Der Zukunftscode

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Eine kurze Anmerkung zu anderen übersinnlichen Fähigkeiten

Vielleicht haben Sie schon von anderen übersinnlichen Fähigkeiten gehört oder sie sogar bei sich selbst bemerkt. Vielleicht haben Sie schon von Telepathie (zwei Bewusstseine, die Informationen austauschen), Hellsehen (die Fähigkeit, Dinge in der Gegenwart jenseits des Bereichs der gewöhnlichen menschlichen Wahrnehmung zu sehen) oder Psychokinese (die Fähigkeit, allein durch die Kraft des Geistes Objekte in der physischen Welt zu verändern oder zu bewegen) gehört. Wir möchten darauf hinweisen, dass präkognitiv begabte Menschen mitunter zwar auch über einige dieser Fähigkeiten verfügen, wir darauf in diesem Buch jedoch nicht groß eingehen werden. Hier wollen wir uns auf die Erforschung der zeitlichen Intuition, mentaler Zeitreisen, der Vorahnungen und der Präkognition konzentrieren – das heißt auf Phänomene, bei denen die betreffenden Personen Informationen erhalten, die in der Gegenwart nicht vorhanden sind und nicht aus der Vergangenheit gewonnen werden können.

Das Zukunftscode-Team

Jetzt, da Sie einen Überblick über die Thematik dieses Buches erhalten haben, möchten wir uns als Ihre persönlichen Reiseleiter auf dieser spannenden Zeitreise vorstellen. Das Buch Der Zukunftscode wurde aus einem ganz bestimmten Grund von zwei Autorinnen geschrieben: Wir repräsentieren zwei sehr unterschiedliche Perspektiven, und beide sind wichtig.

Theresa Cheung, die einen Masterabschluss in Theologie und Englisch von der University of Cambridge besitzt und mehrere Bestseller über Traumdeutung verfasst hat, nähert sich dem Thema aus der Sicht des Laien und wird die Fragen stellen, die sich die meisten Menschen stellen, wenn es um Dinge wie Vorahnungen geht.

Julia Mossbridge ist Kognitionswissenschaftlerin und Experimentalpsychologin. In der wissenschaftlichen Gemeinde ist sie bekannt für ihre Forschungen zu Präkognition und zeitbezogenen Themen. Dieses Buch wird Sie mit ihren bahnbrechenden Studien zur Präkognition vertraut machen, die bislang ein weitgehend verborgenes Dasein in wissenschaftlichen Zeitschriften gefristet haben.

Gemeinsam werden wir die sehr glaubwürdige Wissenschaft hinter Vorahnungen präsentieren und entschlüsseln. Und als Ihre Führerinnen durch die Welt Ihrer eigenen präkognitiven Fähigkeiten eröffnen wir Ihnen die einzigartige Chance zu lernen, wie Sie Ihre Zukunft steuern können. Dazu stellen wir Ihnen neue Forschungsergebnisse vor, leiten Sie durch verschiedene Übungen und lassen Sie an unserer auf Erfahrungen basierenden Weisheit teilhaben.

Beginnen wir mit Theresas Geschichte und befassen uns anschließend mit der von Julia, damit Sie einen ersten Eindruck davon erhalten, woher wir beide kommen und warum unsere Zusammenarbeit bei diesem Buchprojekt eine unvermeidliche Folge unserer Biografien war – fast so, als hätte jede von uns die Falte in der Zeit gesehen (nach dem Buch Die Zeitfalte von Madeleine L’Engle, A.d.Ü.), die uns zeigt, wohin uns unser Leben zu jeder Zeit führt.

Theresas Geschichte

Vor rund 20 Jahren rettete eine Vorahnung in einem Traum mein Leben und das meiner ungeborenen Kinder. Daran habe ich absolut keinen Zweifel. Ich glaube auch, dass dieser Traum der Katalysator für meine Karriere als spirituelle Schriftstellerin und Traumexpertin war.

