sie auch in die ungarische Schule von Nürnberg am Wochenende eingeschrieben. Laura hat auch bereits ihre erste Liebe kennengelernt. Krisztián heißt der junge Mann, der bereits in jungen Jahren die richtige Reihenfolge der Werte kennt: 1. Gesundheit; 2. Geld. Ich muss die Wirkung nicht erneut wiedergeben, aber die Haare von Laura sind wieder lockig. Laut Laura und Krisztián habe ich sehr viel Glück mit ihnen, weil sie viel helfen und weil sie sämtliche Dinge erledigen können, die ich ihnen anvertraue. Meiner Meinung nach ist das Glück bei uns dreigleisig, weil sie auch riesiges Glück mit mir haben.
Albrecht Dürer
Albrecht Dürers Vater kam als Goldschmied 1455 auch nach Nürnberg, 533 Jahre vor meiner Ankunft 1988, aus einem heutigen Viertel von Gyula – eine Grenzstadt an der rumänisch-ungarischen Grenze – aus Ajtós.
Damals war Ajtós ein eigenständiges Dorf und bedeutete auf Deutsch Türer – Türenmacher. Später hat sein Sohn, der berühmte Maler, den Namen in Dürer geändert. Zum „A“-Buchstaben hat „D“ besser gepasst.

Friedrich der V., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, benötigte Goldschmiede. Der alte Türer war einer von denen. Nürnberg ist eine wunderschöne bayrische Stadt und war im 15. Jahrhundert die reichste Stadt des Heiligen Römischen Reiches. Die zweitreichste Stadt war Lüneburg. Ich bin hier zu Hause. Viele denken nicht einmal daran einen Fuß hierhin zu setzen. Der Name von Albrecht Dürer ist für mich ein sehr guter Trinkgeldlieferant. Darüber können Sie später lesen. In Nürnberg gibt es eine Burg mit Fachwerkhäusern und engen Gassen. Hier fand der „Nürnberger Prozess“ statt. Im 600-er Saal kann man sehen, was die Nazis mit den Juden gemacht haben. Es gibt ein Kolosseum nach römischem Vorbild. Hier hat man das „Nürnberger Ei“ erfunden, den ersten Globus auf der Welt, und die erste Weltkarte wurde ebenfalls hier gefertigt. Nürnberg hat sogar einen Trichter. Und noch vieles mehr … Ich bin nur auf einen Juden sauer, weil er sehr schlecht und ohne Rücksicht auf Verluste mit mir umgegangen ist. Ich bin nicht sauer auf ihn, weil er Jude ist, sondern wegen dem, was er getan hat. Darüber können Sie im Kapitel über die Bäckerei lesen.

 

