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Schöpfungen der Ingenieurtechnik der Neuzeit

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Sammelbecken von außergewöhnlichen Abmessungen umfaßt auch die neue Wasserversorgung von New York. Zu den allerneusten und größten Stauwerken gehört eines, das in der Wiege der Stauwerke, in Ägypten, in erweiterter Gestalt dem Betrieb übergeben wurde. Es ist dies der bei Assuan errichtete Nildamm. Dieser wurde im Jahre 1903 zuerst für eine Staumenge von 1000 Mill. cbm ausgeführt, in neuerer Zeit aber derart erhöht, daß er 1300 Mill. cbm staut und nach Bedarf zur Bewässerung Unterägyptens abgibt.

Die größte elektrische Kraftzentrale liegt an den Niagarafällen und versorgt über Hunderte von Kilometern hinaus zahlreiche industrielle Werke und Verkehrsanlagen mit Strom. Dort wurde im Jahre 1879 die erste Dynamomaschine mit einer Leistung von 36 Pferdekräften für die Beleuchtung der Fälle aufgestellt. Jetzt leisten die elektrischen Anlagen rund 850 000 Pferdestärken. Die aus den Niagarafällen zu erzielenden Pferdekräfte werden auf 2 500 000 P.S. geschätzt. Das größte Dampfkraftwerk der Erde, das bei Bitterfeld belegene Golpawerk wurde während des Krieges fertiggestellt und führt u. a. der Stadt Berlin mittels einer 132 km langen Leitung 30 000 Kilowatt zu.

Eine jede elektrische Kraftübertragungsanlage besteht aus folgenden Teilen: dem den Strom erzeugenden Kraftwerke (Wassermotoren, Dampfmaschinen, Großgasmaschinen), der Hochspannungsleitung, den Transformatoren, den den Strom am Verbrauchsort aufnehmenden Einrichtungen, bestehend in Motoren, Lampen, chemischen Apparaten usw.

Für die elektrische Kraftübertragung haben sämtliche Arten des elektrischen Stroms: Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom Anwendung gefunden. Unter Gleichstrom versteht man diejenige Stromart, bei welcher der Strom wie ein ständig laufender Wasserstrahl stets in derselben Richtung sich bewegt. Der Wechselstrom ändert in rascher Folge seine Stärke und Richtung, und zwar in seiner üblichen Form fünfzigmal in der Sekunde. Man kann ihn mit dem in einer gewöhnlichen Kolbendampfmaschine wirkenden, hin- und hergehenden Dampfstrom vergleichen. Werden mehrere solcher Wechselströme benutzt, die ihre Richtung zu verschiedenen Zeiten wechseln, so erhält man den Mehrphasen- oder Drehstrom, so benannt, um ihn von dem Einphasenstrom zu unterscheiden. Um den Vergleich mit der Dampfmaschine beizubehalten, entspricht der Mehrphasen- oder Drehstrom dem in einer Mehrzylinder-Dampfmaschine mit gegeneinander versetzten Kurbeln arbeitenden Dampfstrom.

Der elektrische Strom besitzt eine gewisse Spannung und eine gewisse Stärke. Erstere entspricht, wenn wir uns des Vergleichs mit dem dahinströmenden Wasser weiter bedienen, dem Druck, letztere der Menge des dahinströmenden Wassers. Die Spannung wird in Volt, die Stromstärke in Ampere gemessen. Die Leistung erhält man durch die Multiplikation der in Volt gemessenen Spannung mit der in Ampere gemessenen Stromstärke. Das Produkt: 1 Volt mal 1 Ampere nennt man 1 Watt; 1000 Watt nennt man 1 Kilowatt. 0,6 Kilowatt entsprechen einer Pferdekraft.