Damals stand ich am Anfang meiner Karriere als Journalistin und Schriftstellerin mit dem Schwerpunkt paranormale Phänomene. Ich hatte etwa ein Jahr mit Recherchen zu dem Thema verbracht und mehrere Features darüber verfasst, als ich einen lebhaften Traum hatte – einen dieser Träume, die man nach dem Aufwachen nicht sofort wieder vergisst. Anders als gewöhnliche Träume war dieser Traum kein Durcheinander von unzusammenhängenden Symbolen und Bildern. Im Gegenteil, er war völlig klar, fast so, als würde man sich einen Film anschauen. Als ich aufwachte, fühlte sich das Erlebte so echt an, dass ich mich unwillkürlich fragte, ob ich wirklich geträumt hatte. (Jahre später würde ich für diese Art von Träumen den Begriff »Nachtvisionen« prägen, eben weil sie im Vergleich zur surrealen Natur symbolischer Träume so auffallend lebendig und realistisch sind.)

In meinem Traum wanderte ich durch ein Feld voller Blumen und war sehr zufrieden. Ich spürte sogar, wie die Sonne auf meine Haut schien, und genoss das Gefühl von Wärme und Licht. Ich kam zu einer Stelle auf dem Feld, an der es zwei Richtungen gab, in die ich weitergehen konnte. Der Weg linker Hand hielt viele schöne Dinge bereit, und ich sah dort auch meine geliebte Katze Krystal, die 15 Jahre zuvor gestorben war. Ich wollte diesen Weg gehen und sie streicheln, aber dann hörte ich, wie meine Mutter meinen Namen rief und mich – so, wie sie es immer tat, wenn ich ängstlich oder unsicher war – ermahnte, »den richtigen Weg zu nehmen«. Ich konnte meine Mutter nicht sehen, aber das störte mich nicht, ich spürte ihre Anwesenheit ja. Was mich dagegen störte, war der nach rechts führende Weg. Weder konnte ich sehen, wohin er führte, noch, was er für mich bereithielt – nur dass er voller Schatten war. Ich wollte diesen Weg nicht gehen, aber ich wusste, dass meine Mutter es wollte. Sie sagte mir, der rechte Weg sei seit jeher der Weg meiner Intuition und dem müsse ich folgen. An diesem Punkt schreckte ich aus dem Schlaf auf.

Nach dem Aufwachen blieb ich länger als sonst im Bett liegen und ließ den Traum vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Meine Mutter war einige Jahre zuvor gestorben, und ich vermisste ihre Weisheit und Wärme sehr. Der Traum gab mir wieder ein Gefühl der Verbindung zu ihr, und dafür war ich dankbar. Als meine Mutter noch am Leben war, hatte sie mir immer gesagt, ich solle meinem Herzen folgen, und ich hatte ihr schweigend versprochen, dass ich, obwohl ich damals noch nichts veröffentlicht hatte, meinen Traum nicht aufgeben würde, als Autorin spirituelle Bücher zu veröffentlichen, die helfen würden, Spiritualität stärker in den Mainstream zu rücken. Doch obwohl ich mich durch die Stimme meiner Mutter in meinem Traum getröstet fühlte, empfand ich zugleich eine große Angst, deren Grund mir unerklärlich war. Vielleicht waren es ja die Schatten auf dem rechten Weg, die im Traum von so durchdringender Dunkelheit waren, die mir Angst einjagten. Dessen ungeachtet wusste ich in meinem Traum, dass mir keine andere Wahl blieb, als auf meine Mutter zu hören und dem Weg nach rechts zu folgen.

Ruhelos und vom Drang erfüllt, mich zu bewegen, stand ich auf und ging laufen, um das Unbehagen abzuschütteln. Die Bewegung half mir, mich zu entspannen, und als ich ein paar Stunden später meinen allmorgendlichen Tätigkeiten nachging, fühlte ich mich energetisiert. Und ich war aufgeregt: Am Nachmittag sollte mein erstes Radiointerview stattfinden. Thema war eine Artikelreihe, die ich für die Lokalzeitung schreiben wollte und die sich mit ganz gewöhnlichen Menschen beschäftigten, deren Leben vom Außergewöhnlichen berührt worden waren. Eine dieser Geschichten handelte von einer Frau, die ich interviewt hatte und die behauptete, sie könne Engel sehen. Dieser Artikel stieß auf großes Interesse.

