Fälle und Lösungen zur StPO

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Lösungsvorschlag
1 Entscheidung
1.1 Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln

Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen. T hat gegenüber O eine Körperverletzung begangen.

Ein Schaden ist dadurch bereits eingetreten. Es liegt eine Straftat gem. § 223 StGB vor. Eine Schadensvertiefung ist nicht möglich, da T polizeilich gestellt wurde.

Betroffene Rechtsgüter sind die Individualrechtsgüter körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des O sowie die objektive Rechtsordnung.

Es handelt sich um eine abgeschlossene Rechtsgutverletzung. Daher ist hier ein repressives Einschreiten zur Strafverfolgung erforderlich.

1.2 Benennung der zu treffenden Maßnahme

Bei der zu veranlassenden Maßnahme könnte es sich um die Entnahme einer Blutprobe (durch einen Arzt) gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO handeln.

2 Zuständigkeit
2.1 Sachliche Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 5 BPolG i. V. m. § 163 Abs. 1 StPO i. V. m. § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 1 Abs. 1 BPolZV.

2.2 Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BPolZV.

3 Eingriff
3.1 Befugnisnorm

Zu prüfen sind die Voraussetzungen einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO.

Dazu müsste T zunächst Beschuldigter sein.

Beschuldigter ist jede Person, gegen die aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte strafrechtlich ermittelt wird.

T hat sich der Straftat der Körperverletzung gem. § 223 StGB gegenüber O verdächtig gemacht. Aufgrund dessen wurden gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet und die ersten strafprozessualen Maßnahmen getroffen.

T ist somit Beschuldigter.

Weiterhin müsste die körperliche Untersuchung (hier Blutentnahme) des T dem Untersuchungszweck dienen.

Die körperliche Untersuchung dient der Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind und für deren Vorliegen bereits bestimmte Anhaltspunkte bestehen.

Der Verdacht auf Alkoholkonsum durch den T konnte sich mithilfe des durchgeführten Atemalkoholtestes bestätigen. T hat einen Atemalkohol von 1,15 Promille. Diese Tatsache ist im Rahmen der be- und entlastenden Beweisführung im Strafverfahren von Bedeutung. Eine Entnahme von Blut dient der Feststellung der Blutalkoholkonzentration. Dabei handelt es sich um eine Tatsache, die als Erkenntnisgewinn dazu dienen kann, den Umfang der Schuld des Täters festzustellen.

Somit dient die körperliche Untersuchung (hier Blutentnahme) dem Untersuchungszweck.

Somit liegen die Voraussetzungen einer Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1 StPO vor.

Es müsste ferner eine ordnungsgemäße Anordnung für die Blutentnahme vorliegen. Die Anordnung obliegt gem. § 81a Abs. 2 StPO grds. dem Richter. Laut Sachverhalt liegt hier keine richterliche Anordnung vor.

Ausnahmsweise kann die Anordnung, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung, auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen erfolgen.

Es müsste also eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vorliegen.

Eine Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung liegt dann vor, wenn eine beweiskräftige Tatsache sich mit der Zeit verändern würde, sodass eine Rekonstruktion der tatsächlichen Umstände des Tatherganges durch den zeitlichen Verzug, der durch die Einholung einer richterlichen Anordnung entstehen würde, nicht mehr möglich wäre.

T hat einen Atemalkoholwert von 1,15 Promille. Die Blutalkoholkonzentration ist unklar. Der Abbau beträgt ca. 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde. Die Einholung einer richterlichen Entscheidung würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin würde die Alkoholkonzentration im Blut durch den Körper entsprechend abgebaut, sodass sich dann ggf. nicht mehr bestimmen lässt, wie hoch der Promillewert des T bei Tatbegehung tatsächlich war. Verlässliche Angaben können nur durch eine unverzügliche Blutentnahme gewonnen werden.

Somit liegt eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vor.

Die Anordnung müsste durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft erfolgen.

Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist jeder PVB, der mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst ist (vgl. § 12 Abs. 5 BPolG oder § 152 Abs. 2 GVG).

PHM Beier ist aufgrund seiner Amtsbezeichnung mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst und damit Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft. Er ist somit anordnungsbefugt.

Die ordnungsgemäße Anordnung des § 81a Abs. 2 StPO liegt vor.

Insgesamt sind die Voraussetzungen für eine Blutentnahme gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO somit gegeben.

3.2 Adressat

Die Maßnahme müsste sich gegen den richtigen Adressaten richten.

Der Adressat der Blutentnahme ergibt sich aus der Befugnisnorm selbst. Hier ist es der Beschuldigte T, der somit richtiger Adressat der Maßnahme ist.

3.3 Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen/Verhältnismäßigkeit

Die Blutentnahme müsste verhältnismäßig sein, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen.

