Tranceperlen

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From the series: Hypnose und Hypnotherapie
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IIDas Selbst stärken

Goldrichtig

Ghita Benaguid

Einführung

Selbstzweifel und Insuffizienzgefühle von Frauen: »Bin ich liebenswert, bin ich schön? Bin ich schlank genug?« beziehen sich oft auch auf ihr Äußeres. Ein Vergleich mit anderen Frauen fällt häufig zu ihren Ungunsten aus. Einerseits zum Mainstream gehören zu wollen und gleichzeitig die eigene Individualität zu leben, bindet Ressourcen. Solche Einstellungen sind allein kognitiv nur schwer zu verändern.

Eine konsequent ressourcenaktivierende hypnotherapeutische Haltung lädt ein, sich diesem Thema in Trance zu nähern und eröffnet einen leichteren Zugang zu Selbstannahme und Selbstliebe. Es entlastet, sich seinem inneren intuitiven und unwillkürlichen Erleben zuwenden zu können.

Statt den Selbstwert vor allem über das Außen zu stärken, ist es das Ziel, bei Selbstunsicherheit Vertrauen und Unterstützung im eigenen Inneren zu finden.

Über die Metapher der inneren Schatzkammer, die mit Hochkarätern gefüllt ist, von denen jeder für sich einzigartig und darum besonders wertvoll ist, wird die Frau angeleitet, einen Satz als Schlüssel zu ihrer Schatzkammer zu finden, ihr eigenes »Sesam öffne dich!«.

Induktion

Ich möchte Ihnen vorschlagen, sich erst einmal eine Haltung zu suchen, die Sie äußerlich wie innerlich jederzeit verändern können. In der es gut möglich ist, sich angenehm zu entspannen, vielleicht jetzt schon wahrzunehmen, wie die Füße im Moment Kontakt zum Boden haben, wo der Sessel den Körper berührt … und wo im Körper jetzt spürbar ist, dass Entspannung bereits angefangen hat, sich entwickelt, wie von selbst.

Während Sie mit einem Teil des Bewusstseins natürlich wahrnehmen können, was Sie umgibt im Außen, und Sie gleichzeitig ein Wissen darum in sich tragen, dass die Welt um uns herum sich weiterdreht auf ihre (Ihre) Art. Sodass Sie früher oder später die Augen schließen oder den Blick einfach irgendwo auf einem Punkt ruhen lassen können. Ebenso wie Sie die Lichtverhältnisse und die Dinge um Sie herum vor den inneren Augen sehen können und all das andere im Außen allmählich seinen Platz finden kann.

Und jetzt, wo die äußeren Augen geschlossen sind, können Sie mehr und mehr die inneren Augen für die inneren Bilder öffnen. Um dabei auch wahrzunehmen, was gerade im Außen hörbar ist, meine Stimme, Geräusche oder Klänge, vertraut oder unvertraut. Momente der Stille und gleichzeitig die Freiheit zu spüren, damit den Weg zur eigenen inneren Stimme leichter zugänglich zu machen, um wahrzunehmen, was anklingt … Und währenddessen mehr und mehr auf Ihre ganz spezielle Art Kontakt aufzunehmen, zu dem, was spürbar ist. So wie Sie die Atmung wahrnehmen können, die ganz von selbst von Geburt an in ihrem (Ihrem) ureigensten Rhythmus einströmt und ausströmt. Weil der Atemfluss Sie versorgt mit allem, was Sie brauchen, ohne dass Sie bewusst irgendetwas dafür tun müssen. Die Atmung von Geburt an, im Wachen wie im Schlafen, Sie versorgt mit Nährstoffen und all dem, was Sie brauchen. Einatmen … Ausatmen … und die Atempause … Sich zu erlauben, mit jedem Atemzug ein Stück mehr bei sich anzukommen. Mit jedem Atemzug innerlich ruhiger zu werden … und zugleich auf Ihre ganz eigene Art in eine passende Form von Wohlbefinden zu gehen.

… um vielleicht noch am Rande zu bemerken, wie die Dinge im Außen scheinbar wie von selbst weiter in den Hintergrund treten …

Trance

Und ich möchte Sie einladen, Zugang zu finden zu Ihrem intuitiven Wissen, zu Ihrem Körperwissen, in der Gewissheit, dass es eine Instanz in uns gibt, die manche das Unbewusste nennen, andere die innere Kraft … oder Sie selbst einfach Ihren eigenen Begriff dafür finden …

Was ich meine, ist der Teil des Bewusstseins, der Zugang hat zu allen Ressourcen und Fähigkeiten, zu Informationen, die helfen können, weil sie (Sie) über Erfahrungen verfügen …, über Eindrücke, … über innere Schatzkisten und ein aufrichtiges Erleben, das Sie begleiten kann in Momenten, wo Sie spüren, dass Sie ganz bei sich sind. Und diese tiefe Zutrauen in ein Vertrauen in sich selbst …, sich zu trauen …, sich zu vertrauen.

