Wie Agilität gelingt

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Agilität heute – noch Luft nach oben

Laut der Hays-Studie »HR Report« von 2018 hatte das Thema »Agile Organisation« für etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen schon zum Befragungszeitpunkt eine hohe Bedeutung, und 69 Prozent erwarteten einen starken Anstieg des Stellenwerts. Interessanterweise gaben die Vertreter der Unternehmensleitungen zu 32 Prozent an, ihr Betrieb arbeite schon agil, aber nur 14 Prozent der HR-Führungskräfte, 9 Prozent der Fach-Führungskräfte sowie 7 Prozent der Mitarbeiter hielten das für zutreffend. In der Mehrheit der befragten Unternehmen sind auch nur punktuelle Umsetzungen in Richtung agile Organisation zu finden, bevorzugt in der IT.3

Allerdings erhält das jahrzehntealte Konzept der Agilität aktuell durch die neuen Herausforderungen der VUKA-Arbeitswelt, insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung, eine hohe Aktualität und größere Bedeutung als bisher. Neu ist, dass jetzt viele Unternehmen, die bisher noch nicht überzeugt waren und erst einmal abgewartet haben, nun die Notwendigkeit sehen, zu starten; zahlreiche andere haben schon Teile ihrer Organisation, wie Produktion, Entwicklung oder IT, »agilisiert« und streben aktuell eher die Transformation von größeren Unternehmensbereichen oder sogar ganzen Unternehmen an.

Nach vielen Jahren, in denen man dachte: »Wir leben auch ohne oder mit wenig Agilität gut, warum also etwas ändern?«, ist nun der Druck so groß geworden, dass das Konzept ernster genommen wird als jemals zuvor. Derzeit gilt Agilität als Wunderlösung für alle Probleme, mit denen Unternehmen konfrontiert werden.

Aber trotz aller Vorteile, die Agilität bietet, knirscht es gewaltig in deutschen Unternehmen: Bei den einen ist es zum »Bullshit-Bingo«-Wort verkommen und löst schlecht gelauntes Schulterzucken aus, bei anderen gestaltet sich die Umsetzung schwieriger als gedacht und es herrscht große Enttäuschung darüber, dass die erwarteten positiven Ergebnisse nicht eintreffen. Wieder andere sind schon gescheitert und haben es aufgegeben, sich den schier unüberwindlich scheinenden Herausforderungen zu stellen.

Scrum als Beispiel für die heute am häufigsten verwendete agile Arbeitsform

Damit Sie eine noch bessere Vorstellung davon bekommen, wie agiles Arbeiten heute funktioniert und was daran anders ist als bei den herkömmlichen Arbeitsweisen, möchte ich Ihnen im Folgenden einen Überblick über Scrum geben.

Scrum ist das in Unternehmen am häufigsten verwendete agile Rahmenwerk und dasjenige, mit dem ich – neben Design Thinking – selbst am liebsten arbeite. Selbst wenn es nicht in seiner kompletten Form verwendet wird, nutzen die meisten doch zumindest einzelne Elemente daraus.

Scrum ist als Rahmenwerk zur Entwicklung von Produkten unter komplexen Bedingungen konzipiert und definiert – neben weiteren Prinzipien und Regeln für erfolgreiches agiles Arbeiten – empirisches Arbeiten (regelmäßiges Überprüfen und Anpassen der Arbeitsergebnisse) als unverzichtbares Kernelement.

Scrum beruht im Wesentlichen auf vier Prinzipien, die auch für die Arbeitsweise anders arbeitender agiler Teams essenziell sind:

1.Ergebnisse werden in regelmäßigen und kurzen Abständen überprüft,

2.daraus werden kontinuierlich Verbesserungen abgeleitet, damit

3.schnell pragmatische (Zwischen-)Lösungen entwickelt und früh auf den Markt gebracht werden können, um sie im Laufe der Zeit zu verbessern.

4.Ziele werden auf Basis von Kundenfeedback im Laufe der Entwicklung angepasst.

