Die Kunst des Krieges - Psychologie der Massen - Wege zu sich selbst - Der Fürst

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KAPITEL 4 Abhandlung über den Einsatz


Kapitel 4

Abhandlung über den Einsatz

Sunzi sprach:

Die guten Feldherren des Altertums sorgten zuerst dafür, selbst nicht besiegt zu werden und warteten, bis sie den Feind besiegen konnten. Es liegt in unserer Hand, nicht besiegt zu werden, doch die Gelegenheit den Feind zu besiegen, liefert er uns selbst. Deshalb heißt es, zu wissen wie man siegt, ohne selbst in der Lage dazu zu sein.

Wer nicht siegen kann, schützt sich und wer siegen kann, greift an. Sich selbst zu schützen bedeutet Kräfte zu sparen, anzugreifen hingegen über zu wenige zu verfügen[7]. Die guten Feldherren des Altertums verstanden sich auf den Schutz und die Verteidigung, sie verbargen sich in allen neun Himmelsrichtungen[8] und stürzten dann von allen Seiten kommend auf den Feind hernieder, sodass ihr eigener Schutz gewährleistet und der vollkommene Sieg errungen werden konnte.

Betrachtet man den Sieg als solchen näher, ist er nichts besonderes, das über das Wissen des normalen Mannes hin­ausgeht. Wer kämpft und siegt wird im ganzen Reich als gut bezeichnet, doch auch das ist nichts besonderes. Es gehört nicht allzu viel Kraft dazu, ein ausgefallenes Tierhaar im Herbst aufzuheben; und Sonne und Mond zu sehen, zeugt nicht unbedingt von scharfen Augen, ebenso wenig wie das Hören des Donners nicht auf ein gutes Gehör schließen lässt. Wer mit Leichtigkeit siegt, wird als ein Feldherr bezeichnet, der etwas von seinem Handwerk versteht. Wenn ein guter Feldherr eine Schlacht anführt, wird der Sieg nichts Außergewöhnliches sein, und weder von Ruhm noch von Tapferkeit oder Geschicklichkeit zeugen. Da dessen Sieg ohne Makel ist und er weiß, wie der Sieg zu erringen ist, bedeutet der Sieg nichts anderes als einen bereits geschlagenen Feind zu überwältigen. Der erfahrene Feldherr steht fest auf unzerstörbarem Grund und lässt keine Gelegenheit aus, den Feind zu vernichten. Die siegreiche Armee siegt zuerst und kämpft danach, die geschlagene Armee kämpft zuerst und sucht danach den Sieg zu erringen. Der gute Feldherr vervollkommnet den moralischen Weg und hütet das Gesetz, und ist deshalb in der Lage, Sieg und Niederlage richtig einzuschätzen.

Im Krieg gibt es fünf Taktiken, die zu beherzigen sind:

•Abmessen des Terrains

•Einschätzen der Kapazität der Bevölkerung

• Berechnen der Anzahl der Soldaten

•Vergleich zwischen den Armeen

•Berechnung von Sieg und Niederlage.

Das Terrain ist abzumessen, woraus sich die Kapazität, das heißt die Bevölkerungszahl, ergibt, aus der wiederum die Anzahl der Soldaten errechnet wird, die mit der des Feindes zu vergleichen ist. Werden diese vier Faktoren berücksichtigt, ist ein Sieg vorhersehbar. Aus diesem Grund ist die siegreiche Armee mit einem Yi[9] gegenüber einem Zhu[10] auf der Waagschale zu vergleichen. Die geschlagene Armee hingegen kommt einem Zhu gegenüber einem Yi gleich. Den Sieg abzuwägen bedeutet, dass die siegende Armee wie Wasser ist, das in eine tiefe Schlucht stürzt. Das ist der Einsatz der eigenen Kapazitäten.

KAPITEL 5 Kraft


Kapitel 5

Kraft

Sunzi sprach:

Viele Soldaten zu leiten ist nicht anders als wenige zu führen, es ist alles eine Frage der richtigen Aufteilung ihrer Anzahl. Ob man mit vielen oder wenigen Soldaten kämpft, ist unerheblich, wichtig sind die Formation, die Kennzeichnung mit Standarten und die richtigen Signale. Eine große Armee kann dem Feind ohne Niederlage widerstehen, indem sie zum offenen Angriff übergeht und gleichzeitig überraschend aus dem Hinterhalt angreift. Der richtige Einsatz der Soldaten wirkt wie ein Schleifstein, der auf eine Eierschale trifft, es ist das Prinzip von leer und voll.