Will man Gleichstrom für die Kraftübertragung benutzen, muß man in der Maschine selbst Strom von entsprechend hoher Spannung erzeugen. Dies ist schwierig und nur in gewissem Maße möglich. Nun ist aber die Kraftübertragung auf die hochgespannten Ströme angewiesen, wie nachstehende Überlegung ergibt. Der Querschnitt des zur Fortleitung des Stromes dienenden Drahtes ist proportional der zu befördernden Zahl der Ampere. Man kann also einen um so dünnern, das ist billigern Draht benutzen, je geringer die Zahl der Ampere ist. Der Wechselstrom hat dem Gleichstrom gegenüber den großen Vorzug, daß er sich auf sehr hohe Spannungen transformieren läßt. Hierbei verringert sich die Zahl der Ampere, so daß man den Strom in Leitungen geringen Querschnitts fortleiten und alsdann am Orte des Verbrauchs wieder auf Strom von der niedrigern für den jeweiligen Zweck geeigneten Spannung heruntertransformieren kann. Demgemäß benutzt man Gleichstrom innerhalb von industriellen Anlagen und Ortschaften geringerer Ausdehnung und zum Betriebe von Straßenbahnen. Soll aber die Übertragung über beträchtlichere Entfernungen hin erfolgen, so benutzt man Wechselstrom, und zwar meist Drehstrom, da dieser hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit den Einphasenstrom übertrifft.

Die elektrische Kraftübertragung im heutigen Sinne datiert vom 25. August 1891. An diesem Tage wurde die Kraft des bei Lauffen belegenen Neckarfalls nach Frankfurt a. M. übertragen, und zwar anläßlich des dort tagenden Internationalen Elektrotechniker-Kongresses und der dort veranstalteten elektrotechnischen Ausstellung. Die Übertragung von 300 P.S. erfolgte hier mit 8000 Volt auf eine Entfernung von 170 km bei einem Wirkungsgrad von 75 %. In Europa sind jetzt Überlandzentralen mit Spannungen bis zu 110 000 Volt, in Amerika sogar bis zu 140 000 Volt und mehr im Betriebe. Die Übertragung kann in wirtschaftlich einwandfreier Weise bis auf 5000 km erfolgen. Weitere Steigerungen auf größere Entfernungen und auf 200 000 bis 250 000 Volt Spannung liegen bereits im Bereiche technischer und wirtschaftlicher Möglichkeit. Die Verlegung der viele Kilometer entlang das Land überspannenden Leitungsnetze gestaltet sich häufig sehr schwierig, insbesondere dann, wenn breite Ströme oder Meeresarme zu überschreiten sind. Die größte Spannweite von 1463 m weist die den St. Lorenzstrom bei Three Rivers überschreitende Leitung auf. An den Ufern sind zwei Gittertürme von 107 m Höhe errichtet, die an ihren Spitzen zwei das Kabel tragende 31 m lange Arme besitzen.

Die Leben und Gesundheit bedrohenden Eigenschaften des elektrischen Stromes, die man anfangs stark unterschätzt hat, und die von den Freileitungen aus ihren verderblichen Weg nehmen können, sind geeignet, die Entwicklung des Luftverkehrs stark zu beeinträchtigen.

Jedes mit einer Freileitung in Berührung kommende Luftfahrzeug ist dem Verderben ausgesetzt. Hier eine alle Teile befriedigende Lösung zu finden, erscheint z. Z. unmöglich, und es wird von den Vertretern des Luftverkehrs die Forderung erhoben, die gefahrbringenden Freileitungen durch Kabel zu ersetzen oder unterirdisch zu verlegen. Man hat bisher versucht, unter großem Kostenaufwande die Freileitungen durch Blechhauben, farbige Ringe, Isolatoren usw., durch ungewöhnlich gefärbte oder gebaute Masten auf weite Entfernungen hin kenntlich zu machen. Alle diese Mittel versagen bei Dunkelheit und unsichtigem Wetter, werden auch meist erst dann erkannt, wenn es zu spät ist.

V. Elektrische Fernbahnen

Die erste elektrische Eisenbahn wurde auf der Berliner Gewerbeausstellung im Jahre 1879 durch Werner Siemens in Betrieb gesetzt. Auf Grund der mit dieser ersten, gewissermaßen nur einen Versuch bildenden Elektrobahn gemachten Erfahrungen erbaute sodann die Firma Siemens & Halske, Berlin, eine dem regelrechten Personenverkehr dienende Bahn zwischen dem Anhalter Bahnhof und der Hauptkadettenanstalt zu Lichterfelde bei Berlin. Es war dies die erste elektrische Eisenbahn der Welt im heutigen Sinne.

