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Auf zwei Planeten

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Ell signalisierte: »Wir bringen den Friedensvertrag. Ich, Ell, bin mit dem Abschluß beauftragt. Laßt uns sofort nach der Station.«

Der Kapitän antwortete: »Ich bin hocherfreut, darf Sie aber nicht näher heranlassen, bis ich Instruktionen erhalten habe. Es werden sogleich weitere Schiffe eintreffen.«

Darauf erwiderte Ell: »Es ist höchste Gefahr, die Außenstation ist im Gleichgewicht gestört. Lassen Sie uns sogleich hin.«

Hierdurch wurde der Kapitän mißtrauisch. Er signalisierte: »Das verstehe ich nicht.«

Ell war der Verzweiflung nahe. Der zähe Amerikaner antwortete nicht, und alles konnte an einer halben Stunde hängen, um die man zu spät zur Station kam. Auch Fru wußte nicht, was zu tun sei. Das Signalisieren nahm zu viel Zeit in Anspruch. Ja, wenn man sprechen könnte! Die Schiffe lagen jetzt dicht nebeneinander. Aber durch die geschlossenen Hüllen konnte der Schall nicht dringen.

»Ich spreche hinüber!« rief Ell. »Wir können nicht länger warten.«

»Unmöglich«, rief Fru.

»Es muß gehen.«

Ehe ihn die andern hindern konnten, hatte er den Verschluß, der zum Verdeck führte, geöffnet und wieder geschlossen. Er stand auf dem Verdeck in der eisigen dünnen Luft. Mit Erstaunen sah man vom amerikanischen Schiff aus ihm zu. Ell winkte und rief durch ein Sprachrohr. Man verstand, daß er sprechen wolle. Der Kapitän, in seinen Pelz gehüllt, den Sauerstoffapparat vor dem Mund, trat ebenfalls auf das Verdeck. Ell mußte, um zu sprechen, die Sauerstoffatmung unterbrechen. Er mußte schreien, um in der dünnen Luft gehört zu werden. So setzte er dem Kapitän die Tatsachen auseinander. Dieser schüttelte einige Male den Kopf, dann begann er zu verstehen, er nickte. Er hütete sich wohl zu sprechen. Mehrere Minuten waren darüber vergangen. Ell fühlte, wie es ihm im Kopf sauste, wie sein Herz schlug, wie seine Glieder erstarrten, seine Augen nichts mehr erkannten. Aber der Amerikaner trat in sein Schiff zurück, und im Augenblick darauf entfernte es sich nach dem Pol zu.

Fru öffnete den Verschluß und zog Ell in das Innere des Schiffes. Er faßte den Zusammensinkenden in seine Arme, ein Blutstrom brach aus Ells Munde. Vergeblich bemühten sich die Martier um den Leblosen, während ihr Schiff in rasender Eile dem Amerikaner nach dem Pol folgte.

***

Die Mittagssonne eines klaren, windstillen Dezembertages lag auf den Bergen, deren helle Landhäuser über das Etschtal und die beschneiten Höhen weit nach Süden hin schauten. Es war warm wie im Frühling auf der Veranda, an deren Geländer La lehnte. Ihre Blicke waren auf den Fußweg gerichtet, der von der Stadt nach der Villa emporführte. Dort, wo der Pfad aus dem Tannenwald hervortrat, um in mehrfachen Windungen den steilen Rasenabhang vor dem Haus zu erklimmen, wurde jetzt Saltners Gestalt sichtbar. Er kam aus der Stadt. Mit Vorliebe pflegte er den Weg, obwohl er eine Stunde tüchtigen Steigens in Anspruch nahm, zu Fuß zurückzulegen, um, wie er sagte, nicht aus der Übung zu kommen. Sonst vermittelte das Luftschiff den Verkehr in wenigen Minuten. Als er La erkannte, schwang er den Hut und sprang schneller den Pfad hinauf. Bald stand er auf der Veranda.

»Sind Nachrichten da?« rief La ihm entgegen.

»Vom Mars noch nicht, aber vom Südpol«, sagte er, sie mit einem Kuß begrüßend.