Allen Schlachten ist zu Eigen, dass die Armeen aufeinandertreffen, doch der Sieg wird durch den Überraschungsangriff entschieden. Wer sich auf die Kriegführung versteht, baut auf der Überraschungstaktik auf, wodurch die Kräfte der Armeen unerschöpflich werden wie Himmel und Erde und nicht zur Neige gehen wie Flüsse und Meer. Diese Angriffe enden und beginnen von Neuem wie Sonne und Mond, es ist ein Sterben und Wiederauferstehen, gleich den vier Jahreszeiten. Es gibt nur fünf Töne, doch durch verschiedene Kombinationen entstehen mehr Klänge, als man jemals hören kann. Es gibt nur fünf Farben, doch indem man sie mischt, bieten sie eine Vielfalt an Schattierungen, die das Auge nicht alle erfassen kann. Die Geschmacksrichtungen sind nicht mehr als fünf, doch die unterschiedliche Zusammensetzung erschafft so viele Nuancen, dass man sie nicht alle kosten kann. In der Schlacht und im Krieg gibt es nur die Situation des offenen und des verdeckten Kampfes, aber in Kombination liefert er ungeahnte Möglichkeiten. Der verdeckte und der offene Kampf bedingen sich gegenseitig, sie sind wie ein fortwährender Kreislauf ohne Anfang und Ende, wie sollten sie sich jemals erschöpfen?

Die Geschwindigkeit des Wassers kann Steine hinwegspülen, das ist Kraft. Das Herabstoßen eines Raubvogels, um sein Opfer zu vernichten, das ist Entschlossenheit. Wer sich gut auf den Kampf versteht, prüft seine Kraft und fällt eine sofortige Entscheidung. Kraft ist wie das Spannen der Armbrust, Entscheidung ist das Auslösen des Mechanismus, den Pfeil abzuschießen.

Im heillosen Durcheinander des Kampfgetümmels scheint nur Chaos zu herrschen und es ist dennoch kein Chaos. Inmitten des scheinbaren Durcheinanders muss das Heer ohne Anfang und Ende erscheinen, und es wird nicht besiegt werden. Chaos zu verursachen und es zu beherrschen, Ängstlichkeit vorzutäuschen und dennoch tapfer zu sein, Schwäche vorzutäuschen und dabei stark zu sein, sind die Listen des guten Kriegers. Das Chaos zu beherrschen ist auf vielerlei Weise möglich. Tapferkeit hinter Feigheit zu verstecken, ist ein Zeichen der inneren Kraft, Stärke hinter Schwäche zu verbergen, ist der äußere Schein, um den Feind zu täuschen.

Wer sich darauf versteht, den Feind in Bewegung zu halten, nutzt den äußeren Schein, damit der Feind dieser Täuschung folgt. Er gaukelt dem Feind eine leichte Beute vor, damit dieser zuschlägt, um sie sich zu holen. Der kluge Feldherr hält den Feind auf Trab, indem er ihm vermeintliche Vorteile aufzeigt, er selbst aber mit seinen Männern auf der Lauer liegt und den richtigen Zeitpunkt abwartet.

Deshalb ist der kluge Feldherr um Kraft bemüht und handelt nicht auf Kosten des Einzelnen, er sucht instinktiv die richtigen Männer aus und überträgt ihnen Verantwortung. Männer mit Verantwortung walzen im Kampf den Feind nieder wie unaufhaltsam rollende Steine oder Baumstämme. Ein Fels oder Baumstamm ist ungefährlich in der Ruhe, aber gefährlich, sobald er in Bewegung gerät. Eckiges kann aufgehalten werden, aber Rundes bewegt sich unentwegt weiter. Gute Kämpfer sind deshalb wie eine Gerölllawine, die unaufhaltsam den Berghang hinunterstürzt. Das ist Kraft.

KAPITEL 6 Wahrheit und Unwahrheit


Kapitel 6

Wahrheit und Unwahrheit

Sunzi sprach:

Wer sich zuerst auf dem Schlachtfeld einfindet und dort auf den Kampf mit dem Feind wartet, ist gerüstet, wer als zweiter auf dem Schlachtfeld eintrifft, muss sich sputen und anstrengen. Ein guter Feldherr weiß, wie er dem Feind seinen Willen aufzwingen kann und lässt sich vom Feind nicht beherrschen. Wenn der Feind nach seinem Plan handelt, ist er im Vorteil, ist er dazu nicht in der Lage, gereicht ihm das zum Nachteil.

