Der Fall Vaucher / Der Sturzflugkapitän

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Der Fall Vaucher / Der Sturzflugkapitän
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Jon Pan

Der Fall Vaucher / Der Sturzflugkapitän

Skurrile Stories

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Der Fall Vaucher

2. Der Fall Vaucher

3. Der Fall Vaucher

4. Der Fall Vaucher

5. Der Fall Vaucher

6. Der Fall Vaucher

7. Der Fall Vaucher

8. Der Fall Vaucher

9. Der Fall Vaucher

10. Der Fall Vaucher

11. Der Fall Vaucher

1. Der Sturzflugkapitän

2. Der Sturzflugkapitän

3. Der Sturzflugkapitän

4. Der Sturzflugkapitän

5. Der Sturzflugkapitän

6. Der Sturzflugkapitän

7. Der Sturzflugkapitän

Impressum neobooks

1. Der Fall Vaucher

Es war ein trüber Regentag. Ab und zu klatschte ein verirrter Regentropfen gegen das schmutzige Fensterglas. Ziemlich unelegant saß ich auf meinem Bürostuhl und versuchte mit Schere und Brieföffner, einen Fettfleck aus meiner Hose zu ent­fernen.

Plötzlich schrillte das Telefon. Ich pflück­te den Hörer von der Gabel. Eine Frauen­stimme flötete mir ins Ohr.

»Was ist?«, fragte ich erstaunt.

»Vaucher will Sie sprechen«, zirpte der Kehlkopf in der Leitung.

»Vaucher?« Meine roten Ohren konnte sie zum Glück nicht sehen.

»Um fünfzehn Uhr in seinem Büro«, kam prompt die Empfehlung.

Bevor ich mich verteidigen konnte, war die Leitung unterbrochen. Der Fettfleck war weg, die Hose kaputt.

Eigentlich mag ich keine Fahrstühle, und Treppen noch viel weniger. Trotzdem musste ich zu Vaucher. Also entschloss ich mich für den Fahrstuhl.

»Vaucher erwartet Sie«. Ich erkannte die Stimme sofort. Es war die Goldflöte von vorhin.

»So«, sonorte ich und ließ eine meiner abgegriffenen Visitenkarten über den Schreibtisch zwirbeln.

»Was ist?«, wollte die Telefonflöte wissen.

Sie hatte Augen wie zwei Schwimmbecken im Hochsommer.

»Was soll sein?«, fragte ich leicht gereizt zurück.

»Sie haben ein Loch im Anzug«, kam sie gleich zur Sache.

»Schon möglich«, erwiderte ich gelassen.

»Es ist so!« Die Goldflöte schwebte einem Missklang zu. »Vaucher erwartet Sie!«, piff sie mich dann an.

Die Visitenkarte lag unberührt auf dem Schreibtisch.

»Sind sie neu hier?«, fragte ich die musikalische Lady, um Zeit zu gewinnen. Sie hatte aber ihre Badeanstalt geschlossen und schenkte mir keinen Blick mehr.

In Vaucher Büro roch es penetrant nach Motten­kugeln.

»Was ist los?«, fragte ich, noch halb unter der Tür stehend.

Vaucher streckte seinen fetten Bauch vor. Die Westenknöpfe waren schussbereit.

»Meine Tochter und ihr Pferd sind verschwunden!« Er schwabbelte zu den Worten mit dem gan­zen Gesicht.

»Sieht nach Schwierigkeiten aus«, sagte ich und ließ die Tür hinter mir locker ins Schloss fallen.

»Und ob!«, grunzte Vaucher und versprühte seinen trüben Speichel in meine Richtung.

»Wann haben Sie ihre Tochter das letzte Mal gesehen?«, stieg ich gleich ins Rennen ein.

Vaucher klatschte seine flache Hand, die die Größe eines Tennisschlägers hatte, auf die Tischplatte. Er hätte damit ein Wespennest vernichten können.

»Vor einer Woche«, kam es über seine nassen Lippen.

»Vor einer Woche«, wiederholte ich ohne besonderen Grund.

Zögernd unternahm ich einen Schritt ins Zimmer. Vaucher beobachtete mich dabei kritisch.

»Was ist mit dem Verlobten?«, feuerte ich einfach einen Schuss ins Dunkel ab.

»Welchem Verlobten?«, vibrierte der Fettwanst

»Pferd oder Pony?«, rief ich ihm zu.

