Der Sklavenwiderstand

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Sie hatte sich vor ihn geworfen. Seine Herrin hatte ihm, einem Wesen und Sklaven, das Leben gerettet.

»Nein! Schwester!«, stieß Logan hervor, während seine Augen wahnsinnig umherrollten.

»Schachmatt, Bruder«, drang es gequält aus Nathalies Mund und sie hob mit gewaltiger Anstrengung ihre Hand. Hinter Logan erschienen die Kristallkugel und der goldene Stab. Auf beiden tanzten die Runen und hüllten ihren Bruder in einen Wirbel von Farben.

»Nein«, schrie dieser und kämpfte gegen den Teleportzauber an. Doch konnte er sich nicht gegen seine eigenen Runen zur Wehr setzen. Dies war eine der größten Gefahren für die Magier. Wenn sie ihren Runenspeicher verloren und dessen Macht gegen ihren Besitzer eingesetzt wurde, konnten sie sich nicht dagegen wehren.

Als die Magie sich legte, war Logan verschwunden. Die magischen Gegenstände fielen matt zu Boden. Die Kristallkugel zerbarst und der Stab rollte scheppernd davon. Ebenso kraftlos fiel Nathalies Hand zu Boden und ein Rinnsal von Blut lief ihr aus dem Mundwinkel.

»Herrin«, schrie Nico und stürzte zu ihr. Er streckte seine zitternden Pfoten aus, wusste aber nicht, was er tun sollte.

Mit angestrengter Stimme stammelte Nathalie: »Nico, geh. Flieh! Du musst alles … dem Großmagnaten erzählen. Geh! Logan kann jeden Moment … wieder zurückkehren.«

Tränen nahmen ihm die Sicht. Als er sprach, konnte er gut seine eigenen Verzweiflung in seiner Stimme hören: »Ich werde Euch nicht verlassen. Ich werde Hilfe holen.«

»Nein, dafür ist keine Zeit mehr. Ich flehe dich an. Tu es nicht für die Menschen, tu es für die Wesen, welche unter den Magiern leiden werden. Geh!«, brachte Nathi unter gewaltiger Konzentration noch hervor. Dann schlossen sich ihre Augen und ihr Körper lag reglos da, kein Muskel rührte sich mehr.

Mit tränenverhangener Sicht griff Nico nach dem Messer und zog es vorsichtig aus dem Körper vor ihm. Dann faltete er ihre Hände über der Brust und gab sich seiner Trauer hin. »Ich werde Euren letzten Wunsch erfüllen. Ich werde Euch nie vergessen, Nathalie. Ruhe in Frieden, meine Herrin.«

»Was ist denn hier los? Wachen!«, erschütterte eine Stimme den stillen Raum. Aufgeschreckt sprang Nico auf die Füße und hob angriffsbereit das Messer in seiner Pfote. Der Händler sah die Klinge und rannte schreiend aus dem Zimmer. Nico hatte vollkommen vergessen, dass der Geschäftsmann ja wieder zurückkommen wollte.

Was sollte er jetzt tun? Er konnte nicht bleiben. Keiner würde einem Sklaven glauben. Wenn sie ihn erwischten, dann würden sie ihn ohne Anklage hinrichten. Er musste seinen Auftrag erledigen. Er musste einfach!

Schnell verband er seinen Arm notdürftig mit einem Fetzen seiner Kleidung und versteckte das Messer in seinem Gürtel. Dann zog er sich seine Kapuze tief ins Gesicht und ging so menschlich er konnte aus dem Raum. Er stürzte sich ins Getümmel der Leute und verschwand in der Menge. Am Rande des Menschenstroms konnte er die Wachen in Richtung des Raumes rennen sehen, in dem die Leiche seiner Herrin lag. Schnell und unentdeckt schlich er sich zu den Aufzügen und stieg eilig in einen der leeren Kästen ein.

Er brauchte Geld, ohne Geld konnte er nichts erreichen. Aber wo war der Ausgang? In seiner Hast drückte er einfach den untersten Knopf. Als die Fahrstuhltüren sich wieder öffneten, befand er sich in einem riesigen, fensterlosen, leeren Raum.

Dieses Stockwerk war vollkommen in Dunkelheit gehüllt. Nur ein, zwei Notausgangsschilder spendeten ihr spärliches grünliches Licht. Außer den Trägersäulen und den Wänden konnte er nichts erkennen. Diese Ebene erinnerte ihn an das Zimmer von Logan und er erstarrte. Nur am Rande bekam er mit, wie die Türen sich hinter ihm schlossen und es noch dunkler wurde.