Werner Siemens hatte bereits erkannt, daß der elektrische Betrieb sich besonders für die Überwindung starker Steigungen, für Bergwerke und für städtische Hochbahnen eigne. Die Entwicklung der elektrischen Eisenbahnen hat sich in der Weise vollzogen, daß diese zunächst sich auf die von Werner Siemens vorstehend skizzierten Verhältnisse sowie auf den Betrieb von Straßenbahnen beschränkten, sich dann aber auch unter dem Vorgange Amerikas dem Betriebe der Fernbahnen zuwendeten. In den Vereinigten Staaten von Amerika ging man infolge der Stärke des dortigen Verkehrs mit dem Bau elektrischer Bahnen mit außerordentlicher Schnelligkeit vor. Schon im Jahre 1890 waren dort 2600 km elektrischer Eisenbahnen im Betrieb. Einige Jahre später begann auch in Europa eine Zunahme des elektrischen Betriebes, zunächst allerdings nur bei den Straßenbahnen. Vom Jahre 1911 aber setzte, unterstützt durch die Leistungen der deutschen Elektrizitätswerke, der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, der Union Elektrizitäts-Gesellschaft, Siemens & Halske, Schuckertwerke, Bergmann A. – G. auch in Europa unter Führung der preußischen und der schwedischen Staatsbahnverwaltung, der Bau von elektrischen Vollbahnen kräftig ein. Schon im Jahre 1903 waren von der Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen auf der Strecke Marienfelde–Zossen Versuche mit elektrischen Lokomotiven der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft und der Firma Siemens & Halske angestellt, die Fahrgeschwindigkeiten von mehr als 200 km in der Stunde ergaben, also die Geschwindigkeiten der Dampflokomotiven verdoppelten. Hier wurde hochgespannter Drehstrom benutzt, der den Motoren durch drei seitlich des Gleises angeordnete Drahtleitungen zugeführt wurde. Die Gründe, die die Preußische Staatsbahnverwaltung dazu geführt haben, für den Betrieb von Vollbahnen den elektrischen Strom, und zwar den sog. einphasigen Wechselstrom zu benutzen, sind die folgenden. Für Fernbahnen und Güterverkehr ist der Betrieb mittels Gleichstrom von niedriger Spannung zu kostspielig. Bei Verwendung von Drehstrom ist allerdings ein elektrischer Betrieb von Fernbahnen möglich, jedoch ist – abgesehen von der erforderlichen doppelten Leitung – die notwendige Wirtschaftlichkeit nur bei wenigen bestimmten Geschwindigkeiten zu erzielen, wodurch die Anwendbarkeit des Drehstroms stark beschränkt wird. Demgegenüber bietet der einphasige Wechselstrom eine Betriebsform der elektrischen Zugförderung, die den Anforderungen des Eisenbahnbetriebes in weitestem Umfange zu genügen vermag. Er gestattet, elektrische Leistung mit sehr hoher Spannung und daher in praktisch fast unbegrenzter Größe auf weite Entfernungen zu übertragen und den Triebfahrzeugen oder Lokomotiven durch eine einfache Fahrleitung, ähnlich wie bei den Straßenbahnen, zuzuführen. Auch können Triebmaschinen verwendet werden, die sich in vollkommenster Weise den wechselnden Bedingungen des Bahnbetriebes anpassen.

 