Normalerweise bin ich gut organisiert, aber aus irgendeinem Grund hatte ich die Zeit für das Interview falsch abgespeichert. Als ich irgendwann im Terminkalender nochmals die genaue Uhrzeit nachsah, war ich schon spät dran und hätte längst unterwegs sein sollen. Hektisch sprang ich ins Auto und fuhr los, um noch rechtzeitig im Studio zu sein. Wenn ich pünktlich ankommen wollte, musste ich das Gaspedal durchdrücken. Zunächst lief alles gut, die Straßen waren frei, und es sah ganz so aus, als würde ich es schaffen. Doch dann blieb ich hinter zwei riesigen Lastwagen hängen, die mit gefühlten 30 Kilometern pro Stunde vor mir herschlichen. Wahrscheinlich fuhren sie in Wahrheit viel schneller, aber wenn man es eilig hat, kommt einem alles, was vor einem fährt, zu langsam vor. Mehrmals setzte ich zum Überholen an, bekam aber keinen freien Blick auf den Gegenverkehr und musste mich damit abfinden, hinter den beiden Lastwagen herzuzuckeln.

Schließlich kamen wir an eine Kreuzung, und ich überlegte. Ich könnte links abbiegen, den langsam fahrenden Lastwagen auf einer kürzeren Route weiter folgen und kurz vor knapp das Studio erreichen, oder ich könnte nach rechts abbiegen, die Lastwagen hinter mir lassen, dafür aber einen Umweg in Kauf nehmen. Ich wollte gerade nach links abbiegen und bis zum Ziel weiter hinter den Lastwagen bleiben, als wie aus dem Nichts der Traum von letzter Nacht vor meinem inneren Auge aufblitzte. Wieder hörte ich die Stimme meiner Mutter, die meinen Namen rief und mich sachte drängte, den rechten Weg zu nehmen. Es fühlte sich an wie ein Déjà-vu. Ich war schon mal hier gewesen. Ohne zu zögern und ohne wirklich zu verstehen, warum, bog ich nach rechts ab.

Wie vermutet, brauchte ich länger als gedacht und kam etwa fünf Minuten zu spät beim Sender an. Damals gab es noch keine Handys, also konnte ich nicht von unterwegs anrufen und sagen, dass ich auf dem Weg war und gleich da sein würde. Im Studio hatten sie angenommen, dass ich nicht mehr käme und das Interview abgesagt. Ich flehte sie an, mich noch in den Aufnahmeraum zu lassen und das Interview eben etwas später zu beginnen, aber vergebens. Schlimmer noch, das Netzwerk hatte keinen weiteren freien Slot, um das Interview nachzuholen. Ich war natürlich enttäuscht, und obendrein sollte ich, obwohl ich das damals nicht wusste, nochmals zehn Jahre warten müssen, bis ich wieder von einem Radiosender eingeladen wurde, über meine paranormalen Forschungen zu sprechen.

Auf dem Rückweg war ich frustriert und wütend über eine verpasste Gelegenheit und die verschwendete Zeit. Wäre ich doch nur ein paar Minuten früher losgefahren und hätte diese Lastwagen vermieden! Hätte ich doch nur eher an den Interviewtermin gedacht, statt dann hetzen zu müssen und dennoch zu spät zu kommen! Als sich der Verkehr immer mehr verlangsamte und schließlich ganz zum Erliegen kam, wurde ich noch gereizter. Doch meine Wut schlug in Entsetzen um, als vor mir die Szenerie eines offensichtlich schrecklichen Unfalls in Sicht kam. Unweit der Kreuzung, an der ich mich dazu entschieden hatte, rechts und nicht, wie zuerst beabsichtigt, links abzubiegen, war einer der Lkws, denen ich so lange hinterhergeschlichen war, von der Straße abgekommen. Drei oder mehr Autos – in dem Chaos war das schwer zu sagen – waren in den Truck und ineinandergerast. Das Auto direkt hinter dem Lkw – das wäre mein Auto gewesen – war ein Wrack, und die beiden Fahrzeuge dahinter sahen auch nicht viel besser aus.