Sobald der Feind sich ausruhen will, kann er ihn in Schwierigkeiten bringen, und wenn er seine Vorräte verbraucht hat, kann er ihn aushungern. Tauche an verschiedenen Stellen auf, sodass der Feind dorthin eilen muss. Eine Armee kann furchtlos 1.000 Meilen durch ein Gebiet marschieren, in dem sich kein Feind befindet. Greife die Stellen des Feindes an, die ungeschützt sind, und du wirst Erfolg haben. Der eigene Schutz muss stark sein, selbst dort, wo kein Angriff zu erwarten ist. Bei einem guten Angreifer weiß der Feind nicht, wo er sich verteidigen soll und bei einem guten Verteidiger weiß der Feind nicht, wo er angreifen soll. Das Geheimnis liegt darin, sich möglichst unsichtbar zu machen und keinen Laut von sich zu geben, um dann das Schicksal des Feindes in die eigene Hand zu nehmen. Rücke dort vor, wo der Feind keine Abwehr hat und zieh dich zurück, wenn er dich nicht verfolgen kann, und sei fern, sodass er dich nicht erreicht. Wenn ich Krieg führen will, selbst wenn der Feind sich hinter hohen Palisaden oder in einer tiefen Schlucht verschanzt hat, kann ich ihn zum Kampfe zwingen, indem ich ihn dort angreife, wo er sich retten muss. Wenn ich aber nicht kämpfen will, kann uns der Feind keinen Kampf aufzwingen, selbst wenn wir unsere Verteidigungslinie nur auf der Erde eingezeichnet haben, denn ich lenke ihn in eine falsche Richtung.

Ich bin unsichtbar, der Feind aber sichtbar, ich bin konzentriert, der Feind aber unaufmerksam. Ich bin gesammelt und daher eins mit meiner Armee, der Feind aber ist zerstreut und an zehn Punkten gleichzeitig, sodass es beim Angriff zehn gegen eins steht. Wir sind in der Überzahl und der Feind ist unterlegen, sodass viele die wenigen besiegen können und dann greife ich dort an, wo er uns nicht erwartet. Der Feind wird an vielen Stellen versuchen vorbereitet zu sein, ich aber greife nur an wenigen an. Indem er seine Vorhut ausrüstet, vernachlässigt er die Nachhut, und wenn er die Nachhut verstärkt, vernachlässigt er die Vorhut. Verstärkt er die linke Flanke, schwächt er gleichzeitig die rechte, und verstärkt er die rechte Flanke, muss er von der linken Flanke Soldaten abziehen. Indem er alle Seiten verstärken will, schwächt er alle. Unterlegen ist, wer sich auf allen Seiten vorbereiten will, überlegen ist, wer sich die Vorbereitung des Feindes zunutze macht.

 

Wenn ich den Tag und den Ort der Schlacht kenne, kann ich 1.000 Meilen marschieren und kämpfen. Wenn ich jedoch weder Ort noch Zeitpunkt weiß, kann die Vorhut der Nachhut nicht zu Hilfe eilen und die Nachhut ist nicht in der Lage der Vorhut beizustehen, die linke Flanke kann die rechte nicht unterstützen und umgekehrt. Noch schlimmer wird es, wenn die Truppenteile ein Dutzend Meilen ausein­ander sind, oder auch nur ein paar Meilen.

Nach meiner Berechnung sind die Soldaten von Yue zwar zahlenmäßig überlegen, doch das entscheidet nicht über Sieg oder Niederlage. Der Sieg kann dennoch errungen werden! Wenn der Feind zahlenmäßig überlegen ist, muss ein Kampf vermieden werden.

Wir bringen den Feind dazu seine Pläne offenzulegen, damit wir deren Schwächen erkennen. Wir zwingen ihn seinen Grund für Aktivität und Passivität preiszugeben. Wir bringen ihn dazu sich zu erkennen zu geben, um zu wissen, wo er leben und sterben wird. Wir reizen ihn, um zu wissen, wo seine Schwachstellen und Stärken sind. Die höchste Kunst des Kriegers besteht darin unsichtbar und formlos zu sein, sodass auch der feindliche Spion tief in den eigenen Reihen nichts ausspähen und der Klügste nichts ahnen kann. Da du den Feind kennst, kannst du eine Überzahl besiegen, und jeder weiß, wie ein Sieg auszusehen hat, was aber der gemeine Mann nicht weiß, ist dass du selbst die Form des Sieges bestimmt hast. Der Sieg in einer Schlacht ist immer einmalig und kann nicht in der gleichen Form wiederholt werden, sondern muss den unendlich verschiedenen Bedingungen angepasst werden.