Vielleicht haben Sie Lust diesem Erleben einfach nachzuspüren … Nachspüren, welche Wahrnehmungen, welche Erlebnisse, welche Gedanken auftauchen, wenn Sie ganz bei sich in einem Zustand von vertrauensvoller Selbstsicherheit sind? Und wie fühlt es sich an, sich selbst sicher zu sein?

… Und immer leichter und leichter dieses innerlich spürbare Wissen zu empfinden, verbunden mit den Erfahrungen besonderer Momente, und dabei eine innere oder äußere Stimme aus vollster Überzeugung sagen zu hören »Doch! … Du kannst dir trauen«. Sich sicher zu fühlen und sich dabei sicher zu sein, dieses Erleben sicherlich mitzubringen, mitzubringen dahin, wo es sicher gut gebraucht wird …

… Und natürlich dabei ganz selbstverständlich das Vertrauen in sich, in die eigene Kraft … und die Freude aus der inneren Ruhe heraus, bei sich ganz sicher zu sein. In diesen besonderen Momenten, wo immer sie (Sie) im Leben auftauchen, im Kontakt mit sich und anderen …, im Alltag …, im Beruf wahrzunehmen und nachzuspüren: »Ja genau, genau so fühlt es sich an, wenn ich mir ganz sicher selbst vertraue.«

Und sich überraschen zu lassen, was auftaucht, wenn Sie an diesen besonderen Zustand denken, sich ganz sicher zu sein. In dem sicheren Wissen: »Ich bin gut, ich bin goldrichtig, so wie ich bin.« Um dieses klare Vertrauen in sich zu spüren … und was es verändert, im inneren Erleben mit den (alten) Wahrnehmungen …, der Atmung …, dem Bauchgefühl. Und auch zu spüren: die genau richtige Spannung, die damit verbunden ist, passend für den Moment der Sicherheit in sich – goldrichtig sein, in der Welt. Und wie erleben Sie diesen Zustand im Sein …, im Tun …, im Kontakt … Wahrnehmen zu können …, auf welchen Sinneskanälen sich das besonders deutlich erleben lässt? Sehen …? Hören …? Fühlen?

Vielleicht gibt es einen Geruch, der mit dieser sich vertrauenden Sicherheit verbunden ist, oder einen Geschmack und was alles zusammen dieses besondere Erleben ausmacht.

In dieser inneren Überzeugung: Ich bringe alles mit, was ich brauche! Es ist alles da! Alles was ich brauche, um mich zu trauen, um mir zu trauen … und das Vertrauen in das Zutrauen, sich zu trauen: in sich selbst zu vertrauen. In dem inneren Erleben der vertrauten Selbstsicherheit. Und wie das eine Lockerheit und Gelassenheit im Hier und Jetzt ermöglicht.

Und vielleicht tauchen Erinnerungen auf an märchenhafte Zeiten, an Schatzhöhlen mit einer lichtdurchfluteten Atmosphäre … Schatzkisten, ein schimmerndes Meer voll goldener und edel funkelnder Hochkaräter, brillant schimmernd, und dieser besondere Schimmer … Jeder Stein, jede Perle und jedes Schmuckstück ein Schatz, ein Unikum, einfach einzigartig … Ganz im Moment zu sein, »goldrichtig«.

… Und die Dinge im Außen sind scheinbar nur noch im Hintergrund, mehr und mehr bei sich selber sicher zu sein. In diesem Selbstvertrauen diese wunderbar stimmigen Sätze zu hören, die einem in Ihrer liebevollen Art besonders ans Herz gehen: »Du bist wunderbar, so wie du bist, du bist wertvoll, einfach einzigartig …«, dabei Ihrer inneren Richtigkeit vertrauend …

Mehr und mehr immer leichter wahrzunehmen: Was brauche ich an innerer Haltung? Was hilft mir an äußerer Haltung? Um immer dann, wenn ich mehr von dieser in mir selbstverständlichen Goldrichtigkeit erleben möchte, dieses Erleben im Innen wie Außen auf wundersame Art einfach annehmen zu können. »Ich bin wertvoll, … ich kann mir trauen …, das ist goldrichtig!«