Die elektrische Zugbeförderung hat gegenüber dem Dampfbetrieb folgende Vorzüge: geringeres Gewicht der Antriebseinrichtungen, bezogen auf die Einheit der Leistung; wesentliche Ersparnis an Brennstoff bei dichter Zugfolge, bei kurzen Abständen der Haltepunkte, bei schwerem Verkehr und großer Fahrgeschwindigkeit, sowie auf Strecken mit starken und langen Steigungen; Möglichkeit, Wasserkräfte sowie minderwertige Brennstoffe, wie Braunkohlen und Torf, für die Beförderung der Züge nutzbar zu machen; Rückgewinnung von Arbeit im Gefälle; geringere Unterhaltungskosten der Triebfahrzeuge; geringere Aufwendungen für die Fahrmannschaft, da elektrische Triebfahrzeuge nur mit einem Mann besetzt zu werden brauchen; die Fahrkurbel kann so eingerichtet werden, daß der Zug selbsttätig zum Stillstand gebracht wird, wenn der Fahrer sie nicht in ganz bestimmter Weise handhabt, was eintreten würde, wenn der Fahrer dienstunfähig wird; geringer Raddruck der Triebfahrzeuge und daher geringere Beschaffungs- und Unterhaltungskosten des Oberbaues, weil die Anzahl der Triebachsen weniger beschränkt ist als bei Dampflokomotiven. Auch lassen sich elektrische Lokomotiven leistungsfähiger als Dampflokomotiven und in solcher Bauart herstellen, daß sie enge Krümmungen ohne wesentlichen Zwang durchfahren können. Hierdurch wird es möglich, bei Anlage neuer Bahnen diese dem Gelände besser anzupassen als Dampfbahnen, was unter Umständen eine erhebliche Verminderung der Baukosten zur Folge hat. Ferner läßt sich ein vorhandenes Bahnnetz besser ausnutzen, da gegenüber Dampfbetrieb die Zugfolge mehr verdichtet, die Zugbelastung und Geschwindigkeit erhöht werden können und auch Bahnen mit ungünstigen Steigungs- und Krümmungsverhältnissen dem großen Verkehr, dem sie sonst schwer zugänglich sind, dienstbar werden. Zu diesen Vorzügen treten dann noch Ersparnisse hinzu, die sich aus dem Wegfall der Kohlenvorräte, der Wasserstationen, Gasanstalten und der besonderen Elektrizitätswerke zur Beleuchtung und Kraftversorgung der Bahnhöfe und Werkstätten ergeben. Der Personenverkehr kann durch Einlegen von mit Akkumulatoren betriebenen Triebwagenfahrten in Fahrplanlücken mit verhältnismäßig geringem Mehraufwand verbessert werden. Auch ist es möglich, den Lokomotivbestand wegen der kürzeren Ruhepausen besser auszunutzen und die Anzahl der Lokomotivgattungen einzuschränken, weil die elektrische Ausrüstung bei Güter- und Personenzuglokomotiven die gleiche ist, und nur für den Schnellzugdienst besondere Lokomotiven erforderlich sind.

Andrerseits läßt sich bei Prüfung der Wirtschaftlichkeit des elektrischen Betriebes im Vergleich zum Dampfbetrieb nicht verkennen, daß die Kraftwerke und die Leitungen bedeutende Anlagekosten und daher auch einen großen Aufwand an Zinsen und Rücklagen beanspruchen. Hieraus folgt, daß elektrischer Betrieb auf Bahnen mit schwachem Verkehr dem Dampfbetrieb wegen schlechter Ausnutzung der teuren Anlagen nachsteht, wenn nicht ein Ausgleich durch Abgabe elektrischer Energie für Nebenzwecke möglich ist. Demnach ist der elektrische Betrieb in erster Linie für Bahnen mit erheblichen Leistungen ins Auge zu fassen, und namentlich für solche, wo die elektrische Energie aus Wasserkräften oder aus billigen Brennstoffen gewonnen werden kann.

Hinsichtlich der Zuverlässigkeit steht der elektrische Betrieb, wie die bereits vorliegenden reichen Erfahrungen lehren, hinter dem Dampfbetrieb nicht zurück. Störungen, die durch Unfälle in einem Kraftwerk verursacht werden, können durch Bereithaltung von Aushilfsmaschinen oder durch Anlage mehrerer untereinander verbundener Stromerzeugungsanlagen vermieden werden. Die neuesten Hilfsmittel der Technik gewährleisten eine sehr betriebssichere Herstellung der Leitungsanlagen und Triebfahrzeuge. Aus allen diesen Umständen hat die preußische Staatsbahnverwaltung es als ihre unabweisbare Pflicht erkannt, die Einführung der elektrischen Zugförderung mit Nachdruck zu betreiben.

Auf Grund aller dieser Erwägungen ging man dann im Gebiete der preußisch-hessischen Staatsbahnen mit der Einführung des elektrischen Betriebes vor. Die hierzu erforderlichen Vorarbeiten konnten als abgeschlossen gelten, nachdem eine größere Anlage, die Stadt- und Vorortbahn Blankenese–Ohlsdorf, die Brauchbarkeit des elektrischen Betriebes mit einphasigem Wechselstrom ergeben hatte.