Die Maßnahme müsste geeignet sein.

Geeignet ist die Maßnahme, wenn sie objektiv zwecktauglich ist, das polizeiliche Ziel zu erreichen.

Das polizeiliche Ziel ist es hier, die konkrete Blutalkoholkonzentration des T für eine qualifizierte Strafverfolgung festzustellen. Die Blutentnahme ist objektiv zwecktauglich, das polizeiliche Ziel zu erreichen.

Somit ist die Maßnahme geeignet.

Die Maßnahme müsste auch erforderlich sein.

Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn sie von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige ist, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

Ein milderes Mittel als die Blutentnahme des T wäre ein Atemalkoholtest. Dieser wurde bereits durchgeführt und ergab einen Wert von 1,15 Promille. Der Atemalkoholtest ist jedoch nur bedingt beweisgeeignet. Weitere mildere Maßnahmen, die gesichert das polizeiliche Ziel erreichen, sind nicht erkennbar.

Somit ist die Maßnahme auch erforderlich.

Die Maßnahme müsste auch angemessen sein.

Angemessen ist eine Maßnahme, wenn sie zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar außer Verhältnis steht. Eine Rechtsgüterabwägung hat zu erfolgen.

Durch die Maßnahme wird in das Grundrecht auf Menschenwürde (Verletzung des Schamgefühls) gem. Art. 1 Abs. 1 GG, in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG sowie in das Grundrecht auf Freiheit der Person gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 104 Abs. 1 GG (hier mindestens als Freiheitsbeschränkung durch das erforderliche Verbringen zur Dienststelle, ggf. Krankenhaus zur Durchführung der Blutentnahme durch einen Arzt) des T eingegriffen.

Geschützte Rechtsgüter sind hier die objektive Rechtsordnung und der Strafverfolgungsanspruch des Staates.

Ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person gehört zu den schwerwiegendsten Grundrechtseingriffen. Der Grundrechtseingriff in die Rechte des T ist aber zunächst nur von kurzer Dauer, hier bis zur Blutentnahme auf der Dienststelle oder ggf. im Krankenhaus.

Ebenso stellt ein Eingriff in das Recht auf Menschenwürde, hier Verletzung des Schamgefühls, einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte des T dar. Sofern der Eingriff (Blutentnahme) von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, ist eine Verletzung der Menschenwürde nicht zu erkennen. Die Maßnahme stellt einen medizinischen Routineeingriff dar.

Der Eingriff in die Rechte des T bringt keine bleibenden Schäden für T mit sich. Durch die Blutentnahme wird dem Körper des T eine kleine Wunde zugefügt, die in der Regel schnell und unkompliziert verheilt. Die Maßnahme stellt also keinen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des T dar.

Zudem hat sich der T durch seine Tat selbst in die Lage gebracht. Gegen T besteht dringender Tatverdacht der Straftat Körperverletzung gem. § 223 StGB. Das Ergebnis der Blutentnahme kann ggf. entlastend in das Strafverfahren eingehen. Daher wäre die Maßnahme sogar im Interesse des T. Der Nachteil, den T erleidet, steht somit insgesamt nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck der Maßnahme.

Damit ist die Maßnahme auch angemessen.

Die Maßnahme ist insgesamt verhältnismäßig.

3.4 Besondere gesetzliche Pflichten/Formvorschriften

– Blutentnahme nur durch einen Arzt gem. § 81a Abs. 1 StPO,

– keine Verletzung des Scham- und Ehrgefühls gem. § 81d StPO,

 

– Zweckbindung gem. § 81a Abs. 3 StPO.

3.5 Feststellung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme

Insgesamt ist die Entnahme einer Blutprobe (durch einen Arzt) gem. § 81a Abs. 1, 2 StPO rechtmäßig.

Fall 2: Körperliche Untersuchung beim Zeugen – § 81c Abs. 1, 5 StPO
Sachverhalt

Sie sind im Rahmen Ihres bahnpolizeilichen Praktikums in der BPOLI Hamburg eingesetzt.

Im Rahmen Ihrer Streifentätigkeit zusammen mit PHM Beier erhalten Sie von Ihrem Gruppenleiter über Funk den Auftrag, einen Streit im Eingangsbereich des Hauptbahnhofes Hamburg aufzuklären und die erforderlichen Maßnahmen vor Ort zu treffen.

Dort eskalierte soeben ein Streit zwischen zwei Reisenden. Im Verlauf der Auseinandersetzung prügelte der Täter (T) auf sein Opfer (O) ein und verletzt dieses.

Sie eröffnen dem T den Tatvorwurf der Körperverletzung gem. § 223 StGB und belehren ihn über seine Rechte. Anschließend stellen Sie die Identität von T und O fest und befragen beide zum Tathergang.