 

Später am Abend schaltete ich den Fernseher ein, um die lokalen Nachrichten zu verfolgen. Bilder des Unfalls flimmerten über den Bildschirm. Ein streunender Hund war zwischen dem ersten und zweiten Lastwagen auf die Straße gerannt. Der zweite Lkw-Fahrer hatte scharf abgebremst, und die nachfolgenden Autos waren in ihn hineingerast. Dem Lastwagenfahrer und dem Hund war nichts passiert, doch das frisch verheiratete Pärchen im Auto unmittelbar dahinter und der Fahrer eines der anderen Autos hatten weniger Glück gehabt. Alle drei waren beim Aufprall ums Leben gekommen.

Mit ihrer Ermahnung, ich solle den rechten Weg nehmen, hatte die Stimme meiner Mutter, wie sie mir im Traum begegnet war, an diesem Tag mein Leben gerettet. Ich hatte nicht erwartet, jemals einen Beweis dafür zu finden, dass wir mehr sind als nur unser physischer Körper, aber nun hatte mir unverhofft eine Vorahnung in einem Traum ebendiesen Beweis geliefert.

Man könnte meinen, ich wäre begeistert gewesen. Schließlich war ich in eine Familie von Sehern und Spiritualisten hineingeboren worden und umgeben von Menschen, die das besaßen, was wir »den Blick« nannten. Ich hatte schon mein ganzes Leben mit meiner offenkundigen Unfähigkeit gehadert, das Unsichtbare zu sehen – und jetzt hatte ich endlich selbst eine konkrete und direkte Erfahrung damit gemacht. Doch statt Begeisterung fühlte ich mich elend und unwürdig. Warum war mein Leben und nicht das dieser drei Menschen verschont worden? Das Ganze kam mir weniger wundersam als vielmehr willkürlich und sinnlos vor.

In dieser Nacht hatte ich einen weiteren starken Traum, einen, in dem ich mich mit den drei Opfern des Unfalls im Geiste verbunden fühlte und sie mir versicherten, dass es ihnen gut gehe und alles in Ordnung sei. Ich bin mir voll und ganz bewusst, dass meine Nachtvision wissenschaftlich nicht bewiesen werden kann und womöglich bloßes Wunschdenken war, aber sie hat mir großen Trost gespendet. Am nächsten Morgen wachte ich erfüllt mit dem brennenden Ehrgeiz auf, die bei dem Unfall gestorbenen Geister stolz zu machen und mich der mir gegebenen Chance würdig zu erweisen, die Menschen darüber zu informieren, dass es zwischen Himmel und Erden definitiv mehr gibt, als das Auge sieht.

Bereits vor dem Traum, der mein Leben rettete, hatten mich Träume und ihre Bedeutung fasziniert. Aber von diesem Tag an rückten Träume für mich immer mehr in den Mittelpunkt. Ich fing ernsthaft an, ein Traumtagebuch zu führen, und stieß so nach und nach auf Themen und Muster, die in meinen Träumen wiederkehrten – darunter auch Träume, die sich später im wirklichen Leben zu wiederholen schienen. Ich recherchierte die verschiedenen Interpretationen von Traumsymbolen und verzeichnete sie in einer Datenbank.

Ich fand die Traumdeutung überaus faszinierend, und wie so oft im Leben, wenn man seine Energie auf etwas richtet, spiegelt das Leben einem diese Energie zurück. Man könnte es das Gesetz der Anziehung nennen oder einfach nur, dass man stets das zurückbekommt, was man gibt. Im Jahr 2005, nachdem ich meinen ersten Sunday-Times-Bestseller über spirituelle Titel verfasst hatte, bot mir mein damaliger Verlag HarperCollins die erstaunliche Gelegenheit, The Element Encyclopedia of 20,000 Dreams zu schreiben. Bei der Enzyklopädie handelte es sich um eine gigantische Ressource für Trauminterpretationen, an der ich über ein Jahr saß und die zu einem internationalen Bestseller wurde. Die kürzere Taschenbuchversion, The Dream Dictionary, gilt nach wie vor als Klassiker der Trauminterpretation und ist in Buchhandlungen auf der ganzen Welt erhältlich.