»Ich muss hier weg«, stammelte er nach einer Weile und hämmerte fast schon panisch auf den Rufknopf für den Aufzug. Ein schwacher Lichtstreifen schob sich von oben in den Schlitz zwischen den Türen und er konnte Stimmen aus dem Inneren der Fahrgastkabine hören. Voller Angst wich er mit einem Sprung in die Dunkelheit und versteckte sich hinter einer Säule. Er zog das Messer aus seinem Gürtel und machte sich kampfbereit. »Niemand wird mich aufhalten … niemand!«

Zu diesem Zeitpunkt konnte Nico nicht ahnen, wie sehr das folgende Aufeinandertreffen sein Schicksal beeinflussen würde. Er würde viele neue Freunde finden. Auch einen Rivalen und zudem eine neue Familie, ein Rudel …

Kiyoshi

Im Gemach des Meisters

Kiyoshi, stand unentschlossen vor der Bürotür und dachte nach. Er war immer noch wütend auf seinen Meister, aufgrund der neuen Geheimnisse, die zwischen ihnen standen. Am meisten machte ihm aber zu schaffen, dass Nico, dieser dämliche Köter, genau wusste, was hinter der Schwarzen Tür war, er hingegen vom Meister keine Auskunft erhalten hatte. Beim Besuch der Magier hatte der Meister den Köter einfach in den verbotenen Raum gesteckt.

Mit einem schweren Seufzen klopfte er an und betrat den Raum. Er hatte geplant, seinen – ja, was war der Mensch eigentlich für ihn? Sein Meister, sein Freund, sein Geliebter? – zur Rede zu stellen. Wenn er an die vergangene Nacht dachte und an den Morgen, dann kam er nicht umhin sich einzugestehen, dass seine Gefühle dem Meister gegenüber eindeutig größer waren, als Unterwürfigkeit oder bloße Freundschaft. Doch noch konnte er diese nicht näher betiteln. Er wusste nur, dass er beim Gedanken an ihn ein seltsames Gefühl im Bauch verspürte.

Um einen Grund für seinen Besuch vorzutäuschen, hatte er sich mit einem Tablett bewaffnet, auf dem er eine frisch gebrühte Tasse Kaffee, ein Kännchen Milch und eine kleine Zuckerdose gestellt hatte. Er wusste ja nicht, wie der Meister dieses Gebräu bevorzugte, dafür kannten sie sich noch nicht lange genug. Noch während er langsam in den Raum hineinschritt, wurde er auch schon angesprochen: »O Kleiner. Ist der Kaffee für mich?«

Kiyoshi konnte in diesem Moment nicht anders und erwiderte: »Ja, aber solch einen Service habt Ihr Euch nicht verdient.«

»Na, wenn das so ist, was muss ich denn tun, um ihn mir zu verdienen? Was verlangt mein weißer Tiger als Gegenleistung?« Der Meister saß auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch. Seine rotblonden, schulterlangen Haare fielen ihm zum Teil ins Gesicht. Lächelnd sah er zu ihm, wobei es in den kristallblauen Augen amüsiert blitzte.

Gespielt nachdenklich stellte Kiyoshi das Tablett auf dem Schreibtisch ab und legte sich die rechte Pfote ins Gesicht. »Hm, mal überlegen.« Noch bevor er wirklich nachgedacht hatte, stand der Meister auf, umrundete geschwind den Tisch und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Dann nahm er ihn in den Arm. »Sei mir bitte nicht böse. Ich möchte wirklich nicht, dass meine Geheimnisse zwischen uns stehen, aber ich kann dir leider nicht alles sagen. Noch nicht. Die Zeit wird kommen, da -«

Nicht schon wieder dieselbe Ausrede. Bei diesen Worten loderte eine Flamme der Wut in Kiyoshi auf und er befreite sich abrupt aus der Umarmung. Sofort verstummte der Meister. Kiyoshi brachte Abstand zwischen sie, verschränkte die Arme vor der Brust und raunte: »Spart Euch diese Ausrede. Ich bin nicht Euer Haustier. Ihr wollt mit mir zusammen sein und sagtet, dass Ihr mich liebt. Aber mir ein wenig entgegenzukommen, ist wohl zu viel verlangt. Ihr wollt, dass ich Euch vertraue, aber Ihr vertraut mir nicht an, was hinter der Schwarzen Tür ist.«