Ein gutes Militär gleicht dem Lauf des Wassers, der die Höhe meidet und rasch in die Tiefe führt. Im Krieg ist es besser, die Realität zu verbergen und stattdessen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen anzugreifen.

Der Lauf des Wassers wird durch die Erdformation bestimmt, der Sieg über den Feind wird errungen, indem man ihn kontrolliert. Der Krieg passt sich den Situationen und Bedingungen an, so wie Wasser keine bestimmte Form hat. Wer sich dem Feind anpassen kann, ist in der Lage, sich den Sieg zu holen und hat den Geist des Krieges begriffen. Die fünf Elemente bestehen stets nebeneinander und die vier Jahreszeiten lösen einander im Rhythmus ab. Es gibt kurze und lange Tage, und der Mond nimmt ab und zu.

KAPITEL 7 Die Schlacht


Kapitel 7

Die Schlacht

Sunzi sprach:

Es ist eine allgemeine Regel, dass im Krieg der General die Befehle des Herrschers empfängt, die Truppen versammelt und zu einem Heer zusammenführt, dass Allianzen geschlossen und wieder aufgegeben werden. Doch nichts ist so schwierig wie die Schlacht selbst. Die Schwierigkeit der Schlacht liegt darin, das Krumme in Gerades und den Schaden in Vorteil zu verwandeln. Nimm einen gewundenen Weg und nutze ihn zu deinem Vorteil. Sei hinter dem Feind, aber komme als Erster an. Das ist das Wissen, wie man sich Gewundenes und Gerades zunutze macht.

Die Schlacht bedeutet Gewinn, aber auch Risiko. Du magst dein Heer in die Schlacht führen, um dir einen Vorteil zu sichern, und hast dennoch keinen Erfolg. Du schickst dein Heer in die Schlacht für einen Vorsprung zu kämpfen und riskierst dabei, dass deine Versorgungswagen schwere Verluste erleiden. Wenn du deiner Armee befiehlst, die Rüs­tungen zu schürzen, Tag und Nacht einem Vorteil ohne Rast hinterherzujagen, die doppelte Wegstrecke zu bewältigen und 100 Meilen in kürzester Zeit zurückzulegen, nur um dir einen Vorteil zu verschaffen, ist es für den Feind ein Leichtes, sich drei deiner Generäle zu bemächtigen. Die zähesten Männer sind in der Vorhut und die schwächsten in der Nachhut. Als Folge davon wird nur ein Zehntel deiner Armee ankommen. Marschierst du 50 Meilen, um für einen Vorsprung zu kämpfen, bringst du den obersten Heerführer zum Straucheln und nur die Hälfte wird ankommen. Marschierst du 30 Meilen, um für einen Vorteil zu kämpfen, werden nur zwei Drittel deiner Soldaten ankommen. Deshalb ist eine Armee ohne Nachschub und Versorgung zum Scheitern verurteilt, ohne Proviant zum Untergang und ohne Aufgaben und Verantwortung zum Verderben.

Deshalb solltest du keine Allianz eingehen, wenn du die Pläne und Absichten der anderen Fürsten nicht kennst. Wer nicht weiß, wo Berge und Wälder liegen, die Gefahren und Hindernisse der Route nicht kennt und Sümpfe und Marschland nicht unterscheiden kann, sollte keine Armee anführen. Wer keine einheimischen Führer einsetzt, kann die Beschaffenheit des Terrains nicht kennen. Krieg beruht auf Täuschung, Vorteil auf Bewegung, geteilt und vereint sein auf Veränderung. Sei schnell wie der Wind, und verharre ruhig wie der Wald, sei wie das Feuer, wenn du beim Feind einfällst und plünderst. Sei unbeweglich wie ein Berg. Sei schwer zu fassen wie ein Schatten, und sei schnell wie ein Blitz. Wenn du plünderst, verteile die Beute unter deinen Soldaten und wenn du dein Gebiet erweiterst, teile den Gewinn. Wäge die Macht genau ab, bevor du einen Zug machst. Dem gebührt der Sieg, der Krummes und Gerades zu nutzen weiß. So werden Schlachten geführt.