»Pferd – wenn schon!«

»Name?«, wollte ich wissen.

Vaucher hob seine Hand, fleischig wie ein rohes Riesenkotelett.

»Wie geht das Geschäft mit den Pommes-Frites?« Ich wollte anständig sein, deshalb die unpassende Frage.

Vaucher Hand landete auf dem Schreibtisch und begrub den Telefonapparat unter sich. »Hannelore«, sagte er dann und stellte seine aufgepumpten Lippen vors Gesicht.

»Wer heißt so? Das Pferd oder ihre Tochter?«

»Das Pferd.« Beim »Pffff« bespuckte er die Akten vor sich.

»Haben Sie eine Fotografie von ihrer Tochter?«, fragte ich nach.

»Möglich«, meint er. »Sie lässt sich für gewisse Magazine fotografieren.«

»Tatsächlich!« Mein Interesse wuchs.

»Zudem wurde mir meine Pistole, eine Automatic, gestohlen«, erklärte mir Vaucher. Es klang traurig, als ob er ein liebes Spielzeug verloren hätte. »Aus meiner Nachttisch­schublade«, ergänzte er.

»Hat wohl mit ihrer Tochter und dem Pferd Hannelore zu tun?«, kombinierte ich.

Er nickte mit seinem dicken Kopf.

2. Der Fall Vaucher

Als ich mein Büro betrat, saß ein knochiger Typ auf der Fensterbank. Er hatte seinen Regenmantel über die Lehne meines geliebten Stuhls gehängt. Blitzschnell erkannte ich das schwarze, unfreundliche Ding, das er in der Hand hielt.

»Was ist, war meine Rechnung zu hoch?«, fragte ich kühl, obwohl mir der Schweiß auf der Stirn stand.

Bevor er abdrücken konnte, traf ihn der Absatz meines matten Lackschuhs am Kinn (zum Glück hatte ich die Sandaletten beim Schuhmacher). Das Glas des Fensters hinter ihm schrie dumpf auf. Der Ballerklumpen plumpste auf meine Zehe.

Irgendwie streckte mir der Ausgehungerte seine Sohlen entgegen, bevor er, aller­dings sehr steif, durch zwölf Stockwerke Luft hinunter auf die Straße sauste.

Ich hetzte ihm meinen Blick nach, bevor ich mir den Anzug zurechtrückte. Niemand schien bemerkt zu haben, aus welchem Fenster das Fallobst stammte.

In der Regenmanteltasche der Knochenfigur fand ich allerdings eine interessante Adresse.

»Ich kenne keine Margaretha Vaucher, und von einem Pferd Hannelore weiß ich auch nichts«, schwor mir der Inhaber eines schmuddeligen Fotoateliers, eine schäbige Wanze mit gelblichen Gesicht, das mich an ranzigen Blätterteig erinnerte.

Ich servierte ihm einen Magenfüller ohne silbernes Tablett.

Er holte tief Luft und sprach einige Sätze ohne Stimme, doch das interessierte mich nicht, denn er log sowieso.

»Sie kennen also keine Margaretha Vaucher?«

»Wer hat ihnen überhaupt meine Adresse gegeben?«, fragte das Blätterteiggesicht.

»Ich habe sie in der Tasche eines Regenmantels gefunden«, zischelte ich ihn an.

»Ach so – Sie sind Kunde.«

Die Wanze hatte nicht begriffen. Doch an seiner Nase wollte ich nicht drehen. Ich mag keinen Rotz zwischen den Fingern. Also verpasste ich ihm einen Leberhaken, wofür er sich mit einer bedenklich krummen Verbeugung bedankte.

»Ich bin kein Kunde«, betonte ich scharf. »Solche Schmierereien interessieren mich nicht.«

»Margaretha war ab und zu mal da«, gestand der Schmutzfink, kaum stand er wieder aufrecht da.

»Und wo ist sie jetzt?« Ich tätschelte mit dem Handrücken rhythmisch seine Stirn.

»Keine Ahnung.«

Der zweite Leberhaken war fällig, doch ich hielt mich zurück.

»Ich weiß wirklich nicht, wo Margaretha ist«, heuchelte der Fotokünstler mit matter Stimme.

»Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?« duzte ich nun den Fotoplatten-Picasso.

Er blickte mich mit seinen Krötenaugen an.

»Wann?«, drängte ich.

