Louisianas Eskorts

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Bald aber hatte sie einen Lesestoff gefunden, der sie persönlich reizte. Sie ließ sich in einem bequemen Sessel nieder und begann zu lesen.

*

„Warum quälst Du mich so?”

Madame seufzte tief. Hätte sie die Augenbinde nicht getragen, sie würde Konstantin vermutlich mit einem flehentlichen Blick angesehen haben. Schweiß stand auf ihrer Stirn. Ihr Körper bebte noch von der letzten Explosion.

Konstantin hatte seinen meisterlichen Cunnilingus unterbrochen, um die Spannung zu erhöhen, blickte nun auf und leckte seine Lippen. Wortlos erhob er sich, um sich gleich danach links neben Madame niederzulassen. Monsieur Bouchon war anzusehen, daß er nach Beschäftigung lechzte, aber sein Herr blieb trotz aller schmerzhaften Spannung gnadenlos.

Konstantin betrachtete stumm die schöne Erscheinung seiner Liebesgefährtin. Mit seiner rechten Hand nahm er eine erneute Probe ihres nassen Schoßes und hielt sie ihr wie zu einer Parfümbeurteilung unter die Nase. Sie schnupperte, lächelte, nahm Konstantins Hand, hielt sie fest und leckte sie ab.

„Darum!”

Sie verstand.

Konstantin begann, den Schweiß von ihrer Stirn abzulecken. Dabei brummte er leise.

„Und darum!”

Sie verstand.

Er beugte sich zu ihrer Herzbrust hinüber und küßte sie zärtlich. Ihre Brustwarze, die fest aus ihrem süßen, nicht zu großen Hof herausragte, stimulierte er und war erstaunt, daß seine Gespielin das mit einem leisen Stöhnen beantwortete. Die Brustwarze auf der nicht minder schönen Schwesterbrust war aus einem gewissen Gemeinschaftsgefühl heraus ebenfalls fest und dabei trotzdem von einer äußerst angenehmen Weichheit. Konstantin hatte die interessante Erfahrung gemacht, daß die übertriebene Zuwendung der Männer, auch seine, bei den meisten Mädchen und Frauen dort keinerlei Wirkung hatte. Sie zu erregen war so gut wie nie die wilde Zungenarbeit, die darauf verwendet wurde, sondern die Fähigkeit eines erfahrenen Liebhabers, die Frau dort erotisch „anzuschalten”, wo die Natur es sinnigerweise vorgesehen hatte. Und was macht man mit einem Knöpfchen? Man(n) schaltet es an. So einfach geht das. Tremoloschaltung. Gab es beim Auto und im Haushalt nicht − bis zur Gegenwart. Konstantin kannte sie und setzte sie wirkungsvoll ein.

Dann legte er seine rechte Hand auf das Herz von Madame, das wild pochte, und flüsterte ihr zu:

„Und darum.”

Sie verstand.

„Und warum quälst Du Dich so?”

Sie sah ihn mit ihren verbundenen Augen an, als sie das flüsterte.

„Weil ich Dir alles geben will, was Du möchtest, denn ich bin nicht wichtig. Es geht nur um Dich und Dein Wohlbefinden.” Er strich über die Lippen ihres schön geschwungenen Mundes, während er das leise sagte.

Madame lächelte. Konstantin betrachtete sie und fand ihre süßen Grübchen einfach entzückend. Dann holte sie tief Atem, strich ihm mit ihrer linken Hand zärtlich über sein Gesicht, kraulte, langsam ausatmend, die Grube seiner Kehle und hauchte:

„Wie nennst Du ihn?”

Konstantin verstand.

“Monsieur Bouchon.”

Madame schmunzelte.

„Würdest mich bitte näher mit ihm bekanntmachen?”

„Aber gern. Er brennt darauf, Dich zu besuchen und kennenzulernen.”

„Darf ich ihn vor dem Entrée noch einmal küssen?”

„Sehr gern. Er liebt es. Und wie liebst Du das Entrée? Doucement ou bien comme à la hussard?”

„D’abord doucement et après comme il te plaît.”

Konstantin erhob sich, kniete beiderseits Madames Körper und Monsieur Bouchons Kopf wurde geküßt, daß es den Blick seines Herrn augenblicklich vernebelte. Konstantin hielt beide Augen geschlossen. Es war fast zuviel für ihn.

Madame bemerkte sein Zögern und klopfte ihm mit ihrer zur Faust geballten rechten Hand zärtlich aber merklich auf die Brust, als wäre sie eine Tür.