Und für die eine ist es eine bestimmte Art der Körperhaltung …, sich selbst berühren auf die ganz eigene Art und Weise, und für die andere ist es ein geliebtes Schmuckstück, ein Satz, ein Klang, eine Melodie oder die Wahrnehmung eines bestimmten Geruchs, die es leichter machen, wie von selbst diesen Zustand zu vertiefen. Mehr und mehr ganz selbstverständlich von dieser inneren Stimmigkeit und der Schimmer von Gold. In sich sicher zu sein … und die Sicherheit, das Zutrauen, sich zu trauen, in sich … in sich sicher spüren zu können, in dem Wissen, »es ist alles da!« und dabei den ganz eigenen nur für Sie passenden Satz zu finden oder bereits gefunden zu haben, Ihr »Sesam öffne dich!«.

Exduktion

… und nun die Möglichkeit, einfach solange es guttut in diesem Zustand zu verweilen … und irgendwann selbst zu entscheiden, wann Sie die Sinne wieder bewusst mehr auf das Außen richten, wieder bewusster spüren, wie Sie hier im Raum sind, wie sich der Boden unter den Füßen anfühlt jetzt. Wieder bewusster wahrzunehmen, was Sie im Außen hören …, und einfach abzuwarten, wann die ersten kleinen willkürlichen Bewegungen passieren, sich zu recken und zu strecken, tief durchzuatmen, um dann nach und nach alle Sinne nach außen zu lenken und die Augen erst zu öffnen, wenn Sie wieder ganz im Hier und Jetzt sind.

Die Weisheit des Flusses

Liz Lorenz-Wallacher

Einführung

Diese Trancegeschichte wurde 1995 von mir geschrieben und ist eine der wichtigsten Geschichten in meinem Seminar »Selbsthypnose und Biografiearbeit«.

 

Ein Teil der Trance basiert auf einer alten Sufi-Geschichte, die ich weiterentwickelt und immer wieder für unterschiedliche Thematiken adaptiert habe.

Induktion

Erlauben Sie sich, einen für Sie angenehmen und bequemen Platz im Raum einzunehmen … Vielleicht möchten Sie lieber sitzen und Ihre Hände bequem auf den Schoß oder die Armlehne Ihres Stuhls (Sessels) legen …

Vielleicht möchten Sie es auch genießen, behaglich auf dem Boden zu liegen … sich vielleicht angenehm in eine Decke einhüllen … Das Wichtigste ist …, dass Sie es sich so bequem wie möglich machen. Vielleicht spüren Sie an manchen Stellen die Berührung mit der Unterlage deutlicher als an anderen Stellen …, vielleicht spüren Sie, wie fest Ihre Füße auf dem Boden stehen … oder …, falls Sie liegen …, wie Ihre Fersen und Waden auf dem Boden aufliegen …

Sie können die Augen offen lassen oder schließen … das ist völlig gleichgültig …, denn Sie können mit offenen oder geschlossenen Augen in eine sehr angenehme wohltuende Trance gelangen …, denn die genau optimale …, für Sie im Moment stimmige Trancetiefe … kann jetzt beginnen, sich ganz von allein einzustellen … Sie können auch einfach abwarten, wann Ihre Augen vielleicht das Bedürfnis haben …, sich ganz von allein zu schließen …, einfach weil es behaglicher ist … und Ihnen erlaubt, die vielleicht jetzt schon beginnende Entspannung noch mehr zu genießen …

Mag sein, dass ab und an … das ein oder andere Geräusch zu hören ist … von draußen auch hier im Raum …, und Sie können sogar jedes Geräusch nutzen …, um behaglich und tief ein- und auszuatmen, um noch tiefer … in einen Trancezustand zu gelangen … Wenn Sie das Bedürfnis haben …, Ihre Körperhaltung zu verändern, … so können Sie das einfach tun … und wahrscheinlich spüren …, wie es Ihnen dann noch leichter fällt …, in diesen heilsamen, wohltuenden, erholsamen Trancezustand zu gelangen … und dabei … die genau für Sie passende Trancetiefe zu erleben …, die der Weisheit Ihres Unbewussten erlaubt …, diese Tranceerfahrung optimal für Sie zu nutzen …

Trance

… und vielleicht möchten Sie der Einladung folgen, dieser Geschichte zuzuhören …, dieser uralten Geschichte von einem geheimnisvollen Fluss …, der in einem fernen Land … in einem mächtigen Gebirge entspringt …