»Sie war letzte Woche mal kurz hier.«

»Fotoaufnahmen?«

»Ja.«

»Wieso macht sie das?«

Die Wanze grinste nur.

»Was gibt's da zu grinsen?«

»Sie macht nur künstlerische Fotos.«

»Hat Margaretha Vaucher Freunde, Be­kannte?«, fragte ich weiter.

»Jeder hat doch Freunde oder Bekannte!«

Mein Absatz sauste stampfend auf die Zehen der Gelbkröte.

»Fragen Sie in der Kosaken-Bar nach ihr«, sprudelte mein neuer Duzfreund geständig los.

»Kosaken-Bar«, wiederholte ich.

Seltsam, denn der Name passte gut zu dem Tanz, den der lüsterne Knipser gerade aufführte.

 

In der Kosaken-Bar fand ich nichts, das mich in dem Fall weiterbrachte. Nachdem ich einige Drinks weggezaubert hatte, verließ ich das Nebelloch.

Der trübe Himmel weinte ein bisschen, doch es ließ mich unberührt. Für einen Regenschirm hatte ich kein Kleingeld bei mir.

3. Der Fall Vaucher

Als ich mein Büro betrat, saß ein knochiger Typ auf der Fensterbank. Er hatte seinen Regenmantel über die Lehne meines geliebten Stuhls gehängt. Blitzschnell erkannte ich das schwarze, unfreundliche Ding, das er in der Hand hielt.

»Was ist, haben sie dich schon wieder zusammen geflickt?«, fragte ich kühl, obwohl mir der Schweiß auf der Stirn stand.

»Ich bin der Zwillingsbruder«, klärte er mich auf.

Die Antwort der Knochenfigur kam knapp vor meinem matten Lackschuh. Der Zwillingsbruder nahm den Rest der zerbrochenen Scheibe mit und sauste talwärts.

Diesmal ersparte ich mir die Vogelperspektive. Aber ich fand wieder eine Adresse im Regenmantel.

»Doktor Roselski ist nicht da«, erklärte mir die Vorzimmerdame.

»Ich muss ihn aber dringend sprechen«, betonte ich.

»Er ist in seinem Landhaus«, verriet mir die Dame.

»Doktor Roselski ist nicht da«, sagte der Butler im Landhaus mit ernstem Blick.

Ich lockerte seine Gesichtsmuskeln auf und stellte ihn zu zwei alten Golfschlägern in den Schirmständer.

Auf teuren Teppichen schritt ich durchs Haus.

Nachdem ich einige Flügeltüren hatte flattern lassen, befand ich mich in einem großen Raum.

»Was suchen Sie hier?«, fragte mich eine sägende Stimme.

Ich blickte mich um.

Die Stimme musste zu Doktor Roselski gehören. Der Mann trug einen schwarz-gelb ge­streiften Morgenmantel und mattgraue Pantoffeln. Direkt neben ihm stand ein großer, schwarzer Konzertflügel, auf dem eine milchig-weiße Nackte lag.

»Hoffentlich ist durch meine Störung keine neue Unvollendete entstanden?«, sagte ich mit sorgenfreiem Gesicht.

»Wer sind Sie?«, fragte Roselski.

Ich wollte keine Visitenkarte verschwenden.

»Wer sind Sie?«, wiederholte der FKK-Beethoven und kam einen Schritt auf mich zu.

»Kennen Sie eine Margaretha Vaucher und ein Pferd mit Namen Hannelore?«, wollte ich wissen.

Der Doktor klatschte lautstark in seine zarten Händchen.

»Danke für den Applaus«, sagte ich.

Eine Schwingtür schnellte auf. Der Butler kam herein marschiert. Vermutlich hatte er sich in der Gesellschaft der Golfschläger nicht mehr wohl gefühlt.

»Schaffen Sie mir diesen Mann hier vom Hals!«, rief Roselksi.

Die Nackte lag die ganze Zeit wie kostbares Porzellan auf dem schwarzen Lack.

»Hier, meine Visitenkarte«, sagte ich, um die nahende Katastrophe zu verhindern.

Der Butler kam auf mich zu.

Roselski wirkte entschlossen.

Ich ebenfalls.

Der Butler streckte seinen Arm aus. Ich wollte ihn begrüßen, doch das eiserne Knallrohr in seiner Hand hinderte mich daran.