Geduldig und aufmerksam hörte der Meister zu. Ein missmutiger Ausdruck lag auf seinen Zügen, als er mit distanzierter Stimme erwiderte: »Ich habe Nico nicht in diesen Raum gesteckt, weil ich ihm mehr vertraue als dir, sondern um sein Leben zu retten. Die Tür ist mit einem Siegel versehen, sodass nicht einmal ein Magier diesen Bereich einsehen kann. Du hast doch mitbekommen, dass Logan Zayn aufgespürt hat, Nico aber nicht.«

Sich langsam in Rage redend, begann der Meister, im Raum auf und ab zu gehen: »Ich nehme nicht an, dass du weißt, dass Magier in deine Gedanken eindringen und dort herumstöbern können? Deshalb wissen sie auch, wenn jemand lügt. Ich habe gelernt, mein Wissen zu verbergen und sie nur das sehen zu lassen, was ich will, das sie sehen. Du kannst das nicht.«

Nach dieser Feststellung blieb er stehen und die blauen Augen bohrten sich erbost in Kiyoshis rote. »Es gibt einen guten Grund, warum ich manches für mich behalte. Je mehr davon wissen, desto größer ist die Gefahr, dass ein Magier auf dieses Geheimnis stößt. Diesen Bereich habe ich extra als Schutzabschnitt erstellen lassen, falls es Probleme mit Magiern geben sollte. Ich spiele nicht mit der Sicherheit der Wesen unter meinem Schutz. Dir diese Information zu geben, hat Nicos und somit unser aller Leben in Gefahr gebracht. Bist du nun glücklich

Kiyoshi stand einfach nur da und sah bestürzt drein. Er hatte so unbedingt dieses Geheimnis lüften wollen, dass er keinen einzigen Gedanken an die möglichen Konsequenzen dieses Wissens verschwendet hatte. Der Meister schüttelte den Kopf, schloss die Augen und griff sich an die Nasenwurzel. Schwer seufzte er und versuchte sich zu beruhigen. »Ich habe Zayn mit Absicht in sein Zimmer geschickt und mich ein wenig dumm angestellt, als Logan fragte. Ich wollte ihn verärgern und seine Aufmerksamkeit auf mich lenken, damit er nicht auf die Idee kam, in eure Gedanken einzudringen. Das war Teil meines Plans, um uns alle zu schützen.«

Die Worte des Menschen hallten in Kiyoshis Kopf wider. Nur aus purer, dummer Eifersucht hatte er seinen Herrn dazu gebracht, diese Informationen preiszugeben. Ebenso war er bestürzt über sein eigenes Misstrauen. Sein Meister dachte nur daran, alle zu schützen und er stellte sich hier hin und quengelte wie ein kleines Kätzchen. Hinter so manchen Verhaltensmustern des Meisters stand also ein tieferer Sinn. Er hatte selbst schon mitbekommen, dass dieser sein zeitlos jugendliches Aussehen als Waffe einsetzte und seine Gegenspieler ihn somit total unterschätzten.

 

Der Meister wandte sich ab und drehte ihm den Rücken zu. Wie geschlagen ging Kiyoshi auf die Knie und drückte seinen Kopf demütig auf den Boden, während er mit belegter Stimme krächzte: »Verzeiht mir, Meister. Ich bin dumm.« Leise begann er zu schniefen und redete sich von der Seele: »Ich kann verstehen, wenn Ihr mich nun nicht mehr wollt, es tut mir leid! Bitte vergebt mir.«

Dicke Tränen liefen an seinen Wagen herab. Der Mensch würde sich sicher von ihm abwenden. Was wollte dieser auch mit so einem dummen Tiger, welcher ihm immer nur misstraute und keine Ruhe gab? Wer wollte ihn schon haben, einen Sklaven! Seine Gedanken rasten und er steigerte sich immer weiter hinein.

Sanft streichelte eine Hand über Kiyoshis Rücken. »Sch, beruhige dich. Ich bin dir nicht böse. Versteh doch, ich will euch nur schützen. Mir ist mein Temperament durchgegangen. Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht so anschnauzen.«

»Ihr habt nichts falsch gemacht. Ich bin es, der immer wieder Fehler macht. Ich bin Eurer Zuneigung nicht würdig«, schluchzte Kiyoshi und weinte noch heftiger.