Ich habe mit unterschiedlichen Berufen Geld verdient. Ich arbeite, seitdem ich fünf bin. Damals noch nicht jeden Tag. Ich habe Futterreste von den Kühen, Schafen und den Pferden aussortiert. Im Winter musste ich um 5 Uhr aufstehen. Im Sommer habe ich sie ab 4 Uhr weiden lassen, gemeinsam mit meinem Bruder und meinen Schwestern. Dazu kamen noch die Gänse und die Schweine. Ich war Büroangestellte. Sekretärin. Arbeiterin in der Porzellanfabrik. Privathändler. Hotel Portier. Konditorin. Als Hobby habe ich geschneidert. Ich habe mehrere Arbeitsplätze nicht im Wohlwollen verlassen. Als ich gegangen bin, wurde ich traurig. Irgendwie überkam mich ein Gefühl wie nach einer Beerdigung bei den Hinterbliebenen. Nichtsdestotrotz: „Non, je ne regrette rien“, „Ich bereue nichts“. Danach fand ich immer eine bessere Stelle. Beziehungsweise bereue ich zwei Dinge: 1. Dass ich nicht Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch gelernt habe. 2. Dass ich Ungarn nicht nach dem Abitur verlassen habe. Ich bereue, dass ich diese Dinge nicht machen konnte, aber es hing nicht von mir ab. Das Lernen und Sprechen in mehreren Sprachen sind nicht unmöglich. Ágostai Kati, die Tochter meiner Cousine Kati Vértes, hat bis zu ihrem 18. Geburtstag Sprachprüfungen in drei Sprachen abgelegt: Deutsch, Englisch und Japanisch.
Einer meiner Hobbys ist Autofahren. Das zweite Hobby ist Fotografieren. Das dritte ist Burgen und Schlösser besichtigen und fotografieren. Ich müsste nicht arbeiten, aber ich liebe es, mich auf den Straßen von Nürnberg zu bewegen. Dort, wo Kaiser, Könige, Fürsten, Grafen, Baronen, Aristokraten, Knechte, Mägde zu Fuß oder mit Kutschen in die Burg hinauf- oder hinuntergingen und fuhren, kann ich mit 136 Pferdestärken Spritztouren machen. Ich liebe es, wenn ich jemanden in die Burg hinauffahren oder von dort abholen kann.
Im Kapitel „Ich fahre mit galoppierenden Pferden durch das Leben“ schreibe ich über meinen Traumberuf, das Taxifahren. Es ist der beste Beruf auf der Welt. Wieso? In zwei Monaten hatte ich einen neuen Beruf in der Hand. Man kann nicht zu spät kommen. Mein aktuelles Taxi habe ich in Februar 2017 mit 2.000 Kilometern bekommen. Es trägt die Konzessionsnummer 163. Die Tagesschicht parkt es in der Schafhofstraße, weil es dort am ehesten Parkplätze, auch für meinen Tiguan, gibt. Der Schlüssel ist seitdem bei mir, auch wenn ich Deutschland verlasse. Morgens werfe ich das Kuvert mit Geld und Quittungen, wenn jemand mit EC oder Kredit-Karte gezahlt hat oder wenn ich Menschen mit Behinderung transportiert habe, in den Briefkasten vom Chef. Mein Anteil ist 45 % plus das Trinkgeld. Ich kann so gegen 18 Uhr die Arbeit aufnehmen und bis 6 Uhr morgens arbeiten und darf aufhören, wann ich will. Ich nehme mir so viel Urlaub, wie ich will, und dann, wann ich mich ausruhen möchte. Ich habe bereits mehrere Hundert Bücher bei der Arbeit gelesen, während ich gewartet habe. Es gibt nicht viele ähnliche Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Meinen Chef – Gerhard Kronburger – sehe ich so oft wie die Mitte meines Rückens, also nie. Es gibt Leute, die es wegen der täglichen Diskussionen, Intrigen, Schelten und täglich neuen unlösbaren Aufgaben ins Grab gebracht haben. Ist es nicht viel besser, dass ich den Boss nicht sehe? Mit dem Taxi – natürlich mit Fahrgästen – habe ich den Großteil sowohl von Deutschland als auch die Nachbarländer bereist. Ich habe in der Nacht nicht viel von diesen Ländern und Städten gesehen, aber ich kann sagen – dass ich da war. Der Chef hat mir eine wunderschöne Mercedes E Klasse gegeben. 100 KW, 4,70 Meter lang, Kombi, 1,80 Meter breit und 1,30 Meter hoch. Ein „Traumwagen“. Ich muss damit nur Geld verdienen und es sauber halten. Ich reinige die Alufelgen gerne, die sind die Visitenkarte des Taxis. Sie werden noch darüber lesen können. Ich weiß, dass es auf der Erde viele, noch schönere, noch größere Autos gibt, in denen ich noch nie gesessen bin, aber wahrscheinlich auch nie sitzen werde. Wenn ich die Automarke Mercedes lobe, setzte ich meiner Zufriedenheit eine Grenze. Mein Chef hat eine eigene Diesel-Tankstelle in seinem Hof und er bezahlt die Reparaturen und den TÜV. Ich sitze in meinem Taxi, warte in der Schlange am Taxistand und das Geld steigt ein. Ist das nicht ein Traum? Mit einer minimalen Ausnahme zahlen alle.
„Der Fahrgast ist der König“ ist das ungeschriebene Gesetz. Von den Königinnen und Königen fallen mir die gekrönten Leute ein. Ich beschreibe Ihnen wahrheitsgetreu, welche Königinnen und Könige meine Fahrgäste waren. Dreimal habe ich gedacht, dass die Fahrgäste mir die Kehle durchschneiden. Aber sie dachten nicht einmal daran. Beim vierten Mal war ich mir nicht sicher, ob er mich mit meinem Schal erwürgen will oder auf was er auf dem Hintersitz wartet und dabei an meinem Schal herumzieht. Sie werden später lesen, was passiert ist.