„Poch, poch, meine Herren, vergessen Sie das Eintreten bitte nicht.” Trotz ihrer Erregung brachte sie ein verschmitztes Lächeln zustande − Konstantin und Monsieur Bouchon gehorchten.

Madame machte sich empfangsbereit, Monsieur Bouchons schöner Kopf verschwand im Lippentor und schließlich trat er langsam, fast vorsichtig-schüchtern vollends ein.

*

Louisiana hatte sich einen wahrhaft anregenden Text herausgesucht. Es faszinierte sie, wie dieser Autor geschrieben und welch schöne Worte er seinem Protagonisten im Umgang mit Frauen in den Mund gelegt hatte. Sie liebte es, wie sinnlich ein Phallus beschrieben wurde und was dessen Meister mit ihm zu vollbringen verstand.

Sie vermißte es, einen liebevollen Mann bei sich zu haben, der im Alltag und im Bett zärtlich mit ihr umging, was ihr tatsächlich wichtiger war, als dieser ständige, beide Partner unter Dauerdruck versetzende Anspruch, guter Sex müsse immer auch wilder Sex sein. Hin und wieder ein Parforce-Ritt mochte angehen, aber auf Dauer war das nichts für sie. Sie liebte es, Monsieur Bouchon im Mund zu haben, aber mußte sie deswegen gleich hineinbeißen? Lou gestand sich ein, sie würde gern einmal zugesehen haben, wie Michael und Maximilian sich geliebt hatten. Den jungen englischen Lord kannte sie nur durch Michaels Beschreibungen, aber Michael kannte sie, und sie hielt ihn für einen der zärtlichsten Männer, die ihr je begegnet waren. Sie gestand sich ein, daß sie mit ihm gerne schliefe, wenn nur diese stillschweigende Übereinkunft in ihrer Clique nicht wäre. Würde er jetzt in die Bibliothek kommen, vernaschte sie ihn trotzdem hemmungslos, aber er war nicht da.

Doch sie war da und mit ihr ihre aufgewühlten Gedanken und Gefühle, und ehe sie es sich versah, war ihre rechte Hand da, wo sie genau jetzt für ihr Leben gern Michaels Zunge spüren würde. Sie legte das anregende Buch mit ihrer Linken weg und gönnte sich, was sie sich heimlich von Michael wünschte.

*

Madame und Konstantin kamen gleichzeitig. Es wurde eine unglaubliche Explosion, begleitet von einem gemeinsamen Schreien, als Monsieur Bouchon sich in ihren Schoß ergoß.

Er hatte sein Eindringen und Zurückgleiten ganz langsam begonnen, und allein das machte seine Gespielin schier verrückt. „Oh, welch wundervolle Qualen” hatte sie immer wieder gerufen, ehe sie in unaufhörlichem Stöhnen dem Höhepunkt entgegenvibrierte. Der kam wie ein Erdbeben über sie beide. Konstantin hatte es nicht mehr ertragen können und sein Tempo zu einem Stakkato gesteigert, bis Monsieur Bouchon endlich erlöst wurde − und er mit ihm.

Konstantin fiel für einen Moment komplett zusammen. Im Augenblick dieses Höhepunktes war er gefühlt für eine kleine Ewigkeit nicht mehr in diesem Raum, nicht mehr in seiner Haut, er hatte sich einfach aufgelöst, war verdampft in den Körper dieser Frau übergegangen und hatte deren eigenen Luststurm als Verstärker für sich selbst miterlebt. Um nicht in schönster Weise verrückt zu werden, hatte er sich rematerialisiert, roch plötzlich wieder die Haut und den Schweiß seiner Gespielin. Es war ein unglaublicher Rausch.

Schwer atmend lag Madame unter ihm. Sie hatte ihre Arme hinter sich geworfen, rang nach Luft. Er nutzte ihre Wehrlosigkeit, forderte den Kontakt ihrer Zunge mit der seinigen und stachelte sie sogleich wieder an. Er gönnte ihr keine Pause. Sie trommelte mit ihren zu Fäusten geballten zarten Händen gegen seine Schultern, wollte ihn wegdrücken, aber er ließ es nicht zu. Ihre Zungen rangen miteinander und liebten sich zugleich. Es war ein wildes Laß-mich-los-aber-wehe-du-tust-es.