Sie können zuhören oder nicht, denn Ihr Unbewusstes kann zuhören …, auch dann …, wenn Ihr wachbewusster Verstand nicht zuhört …, und das für Sie auswählen und nutzbar machen …, was besonders hilfreich für Sie ist …

In diesem mächtigen Gebirge … so heißt es in den alten Überlieferungen … stehen direkt nebeneinander … zwei außergewöhnliche Berge … Anstatt zweier Gipfel, so erzählt man sich, … hätten diese beiden Berge zwei große flache Felsschalen gebildet, in denen sie das Wasser des Himmels sammelten … Und eines Tages …, nachdem die beiden Seen immer reichlich gefüllt waren …, hätten die beiden Berge beschlossen …, diesen Reichtum zu teilen …

Am Rand der Felsschalen … öffneten sie jeweils eine kleine Spalte … und ließen dort immer einen kleinen Teil des Wassers überfließen …

In zwei kleinen Rinnsalen … floss das Wasser nun die Felsen hinunter … und als beide Rinnsale am Fuß der Berge zusammentrafen …, vereinigten sie sich zu einem kleinen Bach …, der nun … dem natürlichen Gefälle folgend … seinen Weg ins Tal suchte, … zunächst noch durch Geröll- und Felslandschaften …, schließlich aber auch durch wunderschöne Bergwälder und Wiesen … Und wie Bäche so sind …, sie finden immer ihren Weg … Sie umfließen Hindernisse mit Leichtigkeit … und genießen ihre strömende Lebendigkeit … Eines Morgens schließlich … sah unser Bach in der glitzernden Morgensonne … die weite Landschaft am Fuß der Berge vor sich …, noch nie hatte er diese gesehen …, und voll Wonne genoss er es …, dort hineinzuströmen … und nun ruhiger und gemächlicher fließen zu können …, sich dabei in schwingenden, lebendigen Kurven zu bewegen …, denn in der Natur gibt es keine geraden Linien … Nach einer geraumen Zeit war aus dem Bach … ein schöner, breiter Fluss geworden …, der mit Neugier die unterschiedlichsten Landschaften … entdeckte … Mal floss er durch Wiesen, Felder … und vorbei an Hügeln …, er entdeckte unterschiedliche Tiere und Menschen an seinen Ufern …, durchquerte auf seinem Weg Dörfer und große Städte …, deren geschäftiges Treiben er mit Staunen beobachtete …

Die Menschen liebten es …, sich mit ihren Booten und Schiffen von ihm tragen zu lassen …, und der Fluss liebte es …, dabei seine große Kraft und Beweglichkeit zu spüren.

Manchmal saßen Menschen auch an seinem Ufer …, sie erzählten ihm aus ihrem Leben … von ihren Sorgen …, ihren Sehnsüchten und Freuden … Der Fluss hatte häufig Antworten für sie …, aber die Menschen konnten ihn nicht hören … Wenn sie aber gingen …, fühlten sie sich oft auf eigenartige Weise beruhigt, getröstet … und manchmal hatten sie sogar das Gefühl, dass ihnen … am Ufer des Flusses … plötzlich eine gute Idee … oder die Lösung eines Problems eingefallen war.

Der Fluss hatte im Lauf der Zeit … auch die verschiedenen Jahreszeiten erlebt …, er lächelte in sich hinein …, wenn er sich an den ersten Winter erinnerte …, den er erlebte …, das Entsetzen …, wie sein Wasser an der Oberfläche … bei den ersten starken Nachtfrösten … plötzlich zu Eis erstarrte … und wie er dann entdeckte …, dass er unter der Eisschicht … in seinen tieferen Schichten einfach weiterströmen konnte … Immer wieder hatte er sich gesagt: »Hab Geduld …, behalte deine Zuversicht … Es wird bestimmt auch wieder besser werden … eines Tages …«

Am liebsten erinnerte er sich aber … an das unbeschreibliche Glück …, als er nach dem ersten langen Winter … plötzlich spürte …, wie die Eisdecke langsam dünner und brüchiger wurde … und die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings … die Starre auflösten …, wie das Eis schließlich so dünn wurde …, dass er es … mit Leichtigkeit durchbrechen … und sich aus der Starre befreien konnte, … und dann dieses unbändige Gefühl der Freude und des Übermuts …, mit dem er sich damals über seine Ufer in die Wiesen hinein ausbreitete …, wie er dieses Glück genießen konnte …, sich wieder frei zu bewegen …, und danach wieder … in seinem Flussbett weiterströmte. Diese Gedanken zauberten dem Fluss ein Lächeln auf seine sanft gekräuselte Oberfläche …

Nachdem er dies nun schon viele Jahre erlebt hatte …, durch die verschiedensten Landschaften geflossen war …, den Wechsel der Jahreszeiten erlebt hatte … und all ihre Besonderheiten kannte …, da glaubte der Fluss …, dass es für ihn nicht mehr viel Neues zu lernen gäbe … und … dass er nun doch schon ein sehr erfahrener, weiser Fluss sei.

