Die Kunst des Seins

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Der indische Meister Osho hat einmal gesagt, dass Meditation das Ziel sei und jede Form von Therapie lediglich eine Vorbereitung sein könne. Einige Lehrer alter Traditionen sagen, dass Meditation eine Therapie allein für sich ist und dass mit gezielten Praktiken gewisse Zustände geheilt werden können. Durch Meditation kann man sicherlich inneren Frieden und Harmonie finden, es braucht oft allerdings Jahre an Training. Leider verbinden wir in unserem Kulturkreis den Begriff ›Meditation‹ oft mit den bisweilen zu Unrecht negativ belegten Begriffen ›Sekten‹ oder ›Gurus‹ und Menschen, die meditieren, werden von den ›Toughen‹ belächelt oder als ›esoterische Spinner‹ bezeichnet. Dadurch werden viele Menschen von einer sinnvollen Technik ausgeschlossen. In unseren Selbst-Erfahrungs-Seminaren erlebe ich Meditation immer wieder als eine der effektivsten Methoden.

Das wichtigste Ziel der Meditation besteht in der Entwicklung des beobachtenden Selbst. Und dieser Punkt stellt sicherlich eine der größten Herausforderungen dar, weil Sie doch immer wieder dahingehend beeinflusst werden, die Dinge im Außen zu verändern.

In der Meditation können Sie erleben, wie wichtig es ist, still zu werden, nach innen zu gehen und dort die Zeichen zu erkennen.

Nach Ansicht vieler Mystiker sind andere Nutzen der Meditation wie größere Ruhe, bessere Gesundheit oder vermehrte Kreativität allerdings unbedeutend und können sogar zum Hindernis werden, wenn sie als Ziel definiert werden. Durch eine solche Zieldefinition würde die Wirksamkeit der Meditation für den eigentlichen Zweck abgeschwächt, sagen sie und sprechen von einem Missbrauch und einer Vergeudung des ihr innewohnenden Potenzials. Das sei, als faste man in erster Linie, um abzunehmen. Demnach sollte man also Meditation zu therapeutischen Zwecken allerhöchstens begleitend einsetzen. Einen feinen Holzmeißel zum Dosenöffnen herzunehmen, ist ja auch nur dann sinnvoll, wenn man damit nicht mehr schnitzen möchte.

Wenn man Meditation nur für die Psychotherapie einsetzt, ist das, als sammle man Austernschalen und werfe die Perlen weg. Man neigt dann leicht dazu, von den relativ unwesentlichen Resultaten auf die mystische Wissenschaft zu schließen und man schaut nicht weiter. Der psychotherapeutische Nutzen der Meditation liegt sicher darin, dass der Meditierende allmählich seine Wirklichkeit anders erfährt, weil sich seine Wahrnehmung und sein Verstehen verändern. Man kann durch Meditation zum Beispiel mehr Distanz zu seinen Symptomen bekommen und aufspüren, was wirkt.

Wenn Ihnen gesagt wurde, Meditation sei gefährlich oder Spinnerei, und Sie glauben das, dann nennen Sie das Ganze einfach beten. Dieser Begriff ist uns in der Regel geläufiger, obwohl ›Beten‹ eigentlich das Gegenteil von Meditation ist, weil Beten bitten heißt und ›meditari‹ nach Innen gehen. Damit meine ich nicht, dass Beten wertlos ist. Medizinische Forschungen haben inzwischen gezeigt, dass Gläubige, die beten, eher und schneller geheilt werden als Menschen, die das nicht tun. Was aber meiner Meinung nach den Wert des Betens ausmacht ist der Glaube der Betenden. Auch Jesus hat gesagt: »Steh auf, dein Glaube hat dir geholfen.« Wenn Sie beten, brauchen Sie in keine Kirche und keinen Tempel zu gehen, obwohl diese Orte als Raum der Kontemplation durchaus dienen können. Das eigene Selbst ist der göttliche Tempel. Wenn Sie beten wollen, gehen Sie in Ihr eigenes Inneres, wo immer Sie gerade sind, und sprechen Sie mit Ihrer inneren Macht. Dies wird Ihnen Kraft und Frieden geben.

