Gesammelte Gedichte 2

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sieben Siegeln.

Schlägst man es

auf, sieht man

in einen Spiegel.

Spiritualisierung

Wir brauchen eine

Spiritualisierung

aller Lebensbereiche.

Liebe

Lieben heißt:

Sich äußern.

Also äußer Dich,

oder stell wenig-

stens Fragen.

Goethe

Goethe sagte einmal:

Der Mensch kennt nur

sich selbst, wenn er die

Welt kennt. Ein guter Satz.

Joachim Stiller Münster, 2006

Mondenkind

Wahrspruchworte (von und für Rudolf Steiner)

Es sprechen zu den Menschenseelen,

Die Dinge in den Raumesweiten;

Sie wandeln sich im Zeitenlauf.

Erkennend dringt die Menschenseele,

Unbegrenzt von Raumesweiten,

Unbeirrt vom Zeitenlauf,

In das Reich der Ewigkeit.

Was innen ist

Was innen ist,

Das ist da draußen;

Was außen ist,

Das ist da drinnen.

Was oben ist

Was oben ist,

Das ist da drunten;

Was unten ist,

Das ist da droben.

Wie innen, so außen

Wie innen, so außen,

Wie außen, so innen;

Was innen ist,

Das ist da draußen;

Was außen ist,

Das ist da drinnen.

Wie oben, so unten

Wie oben, so unten,

Wie unten, so oben,

Was oben ist,

Das ist da drunten;

Was unten ist,

Das ist da droben.

Der Weg

Das Licht, es leuchte in Deinem Denken,

Die Liebe erwärme Dir Dein Fühlen,

Der Wille, er gebe Dir die Kraft,

Und Du hast den Weg in die Ewigkeit,

Zur Hälfte bereits geschafft.

Der Weg II

Das Licht scheine im Denken,

Die Liebe erwärme das Fühlen,

Der Wille gebe Dir die Kraft,

Die dann auch das Böse schafft.

Weisheit

Trag Weisheit tief im Herzen,

Das Herz in dem Verstand;

Dann hältst Du alle Zeiten,

Die Welt in Deiner Hand.

Sonne

Trag Sonne tief im Herzen,

Das Herz in dem Verstand;

Dann hältst Du alle Zeiten,

Die Welt in Deiner Hand.

Die fette Ecke (für die Ärzte)

Ich schrieb ihr einen Liebesbrief,

Mit Rosenduft, sogar,

Und nach einer Woche,

Waren wir ein Paar:

Die fette Ecke.

Worte und Taten

Durch Dein Handeln,

Kannst Du wandeln;

Durch Dein Reden,

Beglückst Du jeden;

Denn Dein Denken,

Will uns beschenken.

Worte und Taten II

Im Handeln bist Du Einzelmensch,

Im Reden bist Du vom Volk ein Teil,

Im Denken bist Du der Menschheit Heil.

Blut, ein ganz besonderer Saft

Es gibt im Werk

Von Steiner einen

Zentralen Vortrag:

Blut, ein ganz

Besonderer Saft.

Es gibt tatsächlich

Eine Ätherisation

Des Blutes.

Seelenleid

Auch ich habe

Woche um Woche

Weinen müssen.

Auch ich weiß,

Was es heißt,

Wenn Herz und

Bauch und Luft

Wegbleiben.

Zwei Gralsimpulse

Zwei Gralsimpulse müssen in die

Menschheit getragen werden:

Der Impuls des Sozialismus.

Und der Impuls eines gänzlich

Neuen und lebendigen Denkens.

Gralsweise

Der Orient muss den Gedanken

Des esoterischen Christentums

In sich aufnehmen,

Der Okzident den Gedanken

Der Wiedergeburt.

Das ist eine Gralsweise.

Soziale Katastrophen

In dem Moment, wo die Menschen

Dem Genius des Zeitalters eine

Absage erteilen, tritt an seine Stelle

Unweigerlich der Dämon des Zeitalters.

Lass die Sonne

Nun lass die Sonne endlich scheinen,

Lass Licht und Wärme in Dein Herz;

Es macht kein‘ Sinn, so lang zu weinen,

Bald vergisst Du diesen Terz.

Soziale Kälte

Wir müssen die soziale Kälte,

Im Lande überwinden;

Wir müssen im sozialen Zelte,

Uns bald zusammenfinden.

Was auch passiert

Was auch passiert,

Ich bin ein Teil von Dir;

Was auch passiert,

Du bist ein Teil von mir.

Liebesgedicht

Ich hab das Gedichtchen

Der Liebe gereimt,

Auf immer und ewig

Sind wir zwei vereint.