Scrum im Überblick

Das Arbeiten im selbstorganisierten Scrum-Team stützt sich auf drei Rollen, die für den Arbeitsprozess verantwortlich sind: den Product Owner (PO), den Scrum Master (SM) und das Development Team (Devteam).

Der PO repräsentiert den Kunden und steht zu diesem und zu den Stakeholdern in engem Kontakt. Er ist für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich und verfolgt die mit dem Kunden abgestimmte Ergebnisvision. Um diese umzusetzen, erstellt er das Product Backlog, eine nach Prioritäten sortierte Auflistung von Anforderungen des Kunden.

Der SM unterstützt das Devteam dabei, die Scrum-Prinzipien und -Regeln zu verstehen und so anzuwenden, dass die gemeinsame Arbeit im Team von den positiven Scrum-Effekten profitieren kann. Er hält dem Team den Rücken frei und sorgt dafür, dass sogenannte »Impediments« – wie beispielsweise hemmende Rahmenbedingungen – aus dem Weg geräumt werden, damit sich das Team auf die vereinbarten Ziele konzentrieren und pünktlich Ergebnisse in hoher Qualität abliefern kann.

Das Devteam ist ein crossfunktionales Team ohne hierarchische Strukturen mit drei bis neun Mitgliedern, das sich selbst organisiert. Es verpflichtet sich, eine bestimmte Anzahl der Aufgaben aus dem Product Backlog abzuarbeiten. Dabei entscheidet das Team selbst, wie viele Aufgaben es annehmen kann, damit diese bis zum Ende des nachfolgenden Sprints abgearbeitet werden können. Das Team entscheidet auch selbst, wie die vom PO »bestellten« Aufgaben bearbeitet werden. Die Arbeit ist durch Sprints von zwei bis maximal vier Wochen Länge getaktet, in denen die ausgewählten Aufgaben abgearbeitet werden. Jeder Sprint startet mit einem Sprint Planning, bei dem ein gemeinsames Verständnis über das Ziel des anstehenden Zyklus erarbeitet wird, die Vorgehensweise, wie die Aufgaben am besten zu lösen sind, zusammen festgelegt wird, die runtergebrochenen Einzeltasks für alle sichtbar im Sprint Backlog visualisiert werden und der Aufwand der Teilschritte abgeschätzt wird, um die Fortschritte zu messen. Anhand eines »Burndownchart« kann jeder jederzeit erkennen, wie der Stand der Arbeit ist und ob und wann das Ziel des Sprints erreicht sein wird. So kann auch frühzeitig erkannt werden, ob noch Platz für weitere Aufgaben ist, die dann zusätzlich aus dem Product Backlog gezogen werden.

Am Ende eines jeden Sprints wird dem PO ein »Inkrement«, ein Teilergebnis, geliefert und im Review gemeinsam mit den Stakeholdern begutachtet und Feedback eingeholt. In der ebenfalls am Ende eines jeden Sprints stattfindenden Retrospektive wird besprochen, wie die Zusammenarbeit noch effektiver werden kann, und aus diesem Meeting und dem Feedback aus dem Review mindestens eine Verbesserung identifiziert, die im nächsten Sprint umgesetzt werden soll.

Im Daily-Stand-up-Meeting werden täglich maximal 15 Minuten lang der Arbeitsfortschritt, die nächsten Aufgaben und gegebenenfalls Probleme besprochen.


All diese Meetings (Sprint Planning, Review, Retro, Daily) und der Sprint finden in sogenannten Time-Boxes statt, das heißt in vorgegebenen Zeiteinheiten, die nicht überschritten werden dürfen.

Scrum arbeitet in kurzen iterativen Intervallen, das heißt, am Ende eines Sprints beginnt sofort der nächste Sprint, in dem weitere Aufgaben aus dem Product Backlog abgearbeitet werden. So schließt sich der Kreis, bis die Ergebnisvision erreicht ist.