»So ist die Einstellung noch immer nicht gelungen?«

»Nein, aber man hat die Annäherung eines Raumschiffes beobachtet, das der ›Glo‹ zu sein scheint. Es vermeidet jedoch die Station und scheint sich unter dieselbe herab bis in die Atmosphäre senken zu wollen. Die amerikanischen Luftschiffe bewachen die gesamte Umgebung des Pols.«

La atmete auf. »Das ist ein gutes Zeichen«, sagte sie. »Hoffentlich begegnet man ihm nicht feindlich, ein einzelnes Raumschiff ist nicht zu fürchten, es wird Nachrichten bringen wollen.«

»Man kann das nicht wissen. Es ist gar nicht zu sagen, was die Martier möglicherweise sich ausgedacht haben und womit sie uns überraschen. Du warst selbst sehr besorgt.«

»Ja, wenn Oß gesiegt haben sollte, wäre allerdings alles zu befürchten. Die ›Erdbremse‹ ist nicht bloß Phantasie, ich weiß, daß er solche Gedanken schon mit sich herumtrug, als er noch Assistent des Vaters war. Gebe Gott, daß das Schiff eine gute Nachricht bringt.«

»Wir wollen uns nicht vor der Zeit ängstigen«, sagte Saltner, indem er den Arm um ihre Schulter legte, um sie von der Veranda ins Haus zu führen.

In diesem Augenblick hallte vom Tal ein Kanonenschuß herauf. Gleich darauf ein zweiter und dritter.

»Was ist das?« fragte La erschrocken.

Beide kehrten um und blickten auf die Stadt hinab. Wieder ertönten die Schüsse. Sie spähten mit den Ferngläsern hinunter.

Saltner ergriff Las Hand.

»Es muß eine gute Nachricht sein«, rief er. »Schau dort, an den Türmen und auf den Schlössern werden die Fahnen aufgezogen. Sollte etwa –«

»O Sal, wenn es der Friede wäre!«

Saltner eilte ans Telephon. Er sprach das Telegraphenamt an. Eine Weile mußte er warten, weil die Beamten voll beschäftigt waren. Dann kam die Antwort.

»Botschaft vom Mars. Der Friedensvertrag nach Vorschlag der Erdstaaten vom Zentralrat genehmigt. Ell mit dem Abschluß des Friedens auf der Erde beauftragt. Nähere Nachrichten stehen noch aus.«

La fiel ihrem Mann um den Hals. Tränen der Freude drängten sich in ihre Augen. Er schloß sie in seine Arme. Er wußte, was in ihr vorging. Jetzt, erst jetzt fand sie die volle Ruhe, nun war ihr Bund bestätigt vom Geschick der Planeten.

»Wollen wir hinab, um die neuen Nachrichten in Empfang zu nehmen?« fragte er.

»Laß uns hierbleiben. Ich möchte jetzt nicht gerade unter die Menschen. Bleibe bei mir in unserm Haus!«

»So soll Palaoro mit dem kleinen Schiff hinab, um uns sogleich die Extrablätter mit neuen Nachrichten heraufzubringen. Du hast recht, geliebte La!«

Noch ehe Palaoro zurückkehrte, erfuhr Saltner durch ein telephonisches Gespräch mit einem Freund den Hauptinhalt der neuen Depeschen. Diese waren aber so unklar und zum Teil widersprechend, daß La und Saltner nicht wußten, was sie davon halten sollten. Es hieß, die Gesandtschaft unter Ells Führung sei zum Abschluß des Friedens eingetroffen und habe die Friedensbotschaft selbst auf die Erde gebracht. Sie sei aber an der Landung verhindert worden, weil eine Beschädigung des abarischen Feldes vorläge. Eine spätere Depesche besagte, die Außenstation sei im Begriff, zusammenzustürzen, oder sei schon eingestürzt. Die Deputation der Marsstaaten sei dabei verunglückt. Die letzte Nachricht meldete, die Bestätigung des Friedensvertrages mit den Marsstaaten sei bereits an die Regierungen telegraphiert. Der Erbauer der Station, Fru, sei zur Rettung der Außenstation vom Mars herbeigeeilt.

La und Saltner tauschten noch ihre Ansichten über die Bedeutung dieser Nachrichten aus, als Palaoro mit dem Luftboot anlangte. Das erste, was er überreichte, war eine lange Depesche an La.

Sie riß den Umschlag auf.

»Vom Vater«, rief sie jubelnd. »Er kommt zu uns!« Sie durchflog das Blatt. Ihre Züge wurden ernst.

»Was ist geschehen?« fragte Saltner besorgt.

»Der Vater ist gesund und die Station ist gerettet –«

»Gott sei Dank!«

»In der letzten Stunde. Mit Mühe gelang es dem Vater, das Unheil noch abzuwenden. Daß die Unseren zurechtkamen, verdanken sie der Aufopferung Ells. Und er –«

Saltner beugte sich über das Blatt. La hob ihre tränenfeuchten Augen zu ihm auf, er küßte ihre Stirn.

»Das Andenken dieses Edlen ist unvergeßlich«, sagte er. »Er war der Führer auf dem Weg, den die Welt nun wandeln kann zu Freiheit und Frieden.«