Die erste seitens der preußischen Staatseisenbahn-Verwaltung in Betrieb gesetzte elektrische Fern-Eisenbahn ist die Linie Magdeburg–Bitterfeld–Leipzig und Leipzig–Halle a. d. S. Zunächst hat man die Strecke Dessau–Bitterfeld elektrisiert und ist auf Grund der hier gemachten Erfahrungen zu der Elektrisierung der übrigen Strecke übergegangen, von denen die von Magdeburg nach Leipzig 118 km lang ist. Die ursprünglich auf 10 000 Volt bemessene Fahrdrahtspannung ist auf Grund der mit der Fahrleitungsanlage Dessau–Bitterfeld gemachten günstigen Erfahrungen auf 15 000 Volt erhöht. Das den elektrischen Strom liefernde Kraftwerk liegt bei dem Dorfe Muldenstein bei Bitterfeld und benutzt als Brennstoff die dort zu billigem Preise zur Verfügung stehende Braunkohle. Die Betriebsmaschinen dieses Kraftwerks sind 5 Dampfturbinen von je 5000 P.S. Der Strom von 60 000 Volt Spannung wird durch eine kupferne Leitung nach Bitterfeld und sodann zu den Unterwerken: Gommern bei Magdeburg, Marke zwischen Dessau und Bitterfeld, Wahren zwischen Halle und Leipzig geleitet. In diesen Unterwerken wird die Spannung auf 15 000 Volt heruntertransformiert.

Die Fahrleitung wird von eisernen Masten getragen. Auf der Strecke Dessau–Bitterfeld stehen dieselben in Abständen von je 75 m; auf den übrigen Strecken ist dieser Abstand auf 100 m erhöht. Hierdurch wird außer einer Verminderung der Porzellanisolatoren auch eine bessere Übersichtlichkeit der freien Strecke und hiermit eine bessere Sichtbarkeit der Signale erzielt. Das Tragseil der Fahrleitung besteht auf der freien Strecke großenteils aus Stahl, teilweise auch aus Bronze. Auf denjenigen Bahnhöfen, auf denen neben den elektrischen Lokomotiven auch Dampflokomotiven verkehren, wird die gegen die Rauchgase weniger empfindliche Bronze oder sog. Monnotmetall, Kupferpanzerstahl, verwendet.

Auf der Strecke schwillt der Verkehr zur Zeit der Rübenernte stark an. Die Gewichte der Personenzüge betragen durchschnittlich 170 t, diejenigen der Schnellzüge 130 t, die der Güterzüge schwanken zwischen 600 t und 1500 t. Die Lokomotiven besitzen einen oder zwei hochliegend angeordnete Triebmotoren, die ihre Energie unter Vermittlung einer Blindachse auf die Treibachsen übertragen. Die Vorteile dieser Bauart liegen in der durch die hohe Schwerpunktslage gewährleisteten guten Lauffähigkeit der Lokomotiven, in der Zugänglichkeit der Triebmotoren auch während der Fahrt. stellt einen Personenzug einer elektrischen Vollbahn nebst den Drahtleitungen dar.

Unter den elektrischen Fernbahnen steht, was Überwindung der bei dem Bau in die Erscheinung tretenden Schwierigkeiten betrifft, an erster Stelle die zur Spitze der Jungfrau, führende elektrische Eisenbahn. Sie geht von der Station Klein-Scheidegg der Wengernalpbahn in einer Meereshöhe von 2063 m aus und wird mit einer Gesamtlänge von 12 km bis zur Spitze der Jungfrau (4166 m über dem Meere) hinaufgeführt. Sie ist im Hinblick auf die zu überwindenden starken Steigungen als Zahnradbahn von 1 m Spurweite ausgebildet. Die einzelnen Stationen sind, von Scheidegg ab beginnend: Eigergletscher, Rothstock, Eigerwand, Eismeer, Jungfraujoch, Jungfrau. Die Station Jungfrau liegt etwa 70 m unter dem Gipfel; dieser letzte Höhenbetrag wird durch einen senkrechten Aufzug überwunden.

Die größte Steigung beträgt 250 ‰; die kleinsten Krümmungsradien betragen in den Tunneln 200 m, auf der freien Strecke 100 m. Der bei weitem überwiegende Teil der Bahn liegt in Tunneln; nur 2,2 km, nämlich von Scheidegg bis kurz hinter Eigergletscher, liegen frei. Der Betrieb erfolgt durch Drehstrom. Dieser wird mit 7000 Volt Spannung in einem bei Lauterbrunnen belegenen Kraftwerk erzeugt, nach der Kleinen Scheidegg geleitet und hier für den Lokomotivenbetrieb auf 500 Volt umgeformt. Den Lokomotiven wird der elektrische Strom durch eine Oberleitung zugeführt; jede Lokomotive hat 2 Motoren von je 150 P.S. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt nicht über 8,5 km in der Stunde. Zur Sicherung der Züge sind drei voneinander unabhängige Bremseinrichtungen vorgesehen, von denen jede einzelne den ganzen Zug halten kann.