Im offiziellen »Scrum Guide« der beiden Scrum-Erfinder« Jeff Sutherland und Ken Schwaber – zwei derjenigen, die am agilen Manifest mitgearbeitet haben – finden Sie weitere Informationen. Es gibt ihn kostenlos und in viele Sprachen übersetzt unter www.scrumguides.org. Weitere konkrete Umsetzungsempfehlungen finden Sie auch im Buch »Die Scrum Revolution« von Jeff Sutherland. Zwar markig amerikanisch, aber plastisch und aufschlussreich.

2.Warum an Agilität kein Weg vorbeigeht

Neben denjenigen, die schon vom Nutzen der Agilität überzeugt sind und diese auch schon erfolgreich umsetzen, gibt es unter meinen Kunden auch noch viele, die sich und mich fragen: »Müssen wir denn wirklich agil werden oder können wir nicht bitte einfach so weitermachen wie bisher?«

Meine Antwort: »Wenn Sie sicher sind, dass Sie auch in fünf, zehn oder 15 Jahren noch ausreichend gute Ergebnisse erzielen und am Markt bestehen werden, lassen Sie gerne alles, wie es ist. Wenn Sie allerdings auch nur im Ansatz unsicher sind (und in vielen Fällen wäre dies begründet), sollten Sie JETZT anfangen, agiler zu werden.«

Denn mit Agilität wird nicht nur einmal mehr »eine neue Sau durchs Dorf getrieben«, und Agilität ist auch nicht einfach nur ein weiteres Changeprojekt, das man nur ausreichend lange aussitzen muss, damit es ganz von alleine wieder verschwindet, wie schon so vieles davor. Nein, an Agilität geht jetzt und in Zukunft kein Weg vorbei. Denn mit Agilität können radikale Veränderungen dynamikrobust gemeistert werden; und in genau dieser Art von Veränderungen stecken wir alle mittendrin.

Agilität ist der Impfstoff gegen VUKA

Seit einigen Jahren fordern disruptive Innovationen vermeintlich stabile Branchen heraus, indem sie erfolgreich sich schnell verändernde Kundenanforderungen bedienen.

Viele Unternehmen kämpfen mit starkem Konkurrenz- und damit Innovationsdruck, zunehmender Dynamik, Komplexität und Ungewissheit vor dem Hintergrund von Globalisierung und Digitalisierung – kurz: mit den Herausforderungen der modernen VUCA-Arbeitswelt. VUCA, diese vier Buchstaben des Akronyms aus den USA stehen für »volatile, unpredictable, complex, ambiguous«. Übersetzt ins Deutsche wird VUKA daraus: veränderlich, unsicher, komplex und ambig, also mehrdeutig – vier Eigenschaftswörter, die den modernen Arbeitsalltag treffend beschreiben.

 

Die modernen Realitäten verlangen von Unternehmen vor allem eins: eine schnelle Reaktionsfähigkeit. Wer es nicht schafft, sich zügig an neue Rahmenbedingungen anzupassen, verliert.

Die Digitalisierung ist der Hauptgrund für VUKA

Die Digitalisierung hat die Verbreitung neuer Technologien in Verbindung mit Netzwerkeffekten in den letzten zwei Dekaden dramatisch beschleunigt und ist damit einer der entscheidenden Treiber von VUKA.

Das Überschreiten der Schwelle von 50 Millionen Nutzern weltweit gilt als Anzeichen, dass eine neue Technologie oder Dienstleistung ihren Durchbruch geschafft hat. Denn ab dann wird sie weltweit wahrgenommen.

Haben Sie eine Vorstellung, wie lange Technologien, die heute längst zum Allgemeingut gehören, bis zum Erreichen dieser Zielmarke benötigt haben? Der Vergleich zeigt, wie sehr die Digitalisierung in Verbindung mit Netzwerkeffekten die weltweite Verbreitung vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten beschleunigt hat. Unter »Netzwerkeffekten« versteht man dabei die exponentiell anwachsende Zahl von Verbindungen – und damit Kommunikationsmöglichkeiten und Informationsdichte bei direkt miteinander verbundenen Usern. Während zwei Nutzer nur über eine direkte Verbindung verfügen, gibt es bei vier Nutzern schon sechs Verbindungen und bei acht sogar schon 28. So wird ein Netzwerk schnell immer dichter.