»Wem ich meine Zuneigung schenke, entscheide nur ich. Sch, beruhige dich. Keine Sorge, so leicht wirst du mich nicht los. Da muss schon wesentlich mehr geschehen«, beteuerte der Meister und strich weiter besänftigend über sein weiches weißes Fell.

Von einem Extrem schwenkten Kiyoshis Gedanken blitzschnell ins andere und er stürzte sich überglücklich, nicht verstoßen zu werden, Hals über Kopf auf den Meister und warf ihn dabei um. Erschrocken über sein eigenes Verhalten, sah er aus tränenverschmierten Augen vorsichtig auf und spannte die Muskeln an.

Im Gesicht des Meisters lag kein Anzeichen für Verärgerung. Ein warmer Blick lag in den blauen Augen und seine Lippen zierte ein amüsiertes Lächeln. Er schlang die Arme um ihn und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. »Keine Sorge, mein Kleiner, ich kann dich sehr gut verstehen, es ist nur natürlich, Geheimnisse aufdecken zu wollen. Und da alle mitbekommen haben, dass Logan Nico nicht aufspüren konnte, habe ich dir auch nicht wirklich etwas Neues verraten. Aber du bist der Einzige, der von den Siegeln weiß und so soll es auch bleiben.«

Noch eine Weile lagen sie so da und Kiyoshi genoss einfach nur die Nähe und Geborgenheit, die sein Freund ihm spendete. Unvermittelt - er hatte sich mittlerweile von seinem Gefühlschaos etwas erholt - äußerte dieser: »Da du dich wieder beruhigt hast, möchte ich dir gerne etwas zeigen. Dazu musst du aber zuerst aufstehen.«

Gespannt löste sich Kiyoshi von ihm und stand umsichtig auf. Dann hielt er seinem Meister eine Pfote hin und zog auch diesen auf die Füße. Dieser nutzte die Gelegenheit und drückte ihm schnell einen unschuldigen Kuss auf die Lippen. Einen Moment lang nahm er ihn erneut in die Arme und versicherte: »Kiyoshi, ich liebe dich und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dich zu beschützen.«

Anschließend umschloss er eine der Pfoten mit seiner Hand und zog ihn hinter sich her. Der Meister wollte ihn nur beschützen, deshalb verbarg er so manche Dinge vor ihm. Das würde er im Kopf behalten, nahm er sich fest vor.

Sie gingen direkt auf die Schwarze Tür zu, bei deren Anblick in Kiyoshi erneut Schuldgefühle hochkamen. Der Meister hielt allerdings nicht an und öffnete sie einfach. »Ich vertraue dir, Kleiner. Das beweise ich dir auch. Ich werde dir gleich etwas zeigen, was noch keiner der anderen gesehen hat«, und mit diesen Worten ging er voraus in den geheimen Raum hinein. Kiyoshi kam langsam hinterher und sah sich um.

»Das ist ja nur ein Korridor mit einer Treppe in den Keller«, stieß er sichtlich enttäuscht hervor.

»Ja, da hast du recht. Ist wohl doch nicht so aufregend, das hier zu sehen? Aber das ist es nicht, was ich dir zeigen wollte. Dafür müssen wir weitergehen. Nico war die ganze Zeit hier oben, mehr als das, was du jetzt auch siehst, konnte er nicht sehen.

Bevor wir weitergehen, möchte ich, dass du mir etwas versprichst. Dort unten gibt es einige Räume, ich zeige dir ein paar davon. Frag mich bitte nicht, was in den anderen ist und versuche auch nicht, in diese einzudringen. Manche meiner Geheimnisse müssen einfach geheim bleiben, bis die Zeit reif ist. Mehr kann ich dir im Moment nicht anbieten. Also versprich es mir!«

Neugierig und mit dem guten Vorsatz, dieses Mal nicht weiter nachzubohren, erwiderte Kiyoshi zuversichtlich: »Ich verspreche es Euch, Meister.«

»Okay, dann komm mit«, sagte der Meister und ging voraus. Er führte ihn die Treppe hinunter. Hinter sich konnte Kiyoshi mehr spüren, als hören, wie sich die Schwarze Tür von selbst schloss. Unten sah er einen langen spärlich beleuchteten Korridor, von dem einige Räume rechts und links abgingen. Die erste Tür ließen sie aus und der Mensch öffnete die zweite zur Rechten. Zum Vorschein kam ein hell erleuchteter Trainingsraum. An den Wänden hingen verschiedene hölzerne Waffen.