Die Stationen sind in den Fels eingesprengt, jedoch mit Öffnungen nach der Außenseite des Berges zu ausgestattet, um einen Überblick über die Welt des Hochgebirges zu ermöglichen. Die ganze Bahn ist fast ein einziger scharf aufsteigender Tunnel. Die Station Eigergletscher wurde, nachdem mit den Bauarbeiten im Jahre 1896 begonnen war, am 19. September 1898 dem Verkehr übergeben; ihr folgte am 18. Juni 1903 die Station »Eigerwand« und am 25. Juli 1905 die Station »Eismeer«. Der Bau ruhte nun bis zum Winter 1907. Man befolgte nämlich bei dem Bau der Jungfraubahn das Prinzip der stufenweisen Vollendung, da diese sich als finanziell vorteilhaft erwiesen hat. Ursprünglich sollte die ganze Linie innerhalb von 7 Jahren mit einem Kostenaufwande von 8 000 000 Fr. ausgeführt werden. Nun stellte sich aber, wie bei vielen anderen Riesenwerken, alsbald heraus, daß die veranschlagten Baukosten erheblich überschritten werden mußten und zwar allmählich um 2 000 000 Fr. Das zu durchbohrende Gestein zeigte nämlich eine derartige Härte, daß der laufende Meter des Tunnels über 1000 Fr. kostete. Dadurch, daß man in die Bauarbeiten Pausen einschaltete, erreichte man eine bessere Verzinsung des aufgewendeten Kapitals.

Die Tunnelstrecke Eismeer–Jungfraujoch hat eine Länge von 3,5 km und wurde am 1. August 1912 eröffnet. Man begann zunächst hinter der Station Eismeer mit dem Ausbruch eines Raumes zur Aufnahme der Einrichtungen für den Betrieb der Bohrmaschinen und für die Aufrechterhaltung der Lüftung. Auch trieb man einen Querstollen ins Freie hinaus, aus dem man das ausgebrochene Gestein in die Tiefe hinabstürzte. Im Juni 1911 brach man einen zweiten Hilfsstollen, den 60 m langen Mönchsstollen zur Südwestwand des »Mönch« hindurch, wodurch die Ventilation erheblich verbessert und der Abwurf des losgesprengten Materials wesentlich erleichtert wurde. Der Vortrieb des Tunnels betrug wegen der großen Härte des Gesteins (Gneis) nur etwa 3,5 m täglich.

Die für die Rentabilität der Bahn erforderliche Zahl von jährlich 50 000 Besuchern wurde bereits im Jahre 1911 um 34 000 überschritten.

Von besonderem Interesse ist die am 1. Juli 1913 dem Betriebe übergebene Lötschbergbahn, deren Bedeutung darin besteht, daß sie Deutschland und Nordfrankreich sowie der nördlichen Schweiz einen bequemen Zugang zum oberen Rhonetal und an die Simplonlinie ermöglicht. In diese geht sie bei Brig in Wallis über. Die Länge beträgt 74 km. Außerordentlich waren auch hier die zu überwindenden Terrainhindernisse; unter den zahlreichen Bauten sind der 1665 m lange Kehrtunnel bei Fürthen, der von uns bereits auf S. 30 behandelte 14 536 m lange Lötschbergtunnel und außerdem noch 12 Tunnel besonders hervorzuheben. Die höchste Steigung beträgt 27 %; die kleinsten Radien der Krümmungen sind 300 m. Die elektrischen Lokomotiven haben 5 miteinander gekuppelte Achsen und außerdem vorn und hinten je eine Laufachse. Sie besitzen 2500 P.S. und können auf einer Steigung von 17 % einen Zug von 530 t und auf einer Steigung von 27 % einen Zug von 310 t mit einer Stundengeschwindigkeit von 50 km befördern. Ihre Maximalgeschwindigkeit beläuft sich auf 75 km in der Stunde. Die Lokomotiven haben folgende Abmessungen: Größte Länge über die Puffer gemessen 16,000 m; totaler Radstand 11,340 m; Triebraddurchmesser 1,350 m; Laufraddurchmesser 0,850 m; maximaler Achsdruck 16,6 t; Totalgewicht 104 t; Reibungsgewicht 78,2 t.