Vor drei Jahren habe ich mich zum ersten Mal mit Julia Mossbridge in Verbindung gesetzt, nachdem ich von ihrer bahnbrechenden Forschung zur Intuition bei IONS gehört hatte und ich ihre Gedanken in ein Buch einbeziehen wollte, das ich damals schrieb. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis meine Faszination für Träume und Vorahnungen und ihre brillante Erforschung von Präkognition, Intuition und mentaler Zeitreise sich unweigerlich zu dem Buch verbinden würden, das Sie gerade lesen.

Für mich ist dieses Buch nicht nur ein Buch, sondern eine Berufung. Und wie Julia gleich erklären wird, klingt dieses Gefühl, dazu berufen zu sein, das Buch Der Zukunftcode zu schreiben, auch bei ihr wider. Wir beide möchten, dass dieses Buch das Leben von Menschen verändert und sie stärkt und dass jeder einen Weg findet, wie er seine Zukunft erspüren und sich intensiv für die Zukunft einsetzen kann, die er für sich und diesen schönen Planeten erschaffen will.

Julias Geschichte

Der Ton, der zwischen mir und meinem Sohn herrschte, machte mir zu schaffen. Trotzdem schrie ich ihn schon wieder an: »Nein, du musst rausgehen und nachschauen, ob du das Garagentor wirklich abgeschlossen hast, nachdem du dein Fahrrad abgestellt hast!« Warum schrie ich meinen 13-jährigen Sohn wegen etwas so Unwichtigem an? Hatte er nicht schon genug durchgemacht? Zuerst hatte ich mich von seinem Vater scheiden lassen, dann, ein paar Jahre später, war ich mit ihm bei meinem neuen Freund eingezogen. Und jetzt litt derselbe Freund – in dem mein Sohn zu diesem Zeitpunkt fast schon so etwas wie einen Stiefvater sah – an einer unheilbaren Lungenerkrankung und lag im Sterben. Dennoch verlangte ich von meinem freundlichen und gewissenhaften Jungen, dass er nochmals nachsah, ob er das Garagentor abgeschlossen hatte, nachdem er sein Fahrrad nach der Heimfahrt von der Schule dort abgestellt hatte, und zwar jetzt!

Ich bin meinem Freund dankbar, dass er zwischen den flachen Atemzügen, die er aus seinem Sauerstoffinhalator nahm, eingriff und mir mit sanften Worten Folgendes erklärte: Wenn mir so viel daran läge zu wissen, ob das Garagentor abgeschlossen sei, könne ich ja auch selbst nachschauen. Daraufhin sahen mich beide an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, und so marschierte ich eben selbst zur Garage hinaus. Zufrieden, dass das Garagentor verschlossen war, aber immer noch verärgert, ging ins Haus zurück. Auf dem Rückweg sah ich es: Der Stromzähler brannte. Da waren kein Geruch und kein Geräusch, nur ein sich langsam ausbreitendes Feuer. Auf der anderen Seite der Wand, gegenüber dem Zähler und dem Feuer, stand der Sauerstofftank, an den der Inhalator meines Freundes angeschlossen war.

Ohne zu zögern, rannte ich ins Haus, schaltete den Hauptstrom ab, rief die Feuerwehr an und erzählte, was los war. Offenbar hatte ich das Garagentor nicht wegen der Gefahr, dass jemand in die Garage einbrach, so unbedingt überprüfen wollen, sondern weil ich das Feuer sehen und es aufhalten musste. Es war, als hätte mich die Zukunft an die Hand genommen, sanft nach vorn gezogen und mir gezeigt, was zu tun war. Schon wieder.