»Hier übe ich jeden Tag, wenn ich dafür die Zeit finde. Gegenüber ist mein Badezimmer«, erklärte der Meister, trat zurück in den Korridor und öffnete den genannten Raum.

Dieses Zimmer war spärlich ausgestattet. Keine Zierden oder überflüssigen Dinge gab es hier. Eine gläserne Dusche, eine große Badewanne, in der zwei Personen Platz hatten, ein gesonderter Bereich mit einer Toilette und ein Waschbecken, dazu noch ein kleiner Schrank, in dem Handtücher und Duschutensilien lagen. Mehr gab es nicht zu sehen. Zusätzlich gab es noch eine zweite Tür, die nach rechts führte.

Zurück im Gang wandten sie sich dem letzten Raum zu und betraten das Schlafzimmer des Meisters. Dieser Raum war ebenfalls spärlich eingerichtet. Ein großes, einfaches Bett ohne irgendwelchen Schnickschnack, ein Schrank und eine zweite Tür, die ins Badezimmer führte.

Überrascht von der einfachen Ausstattung fragte Kiyoshi: »Meister, Ihr habt doch genug Geld, warum sind Eure privaten Räume so einfach gestaltet?«

»Nun ja, ich bevorzuge es eben schlicht und zweckmäßig. Ich bin sowieso nur hier unten zum Schlafen und Trainieren, da brauche ich nicht mehr. Wenn du willst, sieh dich ruhig um.«

Das ließ sich Kiyoshi nicht zweimal sagen und er steuerte direkt auf den Kleiderschrank zu. Was sollte er sich hier auch sonst ansehen? Entsetzt ließ er geräuschvoll die Luft entweichen. »Ihr habt ja weniger Kleidung, als Ihr mir gegeben habt. Da ist ja kaum etwas drin.« Und tatsächlich lagen im Schrank nur eine Badehose, drei T-Shirts und zwei Trainingshosen.

Sich den Nacken reibend, sagte der Meister: »Na ja, ich trage meist meine Robe, da brauche ich nicht viel.«

»Das müssen wir ändern. Das nächste Mal, wenn wir einkaufen gehen, besorgen wir Euch mehr Auswahl. Und was die Robe betrifft: Zu Hause braucht Ihr die nicht oder glaubt Ihr, dass einer von uns Euch angreifen wird?«

»Ich … also …«

»Okay, dann wäre das entschieden«, sagte Kiyoshi bestimmend. Der Meister quittierte das nur mit einem Kopfschütteln und grinste in sich hinein.

Langsam schloss Kiyoshi den Schrank und wandte sich um. »Darf ich Euch hier unten besuchen, Meister?«

»Ich habe nichts dagegen. Das gilt aber nur für dich und nur unter der Bedingung, dass du nicht versuchst, in die zwei anderen Räume zu schauen. Darauf muss ich bestehen.«

Aufgeregt und glücklich nickend, gab Kiyoshi sein Ehrenwort dazu.

»Okay, wollen wir dann wieder hochgehen? Obwohl … Nach deinem Blick zu schließen, steht dir der Sinn wohl nach einer anderen Aktivität«, sagte der Meister schmunzelnd.

Gemächlich näherte sich Kiyoshi seinem Herrn und sah seine eigene Begierde in dessen Augen widergespiegelt. In der Bewegung zog er sich sein T-Shirt aus und warf es achtlos zu Boden. Kaum, dass sie auf einer Höhe waren, beugte er sich vor und verschloss gierig die weichen Lippen des Menschen mit den seinen. Zusätzlich ließ er seine Pfoten zur Kordel wandern und öffnete den Knoten ohne hinzuschauen.

Der Kuss wurde leidenschaftlicher und beide öffneten ihre Münder. Ein wilder Zungenkampf entstand, den Kiyoshi, aufgrund seiner längeren Zunge, eindeutig für sich entscheiden konnte. Schon lagen zwei Hände auf seiner Brust und streichelten sein Fell. Abgelenkt von diesem Überfall, konnte er nicht anders, als sich auf die Hände des Meisters zu konzentrieren. Auch seufzte er genießerisch in den Zungenkuss hinein. Von seiner Brust aus wanderten die Hände weiter: seine Seiten entlang, immer tiefer, bis sie schließlich seinen Hosenbund erreichten. Anschließend streichelten die Hände sich bis zu seinem Rücken vor und fuhren frech in seine Hose hinein. Kiyoshi keuchte und schnappte nach Luft. Auch er wollte den Körper vor sich erkunden. Ungeduldig zupfte er an der Robe und zog sie höher.