Das herkömmliche Beten ist für viele zu einer geistlosen rituellen Handlung geworden, die nach Dogmen praktiziert wird. Uns wurde gesagt, dass wir unvollkommen und klein seien und dass wir außerhalb von uns jemanden anbetteln müssten, der uns vergibt und errettet.

Wenn Sie jemanden anderen um Vergebung Ihrer Sünden bitten, werden Sie diese nie erhalten; denn niemand außer Ihnen selbst hat die Macht, Ihnen zu vergeben. Vertrauen Sie darauf, dass der Gott, der Sie führt, in Ihnen wohnt, und werden Sie sich bewusst, dass Sie, wenn Sie beten, eigentlich ein Selbstgespräch führen.

In der Regel setzen sich die Menschen im Gebet nieder und präsentieren Gott eine Liste von dem, was nicht in Ordnung ist. So als wollten sie sagen: »Nun, lieber Gott, da haben wir dieses und jenes, bitte bring das doch in Ordnung ...« Sie verstehen nur selten, dass Gott die ganze Zeit über bei ihnen gewesen ist, weil er ja in ihnen ist. Sie sind ein Teil von ihm. Er ist doch alles, oder? Wenn Sie also das nächste Mal beten, dann sagen Sie nichts. Seien Sie still, und wissen Sie, dass Sie Gott sind. Das ist Meditation. Meditation holt sich Hilfe von innen.

Meditation kann zunächst einmal heißen, täglich für eine gewisse Zeit, die Sie erübrigen können (können Sie?), an einem schönen Ort (nicht im Bett!) die Augen zu schließen, die Gedanken schweifen zu lassen und so zur Ruhe kommen – innerlich still zu werden.

Lassen Sie die Gedanken einfach wie weiße Wolken am Himmel vorüberziehen, die Sie als stiller Zeuge lediglich beobachten.

Sie werden wahrscheinlich am Anfang viel Unordnung vorfinden, die Sie dazu verleiten wird, damit aufzuhören. Mit Unordnung meine ich eine pausenlose Flut von Gedanken aus Ihren unterschiedlichsten Lebensbereichen. Akzeptieren Sie diese Unordnung, und genau das wird Ihnen helfen weiterzumachen. Wenn Sie sich wehren, geben Sie Ihrem Verstand Energie, und damit haben Sie schon verloren. Sie stärken das Objekt Ihrer Abwehr.

Siegmund Freud, der ›Vater‹ der Psychoanalyse, hat dies erkannt: Impulse, die aus unbewussten Schichten nach außen drängen und von uns abgewehrt werden, weil wir sie uns nicht erlauben zu leben, gewinnen mehr und mehr Macht über uns. Wir benötigen mehr Energie, um diese Impulse abzuwehren.

Seien Sie also lediglich Zeuge und Beobachter Ihrer Gedanken. Das ist der Anfang. Mit der Zeit werden Sie einfach meditativer in allem, was Sie tun. Ob Sie Geschirr waschen, Auto fahren oder in einer Konferenz sitzen. Bedenken Sie: Meditation heißt nicht abschalten, sondern ganz im Gegenteil: total bewusst in der eigenen Mitte ruhen, ganz im Hier und Jetzt.

Sie können aus einer Vielzahl unterschiedlicher Meditationstechniken auswählen. Es gibt stille Formen der Meditation, aber auch sehr dynamische, die den ganzen Körper miteinbeziehen. Zu Beginn sind die dynamischen Formen sehr zu empfehlen, da sie erst einmal den Körper anstrengen und es dadurch später leichter wird, zu entspannen.

Meditation ermüdet nicht, sondern ist die reinste Form der ›wachen Entspannung‹.

Irgendwann werden Sie dann für Meditation keine gesonderte Zeit mehr einräumen müssen, sondern Sie sind einfach zu einem meditativen Menschen geworden: ausgeglichen, in sich ruhend, liebevoll und friedlich.

Ein anderer Schritt zur Erleuchtung ist: Loslassen.

Der Spatz in der Hand ist uns oft lieber als die Taube auf dem Dach, von der wir genau wissen, dass sie da ist. Um diese Taube in die Hand nehmen zu können, müssen wir den Spatz loslassen, und vor diesem Moment der Leere in unserer Hand haben wir Angst.

Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte wiedergeben:

Es lebte einmal ein Mann, der aß mit Leidenschaft Nusskuchen. Die Nüsse hierzu waren in einem Krug aufbewahrt. Eines Tages wollte seine Frau ihm Nusskuchen backen. Der Mann nahm den Krug vom Schrank, griff gierig hinein, packte eine Handvoll Nüsse, und als er seine Hand herausziehen wollte, blieb er stecken. Er zog und zerrte, es nutzte nichts, die Hand steckte fest. Als er um Hilfe rief, kam seine Frau herbeigelaufen und zog an dem Krug. So sehr sie sich auch bemühte, die Hand steckte fest. Inzwischen hatten sich, angelockt durch das laute Gezeter der beiden, einige Nachbarn und andere neugierige Zuschauer eingefunden. Immer mehr Ratschläge und Spott kamen aus der Menge, aber nichts half.

Endlich trat ein Fremder aus der Menge hervor und verschaffte sich Gehör: »Willst du genau befolgen, was ich dir sage, so werde ich dir helfen, deine Hand zu befreien.«

»Oh, ich tue alles, was du mir sagst, wenn ich nur meine Hand wieder losbekomme und endlich meinen Nusskuchen essen kann«, erwiderte der Mann.

»Gut, dann lasse die Nüsse, die du in der Hand hast, los.«

»Aber warum denn das, ich möchte sie ja herausholen?«, jammerte der Arme.

»Da du versprochen hast, meinen Rat zu befolgen, tue, was ich dir gesagt habe«, antwortete der geduldige Fremde.

Der Mann tat es, die Nüsse fielen in den Krug zurück, und er konnte seine Hand ganz leicht aus dem Krug herausziehen. Daraufhin nahm der Fremde den Krug, kippte ihn so, dass genau die richtige Menge an Nüssen herausfiel, und verabschiedete sich mit folgenden Worten:

»Siehst du, so einfach ist Loslassen.«

Wie oft geht es uns wie diesem Mann! Mit aller Macht wollen wir etwas erreichen, setzen unsere ganze Energie daran und müssen bald merken, dass wir festsitzen. Wohl dem, zu dem dann jemand wie in der kleinen Geschichte kommt, mit dessen Hilfe aus der Distanz heraus die Lösung ganz einfach gefunden werden kann. Diese Helferlein gibt es aber nicht wie Sand am Meer. Wenn Sie also wieder einmal an solch einem Punkt in Ihrem Leben angekommen sind, entspannen Sie sich, lassen Sie los, treten Sie ein Stück zurück und betrachten die Situation, als seien Sie ein Fremder – sozusagen aus der Vogelperspektive. Sie werden erstaunt sein, wie viele Lösungen Ihnen einfallen.

Ein sehr erfolgreicher Unternehmer, der öfter meine Seminare besucht, sagte einmal: »Meine Geschäfte gehen am besten, wenn ich hier bin. Wenn ich abschalte, mich ganz um mich selbst kümmere, etwas für meine Entwicklung tue, wenn ich loslasse. Dann kommen zu Hause in der Firma die größten Aufträge herein.«

 

Wenn Sie jetzt allerdings zu einem Seminar kommen, damit zu Hause die Geschäfte besser laufen, wird es nicht funktionieren, weil Sie ja nicht wirklich loslassen, sondern mit einer Absicht da sind.

Loslassen bedeutet: Absichtslosigkeit.

In einer Garnisonsstadt gab es ein Offizierskasino, in dem eine sehr attraktive junge Frau die Gäste bediente. Jeder der Offiziere wünschte sich, zumindest einmal mit ihr auszugehen. Alle Avancen, ob indirekter oder aufdringlicher Art, scheiterten. Es gab unter all diesen Männern einen, der sie nie angeschaut hatte und der sich immer mit dem Rücken zur Theke gesetzt hatte. Den, der so offensichtliches Desinteresse gezeigt hatte, den hat sie letztendlich geheiratet.

Das, was Sie halten wollen geht, das, was Sie loslassen kommt.

Im Besonderen gilt dieser Satz für Beziehungen. Ein Mensch, den ich halten möchte – oft mit allen Mitteln –, wird gehen (und sei es auch nur innerlich), ein Mensch, den ich frei sein lasse, kann bleiben, denn Liebe ist ein Kind der Freiheit. Der schlimmste Satz, den man einem anderen Menschen sagen kann, lautet: »Ohne dich kann ich nicht leben.« Damit sagen Sie dem anderen nichts anderes, als dass Sie sich abhängig machen von ihm und ihm die Verantwortung für Ihr Wohl übergeben. Einen Menschen, der das sagt oder einen das auch nur spüren lässt, kann man aber nicht lieben, den muss man eigentlich hassen.