Ich sage »schon wieder«, weil dies nur eines von vielen Malen war, dass die Zukunft auf die ein oder andere Weise meinem gegenwärtigen Bewusstsein eine Information übermittelte. Manchmal fühle ich mich gezwungen, etwas zu tun, kann später aber nur herumraten, warum das getan werden musste. Und dann frage ich mich, ob ich nicht Verbindungen erkenne, wo es in Wahrheit gar keine gibt. Manchmal sehe ich ein Ereignis – in einem Traum oder in einer Art blitzartigem »Erkennen« – und fühle den starken Drang, etwas zu tun, um (wenn es sich um ein negatives Ereignis handelt) das Ergebnis zu ändern oder (wenn das Ereignis positiv ist) um sicherzustellen, dass es auch wirklich eintritt. Wenn ich dann in der Lage bin, etwas zu unternehmen, um das vorausgeahnte Ereignis zu verhindern oder, im Gegenteil, dafür zu sorgen, dass es eintritt, scheint dies manchmal einen Unterschied zu bewirken. Gelegentlich aber scheint es auch keine Rolle zu spielen. Außerdem, und das kommt am häufigsten vor, habe ich mein ganzes Leben hindurch immer wieder alltägliche Informationen gekannt, bevor ich das hätte tun dürfen. Eines meiner Lieblingsspiele in der Schule etwa bestand darin, zu erraten, anhand welcher Zahlen mein Mathelehrer ein neues Konzept demonstrieren würde, oder darin, die in einem Vokabeltest abgefragten Wörter vorab zu erraten. Ich lag zwar nicht immer richtig, aber doch so oft, dass ich das Spiel weiterspielte.

Möglicherweise war ich gerade wegen dieser Fähigkeiten eine so ausgezeichnete Studentin, bekam lauter Einsen und schloss das College mit höchsten Auszeichnungen im Hauptfach Neurowissenschaften und im Nebenfach Informatik ab. Obwohl ich am College wenig Alkohol trank, fand ich irgendwann heraus, dass ich, wenn ich nach einer ausschweifenden Nacht einen Kater hatte, Tests noch besser als sonst voraussagen konnte. Manchmal war ich, glaube ich, sogar besser, je weniger ich mich auf den Test konzentrierte und je heftiger mein Kater oder je benebelter ich war. Irgendwie so, als könnte dann mein Unterbewusstsein die Kontrolle übernehmen und die richtigen Informationen abrufen, ohne dabei ständig von meinem übermäßig analytischen bewussten Verstand unterbrochen zu werden.

Später, als ich an der Universität Neurowissenschaften studierte, konzentrierte ich mich darauf, die menschliche Erfahrung durch den Blick darauf zu verstehen, wie das Gehirn Schmerzen und Stress verarbeitet. Was geht in den Köpfen der Menschen vor, wenn sie leiden? Das war die Frage, die ich beantworten wollte. Als ich dann meinen Doktor in Psychoakustik machte, ein Feld, das sich mit der Psychologie des Klangs befasst, schlug mich die Frage nach dem Timing in den Bann. Wie finden wir die Reihenfolge der Töne heraus, obwohl es bei einigen Tönen länger dauert, bis wir sie verarbeitet haben? Wie schaffen es Schlagzeuger, Zeitunterschiede von bis zu 1/1000 Sekunden zu entschlüsseln, während die meisten Menschen diese Art von subtilen Zeitunterschieden noch nicht einmal hören können?

Zu diesem Zeitpunkt benutzte ich meine Vorahnungen lediglich wie ein Alltagswerkzeug, dachte aber nicht wissenschaftlich darüber nach. Zumindest nicht bewusst. Sicher, ab und zu träumte ich von den Folien, die einer meiner Professoren am nächsten Tag im Unterricht verwenden würde. Oder ich erkannte, dass die Daten, die ich in meinen Experimenten aufnahm, der Kurve einer Gleichung folgten, von der ich ein Jahr zuvor geträumt hatte. Aber ich dachte, das wäre nur meine eigenartige Art, Dinge zu tun – eben meine gewohnt gute Intuition, also etwas, das nichts mit meinen Forschungsinteressen oder meinem Lebenswerk zu tun hatte.

Was war noch mal mein Lebenswerk? Ich hatte mir diese Frage sehr oft gestellt. Und immer mal wieder, wenn ich innerlich ganz ruhig war, konnte ich eine rätselhafte Antwort vernehmen: über die Zeit lehren und lernen.

Im Laufe der Jahre bemerkte ich, dass ich mich nach meiner Promotion hauptsächlich mit der Frage befasste, wie das Timing der Ereignisse beim Hören und später beim Sehen funktionierte. Ich hielt am College sogar Seminare über diese Themen ab. Mehr noch, ich hatte mich um ein Forschungsstipendium beworben und es auch erhalten, um der Frage nachzugehen, ob der Körper zukünftige Ereignisse auf irgendeine nichtsensorische oder außersensorische Art und Weise vorhersagt.