Konstantin entzog sich diesem Kampf, um Madame für einen kurzen Augenblick zu Atem kommen und in dem Glauben zu lassen, er ließe von ihr ab. Der schöne Galan glitt über ihren schweißnassen Körper, wobei seine Zunge aufnahm was sie kriegen konnte. Madames erleichtertes Aufstöhnen stimulierte ihn und dann war er wieder dort, wo er hinwollte. Die schöne Frau wurde gewahr, was er vorhatte, konnte nur ein schwaches „Oh Gott, nicht dort, nicht noch einmal. Du wirst mich in den Wahnsinn treiben” flüstern, ehe Konstantin den Feuerwald passiert und das Lippentor erreicht hatte. Er öffnete es, ohne um Erlaubnis zu fragen und drang hocherfreut erneut ins Paradies ein.

*

Dumpf hatte Louisiana gehört, welch grandiose Erfolge Konstantin feiern konnte. Es feuerte sie an, sich selbst zu verwöhnen, und sie tat es mit Vehemenz.

Lou schloß die Augen und sah Michael vor sich, der sich anschickte …, doch plötzlich wurde er von Konstantin beiseite geschoben, der sie stimulierte, bis sie einen Schrei hörte …

Erschrocken fuhr sie hoch, sah sich um und horchte ins Haus hinein. Es war ihr eigener gewesen. Sie zog ihre Hand hervor, schnupperte daran und leckte sie ab. Lou atmete tief durch und lachte hell auf. Was für Genuß!

*

Erschöpft war Madame in einen kurzen Schlummer gefallen, nachdem sie und ihr schöner Liebhaber sich zum Abschluß einer zärtlichen Reinigungszeremonie hingegeben hatten. Konstantin erlebte es zum ersten Mal in dieser Form. Es war für ihn eine schöne neue Erfahrung. Bis dahin hatte er sich „danach” allein oder, als Vorspiel für die Fortsetzung, mit seiner Partnerin geduscht oder ein Bad eingelassen.

Ruhig und gleichmäßig atmete sie und gab ein Bild des absoluten Friedens ab. Konstantin hatte sie nur bis zum Brustansatz zugedeckt. Zum Abschied wollte er noch einige Minuten den Anblick ihrer sich in sanftem Rhythmus hebenden und senkenden Brüste gönnen. Sie waren einfach zu schön.

Er selbst saß nackt in einem Foteuille. Am liebsten wäre er nach dem zärtlichen Après-Schmusen neben ihr liegengeblieben, aber nach der Reinigung hatte sie Lou bereits per Haustelephon gerufen − sie mußte jeden Augenblick kommen.

Konstantin war glücklich, daß seine Premiere als bezahlter Galan so wunderbar abgelaufen war. Er hoffte inständig, daß diese schöne Frau ihn würde wiedersehen wollen. Liefe es nicht über eine Buchung bei Louisiana, er besuchte sie auch ohne Bezahlung, aber solch unprofessionelles Denken und gar Handeln triebe ihm seine Freundin, die nicht seine Freundin war, mit Sicherheit aus. Er mochte Lou viel zu sehr, als sich mit ihr diesbezüglich zu streiten. Aber er mochte auch Madame, und das würde es ihm von mal zu mal leichter machen. Als er darüber nachdenken wollte, ob er sich nun als männliche Hure fühlen müßte, öffnete sich nach vorsichtigem Anklopfen die Tür und Louisiana lugte herein.

 

Sie erfaßte sofort die Situation, kam wortlos leise herein, nahm Konstantins Kleidung auf und ihn bei der Hand. Als sie ihn mit sich hinausziehen wollte, entdeckte sie auf dem Sekretär einen Zettel:

Es war sehr schön. K. der Rittmeister

Sie nahm ihn sofort an sich und schob Konstantin, nackt wie er war, aus dem Raum seiner ersten Bewährung hinaus.

In der Bibliothek warf sie seine Kleidung in einen Sessel und hielt ihm den Zettel unter die Nase.

„Du bist wohl verrückt geworden, was? Vielleicht schreibst Du romantischer Esel auch noch Deinen Klarnamen mit Adresse drauf.” Sie stand direkt vor ihm und schlug ihm, wenn auch nicht heftig, aber spürbar mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Das wäre sehr süß, wenn Du mir solch einen Zettel hinlegtest, aber doch nicht hier, Kon. Die Dame ist verheiratet. Entdeckung hätte Dich früher auf den Duellplatz geführt und heute kann das ebenso unangenehm werden. Dein Vater ist einer der höchsten deutsche Generäle − ein Anruf und bums! Du würdest Dir einen gesellschaftlichen Skandal erster Klasse einfangen!” Sie schickte dem kleinen Vortrag noch ein Unmutsgrunzen hinterher, ehe sie ihn aufforderte, sich anzuziehen. Obwohl − sie sah ihn gern an, und so sah er also aus, wenn er gut drei Stunden erotischen Fronteinsatz hinter sich hatte. Sie fand ihn großartig und bemerkte nach einem erneuten Schnuppern an ihm:

„Hhmmm, Kon. Du duftest wie ein ganzer Rosengarten! Was hat sie mit Dir gemacht? Ich meine, außer, daß sie Dich vernascht hat, hm?” Louisianas Mimik war eine einzige brennende Neugier.