Diese Tatsache in Verbindung mit der heute sehr einfachen Ausbreitung rein digitaler Dienste verdeutlicht die enorme Beschleunigung: Beim Telefon dauerte es noch 75 Jahre, bis die Marke von 50 Millionen Menschen erreicht war, die es benutzten, beim Fernseher dauerte es immerhin noch 13 Jahre, bei Mobiltelefonen zwölf Jahre, beim World Wide Web – das selbst ganz auf dem Vernetzungsgedanken basiert – nur noch sieben Jahre. Beide Dienste, Internet und Mobiltelefonie, benötigen aber noch ein physikalisches Basisnetz. Rein virtuelle Dienste dagegen brauchen dies nicht mehr und breiten sich dementsprechend rasant aus: Facebook brauchte zwar immerhin noch drei Jahre für 50 Millionen Nutzer, das Nintendo-Smartphone-Game Pokémon Go aber nur noch 19 Tage!


Agilität wirkt wie ein Impfstoff gegen die Symptome der VUKA-Welt. Sie stellt sich Silodenken, langen Entscheidungsprozessen und unproduktiver Geschäftigkeit entgegen und schützt mit der daraus entstehenden hohen Anpassungsfähigkeit, Geschwindigkeit, Flexibilität und Innovationskraft vor den VUKA-Folgen. Agilität bietet Schutz vor den Einschlägen aus dem VUKA-Umfeld, macht fit für die Zukunft und sorgt dafür, dass Sie erfolgreich wachsen. Agilität ist ein essenzieller Faktor für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und damit für das Überleben des Unternehmens.

Agilität findet Lösungen für komplexe Problemstellungen

Im Akronym »VUKA« steht das K für »komplex«. Überall und ständig lesen wir, dass Agilität die Lösung für erfolgreiches Arbeiten in komplexen Systemen ist. Aber was ist eigentlich ein komplexes System? Und meint »komplex« das Gleiche wie »kompliziert«?

Nein, es ist nicht das Gleiche.

Komplex versus kompliziert

In dem sehr empfehlenswerten Buch »Reinventing Organizations« von Frederic Laloux wird der Unterschied an Beispielen sehr anschaulich erklärt:


Ein Flugzeug mit seinen Tausenden Einzelteilen ist »nur« kompliziert. Denn alle seine Teile sind in einer linearen Logik so miteinander verbunden, dass ein spezialisierter Ingenieur vorhersagen kann, wann und wie das Flugzeug davon beeinflusst werden wird, wenn eines der Teile herausgenommen wird.


Wir Menschen sind dagegen komplexe Systeme: Wenn zehn Menschen die gleiche Diagnose gestellt und entsprechend das gleiche Medikament gegen ihre Krankheitssymptome verschrieben bekommen, kann nicht einmal der behandelnde Arzt vorhersagen, was das Medikament bewirken wird. Einer der Kranken kann geheilt, ein anderer noch kränker werden, ein weiterer hat starke Nebenwirkungen, wieder andere schwache oder gar keine, und es ist auch möglich, dass das Medikament gar nichts bewirkt. Und wenn ein einzelner Mensch schon komplex ist, wie steht es dann erst um eine Organisation – eine Ansammlung von vielen Menschen? Genau …

In komplizierten Systemen gibt es also klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen, in komplexen Systemen ist es dagegen nicht möglich, Wirkungen und ihre Ursachen zu erkennen. Und trotzdem werden Veränderungsvorhaben immer wieder so gehandhabt, als wären Menschen und Organisationen wie ein Flugzeug: kompliziert.