Erinnerungen (von und für W. Trevor)

An den Tod

seiner Eltern

könne er sich

nicht erinnern,

sagt er, da er

damals erst

fünf Monate

alt gewesen

sei.

Vom Erwachen (von und für Max Aub)

Auf einmal

ist es. Da.

Sprudelt hervor,

zerreißt die

Schleier zarten

Schlafes im

milden Morgen-

grauen. Alles,

wie es war.

Die Nacht

Und glaub es mir wirklich,

Wenn ich es Dir sag:

Die Nacht hat zwölf Stunden,

Dann kommt schon der Tag.

Mackie Messer

Und der Haifisch,

Der hat Zähne,

Und die trägt er,

Im Gesicht;

Doch Mackie, der,

Hat ein Messer,

Und das Messer,

Sieht man nicht.

Magie

Rot ist das Feuer der Liebe,

Blau das Gift der Freiheit;

Die ganze Welt ist magisch,

Darum praktiziere ich nicht.

Fahne

Ich habe mir sechs Tugenden

Auf meine Fahne geschrieben:

Gerechtigkeit, Toleranz und Geduld,

Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit,

Und nicht zuletzt Zuverlässigkeit.

Ein Rätsel

Die Welt ist Täuschung,

Die Welt schläft noch.

Die Welt ist Nacht.

Mitten in der Nacht

Bin ich erwacht,

Und habe die Nacht

Zum Tage gemacht.

Ein Traum nur.

Ich schlief mit offenen Augen,

Und der Schlaf war mir Inspiration.

Der Herr spricht: Niemand kommt

Zum Vater, denn durch mich.

Niemand geht alleine.

Gott ist ohne Zahl.

Gott ist immerdar.

Gib mir nur dreieinhalb Tage,

Und ich habe für eine Sekunde Zeit.

Die Philosophie der Freiheit

Rudolf Steiner ist einmal gefragt worden, welches seiner Werke den dauerhaftesten Bestand haben würde. Steiner gab zur Antwort: Die Philosophie der Freiheit. Da war wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens. Im Grunde muss die ganze Philosophie der Freiheit heute neu geschrieben werden. Sie ist auch gar keine wirkliche Philosophie. Steiner war auch gar kein Philosoph, er war ein Eingeweihter, der immer nur als Eingeweihter gewirkt und gesprochen hat.

Die Philosophie der Freiheit hat genau zwei Teile, eine erkenntnistheoretischen und einen gestaltungspraktischen. Beide sind aber nur ein Torso geblieben. In jedem Fall hätte Steiner nicht von moralischer Phantasie und moralischer Technik sprechen sollen, sondern von sozialer Phantasie und sozialer Technik. Dieses genau ist es, was die Welt heute so dringend braucht, einen gänzlich neuen christlichen Sozialimpuls.

Mein Freund, der Chaot

Er klaut, nur um Dich zu ärgern,

Er lügt, nur um sich zu profilieren,

Er prahlt, was das Zeug hergibt,

Er ist jenseits von Gut und Böse,

Aber er kann dir doch niemals

Das Wasser reichen.

Mantra

Gott genügt sich selbst,

Aber Gott ist immerdar.

Streben

Seit vierzig Jahren habe ich

Nur von der Sozialhilfe gelebt,

Und doch habe ich immer

Nach höheren Dingen gestrebt.

Große Ereignisse

Die Fußball-WM

Ist nun endlich

Zuendegegangen;

Große Ereignisse

Werfen ihre Schatten

Unter die Ränder.

Ich will nicht mehr

Ich will nicht mehr,

Und kann auch nicht;

Nichts hat für mich,

Da noch Gewicht;

Ich werde dieses Leben missen,

Und die Welt heut nacht verlassen.

Heut nacht

Ich werde diese Welt verlassen,

 

Und in die Kabelleitung fassen.

Los

Los, lass Deine Hosen runter,

Denn sonst werde ich nicht munter;

Wir ficken, bis die Schwarte kracht,

Das hat am Ende es gebracht.

Ungesund

Mir kommen fast die Tränen,

Ich muss es mal erwähnen:

Ja, Du bist so ungesund,

Darum schließe Deinen Mund.

Menschen aller Länder

In der Historie der Weltgeschichte gehen alle

Menschen nur gemeinsam. Niemand geht alleine.

Darum reicht Euch alle die Hände und versammelt

Euch unter dem sozialen Zelt.

Out of space

Ich seh‘ die Erde, sie lebt,

Ich seh’ die Zeit, wie sie webt,

Ich bin weit, weit, Out of space.