„Madame hat mich nicht vernascht, Du Frechdachs, sie hat mich erotisch verzaubert.” Lou erntete einen zurechtweisenden Blick, während er in seinen Slip stieg.

„Oh, wie galant und überaus damenhaft von ihr”, meinte die Gescholtene und grinste verschmitzt.

„Und am Ende hat sie mich mit Rosenwasser gewaschen …” Er knöpfte sein Hemd zu.

„Und Du? Hast Du sie auch …?”

„Selbstverständlich.”

„Hm, spart schon die Dusche”, meinte Lou mit ironischem Unterton.

„Was hättest Du denn mit mir gemacht?” Konstantin wurde neugierig, während er seine Hose hochzog.

„Ich hätte Dir das Badezimmer gezeigt. Waschen könnt Ihr faulen Kerle Euch selber.”

Daß Lou mit Kon am liebsten stundenlang in einem wohligen Schaumbad säße, einfach mal so, sagte sie ihm nicht. Er könnte auf drollige Gedanken kommen.

„Das hätte ich mir denken können, Du unromantische Trina. Aber sag’ mal, was ist Dir vorhin eigentlich eingefallen, meinen Schwanz in den Mund zu nehmen, hm?” Sein Ton klang verärgert, aber seine Mimik paßte nicht dazu. Er steckte den Binder in eine Hosentasche und zog sich die Socken an.

„Hat es Dir etwa nicht gefallen?” Louisiana lächelte ihn wie ein Lausbub an − weibliche Ausgabe.

„Ja schon, wie könnte es auch nicht, aber …” Er trat in seinen linken Schuh.

„Dann halte doch einfach Deine Klappe, Du Blödmann”, beschied sie ihn und damit war die Diskussion beendet.

Konstantin trat in seinen rechten Schuh, band beide zu, strich über seine Haare, nahm das Jackett über die Schulter und Lou bei der Hand. Der Einsatz war erfolgreich beendet.

*

Derweil hatte Madame sich an ihren Sekretär gesetzt und die schwarze Augenbinde abgenommen. Ihre schönen grünen Augen blinzelten nicht, trotz des starken Sonnenlichts. Ihr Blick ging seltsam geradeaus und nicht zwischen den Gegenständen vor ihr hin und her. Sie öffnete, ohne daneben zu greifen, den Glasverschluß einer großen Tischuhr und ließ vorsichtig die Finger ihrer rechten Hand über Zeiger und Ziffernblatt gleiten.

„Fast drei Stunden”, murmelte sie und lächelte zufrieden. Madame war blind. Ein Unfall, einige Jahre zuvor, den ihr Ehemann zu verschulden hatte, hatte sie das Augenlicht gekostet. Was sie „sah” und ahnte, speiste sich aus der Erinnerung der sehenden Jahre. Für diesen Tag hatte sie genug „gesehen” und erlebt.

Sie nahm eine Plastikflasche, die in dem schönen Raum wie ein Fremdkörper wirkte, rieb sich mit hohem Lichtschutz ein, wartete einige Minuten, ging zu einem Schrank, zog einen hellgrünen Bikini hervor, den sie sogleich anlegte und verließ barfuß ihr Zimmer, um sich hinter ihrem Haus einem Sonnenbad hinzugeben und zu träumen.

Als sie, im Liegestuhl ausgestreckt, die Augen schloß und ihre „sehende” Erinnerung das Bild des Rittmeisters aufbaute, so wie sie ihn empfunden hatte, wußte sie bereits, daß sie ihn „wiedersehen” würde. Warum auch nicht? Er hatte ihr sehr gut getan.

Gegenüber ihrem Mann, der seit ihrer Erblindung nur noch selten zu ihr kam und kaum mehr als ein eingefahrenes Pflichtprogramm herunterspulte, empfand sie kein schlechtes Gewissen. Nach den Parfümspuren, die sie an ihm wahrgenommen hatte, pflegte er Kontakte zu mindestens drei anderen Frauen − und wer weiß, wie viele Kinder er draußen versorgen mußte. Sie wußte es nicht und wollte es auch nicht wissen. Nur eines war sicher: sie hatte keines von ihm.