Zum Gipfel des Montblanc führen zwei Zahnradbahnen und eine Seilschwebebahn. Die eine Zahnradbahn hat Höchststeigungen von 250‰ und kleinste Krümmungen von 50 m Radius. Sie führt von dem 580 m über dem Meere gelegenen Le Fayet zu dem Aiguille du Gouter (3820 m über dem Meere) hinauf und ist etwa 18,5 km lang. Auf ihrer obersten Strecke verlaufen 3,1 km in einem Tunnel.

Gegenwärtig steht das gesamte Eisenbahnwesen im Zeichen der Elektrisierung, der Umstellung des Dampfbetriebes auf elektrischen Betrieb. Die preußische Staatsbahnverwaltung hat außer der bereits erwähnten Strecke Dessau–Bitterfeld auch die Elektrisierung der 270 km langen Strecke Lauban–Königszelt und der Berliner Stadtbahn in Angriff genommen und ihre durch den Krieg, insbesondere den Mangel an Kupferfahrdraht unterbrochenen Arbeiten wieder aufgenommen. Die bayerischen Bahnen werden, beginnend mit der Linie München–Partenkirchen, von dem »Bayernwerk« aus mit Strom versorgt werden. In Schweden wird bereits seit einigen Jahren die im Norden liegende 130 km lange Reichsgrenzenbahn elektrisch betrieben, und weitere Elektrisierungen folgten. In der über billige Wasserkräfte verfügenden Schweiz ging zuerst die Gotthardbahn mit ihrer 110 km langen Strecke Erstfeld–Bellinzona vor, um sodann zur Elektrisierung des gesamten 266 km langen Netzes Luzern–Chiasso überzugehen. Unter dem Druck der durch den Weltkrieg verursachten Kohlennot wurden diese Arbeiten beschleunigt und im Jahre 1918 wurde beschlossen, die gesamten 2750 km umfassenden Schweizer Bundesbahnen im Laufe von 30 Jahren auf elektrischen Betrieb umzustellen. Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika verbreitet sich der elektrische Betrieb andauernd, und in England wurde am Anfang des Jahres 1920 ein Ausschuß eingesetzt, um die grundlegenden Fragen zu beraten. Von ausschlaggebender Wichtigkeit ist die Wahl der Stromart: Gleichstrom, Drehstrom und Einphasenwechselstrom. Der Gleichstrombetrieb, der aus dem Stadtbetriebe übernommen wurde, kommt im Fernbahnbetrieb nur gemeinsam mit Erzeugung von Drehstrom und Umformung in Gleichstrom zur Verwendung. Das Gleichstromsystem ist erst durch seine neuerdings erfolgte Entwicklung für Betriebsspannungen bis zu 3000 Volt wirtschaftlich verwendbar geworden. Dasselbe befindet sich neben dem Einphasensystem in den Vereinigten Staaten in Benutzung, deren größte elektrische Bahnanlage mit 3000 Volt Gleichstrom betrieben wird. Von Amerika aus soll eine Vorliebe für den Gleichstrom sich auf Frankreich übertragen haben. Das Drehstromsystem mit seinem bezüglich der Geschwindigkeit schwer zu regulierenden Drehstrommotor und mit seiner den Bau der Kreuzungen und Weichen sehr erschwerenden zweipoligen Fahrleitung wird nur noch von den italienischen Staatseisenbahnen benutzt. Das Einphasensystem mit seinem einpoligen Fahrdraht und seiner hohen Arbeitsspannung ermöglicht eine Kraftübertragung von einfachster Form. Zu den vorgenannten Systemen kommen dann noch gemischte Systeme hinzu, ohne jedoch zu erheblicher Verbreitung zu gelangen. Als normale Stromart ist in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Schweden, Norwegen Einphasenwechselstrom von 15 000 Volt und 16⅔ Perioden angenommen. Im Jahre 1920 waren von dem 35 0000 km umfassenden europäischen Bahnnetz etwa 2000 km, von den 585 000 km umfassenden amerikanischen Bahnen etwa 4000 km für elektrische Zugbeförderung eingerichtet.