»Los, raus jetzt!«, drohte er mir.

Ich blickte zu Roselski, der sich an den Flügel gesetzt hatte. Seine zierlichen Finger griffen in die Tasten.

Der Butler zuckte vor Schreck zusammen. Sein Gesicht wurde grün wie eine Pfefferschote. Er krümmte sich, und die Kanone plumpste auf den teuren Teppich.

Natürlich war ich blitzschnell. Meine Hand schnellte zum schwarzen Eisen. Der Butter wollte vermutlich den kostbaren Bodenbelag schonen, denn sein rechter Schuh tanzte einen Foxtrott auf meinem empfindlichen Handrücken.

»Was soll das?«, fragte ich erstaunt.

»Noch nie in der Tanzschule gewesen?«, fragte er zurück.

»Sie sind nicht im Takt«, bemerkte ich.

»Walzer im Viervierteltakt«, klärte er mich auf.

Roselski hämmerte dazu auf dem Flügel herum. Die nackte Euterpe wurde zusehends älter.

Als ich dem Butler den Boden – in Form meiner Hand – unter dem Schuh wegzog, fuchtelte er mit beiden Armen um sich.

Einen Augenblick lang glaubte ich, er wolle zur Decke abheben, doch dann besann er sich des Gesetzes der Schwerkraft und knallte wie ein nasser Laubsack auf sein Hinterteil.

Roselski klimperte besessen eine Reprise. Und ich zeigte mit dem Schießeisen auf den Butler.

Roselski brach sich einen Finger, so sehr trieb es ihn in seiner Ekstase voran. Die Nackte auf dem Saitenrost verschrumpelte und sah nun aus wie eine zweihundertjährige Apfelsine.

»Rollentausch nennt man das in der Psychologie«, informierte ich den Butler.

»Er ist nicht geladen.«

So leicht ließ ich mich nicht austricksen. »Dann kann ich ja abdrücken!«

Der Butler zitterte.

»Doch geladen«, stellte ich fest.

Roselski stürzte zwischen dem G und dem A in der zweiten Oktave und brach sich zwei weitere Finger auf der Tastatur. Doch nichts hielt ihn auf. Der nackten Muse fielen die Zähne einzeln aus dem Mund und trommelten gänzlich aus dem Takt auf den lackierten Resonanzkasten.

»Ruhe!«, brüllte ich in den Raum.

Roselski unterbrach jäh sein Schreckkonzert. Die verschrumpelte Haut der Nackten straffte sich wie eine aufblasbare Schwimmente, die den Winter in der Badetasche verbracht hatte und ganz plötzlich mit Luft gefüllt wird.

»Er wird mich erschießen!«, schlotterte der Butler hilflos.

»Er wird gar nichts tun«, beruhigte ihn Roselski selbstsicher.

»Da wäre ich mir nicht so sicher«, erwiderte ich und schrieb ein kleines o mit dem Kugelspender in die vibrierende Luft.

Dann wandte ich mich dem Butler zu und fragte: »Sie mögen doch gerne Golfschläger, oder?«

»Oh, sehr gern sogar«, garantierte er mir höflich.

»Was soll das ganze Theater hier?«, mischte sich Roselski ein. »Ich werde die Polizei rufen und Sie wegen Hausfriedensbruch verklagen!«

»Ich bin Privatdetektiv und auf der Suche nach der verschwundenen Vaucher-Tochter und ihrem Pferd Hannelore«, klärte ich ihn auf.

»Was interessiert mich das?« Roselski hatte seine Stimmbänder wieder mit der nervenden Kreissäge vertauscht.

»Man hat mir in diesem Zusammenhang ihre Adresse gegeben.«

»Und?« Er feuerte eine Serie Hassblicke auf mich ab.

Gekonnt wich ich aus und kassierte nur einen Streifschuss am linken Ohrläppchen.

Der Butler stand da wie eine vergessene Ladung Südfrüchte.

»Was ist mit den Golfschlägern?«, fragte ich ihn. Er lieb steif stehen. Ich streckte meine freie Hand aus und schraubte seine Birne enger. Doch die Erleuchtung blieb aus.

»Sie sind ein unkultivierter Mensch«, sagte Roselski.

»Lieber unkultiviert als kriminell«, konterte ich.

»Was wollen Sie nun von mir?«, fragte Roselski ungeduldig.