Im Buch Armee und Angriff [11] heißt es: »Wenn Worte nicht zu hören sind, nimm Trommeln und Gongs. Wenn man sich gegenseitig nicht sehen kann, nimm Banner und Standarten.« Trommeln und Gongs sind wie die Ohren der Soldaten, Banner und Standarten wie ihre Augen. Die gesamte Armee muss konzentriert und in sich geschlossen sein, sodass der Mutige es nicht wagen wird, allein vorzurücken und der Ängstliche sich allein zurückzuziehen. Das ist die Regel für die Armee.

Beim Kampf in der Nacht kommen Fackeln und Trommeln zum Einsatz, bei der Schlacht am Tage viele Standarten und Banner, um die Augen und Ohren des Feindes zu verwirren. Das kann dazu führen, dass das Heer seinen Kampfgeist verliert und der Heerführer seiner Geistesgegenwart beraubt wird. Am Morgen ist der Kampfgeist noch wach, mittags wird er träge und am Abend ist er abgestumpft. Ein kluger Taktiker vermeidet den Kampf, wenn der Kampfgeist des Feindes noch ausgeprägt ist, er greift an, wenn er träge und abgeschlagen ist. Das ist der richtige Umgang mit dem Kampfgeist.

Mit Disziplin tritt der weise Feldherr dem Chaos entgegen und mit Ruhe dem Tumult. Das ist die Beherrschung des Geistes. Mit Nähe begegnet er der Ferne und mit Gelassenheit der Anstrengung, Hunger begegnet er mit Mengen an Nahrung und damit meistert er die Situation. Er stört nicht die wohlfeile Ordnung der Banner und greift keine geordneten Schlachtformationen an. Das heißt sich verändernde Situationen zu beherrschen.

Wer Krieg richtig zu führen weiß, richtet seine Truppen nicht gegen einen Feind auf hohem Gelände noch gegen einen Feind, in dessen Rücken sich bergiges Gelände befindet. Verfolge keinen Feind, der vorgibt zu fliehen, greife keine Armee an, deren Kampfgeist wach ist. Schlucke keinen Köder, den dir der Feind vorwirft und wenn du den Feind umzingelst, lass ihm einen Durchgang, nähere dich keinem Feind, der in Bedrängnis ist. Das ist die richtige Methode Krieg zu führen.

KAPITEL 8 Die neun Anpassungen


Kapitel 8

Die neun Anpassungen

Sunzi sprach:

Wird Krieg geführt, erhält der General einen Befehl seines Herrschers, woraufhin er seine Truppen versammelt und eine Armee bildet. Er schlägt sein Lager nicht auf schwachem Grund auf und vereint sich mit seinen Verbündeten auf offenem Gelände. Er hält sich nicht in einem gefährlichen Gebiet auf. Befindet er sich auf einem geschlossenen Terrain, berät er sich und auf totem Gelände zieht er in die Schlacht. Es gibt Wege, die er nicht nimmt und es gibt Armeen, die er nicht angreift. Es gibt umwallte Städte, die er nicht attackiert und es gibt Gelände, auf dem er nicht kämpft. Es gibt Befehle des Herrschers, denen er nicht Folge leistet. Ein General, der die Vorteile der neun Anpassungen an das Gelände begriffen hat, weiß wie man Krieg führt. Ein General, der den Vorteil der neun Anpassungen nicht verstanden hat, kann den Vorteil des Terrains nicht nutzen, selbst wenn er die Formation des Geländes kennt. Ein General, der den Krieg beherrschen will, aber die Kunst der neun Anpassungen nicht verstanden hat, kann seine Soldaten nicht richtig einsetzen, selbst wenn er fünf Vorteile weiß.

Deshalb müssen die Überlegungen eines weisen Generals Vorteile und Nachteil mit einbeziehen. Berücksichtigt er die Vorteile, kann er seine Aufgabe vertrauensvoll erfüllen. Wenn er die Nachteile bedenkt, sucht er eine Lösung für Probleme.

Nur so kann er die feindlichen Fürsten durch Schaden in die Knie zwingen und sie wie Sklaven behandeln, indem er sie ständig beschäftigt. Mit einem winkenden Gewinn treibt er die Fürsten zur Eile an.