Einmal habe ich den Fahrgast nicht dorthin gebracht, wo er hinwollte. Jugendliche haben für einen Freund, der seinen 18. Geburtstag gefeiert hat, Geld zusammengeworfen, damit er zu den schönen Frauen an der Mauer fahren soll. – Später werde ich noch erklären, was „Die Mauer“ in Nürnberg genau bedeutet. „Du denkst nicht richtig“, sagte ich ihm. „Wenn ich dich bei den schönen Frauen absetze, zahlst du das Taxi, was 10,– Euro ausmachen wird, und den Gewinn streifen die schönen Frauen ein. Du bist genau in einem Zustand, dass Leonille mit dir fertig wird.“ Er konnte überredet werden. Ich habe ihn in einen Klub mitgenommen, in dem ebenfalls schöne Mädchen sind, aber reich habe ich auch welche bekommen. Sie werden die Details dann noch lesen können.

Es gibt auch „Fahrgäste in Tauchanzügen“. Ich nenne sie wegen ihres geringen IQ so. Sie werden über sie noch lesen können.
Ein anderer Fahrgast behauptete, dass er das beste Gulasch in Nürnberg kocht, und sogar 26 unterschiedliche Sorten. „Du irrst dich gewaltig“, habe ich ihm gesagt, „weil das beste Gulasch ich, Leonille, koche. Was du kochst, heißt Pörkölt, bei den anderen fügt man hinzu, welches Gulasch es ist. Zum Beispiel Hühnergulasch, Bohnengulasch oder Székelygulasch. Du kannst nicht das beste Gulasch kochen, weil um Gulasch oder Pörkölt kochen zu können, muss man gleichzeitig mit der Muttermilch den Kochlöffel in der Hand halten – also bereits in der Kindheit erlernen.“ „Säure ich das Kraut auch selber an?“, fragt König Kunde. Nach seinen 26 Gulaschsorten und nach meinem Gulasch habe ich ihm mitgeteilt, dass er besser leise sei, weil bei noch so einer Aussage er seine Haustür nicht von meinem Taxi aus erreichen werde. Er folgte meiner Anweisung und gab sogar Trinkgeld.
Die besten Fahrgäste sind betrunken. Nein, nicht was sie jetzt denken. Nein, auch nicht deshalb. Die verdächtigen Analphabeten würde ich auch auf Platz eins setzen. Zweimal wussten sie nicht, wo sie wohnen, so betrunken waren sie. De Frau konnte sich an die Hausnummer, der Mann konnte sich an den Straßennamen erinnern. Das waren zwei unterschiedliche Kunden, ich habe sie nicht gleichzeitig befördert. Ich wurde zur Detektivin und habe beide nach Hause gebracht.
Ich habe auch 2. und 3. platzierte Fahrgäste.

Die schlimmsten sind die Damen, die denken, dass sie so wichtig sind, dass niemand ihren Chefsessel wärmen wird, wenn sie mal nicht da sind. Wieso halte ich sie für so schlimm? Weil sie nicht zahlen wollen, sie denken, das sei ein Vermögen, was das Taxameter anzeigt. Sie bezweifeln sogar, dass ich sie befördert hätte.