»Kennen Sie Margaretha Vaucher?«

»Margaretha Vaucher?« Er klimperte mit dem kleinen Finger einen verstimmten Halbton.

»Pommes-Frites«, warf ich ein. »Vaucher und Pommes-Frites!«

»Die Küche ist um diese Zeit geschlossen.«

Roselski sägte mit seiner Stimme gefährlich an meiner Geduld.

»Ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen!« Roselski brachte hiermit eine Einlage aus Wer einmal lügt...

Ich überflog diesen Part und setzte gleich nach der großen Pause wieder ein. Der Butler hüpfte wie eine gejagte Kröte durchs Zimmer, nachdem ich ihm einen seiner hübschen Slipper zerstampft hatte. Vermutlich war er auf der Suche nach seinen geliebten Freunden – den Golfschlägern. Roselskis Gesicht wurde weiß wie eine Skipiste. Ich nahm die Gelegenheit sofort wahr und wagte eine rasante Abfahrt. Als ich bei seiner Nase zu einem flotten Schanzensprung abhob, gab sie krachend nach.

»Sie sind ein primitiver Schläger«, näselte er.

»Hier, diese Adresse habe ich im Regenmantel einer dürren Figur gefunden, die mich unfreundlicherweise in meinem Büro besucht hat«, erklärte ich dem Doktor und faltete ein fettfleckiges Papier auseinander.

»Ich esse manchmal Pommes-Frites und Hähnchen in einem von Vaucher Lokalen«, gab Roselski zu, doch das wollte ich nun überhaupt nicht wissen.

»Sie kennen seine Tochter!« Es war eine eindeutige Feststellung meinerseits.

»Wieso? Serviert er die manchmal als Beilage?«

»Die Nackte hier!« Ich zeigte auf die erstarrte Muse auf dem Klimperkasten. »Gehören solche Beilagen zu ihrem Leben?«

»Natürlich«, grinste er.

»Dann mögen sie vielleicht auch Fotos?«

»Fotos?« sagte er. »Oh ja, ganz besonders Giraffenporträts.«

»Und wie steht es mit Damen, die – «

»Nein, nein«, schnitt er mir mit seiner sägenden Stimme den Satz ab. »Wie Sie sehen, kann ich mir solche Sachen im Original leisten.« Dabei tätschelte er reichlich unanständig an der nackt auf dem Flügel liegenden Dame herum.

»Dann können Sie sich also auch Margaretha Vaucher im Original leisten, oder liege ich da völlig falsch?«

»Und wie Sie da falsch liegen.«

»Und das Pferd?«, fragte ich.

»Ich bitte Sie!«, empörte sich Roselski. »Ich kann den Namen Hannelore überhaupt nicht ausstehen.«

»Es könnte doch sein«, spekulierte ich weiter, »dass das liebe Pferd sich in ihrer Gegenwart anders genannt hat. Oder dass es ein ungebetener Gast war und deshalb verschwinden musste.«

»Ich mag kein Pferdefleisch«, versicherte mir Roselski.

»Müssen Sie alles in die Pfanne hauen?«, fragte ich.

»Sie ganz bestimmt nicht.«

»Und?«

»Kopf oder Zahl?«

»Zahl«, rief ich.

Roselski warf eine rostige Münze in die Luft.

»Kopf!«, triumphierte er, als das rotierende Geldstück an seinem unmusikalischen Hinterkopf aufschlug.

»Lügner«, war mein Kommentar.

Roselski verschluckte die Münze.

»Sie sind mir ein schönes Sparschwein«, bemerkte ich.

»Was ist nun, Detektiv? Zeigen Sie mir doch ihren Beweis!«

»Hier!«

Die ton- und bewegungslose Nackte erschrak zuckend, als Roselskis Kinnlade durch meinen Schlag wie eine platzende Nuss splitterte. Der Ballerklumpen, den ich die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, hatte mich zwar ermüdet, doch ich verfügte noch über erstaunliche Kräfte.

Der unmoralische Doktor hob ab und ließ seinen gestreiften Morgenmantel als Souvenir zurück. In seiner blass-blauen Unterhose schwirrte er wie ein defekter Kanarienvogel durchs Zimmer. Magnetisch trudelte er auf einen der wenigen Stützbalken zu und knallte plump zu Boden. Roselski durchwanderte diverse Bewusstseinsstufen, bevor er seiner alten Krank­heit anheim fiel.

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