Mir ist egal, wie’s Euch geht,

Da Ihr Euch selbst nicht versteht,

Ich bin weit, weit, out of space.

Ruach

Valachen,

Mal lachen,

Ruh Achim.

Känguruh

Ich wollt,

ich wär ein

Känguruh,

dann hätt

ich endlich

meine Ruh.

Es gibt

Es gibt mehrere,

verschiedene,

unterschiedliche

Menschenbilder.

Schlafes Bruder (von und für Robert Schneider)

Das ist die Geschich-

te des Musikers

Johannes Elias Alder,

der zweiundzwanzig

jährig sein Leben zu

Tode brachte, nachdem

er beschlossen hatte,

nicht mehr zu schlafen.

Die Sterne

Die Sterne

Sind auch da,

wenn wir sie

nicht sehen.

Die Erscheinung Gottes

Der Vater will die Sonne sein,

Der Sohn ist wie der Augenschein,

Der Geist ist wie ein Spiegle, nur,

Die Weisheit folgt der Traumesspur.

Hodenroden

Ich sitze auf dem Hosenboden,

Und rode meinen dicken Hoden;

Gelegenheit macht Diebe, nur,

Bin ich allein, und bleibe stur.

Vierheit

Es gibt eine niedere

und eine höhere

Vierheit des Lebens.

Bücher

Ich lese meine Bücher,

Und kann sie nicht mehr missen;

Ohne Bücher kann ich nicht,

Muss ihr Geheimnis wissen.

Schwarze Sonne, roter Mond

Schwarze Sonne, roter Mond,

Der über allen Wipfeln thront;

Schwarzer Sinn und roter Wille,

Führen uns in Gottes Stille.

Mit Pfefferminz (für Marius)

Glaubst Du an den lieben Gott,

Oder an die Wahrheit?

Ich glaube an die Deutsche Bank,

Denn die zahlt aus, in Bar.

An einem Tag wie diesem (von und für Peter Stamm)

Andreas liebte

die Leere des

Morgens, wenn

er am Fenster stand,

eine Tasse Kaffe

in der einen, ein

Zigarette in der anderen Hand,

und auf den Hof

hinausschaute,

den kleinen auf-

geräumten Hinter-

hof, und an nichts

dachte, als an das

was er sah.

Was nötig ist

Es ist nichts weiter erforderlich,

als dass die kapitalistischen

Unternehmen in gemeinnützige

Stiftungen umgewandelt werden.

Nur so können die drei Krankheits-

herde des Kapitalismus überwunden

werden, und der Materialismus- Ego-

ismus löst sich in Wohlgefallen auf.

Der neue christliche Sozialimpuls

Die Menschen müssen heute den neuen

christlichen Sozialimpuls in sich auf-

nehmen. Genau genommen wollen sie

Doch auch soziale Verantwortung über-

nehmen. Dazu brauchen sie aber soziale

Phantasie und soziale Technik.

Verloren

Ich beiße in die Kissen,

Denn ich muss Dich missen;

Frau, Du bist auf weiter Flur,

Und so verlor ich Deine Spur.

Glück

Ich habe Dich verloren,

Doch wir sind verschworen;

Bitte komm zu mir zurück,

Denn Du bist mein größtes Glück.

Traum

Ich habe einen großen Traum

Von einer bess’ren Welt,

In der die Menschen finden sich

In dem sozialen Zelt.

Arbeitszeitverkürzung

Wir brauchen

Arbeitszeit-

verkürzung statt

Lohnerhöhung.

Wir brauchen

Arbeitszeit-

verkürzung in

Höhe des realen

Wachstums.

Das alleine ist

sozial.

Menschlichkeit

Begegne dem Menschen

wie einem Menschen,

und er begegnet Dir

auch wie einem Menschen.

Angriffe

Das Leben hat Höhen und Tiefen,

aber am Schlimmsten sind die

immer wiederkehrenden

Angriffe schwarzer Magie.

Nenn es Schicksal, nenn es Fluch –

wenn Du am Boden lebst

und Deinen Geist nicht in die

Höhe hebst, gehen die Flüche

spurlos an Dir vorüber,

wenn Du Dich aber

zu geistiger Höhe aufschwingen

willst, wenn Du das himmlisch

Beet bestellen willst, wirst Du zur

Zielscheibe schwarzmagischer Angriffe.

Und sie treffen Dich – unweigerlich.

Zufall

Ich glaube nicht an den Zufall.

Wenn etwas als Zufall erscheint,

Ist es in Wahrheit entweder

Schicksal, oder schwarze Magie.

Der Verstand

Hüte Dich vor dem Verstand.