Als die beiden den Kuss kurz unterbrachen, fielen auch die letzten Kleidungstücke und gesellten sich zum T-Shirt. Erneut trafen sich ihre Lippen und Kiyoshi drängte den Meister zurück, bis dieser die Wand in seinem Rücken hatte. Erstaunt über diesen Umstand, löste der Mensch den Kuss auf. Auf diesen Moment hatte Kiyoshi gewartet und er biss ihm sanft in den Hals.

Er hörte gut, wie sein Freund stöhnte und spürte auch dessen Hände, die erneut über seinen Körper glitten. Die sanften Streicheleinheiten spornten Kiyoshi an und er bedeckte den muskulösen Oberkörper vor sich mit hauchzarten kleinen Küssen, während er sich dabei quälend langsam tiefer arbeite. Als er in die Hocke ging brummte der Meister etwas verstimmt: »Kiyoshi, du musst das nicht …«

Der Rest des Satzes ging in einem lustvollen Stöhnen unter. Kiyoshi war der leichte Protest völlig egal und so hatte er sein Maul begierig um die harte Erektion des anderen gelegt und begonnen, daran zu saugen. Zufrieden mit sich selbst, nahm er die Laute des Meisters wahr und begann, seinen Kopf vor und zurück zu bewegen.

Kiyoshi, der aus den Augenwinkeln die haltsuchenden Bewegungen der Hände sah, fing diese mit seinen Pfoten ein und dirigierte sie zu seinem Kopf. Kaum hatten sie seine weichen Kopfhaare ertastet, da krallten die Hände sich auch schon hinein. Der Meister gab einen erschrocken Laut von sich und löste hastig den Griff. Bevor dieser aber die Hände wegziehen konnte, hielt Kiyoshi sie an Ort und Stelle.

»Kiyoshi, bitte. Ich will dir nicht wehtun, lass bitte los«, murmelte der Meister vor sich hin, offenbar kaum mehr fähig, seine Begierde zu zügeln. Jedoch hatte Kiyoshi andere Pläne. Er ließ nicht los und beschleunigte stattdessen seine rhythmischen Bewegungen mit dem Kopf. Mit einem prüfenden Blick sah er, dass die Atmung des Meisters unregelmäßiger wurde. Mittlerweile stöhnte und keuchte dieser gefangen in seiner Lust. Erneut griffen die Hände nach Kiyoshis Haaren und begannen ihn zu führen.

Eine Pfote ließ Kiyoshi zum Hoden des Menschen wandern und knetete diesen sanft, mit der anderen ließ er nun die Hände los und streichelte dem Meister über die Innenseite seines Beines.

Unter dieser Behandlung stöhnte sein Freund laut auf. Dann zuckte dessen Becken plötzlich vor. Umstandslos ließ Kiyoshi das Geschehen. So langsam verlor der Meister offenbar die Kontrolle. Genau darauf hatte es Kiyoshi abgesehen. Als die Hände des Meisters ihren Griff festigten, lockerte er schnell die Muskeln und ließ sich widerstandslos führen. Er wusste ja von der dominanten Ader des anderen.

Das Erhoffte trat auch in wenigen Stößen ein und der Mensch versenkte sich immer tiefer und heftiger in seiner Maulhöhle. Schnell lockerte Kiyoshi seine Zunge, passte seine Atmung an die Stöße an und ließ das Glied ungehindert in seinen Rachenraum vordringen. Abermals beschleunigte der Meister seine Bewegung und ergoss sich mit einem gedehnten Aufschrei tief in Kiyoshis Rachen. Gierig schluckte er den heißen Samen vollständig. Er ließ es sich nicht nehmen, auch noch den letzten Rest davon aufzunehmen. Die Hände, die seinen Kopf hielten, erschlafften auf einmal und die Knie des Meisters zitterten leicht.

Schwer atmend rang der Meister mit den Worten: »Kleiner, a-alles … in O-ordnung? Habe ich dir wehgetan?«

Kiyoshi ließ nun vom langsam erschlaffenden Glied ab und erhob sich. »Alles gut, Meister. Ich sagte Euch doch, dass ich das letzte Mal nur überrascht war. Jetzt weiß ich ja, wie wild Ihr sein könnt und habe mich angepasst.« Aufreizend leckte er sich über die Lippen und grinste breit. »Es hat mir sehr gefallen. Ihr braucht Euch wirklich keine Sorgen zu machen.«

 

Sichtlich zufrieden mit dieser Aussage beugte der Meister sich vor und gab Kiyoshi einen sanften Kuss. Dabei spürte er wie eine Hand seinen Bauch kraulte, während die andere seinen Schaft umschoss. Nun war er es, der stöhnend den Kuss unterbrechen musste. Sein Meister nutzte die Gelegenheit und knabberte ihm verspielt am Hals. Diese Zärtlichkeit brachte ihn fast um den Verstand.