Anschließend wird der verletzte O ins nächste Krankenhaus gebracht.

Aufgabe

Prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der nun vordringlich gegenüber O zu veranlassenden Maßnahme (Ziffer 1 bis 3.5 des Prüfschemas)!

Lösungsvorschlag
1 Entscheidung
1.2 Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln

Die Entscheidung zu präventivem oder repressivem Handeln ist zu treffen. T hat gegenüber O eine Körperverletzung begangen.

Ein Schaden ist dadurch bereits eingetreten. Es liegt eine Straftat gem. § 223 StGB vor. Eine Schadensvertiefung ist nicht möglich, da T polizeilich gestellt wurde.

Betroffene Rechtsgüter sind die Individualrechtsgüter auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit des O sowie die objektive Rechtsordnung.

Es handelt sich um eine abgeschlossene Rechtsgutverletzung. Daher ist repressives Handeln zur Strafverfolgung erforderlich.

1.2 Benennung der zu treffenden Maßnahme

Bei der nun zu veranlassenden Maßnahme könnte es sich um die körperliche Untersuchung von Zeugen gem. § 81c Abs. 1, 5 StPO handeln.

2 Zuständigkeit
2.1 Sachliche Zuständigkeit

Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 5 BPolG i. V. m. § 163 Abs. 1 StPO i. V. m. § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 1 Abs. 1 BPolZV.

2.2 Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 58 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 BPolZV.

3 Eingriff
3.1 Befugnisnorm

Zu prüfen sind die Voraussetzungen einer körperlichen Untersuchung von Zeugen gem. § 81c Abs. 1, 5 StPO.

Zunächst müsste ein Straftatverdacht vorliegen.

Das heißt, es liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine verfolgbare Straftat begangen wurde.

Ein sog. Anfangsverdacht gem. § 152 Abs. 2 StPO der Straftat Körperverletzung gem. § 223 StGB liegt vor.

Somit liegt ein Straftatverdacht vor.

Ferner müsste sich die Maßnahme gegen eine andere Person als den Beschuldigten richten.

Das sind alle Personen, die nicht zu den Beschuldigten i. S. d. § 81a StPO gehören.

Der O ist das Opfer der Tat. Er ist somit Zeuge und nicht Beschuldigter der Tat. Dies ist der T.

Somit richtet sich die Maßnahme gegen eine andere Person als den Beschuldigten.

Weiterhin müsste die körperliche Untersuchung des O dem Spuren- und Zeugengrundsatz dienen.

Hierfür müssen bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich am Körper des Zeugen eine bestimmte Spur oder Folge einer Straftat befindet, deren Feststellung für die Wahrheitsfindung dienlich ist.

Der O ist Opfer der Straftat Körperverletzung geworden. An seinem Körper lassen sich demnach Spuren der Tat feststellen, insbesondere Spuren auf der Körperoberfläche, wie z. B. Hämatome und weitere Verletzungen. Die Maßnahme dient der Erforschung des Sachverhaltes.

Somit dient die körperliche Untersuchung des O dem Spuren- und Zeugengrundsatz.

Somit liegen die Voraussetzungen einer körperlichen Untersuchung von Zeugen gem. § 81c Abs. 1 StPO vor.

Es müsste ferner eine ordnungsgemäße Anordnung für die Untersuchung vorliegen. Die Anordnung obliegt gem. § 81c Abs. 5 StPO grds. dem Gericht. Laut Sachverhalt liegt hier keine gerichtliche Anordnung vor.

Ausnahmsweise kann sie bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen erfolgen.

Es müsste also eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vorliegen.

Eine Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung liegt dann vor, wenn eine beweiskräftige Tatsache sich mit der Zeit verändern würde, sodass eine Rekonstruktion der tatsächlichen Umstände des Tatherganges durch den zeitlichen Verzug, der durch die Einholung einer richterlichen Anordnung entstehen würde, nicht mehr möglich wäre.

Der O hat Verletzungen in Folge der Körperverletzung erlitten. Die Einholung einer gerichtlichen Entscheidung würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin würden die Verletzungen des O möglicherweise bereits verheilt oder die Spurenlage durch die Behandlung im Krankenhaus verändert worden sein, sodass sich dann nur noch schwer bestimmen lässt, wie schwer die Verletzungen des O unmittelbar nach der Tat tatsächlich waren. Verlässliche Angaben können nur durch eine unverzügliche körperliche Untersuchung gewonnen werden.

Somit liegt eine Gefährdung des Untersuchungserfolges vor.

Es müsste sich beim Anordnenden um eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft handeln.

Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist jeder PVB, der mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst ist (vgl. § 12 Abs. 5 BPolG oder § 152 Abs. 2 GVG).