Und das war Madame.

*

Als Konstantin und Louisiana zum Seesenheim’schen Anwesen zurückkehrten, fanden sie Michael, Alexander und Damian nackt im Pool herumtobend. Als die Drei die Rückkehrer bemerkten, schwangen sie sich augenblicklich aus dem Wasser und bestürmten sie, zu berichten.

Damian erreichte Konstantin als erster und umarmte ihn, obwohl er tropfnaß war.

„Mann, Alter, wie war’s? Hm? Du siehst etwas müde aus.”

„Nicht so schlimm. Es war wundervoll, großartig. Wenn nur alle unsere Damen so sein würden, werden wir ein phantastisches Leben haben.” Er lächelte vielsagend.

Damian konnte sich einen Schabernack nicht verkneifen und klopfte an Monsieur Bouchons „Wohnung” an:

„Hallo, mon cher Monsieur Bouchon! Vous êtes encore là? Weilen Sie noch unter den Lebenden …?”

Alle lachten, doch ehe er sich’s versah, ließ Konstantin sein Jackett fallen, packte Damian und − hatte man’s nicht gesehen − stieß er den Frechling in den Pool.

„Kühl Dich ab, Du Quatschkopp, und laß meinen Freund Bouchon in Ruhe. Der muß sich ausruhen, und ich lege mich jetzt auch ein wenig hin. Wir sehen uns in zwei Stunden und dann feiern wir unseren Eskort-Einstand.”

„Klar, machen wir.”

„Hau Dich nur hin.”

Alexander und Michael klopften ihm anerkennend auf die Schultern. Konstantin nahm sein Jackett auf, gab Louisiana einen Kuß auf den Mund in Kombination mit einem liebevollen Klaps auf den Hintern und verschwand im Haus.

Derweil kletterte Damian erneut aus dem Pool heraus und gesellte sich dem Trio zu.

„Nun erzähl schon, Lou, wie war’s denn?”

„Sag, Lou, hat er in Rosenöl gebadet? Kon duftet wie Laurins Rosengarten.” Michael konnte seine Neugier kaum noch zügeln, doch Alexander bremste.

„Jetzt laßt sie doch mal. Wenn Ihr ständig auf sie einredet, kann sie nicht einen einzigen Satz beginnen und beenden. Hinsetzen und zuhören.”

Die drei jungen Männer ließen sich, so wie sie waren, im Gras nieder. Die Sonne schien heiß herunter und Lou begann ihren Bericht. Sie hatte gebannte Zuhörer.

*

„Wow! Das sind ja tolle Aussichten!” Damian war begeistert. „Michael, ich könnte Dich küssen für Deine phänomenale Idee.”

„Jederzeit”, schmunzelte der zu Damian herüber. Der wehrte ab. „In Gedanken, nur in Gedanken.”

„Feigling!”

„Jetzt habe ich Hunger”, teilte Alexander der Runde mit. „Soll ich für jeden eine Pizza bestellen?”

Allgemein zustimmendes Kopfnicken.

„Lou, Du hast doch die erste Gage, nicht wahr?”

Sie nickte.

„Gut. Konstantin hat uns eingeladen. Wir nehmen alle dankend an.”

Sie wußte, daß Widerspruch sinnlos sein würde. Den Einstand mußte Kon als erfolgreicher Debütant schon geben.

Alexander rief auf seinem Handy, das er von einem Tisch nahm, eine gespeicherte Nummer auf, wartete kurz und dann bestellte er. Die Lieferung würde in einer knappen Stunde kommen, sagte man ihm, den Weg eingeschlossen. Bis dahin würde Kon genügend geschlafen haben, um wieder mithalten zu können und sie selbst könnten sich noch etwas sonnen.

Lou legte nun auch ab und sorgte bei den Freunden für ein Staunen mit großen Augen. Das galt weniger dem Umstand, daß sie sich komplett auszog, gemeinsame Saunabesuche hatten längst alles offenbart, sondern einer Veränderung an ihr. Michael fand als erster seine Sprache wieder.

„Heiliger Strohsack, Lou! Seit wann trägst Du dort denn Blau?”

„Gefällt’s Euch?”

Keck stellte sie sich in Pose und stemmte ihre zarten Hände in die Hüften.

Ihre dichte goldblonde Wolle war ein himmelblauer Buschen geworden.

„Wollt Ihr das vielleicht auch haben?”