Folgerichtig wird dann davon ausgegangen, man müsse wie der Flugzeugingenieur nur möglichst genau analysieren, dann könne man darauf aufbauend die Veränderung für die nächsten Jahre planen und bräuchte einfach nur genügend Disziplin, um den Plan erfolgreich umzusetzen.

Das ist ein Denkfehler!

Da es in komplexen Systemen keine Kausalität gibt, die Zukunft unvorhersagbar und eine Gesamtanalyse und darauf basierende Planung deshalb nicht möglich sind, scheitern viele Changeprojekte und agile Transformationen.

Wie aber kann eine Transformation gelingen?

Der Überprüfungs- und Anpassungszyklus

Versuchen Sie nicht, zu planen, was unplanbar, weil unvorhersagbar ist! Wählen Sie stattdessen den einen Schritt aus, der jetzt sinnvoll erscheint. Überprüfen Sie dann, wie zufrieden Sie mit dem Ergebnis sind, was sich an der Vorgehensweise bewährt hat und beibehalten werden soll und was Sie beim nächsten Schritt anders und besser machen wollen.


Ein weiteres Beispiel von Laloux: Stellen Sie sich einen Teller Spaghetti vor. Dieser ist hochkomplex! Wenn Sie an einer Nudel ziehen, kann kein Experte und nicht einmal der leistungsfähigste Computer wissen, was dann passiert. Wenn Sie den Pastaknoten auf Ihrem Teller entwirren wollten, würden Sie ihn sich wahrscheinlich erst einmal genau anschauen und dann vorsichtig an der Spaghetti ziehen, die am vielversprechendsten erscheint. Welche tatsächlich die richtige ist, können Sie nicht wissen, niemand kann das vorhersagen! Es bleibt Ihnen nur, ein Experiment zu starten, bei dem Sie genau beobachten, was passiert: Wenn die Nudel nachgibt, ziehen Sie weiter, wenn nicht, dann schauen Sie sich den Nudelberg von allen Seiten an und wählen eine andere Spaghetti, mit der Sie genauso verfahren. Schritt für Schritt!

Diese empirische Prozesssteuerung ist eine bewährte agile Reaktion auf Komplexität, denn auch in Organisationen kann niemand wissen, was genau geschehen wird, wenn Sie mit einer Veränderung beginnen. Starten Sie deshalb mit einer Veränderung, sammeln Sie dabei Daten und Erfahrungen, um die Arbeit und das Ergebnis in der Folge schrittweise zu verbessern. Dann wird sich die Verwirrung nach und nach lösen.

Nicht nur in Scrum-Teams ist deshalb das Prinzip »Inspect & Adapt« – Überprüfen & Anpassen – so wichtig. Es ist die einzige Vorgehensweise, die unter komplexen Bedingungen greift!

Nicht von ungefähr wurde agiles Arbeiten zuerst (und leider noch immer vorwiegend) von ITlern angewendet: Diese sind es gewohnt, hochkomplexe Zusammenhänge zu durchdenken, in eine möglichst einfache Anwendung zu übersetzen und dabei Millionen von Programmzeilen sinnig aneinanderzureihen. Und das, ohne dass sie dabei auf Wissen zur Lösung der Anforderungen bzw. zur Erstellung ihres Produktes zurückgreifen könnten. Denn ITler erschaffen eine Innovation nach der anderen, Neuheiten, die es noch nie gab und für die sie sich noch nie dagewesene Lösungen ausdenken müssen.