Beherrscht er die Kriegskunst, verlässt er sich nicht darauf, dass der Feind nicht kommt. Er verlässt sich auf sich selbst und ist auf den Feind vorbereitet. Er verlässt sich nicht auf einen Angriff, der nicht stattfindet, sondern darauf, dass er selbst nicht angegriffen werden kann.

Für einen General gibt es fünf Gefahren. Ist er todesmutig, kann er leicht getötet werden. Hängt er zu sehr am Leben, ist er leicht gefangen zu nehmen. Ist er von aufbrausendem Temperament, kann er schnell beleidigt werden. Ist er zu ordentlich und zu aufrichtig, fühlt er sich schnell entehrt und ist er zu besorgt um seine Männer, ist er leicht in Schwierigkeiten zu bringen. Diese fünf Eigenschaften können, wenn ein General sie übertreibt, im Krieg zu einer Katastrophe führen. Wird die Armee überwältigt und der General wird getötet, dann nur aufgrund dieser fünf genannten Eigenschaften. Deshalb ist größte Vorsicht angebracht.

KAPITEL 9 Schlachtposition beziehen


Kapitel 9

Schlachtposition beziehen

Sunzi sprach:

Das Heer kann praktisch an allen Orten dem Feind gegenüberstehen. Wenn du mit dem Heer durch das Gebirge ziehst, halte dich an die Täler, halte nach einem erhöhten Platz Ausschau und kämpfe von der Höhe aus und nicht von unten nach oben. Dergestalt ist die Armee im Gebirge zu positionieren. Wenn der Feind das Wasser durchquert, musst du dich vom Wasser fernhalten. Wenn er den Fluss durchquert, zieh ihm nicht in den Windungen des Wassers entgegen, sondern lass die Hälfte seiner Truppen das Wasser durchqueren und greife ihn dann zu deinem Vorteil an. Wenn du kämpfen willst, dann nicht nahe am Wasser. Suche nach einem erhöhten Platz und gehe dem Feind nicht am Wasserlauf entgegen. Das heißt Krieg oberhalb eines Flusses führen. Wenn du einen Salzsumpf durchqueren musst, ziehe rasch weiter und verweile nicht. Kommt es zu einem Kampf in einem Salzsumpf, dann halte nach Wasser und Pflanzen Ausschau und sieh zu, dass Bäume deinen Rücken decken. Das ist Kriegführung in einem Salzsumpf. Auf flachem Gelände sollte das Heer an bequemer Stelle positioniert werden, sodass die rechte Flanke und der Rücken von hohem Gelände geschützt werden, dann liegt die Todesgefahr vorn und hinten ist die Sicherheit zu leben. Das ist Krieg auf offenem Gelände. Der Gelbe Kaiser wusste um die vier Arten den Krieg zu führen und konnte deshalb die vier Kaiser besiegen.

Alle Armeen schätzen hochliegendes Gelände und verabscheuen tiefliegendes. Sie bevorzugen den Tag und achten die Nacht gering. Ein General, der sich um seine Leute sorgt, bezieht Stellung auf einem sicheren Terrain, damit das Heer keinen Mangel leidet, sodass ihm der Sieg sicher ist. Gelangt er auf hügeliges Gelände oder einen Deich, bezieht er an einem sonnigen Platz zu seinem Schutze Stellung und achtet darauf, dass die rechte Seite und der Rücken geschützt sind. Auf diese Weise nutzt er das Terrain für seinen Kampf. Fällt Regen und die Flüsse schwellen an, so wartet er bis sich die Wasser gelegt haben, bevor er sie durchschreitet. Durchzieht er ein Gebiet voller Schluchten mit tosenden Gebirgsbächen auf allen Seiten, labyrinthischen Höhlen, gefährlichen Abhängen, sodass kein Wagen passieren kann, oder ein Gebiet mit undurchdringlichem Dickicht oder natürlichen Felsspalten, so sollte er sich sputen hindurch zu kommen oder sich am besten davon fernhalten. Halte dich von all diesen Gebieten fern und überlass sie dem Feind. Du musst derlei Terrain vor dir haben, der Feind aber hinter sich. Marschiert das Heer durch schwieriges Gelände mit Sumpflöchern, bedeckt mit Schilf, oder durch dichte Gebirgswälder und dichtes Unterholz, sei auf der Hut und untersuche das Gebiet gründlich, denn es könnten sich dort Spione verbergen. Es sind tückische Orte, die ein Hinterhalt sein können.