Mit leicht schräggestelltem Kopf lächelte sie die jungen Männer schelmisch an.

*

Konstantin hatte gut geschlafen und schickte sich an, zu seinen Freunden und Lou zurückzukehren. Gerade, als er den Eingangsbereich passierte, klingelte es an der Haustür. Vermittels der Sicherungskamera und der Gegensprechanlage erfuhr er, daß ein Pizzadienst liefern wollte. Er mußte sich etwas Zeit erbitten, da er so ganz „ohne” nicht öffnen konnte und wollte. Der nach seiner Schätzung etwa zwanzigjährige Kurier hätte das vielleicht gründlich mißverstanden und so rannte er los, um sich einen Bademantel und Geld zu holen.

Als er öffnete, bemerkte er erst, was für einen großen und gutaussehenden Burschen er vor sich hatte, der ihn frisch und frech mit einem „Hi! Hast Du soviel Hunger oder steigt bei Dir ’ne Party?” begrüßte und fröhlich anlachte.

„Hi! Bist Du immer so neugierig?”

„Nö. Aber fünf Pizzen? Da geht doch ’was ab, oder?”

„Wie heißt Du”, wollte Konstantin wissen, „und was kriegst Du?”

„Jeremias, und das macht sechzig €uro.”

„Ich bin Konstantin Seesenheim.”

Die beiden lächelten sich an.

Konstantin nahm die Packungen entgegen, die Jeremias aus einem Thermobehälter genommen hatte, und legte sie auf einem Stuhl neben dem Eingang ab. Er musterte den Boten, den er noch nie gesehen hatte.

Jeremias wirkte nicht wie ein einfacher Stundenlöhner auf ihn. Neben seinem guten, bei näherem Hinsehen tatsächlich sehr guten Aussehen, hatte er etwas, das auf einen besseren sozialen Hintergrund schließen ließ.

Seine körperliche Erscheinung deutete auf regelmäßigen Sport hin, vermutlich gar Fitnesstraining. Er trug enge Jeans, die einiges verrieten, und lediglich ein knappes T-Shirt, unter dem sich ein schönes Muskelspiel abzeichnete, dazu allerdings einen Nierenschutz wegen des Fahrtwindes auf seinem Motorrad.

Konstantin nahm fünfundsechzig €uro aus seiner Börse und hielt Jeremias die Scheine hin. Der bemerkte das Trinkgeld und bedankte sich sehr höflich, während er das Geld einsteckte.

„Sag’ mal, studierst Du oder warum fährst Du Pizzen aus? Bei Deinem Aussehen solltest Du als Fotomodell arbeiten. Bringt mehr.” Konstantin steckte die Hände in die Manteltaschen.

Jeremias sah erstaunt auf.

„Meinst Du wirklich?”

„Ja, klar, sonst würde ich es nicht sagen. Ich sage immer, was ich denke.”

„Danke für die gute Meinung. Hat mir noch kein Mann gesagt.” Jeremias lächelte ein wenig verlegen. „Und ja, ich studiere. Romanistik und Geschichte.”

„Tatsächlich?”

„Hm-hm.”

„Militär?”

„Fähnrich der Reserve. Warum?”

„Ach, nur so. Wie alt bist Du?”

„Einundzwanzig. Auch nur so?” Jeremias schmunzelte, obgleich ihm das Interview etwas seltsam vorkam.

„Auch nur so. − Freundin?”

„Nein.”

„Schwul?”

„Nein. Auch wenn’s Dich nichts angeht.” Jeremias runzelte ein wenig die Stirn. „Warum willst Du das alles wissen?”

„Ach, nur so. Ich interessiere mich für Menschen.”

„Ich auch”, konterte Jeremias. „Studierst Du?”

 

„Ja, Politikwissenschaften, im Nebenfach Geschichte.”

„Militär?”

„Leutnant der Reserve.”

„Ach ja? Und wie alt bist Du?”

„Vierundzwanzig.”

„Freundin?”

„Nein.”

„Schwul?”

„Nein.”

Nun lachten beide sich an und gaben sich fest die Hand.

„Wir sehen uns”, meinte Konstantin.

„Sicher”, erwiderte Jeremias. „Entweder hier an der Tür, wenn Du mal wieder großen Hunger hast oder in der Saunalandschaft. Du kennst doch die Römischen Thermen hier in der Nähe, nicht?”

„Oh ja. Gehst Du regelmäßig hin?”

„Jeden Freitag am Abend.”

„Dann sehen wir uns.”