Das schafft man am besten, wenn man sich die Vorteile agilen Arbeitens zunutze macht:

kurztaktige Anpassungen von Produkten und Dienstleistungen an sich schnell verändernde Kundenbedürfnisse

Konzentration auf die Arbeitsaufgaben mit dem höchsten Kundennutzen

frühe Ablieferung von Zwischenergebnissen

Erkennen von Fehlern schon dann, wenn sie sich anbahnen

höhere Leistungen in einem crossfunktionalen Team, das ganz unterschiedliches Expertenwissen und sich gegenseitig ergänzende Stärken kombiniert und nur deshalb gemeinsam neue Lösungen findet, die einem Einzelnen so nicht einfallen könnten

zyklisches Überprüfen der Arbeitsleistung auf Effizienz in kurzen Zeitabständen

Ableiten von ständigen Verbesserungen auf Basis von regelmäßigem Feedback aus dem Markt

Bei hoher Dynamik, Komplexität und unsicherer, nicht vorhersehbarer Zukunft greifen herkömmliche Strategien einfach zu kurz. Insbesondere dort, wo es Märkte und Marktreaktionen, die man analysieren könnte, noch gar nicht gibt, weil diese erst geschaffen werden sollen.

Agilität setzt Potenziale frei
… in Unternehmen

Aktuelle Studien bestätigen die Wirksamkeit der Agilität. Laut dem »Agile Performer Index« der Strategieberatung goetzpartners und der NEOMA Business School etwa haben Unternehmen umso größeren wirtschaftlichen Erfolg, je agiler sie sind – sie sind durchschnittlich 2,7-mal erfolgreicher als die Konkurrenz mit starren Strukturen.4 Und agile Projekte haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, erfolgreich abgeschlossen zu werden, als Projekte, die mit der herkömmlichen Wasserfallmethodik bearbeitet werden: Die mit klassischen Projektmanagementmethoden bearbeiteten Projekte werden nur in 14 Prozent der Fälle erfolgreich abgeschlossen, agile Projekte mit 42 Prozent Wahrscheinlichkeit dreimal häufiger. 29 Prozent der klassischen Projekte scheitern, agile Projekte nur zu 9 Prozent.5 Auch die Studie »Status Quo Agile«6 mit Teilnehmern aus über 30 Ländern ergab eine verbesserte Leistungsfähigkeit agiler Methoden gegenüber klassischem Projektmanagement. Dabei wurde übrigens Scrum als besonders erfolgreich bewertet, was mir als erklärtem Scrum-Fan und zertifiziertem Scrum Master Wasser auf die Mühlen gießt.

Zahlreiche Unternehmen arbeiten zwar schon agil, können aber das Potenzial, das in dieser Arbeitsweise liegt, nicht voll ausschöpfen, weil es (Verständnis-)Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit noch nicht agil arbeitenden Unternehmen – beispielsweise Dienstleistern und Zulieferern – gibt. Auch innerhalb einer Organisation kommt es häufig zu unnötigen Verzögerungen, wenn die IT-Abteilung schon agilisiert ist, die anderen nicht.

Wachsender Fachkräftemangel und die gute Beschäftigungslage in Deutschland sorgen dafür, dass Arbeitnehmer mittlerweile nicht mehr den Job nehmen müssen, den sie gerade kriegen, sondern dass sie Forderungen stellen können. Und immer mehr Menschen wollen agil arbeiten! Agile Unternehmen mit flachen Hierarchien und selbstorganisierten Teams, die selbstbestimmt arbeiten, sind für viele deutlich attraktiver als Konzerne, in denen noch wie von alters her gemanagt wird. Denn agil arbeitende Mitarbeiter haben mehr Freiheitsgrade und Handlungsspielräume (aber auch Herausforderungen!), da sie mehr als bisher selbst entscheiden können (und müssen!).

 

Für Unternehmen ist heutzutage die eine Herausforderung, Fachkräfte zu finden; sie zu halten ist eine andere. In Deutschlands renommiertester und umfangreichster Studie zum Thema Arbeitsplatzqualität – dem bekannten Gallup-Engagement-Index – zeigte sich 2018, dass agile Organisationen deutlich besser in der Lage sind, ihre Mitarbeitenden emotional zu binden. Laut der Studie sind 43 Prozent der Menschen in einem agilen Arbeitsumfeld emotional engagiert bei der Sache. Bei nicht agilen, traditionell hierarchisch aufgestellten Unternehmen sind das nur bescheidene 6 Prozent.7