Eines Tages jedoch passierte etwas völlig Unerwartetes … er gelangte in eine Landschaft …, die er noch nie zuvor gesehen hatte … Wohin das Auge blickte … nur unendliche Weite aus trockenem Sand und Dünen … Der Fluss war in eine Wüste geflossen …

Der Fluss versuchte nun einfach weiterzufließen …, doch sein Wasser … versackte einfach im Sand … und so sehr er sich auch anstrengte, … er kam nicht voran … Bald schon war er völlig erschöpft … von dem vergeblichen Versuch … weiterzufließen …, da hörte er plötzlich ein lautes, etwas spöttisches Lachen über sich … Es war die Stimme des Wüstenwindes … und er sprach: »Ich beobachte dich schon eine ganze Weile … und ich sage dir … So kommst du nicht weiter … Du kannst nicht weiterfließen … Du musst dich verändern!« – »Wie soll ich mich verändern?« fragte der Fluss … »Ich muss fließen …, das ist meine Natur …, ich kann mich nicht ändern …« Da lachte die Stimme wieder und sagte: »Nun, wenn du dich nicht veränderst …, wirst du bald ein altes, brackiges Wasserloch sein …, also entscheide dich … Du musst dich verändern … und ich kann dir dabei helfen …, aber du musst mich darum bitten.« … In seiner Not und Verzweiflung bat der Fluss nun den Wüstenwind …, ihm zu helfen …

Da blies der Wüstenwind … mit seinem heißen Atem über den Fluss … und verdampfte ihn zu einer großen, schwarzen Regenwolke, die sich in die Luft erhob …, und auf seinen großen, starken Schwingen … trug der Wüstenwind … den Fluss über die Wüste …

Mit der Zeit entspannte der Fluss sich und begann …, diese Leichtigkeit … zu genießen, und er staunte über den … Weitblick und den … Überblick …, über die ganze Landschaft ringsum …, eine ganz neue Perspektive …, so wie er sie noch nie gesehen hatte … Er schaute auch weit nach vorn … und war da nicht ein zarter grüner Streif in der Ferne am Horizont …, der rasch näher zu kommen schien? … Und war dahinter … in der Ferne … nicht auch ein … großes weites Blau … bis zum Horizont? … Neugierig richtete er seinen Blick nun auch nach hinten … und zu seinem Erstaunen schien ihm …, dass in der Ferne … ganz schemenhaft … ein großes Gebirge zu erkennen sei …, und waren da nicht auch zwei seltsam geformte Berge? … In diesem Moment … tauchten Erinnerungen auf, … ein vages, glückliches Gefühl …, das er kannte … War er nicht schon einmal … als Wassertropfen durch die Luft getragen worden, … sanft aufgefangen in einem kristallklaren See?

Der grüne Streif … war bald als großer Wald zu erkennen, und … als sie dort ankamen …, ließ der Wüstenwind … die Wolke … sanft über dem Wald abregnen … Der Fluss sammelte sein Wasser in einem neuen Flussbett … und machte sich bereit weiterzuströmen … Er bedankte sich beim Wüstenwind für seine Hilfe … und für die reichen neuen Erfahrungen …, die ihn … ein für alle Mal … verändert hatten …, und doch war er auch er selbst geblieben …

»Ja, so ist es immer«, sagte der Wüstenwind, »ich kenne das schon seit uralten Zeiten …, die Wüste verändert jeden … so oder so …« Er lachte noch mal sein donnerndes Lachen … und brauste davon.

Schon bald darauf begannen die Menschen, sich wunderbare Geschichten über den Fluss zu erzählen. Immer öfter geschah es, dass sie hören konnten, was der Fluss ihnen antwortete, wenn sie wieder an seinem Ufer saßen und ihm ihre Fragen, Sehnsüchte und Sorgen erzählten … »Wenn du ganz still wirst«, so erzählten sie einander … »dann kannst du … tief in deinem Inneren … seine Antworten voller Weisheit … hören.«

Der Fluss aber hatte Sehnsucht … nach dem weiten Blau … Er wusste …, dass er über der Wüste den Ozean gesehen hatte …, und dorthin wollte er nun fließen … zum Meer …, der Heimat aller Flüsse dieser Welt.