Dann, er hatte nicht einmal Zeit, um überhaupt zu reagieren, ließ der Meister von seinem Glied ab und schnappte sich seine beiden Pfoten. In einer fließenden Bewegung tauschten sie ihre Positionen und der Meister drückte seine Arme mit einer Hand über seinem Kopf an die Wand. Die andere Hand arbeitete sich über seinen Bauch streichelnd tiefer und umschloss abermals seinen Schaft. In der Zwischenzeit hatte der Meister keinen Augenblick davon abgelassen, kleine Küsse und Bisse auf seinem Hals zu verteilen.

Er spürte, wie die Hand, die sein Glied umschloss, begann sich rhythmisch zu bewegen und Kiyoshi stöhnte voller Lust auf. Er bäumte sich auf und versuchte seine Pfoten zu befreien, doch der Mensch ließ das nicht zu und biss ihm lieber sanft ins Ohr. Das war fast schon zu viel für ihn und er stöhnte noch lauter. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, gefiel es ihm sehr, diesem Mann hilflos ausgeliefert zu sein. Ja, er vertraute ihm und ließ sich immer tiefer in seine Lust hineinfallen.

Es würde nicht mehr lange dauern. Er konnte seinen Höhepunkt schon heranpreschen spüren. Auch der Meister musste das mitbekommen haben und ließ seine Arme los. Auch verlangsamte er die Bewegung seiner Hand und entfernte sich leicht von ihm. Irritiert öffnete Kiyoshi seine Augen, ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er diese geschlossen hatte, und sah gerade noch, dass der Mensch vor ihm in die Hocke gegangen war.

Plötzlich spürte er etwas angenehm Warmes an der Spitze seiner Erektion und verdrehte unwillkürlich die Augen. Er schrie vor Lust laut auf und suchte nach etwas, an dem er sich festhalten konnte. Noch bevor er wusste, wie ihm geschah, breitete sich dieses Gefühl über sein ganzes Glied aus. Irgendwie warm und feucht, schoss es ihm durch den Kopf, aber es war längst zu spät, um einen klaren Gedanken zu fassen. Nur wenige Sekunden, nachdem dieses unglaubliche Gefühl angefangen hatte, kam er mit einem markerschütternden Schrei auf den Lippen.

Sterne tanzten vor seinen Augen und er fühlte sich wie in Watte eingepackt. Am Rande seines Bewusstseins nahm er noch wahr, wie sich seine bis zum Zerreißen angespannten Muskeln lockerten und er einfach an der Wand zu Boden sackte. Starke Arme fingen ihn auf und er wurde auf den Schoß seines Freundes gezogen. Um Atem ringend und völlig erschöpft, gab er sich dem Nachklang seiner Ektase hin. Sanfte Hände streichelten dabei seinen Rücken.

Sein Meister hatte ihm einen geblasen. Ein Mensch hatte einem Wesen einen geblasen! Etwas Undenkbares war geschehen. Aber er hatte jetzt keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, dazu war er einfach viel zu erschöpft. Überglücklich schmiegte er sich an den warmen Körper des Meisters und lächelte selig.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er sich wieder so weit unter Kontrolle, dass er seinen Kopf ein wenig hob, um in das grinsende Gesicht seines Meisters zu sehen.

»Na, mein Kleiner, geht’s wieder? Das scheint dir ja sehr gefallen zu haben, so wie du geschrien hast.«

»Ich … Ihr … seid verrückt«, brabbelte Kiyoshi, noch nicht ganz in der Lage, ordentlich zu sprechen.

Das Grinsen im Gesicht des Meisters wurde breiter und er gab preis: »Verrückt? Ja, nach dir!« Daraufhin gab er ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Aber das genügte Kiyoshi bei Weitem nicht und so eroberte er sich einen richtigen Kuss.