„Na dann. Tschüs.”

Damit schwang Jeremias sich auf sein Motorrad und brauste davon, während Konstantin ihm kurz nachsah, ehe er die schwere Haustür schloß und sich nun beeilte, die Pizzen in den Garten zu tragen, ehe sie abkühlen würden.

„Ich freß’ ’nen Besen mit Pfeffer und Salz, wenn der unsere Truppe nicht verstärken wird”, murmelte Konstantin vor sich hin.

Seine Menschenkenntnis hatte ihm Jeremias’ Eignung signalisiert, obschon er es sich nicht wirklich erklären konnte.

*

„Aaah, da ist er wieder”, schallte es Konstantin entgegen, als er am Pool auf seine Freunde und Louisiana zuging und sich anschickte, jedem eine Pizza auszuhändigen. Er bemerkte die optische Veränderung bei Lou, die sofort bemerkte, daß er es bemerkt hatte, aber er sagte nichts. Die kleine Diskussion in der Bibliothek von Madame hatte ihm zumindest für diesen Tag gereicht.

„Jetzt siehst Du wieder besser aus”, versicherte ihm Michael, während der die Packung öffnete, freudig aufbrummte und genüßlich in die immer noch sehr warme Pizza biß. Daß das Besteck fehlte, störte ihn ausnahmsweise einmal nicht.

„Das ist aber schön, daß ich Dir wieder besser gefalle, mein Lieber”, grinste Konstantin Michael an und dann aßen sie erst einmal alle. Er hatte einen Riesenhunger, war als Erster fertig, zog den Bademantel aus und legte sich auf ihm in die Sonne.

„Und was machen wir heute noch”, fragte Konstantin mit Blick gen Himmel. „Hängen wir hier faul ab oder …?”

„Du darfst faulenzen”, gab ihm Louisiana zur Antwort, „aber wenn mein Handy läutet, hat vermutlich mindestens einer der Anderen heute noch Liebesdienste zu verrichten. Stellt Euch darauf ein, ja!”

Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel aufkommen, daß sie niemanden beurlauben würde, sollten Anforderungen kommen. Und sie kamen, keine halbe Stunde später.

*

Mitten in das allgemeine Dösen platzte der Anruf hinein. Louisiana nahm das Gespräch entgegen. Dabei stand sie auf und begann, langsam hin und her zu gehen.

Die jungen Männer richteten sich halb auf, selbst Konstantin war neugierig, obwohl er wußte, daß er an diesem Tag nicht noch einmal zum Einsatz kommen würde. Dann kehrte Lou zu den Vieren zurück.

„Der Großfürst hat Dienst”, verkündete sie und sah den Prinzen aufmunternd an.

„Glückwunsch, Alexander!”

Michael und Damian klopften ihm breit grinsend auf die Schultern. Konstantin hielt ihm den erhobenen Daumen entgegen. Alle waren neugierig, zu wem es wohl ginge. Kurijakin war besonders gespannt, ob er solch ein Glück haben würde, wie Konstantin. Lou ging vor ihm in die Hocke.

„Also, mein schöner Prinz. Du begleitest heute abend eine achtundvierzigjährige Dame in die Oper. Ihr Mann hält sich für längere Zeit in Wien auf − Diplomat. Du verstehst?” Alexander nickte. „Es gibt ‚Eugen Onegin’ in Originalfassung, ein Gastspiel der Russischen Staatsoper. Du kennst diese Oper?”

Alexander sah sie fast empört an − ob er eine der wichtigsten und schönsten Opern Rußlands, ein Werk von Tschaikowsky, wohl kennen würde. Einige Teile könnte er mitsingen.

„Schon gut, schon gut”, beschwichtigte sie ihn, denn sie deutete sein Mienenspiel richtig. „Ich wollte es nur gefragt haben. Also kannst Du schon mal mit Deinen Kenntnissen bei ihr punkten. Sie wird Dich danach zu einem kleinen, späten Essen in ihr Stadthaus mitnehmen und Du sollst Ihr bis morgen früh zur Verfügung stehen.” Sie sah Konstantin an. „Kannst Du ihn einkleiden? Ihr habt wohl ziemlich ein- und dieselbe Konfektionsgröße. Tuxedo wäre vermutlich overdressed. Ich denke, ein dunkler Nadelstreifen genügt in diesem Fall. Es ist keine Premiere. Die war schon.”

„Klar, habe ich alles da, das weißt Du doch.” Konstantin erhob sich und auch Alexander stand auf.

„Und wer ist es?”