Woran es hier hapert, wird manchmal in einer dramatischen Weise klar. Dramatisch deswegen, weil es nicht wenige Menschen gibt, die Suizid begehen, wenn sie verlassen werden. Anstatt den Umstand des Verlassenwerdens und der damit erlebten Kränkung als Chance zu sehen, um an sich zu arbeiten und den Eigenanteil zu betrachten, bringt man sich um und gibt dem anderen die Schuld daran. So ist dessen Leben in einer auch für ihn oft unerträglichen Weise belastet.

Schauen Sie sich einmal um. Wie viele Menschen bleiben in Beziehungen oder an ihrem Arbeitsplatz, weil sie nichts Besseres in Aussicht haben oder nicht glauben, dass es etwas Besseres für sie gibt? Das Bessere kann aber erst in Ihr Leben treten, wenn Sie das Alte losgelassen haben. Und wirklich besser ist es erst, wenn Sie gelernt haben, wofür das Alte gut war, und wenn Sie es gewürdigt haben. Sonst erleben Sie das gleiche Drama in der neuen Beziehung oder am neuen Arbeitsplatz. Wir bekommen nämlich so lange das Gleiche vorgesetzt, bis wir unsere Lektion gelernt haben. Dies gilt, wie schon gesagt, im Großen wie im Kleinen, innen wie außen. Zu diesem Lernprozess gehört auch, dass Sie schließlich die Bewertungskriterien ›besser‹ und ›schlechter‹ loslassen und wertfrei das sehen können, was Ihrer Entwicklung dient.

Das größte Loslassen ist der ›Tod‹. Ich setze das Wort Tod in Anführungszeichen, weil es in Wirklichkeit keinen Tod gibt. Vielleicht ist das unsere größte Illusion: glauben, dass es den Tod gibt. In diesem Universum kann nichts ›sterben‹. Fragen Sie einen Physiker. Nichts kann vernichtet werden, sondern es erfolgt nur eine Zustandsänderung. Der geschmolzene Eiswürfel, ist ja auch nicht tot. Die äußere Form des Eiswürfels existiert zwar nicht mehr, aber das, was ihn ausmacht, das, was er ist, seine Essenz also, existiert weiter.

Dieses Universum besteht aus Energie in unterschiedlichsten Schwingungsmustern und Formen. Der Tod bringt uns in eine andere Schwingung, in einen anderen Seinszustand. Selbst unser Körper, egal ob er begraben oder verbrannt wird, verwandelt sich lediglich in eine andere Materie. Das was wir sind, unsere Seele, unser Geist – ganz wie Sie wollen –, wandert weiter zu neuen Aufgaben und neuem Lernen.

Ich habe einige Menschen sterben sehen, und immer hatte ich das Gefühl, es war letztlich ein freudiges Loslassen, auch wenn das Ego manchmal bis kurz vor diesem Moment heftig und im Schmerz gekämpft hat. Oft können sich die Sterbenden nicht lösen, weil sie die Trauer und den Schmerz der Angehörigen nicht ertragen können oder weil sie glauben, nicht alles Irdische geregelt zu haben, oder denken, die anderen könnten ohne sie nicht klarkommen.

Alles in diesem Universum verläuft zyklisch, alles ist ein großes Ausatmen und Einatmen. So auch unser irdisches Leben, das wir bei der Geburt einatmen – manchmal unterstützt durch einen Klaps auf den Hintern – und im Moment des Sterbens ausatmen. Das Trauern um einen Verstorbenen ist natürlich und gewollt. Aber an der Art und Weise des Trauerns können die Hinterbliebenen auch feststellen, wie leicht oder schwer ihnen das Loslassen fällt. Für sie ist der Tod eine Prüfung und gleichzeitig eine Chance.