Erst nachdem er genug von den Lippen des anderen gekostet hatte, gestattete er sich selbst, seiner Erschöpfung nachzugeben. Er ließ seinen Kopf sinken und schmiegte sich genießerisch an die muskulöse Brust. Bewusst nahm er jede Kontur der Muskeln wahr und begann gedankenverloren diese mit einer seiner Krallen nachzuzeichnen. Auch der Meister blieb nicht untätig und streichelte ihm mit einer Hand den Rücken, wobei die andere begann seinen Kopf zu kraulen. Kraftlos ließ Kiyoshi die Pfote sinken und genoss diese Behandlung.

Er wurde gekrault, lag in den Armen seines Freundes, welcher ihm gerade den besten Orgasmus seines Lebens beschert hatte und durfte dessen einmaligen verführerischen Geruch in sich aufnehmen. Seine eigene, ganz persönliche Droge. Es ging ihm einfach großartig. Auf einmal setzte ein dumpfes brummendes Geräusch ein, welches seinen Oberkörper leicht vibrieren ließ. Er brauchte einige Sekunden, um festzustellen, dass dieses Geräusch von ihm selbst verursacht wurde. Er schnurrte …

Kiyoshi wusste, dass Katzenwesen so etwas tun konnten, aber er hatte das noch nie getan, oder doch? In seinen Kindheitstagen hatte er geschnurrt, aber das war schon ewig her. Die meisten seiner Art schnurrten nur, wenn sie wirklich glücklich waren und mit sich selbst im Reinen. Seit er eingefangen worden war und als Sklave so viele erniedrigende Dinge tun musste, hatte es nur wenig gegeben, was ihm auch nur einen Hauch von Glück beschert hatte. Innerer Frieden? Wie soll man den inneren Frieden erlangen, wenn man wie ein Gegenstand ohne Emotionen misshandelt wurde und sich einfach nur wertlos fühlte?

Aber nun war alles anders. Sein neuer Meister war nett zu ihm und sorgte sich um sein Wohlbefinden. Ja, dieser Mensch sah in ihm keinen Gegenstand, sondern eine Person. Ein gleichberechtigtes Lebewesen mit Gefühlen und einem eigenen Willen. Und hatte der Meister nicht immer seine Meinung zuerst hören wollen? Hinzu kamen die Liebeserklärung und die vielen Momente, in denen er ihm Wärme und Geborgenheit geschenkt hatte. Das alles hatte ihn verändert.

Ohne es zu wollen, ja, ohne sich selbst darüber im Klaren zu sein, hatten sich erneut einige der seelischen Wunden, die ihm zugefügt worden waren, geschlossen und einige tiefere Schnitte schienen bedeutend kleiner geworden zu sein.

Kiyoshi war nun in der Lage, das Gefühl in seiner Brust zu verstehen. Er liebte diesen Mann. Ja, das war die Wahrheit und diese Erkenntnis wollte er nicht für sich behalten. Allein bei dem Gedanken, was er sagen wollte, beschleunigten sich sein Herzschlag und seine Atmung unwillkürlich.

Der Meister nahm die Veränderung sofort wahr. »Sch, Kleiner, beruhige dich. Keiner tut dir weh. Egal, was du denkst, es ist nicht schlimm. Sch.«

»Ich muss Euch was sagen«, schrie er den Menschen fast schon an. Er wollte es, nein, er musste es sagen. Seine Muskeln spannten sich an und er begann schrecklich zu stottern, während er die Augen krampfhaft geschlossen hielt: »I-ich l-liebe … di… Euch!«

Der Meister ließ ihn ausreden und wartete geduldig. Nachdem das letzte Wort verklungen war, stieß er auf diese Aussage ein erstauntes »Oh« aus.

In seinen Gedanken versetzte Kiyoshi sich selbst eine Ohrfeige. Er konnte diesen einfachen Satz einfach nicht sagen. Er konnte zu seinem Meister nicht dich sagen. Er konnte es einfach nicht. Über ein Jahrzehnt lang war ihm grausam antrainiert worden, wie er einen der Menschen anzusprechen hatte. Anscheinend saßen diese Lektionen einfach zu tief. Er fragte sich, ob er jemals in der Lage sein würde, den Mann, den er liebte, zu duzen.

Gefangen in seinen wirren Gedanken begann er zu schluchzen. »Sch, beruhige dich doch, Kleiner. Sag mir, was dich so belastet«, bat der Meister das zitternde und heulende Bündel auf seinem Schoß.

»Ich kann nicht, kann nicht … sagen … ich … kann nur … Euch sagen«, presste Kiyoshi unter seinem Schluchzen hervor und verlor sich immer weiter in seinen Selbstzweifeln.

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