PHM Beier ist aufgrund seiner Amtsbezeichnung mindestens vier Jahre im Polizeivollzugsdienst und damit Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft. Er ist somit anordnungsbefugt.

Die ordnungsgemäße Anordnung des § 81c Abs. 5 StPO liegt vor.

Insgesamt sind die Voraussetzungen für eine körperliche Untersuchung gem. § 81c Abs. 1, 5 StPO somit gegeben.

3.2 Adressat

Die Maßnahme müsste sich gegen den richtigen Adressaten richten.

Der Adressat der körperlichen Untersuchung von Zeugen ergibt sich aus der Befugnisnorm selbst. Hier ist es der Zeuge und zgl. Opfer O, der richtiger Adressat der Maßnahme ist.

3.3 Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen/Verhältnismäßigkeit

Die körperliche Untersuchung des Zeugen müsste verhältnismäßig sein, d. h. geeignet, erforderlich und angemessen.

Die Maßnahme müsste geeignet sein.

Geeignet ist die Maßnahme, wenn sie objektiv zwecktauglich ist, das polizeiliche Ziel zu erreichen.

Das polizeiliche Ziel ist es hier, Spuren als Folge der Tat u. a. auf der Körperoberfläche des O festzustellen. Die körperliche Untersuchung ist objektiv zwecktauglich, das polizeiliche Ziel zu erreichen.

Somit ist die Maßnahme geeignet.

Die Maßnahme müsste auch erforderlich sein.

Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn sie von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige ist, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

Mildere Maßnahmen wären eine Befragung des Opfers nach seinen Verletzungen bzw. eine Inaugenscheinnahme der Körperoberfläche. Allerdings kann dadurch das polizeiliche Ziel nicht gesichert erreicht werden. Ein milderes Mittel als die körperliche Untersuchung ist nicht erkennbar.

Somit ist die Maßnahme auch erforderlich.

Die Maßnahme müsste auch angemessen sein.

Angemessen ist eine Maßnahme, wenn sie zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar außer Verhältnis steht. Eine Rechtsgüterabwägung hat zu erfolgen.

Durch die Maßnahme wird in das Grundrecht auf Menschenwürde (Verletzung des Schamgefühls) gem. Art. 1 Abs. 1 GG, in das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG sowie in das Grundrecht auf Freiheit der Person gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 104 Abs. 1 GG (hier als Freiheitsbeschränkung durch das erforderliche Verbringen zum Krankenhaus zur Durchführung der körperlichen Untersuchung durch einen Arzt) des O eingegriffen.

Geschützte Rechtsgüter sind die objektive Rechtsordnung und der Strafverfolgungsanspruch des Staates.

Ein Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Person gehört zu den schwerwiegendsten Grundrechtseingriffen. Der Grundrechtseingriff in die Rechte des O ist aber zunächst nur von kurzer Dauer, hier bis zur Beendigung der körperlichen Untersuchung im Krankenhaus.

Ebenso stellt ein Eingriff in das Recht auf Menschenwürde, hier Verletzung des Scham- und Ehrgefühls, einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte des O dar. Sofern die körperliche Untersuchung von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wird und unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, ist eine Verletzung der Menschenwürde nicht zu erkennen. Der Eingriff in die Rechte des O bringt keine bleibenden Schäden für O mit sich. Die Maßnahme stellt also keinen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des O dar.

Das Ergebnis der körperlichen Untersuchung geht in das Strafverfahren gegen den T ein. Die Maßnahme ist im Interesse des O. Der Nachteil, den O erleidet, steht somit insgesamt nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck (Strafverfolgungsanspruch des Staates) der Maßnahme.

Damit ist die Maßnahme auch angemessen.

Die Maßnahme ist insgesamt verhältnismäßig.

3.4 Besondere gesetzliche Pflichten/Formvorschriften

– Körperliche Untersuchung darf aus den gleichen Gründen wie das Zeugnis verweigert werden gem. § 81c Abs. 3 StPO,

– Beachtung des Grundsatzes der Zumutbarkeit gem. § 81c Abs. 4 StPO,

– körperliche Eingriffe und Blutentnahmen dürfen nur durch einen Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken durchgeführt werden gem. § 81a Abs. 1 StPO,

– keine Verletzung des Schamgefühls gem. § 81d StPO,

– Zweckbindung gem. § 81a Abs. 3 StPO gilt entsprechend gem. § 81c Abs. 5 Satz 2 StPO,

– Anordnung der Zwangsanwendung durch den Richter gem. § 81a Abs. 6 StPO (zunächst Ordnungsgeld, unmittelbarer Zwang nur, wenn das Ordnungsgeld nicht zum Erfolg führte und Gefahr im Verzug vorliegt).