Schauen Sie einmal genau hin. Sehr oft ist es so, dass die Hinterbliebenen betrauern, dass sie verlassen wurden, sie versinken in Selbstmitleid und spüren ihren Schmerz. Dass dies über einen gewissen Zeitraum passiert ist normal, nicht umsonst spricht man von einem Trauerjahr. Alles, was darüber hinaus geschieht, ist dem Entwicklungsprozess sowohl für die Hinterbliebenen als auch für den Toten hinderlich. Der Tote kann nicht ›gehen‹, er kann nicht in die nächste Stufe seiner von ihm geplanten universellen Entwicklung eintreten, und die Hinterbliebenen können sich schlecht auf ihre eigenen Aufgaben und Entwicklungen konzentrieren.

Oft verlieren sie dabei sogar die, die noch leben, aus den Augen und verpassen die Chance, das zu lernen, was durch den Tod zu lernen ist. Alle Menschen, deren Eltern ein Kind verloren haben, können sicher ein trauriges Lied davon singen. Eine über einen ›gesunden‹ Zeitraum hinaus andauernde Trauer kann sich sogar zu einer schweren Depression entwickeln. Dann nimmt man das eigene Leben nicht mehr, das einem ja einmal geschenkt wurde – meist in einem Akt der Liebe. Der Tod ist das große Loslassen – für den Sterbenden wie für die Lebenden.

In Griechenland kommen heute noch in einigen Dörfern nach dem Tod eines geliebten Menschen die so genannten Klageweiber in das Haus der Hinterbliebenen und helfen, zu trauern. Sieben Tage wird gewehklagt und damit den Betroffenen geholfen, ihrem Schmerz Raum und Zeit zu geben, sich auszudrücken. Danach kann diese Energie sich umwandeln in Freude und Dankbarkeit darüber, dass man mit dem Menschen, der gegangen ist, eine gewisse Zeit verbringen durfte.

Es gibt Kulturen, in denen ein großes Fest gefeiert wird, wenn jemand stirbt, weil man weiß, dass seine Reise weitergeht, und man ihn dazu beglückwünscht, seine Aufgaben in diesem Leben erfüllt zu haben. Schon die alten Ägypter wussten, dass die Reise nach dem Tod weitergeht, was die zahlreichen Grabbeilagen in den Pyramiden deutlich beweisen. Neuere Ausgrabungen zeigen, dass sogar die Menschen der Steinzeit rituelle Bestattungen kannten und den Toten Gegenstände mit ins Grab legten. Durch die Entdeckung sehr alter Stämme in Neuguinea, die in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen waren, also keinem Einfluss von außen erlagen, kam zu Tage, dass auch diese Menschen an ein Leben nach dem Tod glauben.

Jetzt könnte man behaupten, dass es sich dabei um ein Wunschdenken handelt, um etwas, das sich entwickelte, um mehr aus dem Leben zu machen als es eigentlich ist. Auch, dass es sich bei diesem Glauben um ein Mittel handelt, sich den Umgang mit dem Tod erträglicher zu machen, wird ins Felde geführt. Bei dem Leben nach dem Tod scheint es sich aber vielmehr um ein intuitives Wissen der Menschheit zu handeln, denn die meisten Menschen (85 %) auf diesem Planeten glauben daran. Ob es nun ein Leben nach dem Tod gibt, mag dahingestellt sein, viel wichtiger ist jedoch die Frage: Gibt es ein Leben vor dem Tod?

Richard Bach, der Autor vieler Bücher, unter anderem des Titels ›Die Möwe Jonathan‹ sagte einmal: »Ein Beweis dafür, ob deine Mission auf dieser Erde erfüllt ist: Wenn du noch lebst, ist die es nicht.«

Ein weiterer wichtiger Schritt zur Erleuchtung ist neben dem Loslassen das Nehmen der Verantwortung. Erinnern Sie sich an das Hermetische Gesetz ›Innen wie außen‹, alles, was im Kleinen ist, hat seine Entsprechung im Großen wie auch umgekehrt.

So gesehen, ist die Erde der symbolische Körper des Bewusstseins all derer, die auf ihr leben. Demzufolge sind die Erscheinungen, die die Erde zeigt, Symptome, Signale und Hinweise darauf, wie sich unser Bewusstsein zu verändern hat.

Die Symptome, die uns unsere ›Umwelt‹ zeigt, werden zurzeit mit Methoden der Schulmedizin behandelt. Das heißt, es wird geflickt und repariert. Lediglich das Symptom wird behandelt.