Der Verstand ist ätzend, er

zersetzt alles nur und gibt sich

mancherlei Täuschung hin.

Die Menschen hätten einige

Probleme weniger, wenn sie

etwas weniger Verstand, dafür

aber etwas mehr Vernunft hätten.

Zahlensymbolik

Da sprach ein Lehrer zu mir: Sieh

Dir nur das Yin und Yang an, da

steckt alles drin. Ich aber erwiderte:

Ich halte nichts von solchen Verab-

solutierungen. Nehmen Sie nur die

Zahlen von Eins bis Sieben. Sie können

die Eins zum alles bestimmenden

Prinzip erklären – Sie mögen recht

haben, oder auch nicht. Sie können die

Zwei zum alles bestimmenden Prinzip

erklären, also das Yin und Yang, oder

den Ausgleich der Gegensätze. Sie

können aber auch die Drei, die Vier,

die Fünf usw. zum alles bestimmenden

Prinzip erklären. Für alles lassen sich

Beispiele in den Religionen finden.

Daher bin ich als Zahlenmystiker

niemals festgelegt.

Die Schlange

Die Schlange auf der Erde liegt,

Wo sie sich ganz sicher wiegt;

Weckt sie nicht, eh sie sich regt,

Ich hab mich in ihren Schatten gelegt.

Trisomie 21

Trisomie 21

ist noch nicht

überwunden.

Wozu auch?

Wozu auch?

Herbst

Reisig unter meinen Füßen,

Knistern unter jedem Tritt;

Ach, der Herbst will mich begrüßen,

Nimmt mich in die Wälder mit.

Reiselust

Wenn einer eine Reise tut,

Dann kann er was erzählen;

Ich hab zu einer Reise Lust,

Und will es nicht verhehlen.

Traum

Ich habe einen Traum:

Dass sich alle Menschen

in brüderlicher Liebe

begegnen.

Sindbad

Sindbad fand einmal ein Stück,

Von dem reinen Golde;

Dieses war ein größtes Glück,

Denn er stand im Solde.

Abschied

Ach, was wollte ich noch sagen,

Doch ich bin nicht so beschlagen;

Ihr meine Liebe zu gestehn,

Drum, leb wohl, auf Wiedersehn.

Erkenntnis

Inzwischen habe ich erkannt,

Und sag es unumwunden:

Ich bin trotz der Arbeit abgebrannt,

Hab mich umsonst geschunden.

Wicht

Eines muss ich mir verbitten,

Dass Du schaust in mein Gesicht;

Denn Du bist, ganz unbestritten,

Nur ein jämmerlicher Wicht.

Ich hab gelebt

Ich bin ein armer Stubenhocker,

Bin ein Grufti und ein Rocker;

Innerlich noch jung geblieben,

Habe ich es wild getrieben.

Das rosa Schwein

Es war einmal ein rosa Schwein,

Das wollte eine Henne sein;

Es turnt herum, Du glaubst es kaum,

Auf des Bauers Gartenzaun.

Das Schwein, es klettert immer weiter,

Auf der langen Hühnerleiter;

Und setzt sich neben Hilde, nun,

Unser Eierlegehuhn.

Ich bin ein Huhn, sprach da das Schwein,

Und will Deine Freundin sein;

Freunde, für ein ebne lang,

Begann das Huhn den Lobgesang.

Von der Hand in den Mund

Ich bin, wie immer abgebrannt,

Doch hab ich alles in der Hand;

Eines Tages, wirst schon sehn,

Wird’s mir wieder besser gehn.

Geduld

Nun hab doch etwas mehr Geduld,

Auf Deinem langen Weg ins Licht;

Dein Streben ist doch längst okkult,

Mehr als dieses braucht es nicht.

Gerede

Wir brauchen eine gänzlich neuen,

christlichen Sozialimpuls;

Alles andre ist Gerede,

ist Gefasel und Geschwulst.

Mondschein

Als Marili erwachte,

schien der Mond hell

uns klar durch das Fenster,

und verbreitete seinen

Silberglanz über alle

Möbel des Zimmers

Strom

Der Strom

fließt durch

die Drähte,

wie das

Wasser durch

die Rohre.

Definition (für Erich Fried)

Ein Stein, der fällt,

und der weiß, dass er fällt,

und der sagen kann, dass er weiß,

dass er fällt, wie ein Stein,

ist ein Mensch.

Epilog (von und für Bertolt Brecht)

Und nun stehn wir da,

Und sehn betroffen,

Den Vorhang zu,

Und alle Fragen offen.

Joachim Stiller Münster, 2006/07

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