 

Ist der Feind nahe und verhält er sich ruhig, dann hat er keine Angst, weil er an einer strategisch guten Position steht. Ist der Feind fern und provoziert einen Kampf, dann will er, dass deine Truppen vorrücken, weil seine Stellung von Vorteil ist. Bewegen sich die Bäume, rückt er auf dich zu. Sind im Gras viele Hindernisse, will er dich verwirren und steigen überall Vögel auf, hat er sich auf die Lauer gelegt. Verhalten sich Tiere nervös, deutet das auf einen Überraschungsangriff hin. Steigen hohe Staubwolken auf, rollen die Wagen des Feindes heran. Sind die Staubwolken niedrig, marschieren seine Soldaten. Staubwolken, die verstreut oder in Streifen dahinziehen, deuten darauf hin, dass er Feuerholz sammeln lässt. Gehen wenige Männer vor und zurück, ist das ein Zeichen, dass er ein Lager aufschlagen lässt. Leise Worte und erhöhte Vorbereitungen deuten auf ein Vorrücken hin. Laute Worte und vorpreschende Reiter zeigen seinen Rückzug an. Leichte Wagen, die zuerst an den Flanken auftauchen, sind ein Zeichen des Angriffs. Die Bitte um Frieden ohne Vertrag ist ein Zeichen von List. Hin und her laufende Soldaten und Aufstellung in Reihen zeigen, dass er einen Angriff erwartet. Rückt die Hälfte der Soldaten vor, ist das ein Köder. Soldaten, die sich auf ihre Lanzen und Hellebarden stützen, sind ein Zeichen, dass Hunger herrscht. Werden Soldaten zum Wasser holen geschickt und trinken sie zuerst, zeigt das an, dass das Heer durstig ist. Erkennt der Feind einen Vorteil, rückt aber nicht vor, sind die Soldaten erschöpft. Versammeln sich Krähen, bedeutet das, dass ein Lager aufgegeben wurde. Schreie in der Nacht zeugen von Angst. Ist das Heer aufgeregt, bedeutet das, dass der General schwach ist. Bewegen sich die Standarten hin und her, zeugt das von Unruhe im Heer. Werden die Offiziere aggressiv, sind die Soldaten überdrüssig. Wenn sie ihre Pferde mit Getreide füttern und selbst Fleisch essen, die Soldaten keine Kessel mehr über das Feuer hängen und nicht in ihr Lager zurückkehren, sind sie zu allem bereit. Sprechen die Soldaten in gedämpftem Ton miteinander oder flüstern sie, ist das ein Zeichen von verlorenem Willen zu kämpfen. Zu viele Belohnungen zeigen an, dass der Feind sich in einer schlechten Situation befindet, zu viele Bestrafungen, dass er in Schwierigkeiten steckt. Es zeugt nicht von Intelligenz, wenn zuerst brutal losgeschlagen wird, sich dann aber Angst vor der Zahl der Feinde ausbreitet. Kommen Gesandte mit unterwürfigen Worten, wünscht der Feind eine Ruhepause. Nähern sich die Soldaten des Feindes ingrimmig, treten aber der Schlacht nicht bei und ziehen sich auch nicht zurück, ist äußerste Vorsicht und Besonnenheit angebracht. Ist die Zahl der Soldaten fast gleich mit der des Feindes, ist ein Angriff nicht anzuraten, es genügt vielmehr die Kräfte zu sammeln, den Feind zu beobachten und die Soldaten hinter sich zu versammeln. Wer nicht überlegt handelt und den Feind angreift, wird sicher gefangengenommen.

Sind dir deine Soldaten noch nicht wirklich zugetan und du bestrafst sie, werden sie sich dir nicht beugen, und das bedeutet, dass sie nur schwer Folge leisten werden. Sind dir deine Soldaten treu ergeben und du bestrafst sie nicht, kannst du sie nicht einsetzen. Du kannst sie nur für dich gewinnen, wenn du sie mit Anstand behandelst, aber militärisch drillst. Die Soldaten sind dir ergeben, wenn du sie mit Bestimmtheit ausbildest, tust du das nicht, werden sie dir nicht gehorchen. Wer seine Soldaten mit Bestimmtheit und Konsequenz führt, kann auf gegenseitigem Vertrauen aufbauen.