Symptome haben aber die Tendenz, sich zu verlagern, das heißt, an einer anderen Stelle wieder aufzutauchen. Es ist so ähnlich, als wenn man versucht, ein Stück Seife in einer Badewanne zu fassen. Was diese Erde braucht, ist eine Veränderung des Bewusstseins.

Schon der Begriff ›Umwelt‹, der so häufig in Zusammenhang mit Verschmutzung und Klima gebraucht wird, führt in die Irre, weil er uns von der restlichen Welt trennt. Er absorbiert den Einzelnen und vollzieht eine Trennung. Diese Welt besteht aber nicht aus Einzelteilen.

Niemand ist eine Insel, alles ist miteinander verwoben, man kann es gar nicht oft genug sagen: nicht nur der Mensch mit dem Menschen, sondern Tiere und Menschen, Pflanzen und Tiere, Steine, Luft und Wasser. All das sind Teile dieses großen Systems Erde, die wiederum ein Teil des Systems ›Universum‹ ist.

Wie groß die ›Innenweltverschmutzung‹ ist, lässt sich nur sehr ungenau anhand der Suchtstatistiken, des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs, der zunehmenden Verrohung unserer westlichen Gesellschaften, dem Werteverfall, den jeder beklagt, aber niemand stoppt, ablesen. Dass aber auch dies alles System hat, dazu komme ich später noch.

Eine Behandlung mit Katalysatoren und verschärften Gesetzen kann nur dann wirklichen Erfolg haben, wenn auch gleichzeitig das Bewusstsein der Verursacher in die Behandlung miteinbezogen wird.

So wie jede Krankheit ein Hinweis auf eine Disharmonie im Gesamtsystem ist, so sind auch unsere großen Krankheiten und Seuchen Hinweise für uns alle. Jede große Seuche, die besiegt wurde, zog auch ein verändertes Bewusstsein nach sich. So trat zum Beispiel nach der Pest ein anderes Hygienebewusstsein auf. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass eine große Seuche unserer Zeit den gleichen Namen hat wie das englische Wort für Hilfe, nämlich Aids.

Jede Krankheit, jede Katastrophe hat aber ihren tieferen Sinn, den es zu entschlüsseln und zu verstehen gilt. Warten wir es ab, was uns die Vogelgrippe bringt, durch die wir ja erleben, wie eng wir weltweit miteinander verwoben sind und dass sich niemand wirklich abgrenzen kann. Der Himmel entzieht sich noch unserer Kontrolle. Es kann wohl schon als Ironie bezeichnet werden, wenn am 20. Oktober 2005 ein Professor im Fernsehen vor Panikmache warnte mit dem Hinweis, dass die Vogelgrippe ja weit weg sei, und am 25. Oktober in Deutschland die ersten verendeten Zugvögel gefunden wurden.

In der Regel sehen wir in Krankheiten etwas Feindliches, das es zu bekämpfen gilt. Zwei Behandlungsmethoden stehen sich gegenüber.

Die eine behandelt das Symptom und lehnt einen Zusammenhang zwischen psychischem Verhalten, der Lebenssituation und -einstellung des Kranken ab. Die Krankheit ist hinderlich und muss so schnell wie möglich weg. Davon lebt eine ganze Industrie sehr gut. Die Errungenschaften und Entwicklungen unserer modernen Medizin haben vielen Menschen das Leben gerettet und verlängert, doch das Bewusstsein vieler Mediziner ist nicht mitgewachsen. (Ich weiß, dass es Ausnahmen gibt.) Der Fortschritt der Technik ist sehr gut, doch er wird nicht viel nutzen, wenn der Geist sich nicht mitentwickelt.

Die andere Methode beruht auf der Ansicht, dass der Mensch selbst die Ursache seines Leids ist und dass die Krankheit ihm lediglich etwas aufzeigen möchte. Sie sieht die Krankheit als einen Freund und Wegbegleiter. Immer, wenn man seinen Weg verlässt, wird sich dieser Freund melden. Dadurch wird man wieder an seine Verantwortung erinnert. Der erleuchtete Mensch wird die Verantwortung für sein Leben nicht in die Hände eines fremden Arztes geben, mag er noch so einen guten Ruf haben, sondern er wird sie selber nehmen.

Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass wir in einem Kosmos leben. Kosmos bedeutet Ordnung. Wir sind lediglich ein Teil dieser Ordnung. Der Begriff Ordnung kann hier allerdings in die Irre führen, wenn Sie darunter ›aufgeräumt‹ verstehen. Ordnung meint hier eine Gesetzmäßigkeit, nach der sich die Existenz richtet.

Dieser Kosmos, oder anders ausgedrückt: diese Existenz, wird dafür sorgen, dass alles in seinem Gleichgewicht bleibt. Genau das, was für den Kosmos gilt, gilt auch für den kleinen Kosmos, nämlich für Sie. Jeder Mensch ist ein eigenes Universum, ja sogar jede Zelle ist ein eigenes Universum. Sie sind der Schöpfer Ihres Universums. Im Kleinen wie im Großen. Im Grunde ist es ganz einfach, weil die Gesetzmäßigkeit immer und überall die gleiche ist.

 

Das, was nicht immer das gleiche ist, ist unser Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten. Darum kümmern sich diese Gesetze aber nicht. Sie sind unabhängig von den Bewertungen unseres Verstandes.

Mit zunehmendem Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten wird es immer weniger ›Wunder‹ in Ihrem Leben geben. Wunder sind nämlich lediglich Dinge, die wir uns nicht erklären können, oder Dinge, von denen andere nicht wollen, dass wir sie erkennen.

Unsere Aufgabe ist es, Harmonie herzustellen. Wenn wir dies nicht schaffen, müssen wir gehen. Chancen hatten wir genug.

Das Spiel, das Adam und Eva im Paradies begonnen haben, nämlich das der Schuldzuweisung, ist, wie bereits gesagt, bis heute noch sehr aktuell. Schuld geben heißt Verantwortung abgeben. Auch in den eindrucksvollsten Begegnungen unseres Lebens, in unseren Liebesbeziehungen, geben wir die Schuld für das Nichtfunktionieren gerne dem Partner. Indem wir aber die Verantwortung abgeben, nehmen wir uns auch gleichzeitig die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wir werden immer darauf warten müssen, dass der andere etwas ändert, und das kann sehr lange dauern.

Verantwortung abgeben heißt, das Erleben seines Lebens in die Hände eines anderen legen.

Sie sind für Ihr Erleben des Lebens verantwortlich, ob Sie das so sehen oder nicht. Natürlich sind Sie versucht, für Ihre ›schlechten‹ Gefühle andere verantwortlich zu machen, ja, sogar das Wetter muss zuweilen herhalten. Sie sind aber für all ihre Gefühle verantwortlich.

Lassen Sie es mich an einem Beispiel deutlich machen:

Sie fahren morgens mit Ihrem Auto zur Arbeit. Sie fahren auf einer Vorfahrtstraße, den Weg, den Sie immer fahren. Ihre Geschwindigkeit ist den Umständen angepasst, alles ist in Ordnung. Vielleicht freuen Sie sich sogar auf Ihre Arbeit. Bis zu dem Moment, in dem aus einer Einfahrt ein Auto herausgeschossen kommt, Ihnen direkt vor den Kühler. Sie machen eine Vollbremsung und verhindern knapp den Auffahrunfall. Wahrscheinlich werden Sie sehr schimpfen und den anderen mit allen möglichen Namen bedenken. Sie ärgern sich – und bitte –, bekommen Sie mit: Sie ärgern sich. Ihre gute Laune ist weg, der Blutdruck ist erhöht, und Sie nehmen den Ärger vielleicht noch bis zur Arbeitsstelle mit. Es dauert jedenfalls seine Zeit, bis er verraucht ist.

Sie hätten aber auch so reagieren können: Nachdem Sie durch die Vollbremsung einen Unfall verhindert haben, loben Sie sich innerlich, weil Sie so hervorragend reagiert haben, zudem noch in einem Moment, in dem Sie nicht mit so etwas gerechnet hatten. Sie bedanken sich bei sich selbst für all das, was Sie sich erspart haben: Unfallschaden, Versicherung, eventuell sogar Verletzungen. Mit dieser Reaktion werden Sie Ihren gut begonnenen Tag ungehindert fortsetzen und sogar Ihren Kollegen stolz davon berichten.

Keine Sache und kein Ding enthält Freude in sich, es sind immer Sie, der sich darüber freut. Und mit dem Ärger ist es ganz genauso.