„Du wirst Dich bis 19 Uhr vor dem ‚Chez Alexandre’ einfinden und dort wird sie Dich mit einem weinroten Rolls-Royce abholen. Besorge Dir eine gelbe Rose und stecke sie an.”

„Nimm Dir eine aus unserem Garten”, schlug Konstantin vor.

„Danke, das spart einen Weg”, meinte der Prinz.

„Ich weiß nicht, wie sie sich Dir vorstellen wird. Du wirst jedenfalls als ‚Großfürst’ auftreten. Sollte Dich deswegen jemand mit ‚Kaiserliche Hoheit’ ansprechen, genieße es und spiele die Rolle. Mach’ einfach auf Nebenlinie, dann passiert schon nichts, sollte sie jemandem begegnen, der gut informiert ist.

„Komm, mein Lieber”, stieß Konstantin Alexander an. „Jetzt gehst Du erst einmal duschen, richtest Dich und dann suchen wir aus meinem Fundus etwas für Dich aus. Ein Stück Weg hast Du ja, also wollen wir keine Zeit verlieren.” Er drehte sich um. „Bringst Du ihn, Lou, oder soll ich?”

„Nein, ich mach’ das schon.” Sie wollte sichergehen, daß alles glatt ablief.

Konstantin nahm Alexander bei der Hand und zog ihn mit sich. Louisiana grinste.

„Ihr gebt ein hübsches Paar ab”, rief sie beiden hinterher.

„Willst Du baden?”

Konstantin „drohte” mit wackelndem, erhobenen Zeigefinger in die Luft. Sie wollte nicht und sagte nichts mehr.

Es war besser so, denn Augenblicke später ertönte erneut das Klingelzeichen ihres Handys.

*

Alexander stieg unter die englische Brause, ließ aber die Kabinentür offen, damit sie sich besser unterhalten konnten. Konstantin hatte sich auf einen Holzschemel gesetzt. Der Prinz duschte sich erst einmal ab und bat seinen Freund, ihm die Haare zu waschen. Er liebte es, wenn das jemand für ihn übernahm. Da Konstantin nackt war, ging er einfach zu ihm in die große Kabine hinein, zog die Tür zu, hieß Alexander, sich zu ihm umzudrehen und die Augen zu schließen. Dann schäumte er ihn ein erstes Mal ein, massierte dabei gründlich die Kopfhaut und Alexander ließ bald ein leises Brummen des Wohlbefindens vernehmen, was Konstantin schmunzeln ließ. Er spülte ihn ab und wiederholte die Prozedur, nur daß es nun noch stärker schäumte und der Prinz eine dicke weiße Schaumkrone trug. Alexander streckte die Arme zur Seite und stützte sich an den Kabinenwänden ab. Konstantins Sozialverhalten gefiel ihm. Der spülte ihn wieder ab und drückte sich erneut Shampoo in die rechte Hand.

„Deinen Pelz auch”, verkündete er lapidar und schon wurde Alexanders dichte braune Krönung seines „Großfürsten” eingeschäumt und gründlich gereinigt. „Es wäre nicht so gut, wenn Du schon zu Beginn dort verschwitzt riechen würdest, nicht?”

Alexanders gewölbte Brust hob und senkte sich ein wenig deutlicher, als er sagte:

„Nun kannst Du mich auch komplett waschen. Ich wollte schon immer mal einen Badediener haben” und lächelte dabei genießerisch. „En avant!”

Konstantin zögerte einen Moment. Bekamen sie beide unerwartet homoerotische Anwandlungen? Er hatte in der Sauna schon junge Mädchen gesehen, die sich gegenseitig gereinigt hatten. Waren sie deswegen gleich lesbisch? Sicher nicht. Was sollte es also.

„Wenn Du es möchtest”, sagte er lässig. „dann mache ich es gern, wenn Du mir auch mal den Gefallen tust.”

„Sicher, kein Problem”, erwiderte der Prinz, „aber nun mach’ voran, sonst komme ich am Ende zu spät und verpasse alles.” Damit schloß er die Augen und ließ sich einseifen, einschließlich des „Großfürsten”. Daß der sein Wohlbefinden deutlich anzeigte, gehörte für Alexander zum Wohlfühlprogramm dazu. Und Monsieur Bouchon freute sich seinerseits bereits jetzt darauf, so zupackend behandelt zu werden, samt dessen, zu dem er gehörte.

*

„Michael, was hältst Du davon, eine junge Dame zu einer Party zu begleiten und anschließend bei ihr zu bleiben, wenn sie es will?”