Die Damen, die frühmorgens nach Hause wollen und von niemandem begleitet werden.
Ich meide sie wie die Pest, ein Bienenstich ist gegen sie wie eine sanfte Frühlingsbrise. Bei diesen Damen ist irgendwas schiefgelaufen, sie haben etwas nicht bekommen, etwas nicht geschafft, weshalb sie dahin gegangen sind und ihre Wut jetzt an mir ablassen. Wenn ich merke, dass so eine Frau auf mich wartet, schließe ich die Türen im Taxi, lasse die Fensterscheibe vorne rechts runter und sage, dass ich sie nicht mitnehmen kann, weil ich eine andere Adresse anfahren muss. Dann fahre ich weiter und bestelle ein anderes Taxi an diese Adresse. So kann ich einer Drachenkönigin als Fahrgast entkommen. Wer von einem Mann hinausbegleitet und geküsst wird, so zusammenklebend, dass ich nicht weiß, ob sie eine oder doch zwei Personen sind. Da schalte ich das Licht aus Feingefühl nicht an. Sie sind nette Kunden. Diese Damen sagen mir, ohne danach zu fragen, was ich bereits lange weiß. Wenn die Fahrt lang genug ist, kommt sie sogar auf ihre erste Liebe zu sprechen. Natürlich spare ich auch nicht mit Geschichten.
Den besserwisserischen Teenagern kann ich auch Paroli bieten. Sie sind auch keine guten Kunden.
Das meiste Trinkgeld, 500 Euro, habe ich von einem 20-jährigen jungen Mann erhalten. Ich habe dafür nur Ratschläge gegeben. Einige geben nichts, dabei beteuern sie, dass ich sie gerettet hätte. Es gab auch Kunden, die am Ziel aus dem Auto gesprungen sind, ohne zu zahlen. Dabei gibt es in Deutschland ein Gesetz – wie für alles –, dass man sich strafbar macht, wenn man sich als Fahrgast ohne Geld in ein Taxi setzt.
Es gab auch Fahrgäste, die nicht aussteigen wollten. Ich musste mit ihnen in Nürnberg Runden drehen, weil herzzerreißende ungarische Lieder in meinem Taxi liefen und sie in Erinnerungen schwelgten. Die französischen Kunden lieben Jo Dassin: Champs Elysees. Die Russen mögen Nikolai Baskow Dorogoj dlinnoju. Ungarn aus Siebenbürgen und der Slowakei mögen Geigenmusik. Für die Harley Davidson Fahrer lege ich von John Fogerthy „Bad moon rising“ auf.
Ich behaupte, dass Kunden mit jedem erdenklichen Beruf neben mir oder hinter mir gesessen sind. Ich habe Fürsten, Fürstinnen, Prinzen, Prinzessinnen, Grafen, Gräfinnen, aus der Faber-Castell Bleistiftfabrik in Stein, die im Besitz des Grafen ist, Ministerin und Minister befördert. Oberbürgermeister. Botschafter. Die Mittelschicht und auch Obdachlose. Harz IV-Empfänger. Einfache Arbeiter. Geschäftsleute. Leiter von Weltkonzernen, Manager. Viele haben nicht mitgeteilt, was ihr Beruf ist. Und, und, und …

König Kunde bereist alle acht Kontinente, Europa, Asien, Afrika, Australien, Inseln im Pazifik, Nordamerika, Mittelamerika, Südamerika, aber den Kofferraum eines Mercedes können sie nicht zumachen. Eigentlich ist es auch nicht ihre Aufgabe, sondern meine. Aber oft wollen sie es machen. Da der Knopf zum Verschließen des Kofferraumes auf der rechten Seite ist, strecke ich mich nicht, sondern sage ihnen, dass sie bitte einsteigen sollen, ich kann von innen den Kofferraum zumachen. Das kann ich in vier Sprachen sagen. Viele wollen nicht einsteigen, weil der Kofferraum offen ist. Dann wird mir klar, dass die Kunden dumm sind. Sie können sich nicht einmal vorstellen, dass sich im 21. Jahrhundert Kofferräume automatisch schließen. Ich sage ihnen dann, dass ich so dumm sei, mit offenem Kofferraum zu fahren. Entsprechend sitzen alle mit offenem Mund im Taxi, blicken nach hinten, ihre Augen, ihr Hals und ihr Kopf komplett verdreht, damit sie sehen können, wie sich der Kofferraum automatisch schließt. „Wieeee? So etwas haben wir noch nie gesehen.“