Dennoch, die Antwort, »über die Zeit zu lehren und zu lernen«, störte mich, denn ich habe seit jeher den Drang verspürt, Menschen zu helfen, sich besser zu fühlen, und ich konnte mir nicht vorstellen, wie das Lehren und Lernen über die Zeit Menschen dahingehend helfen konnte. Am Ende ließ ich diese Spannung einfach über einige Jahre hinweg bestehen, auch wenn die Sache von Zeit zu Zeit an mir nagte.

Als ich ein paar Jahre später meine Forschungen darüber abschloss, wie zukünftige Ereignisse von unserem Körper vorhergesagt werden können, drängte alles in mir, damit weiterzumachen. Meine anderen Experimente bezogen sich auf das Timing, jedoch nicht auf die Präkognition an sich, und so drohte diese Forschungsarbeit aus meinem Fokus zu geraten. Ich dachte: Hier ist der Beweis – statistisch validiert und wissenschaftlich kontrolliert –, dass die Art und Weise, wie die meisten Menschen über die Zeit denken, falsch ist.

 

Und wer weiß, vielleicht war es ja auch ein Beweis dafür, dass die Art und Weise, wie wir über das denken, was in der physischen Welt vor sich geht, ebenfalls falsch ist. Ich war fasziniert – mein Leben mit präkognitiven Erfahrungen könnte nicht nur eine lange Reihe von Zufällen und Wunschdenken sein. Es könnte eine Bedeutung geben, irgendeine Art und Weise, wie die Zukunft uns – nicht hypothetisch, sondern ganz real – vorwärtszieht.

Es kostete mich weitere zehn Jahre der Recherche, der Forschung, des Denkens und des Träumens, bis ich erkannte, wie der Kampf mit den Mysterien der Zeit Menschen dazu bringt, ihr Leben zum Besseren zu verändern und mehr Liebe und Mitgefühl für sich selbst und untereinander zu erfahren. Inzwischen aber glaube ich, es zu verstehen. Wenn mich heute jemand fragt, worin ich meine Berufung sehe, dann antworte ich: »Über die Zeit und die Liebe lehren und lernen.« Warum Liebe, werden Sie sich jetzt fragen. Weil die meisten Menschen die Verbindung zwischen Liebe und Zeit nicht herstellen – das habe ich ein geschlagenes Jahrzehnt lang auch nicht getan. Also habe ich beschlossen, den Aspekt »Liebe« explizit und für alle offensichtlich zu machen.

Die Verbindung ist folgende: Wenn Sie erkennen, wie verbunden Sie mit Ihrer Zukunft und Ihrem vergangenen Selbst sind, kann die Antwort nur lauten: Liebe. Liebe zu Ihnen selbst – für all die Dinge, die Sie getan haben, obwohl Sie nicht verstanden haben, warum. Obwohl Sie erst später den Zweck dieser Schritte und all dieser Ereignisse entdeckten, die in der Zukunft geschehen werden, wenn Sie sich auf das zubewegen, was Sie unvermeidlich zu sich ruft. Und dazu gehört auch die Liebe zu anderen Menschen, da Sie deren Worte und Taten in Bezug auf ihre jeweiligen Lebenswege sehen, zu denen sie aus ihrer eigenen Zukunft gerufen werden – Worte und Taten, die nichts mit Ihnen oder Ihrem Wert als Mensch zu tun haben.

Sobald ich diese Verbindung erkannt hatte, wollte ich der Welt erzählen, wie wir unser vergangenes und zukünftiges Selbst integrieren und wie wir unsere Zukunft gemeinsam gestalten können. Aber als Forschungswissenschaftlerin wusste ich, dass mein üblicher Weg, meine Erkenntnisse in Form von akademischen Büchern und Artikeln zu publizieren, hier nicht funktionieren würde. Kein Wunder also, dass ich laut auflachte, als Theresa mich eines Tages anrief und mir eröffnete, dass sie, ohne mich zu fragen, das Manuskript für The Premonition Code bereits an ihre Verleger geschickt hatte und die davon angetan gewesen waren. Ich kann keine der Erfahrungen, die ich gemacht habe, als »echte« Vorahnungen beweisen, und auch niemand sonst kann das. Aber ich habe es mir inzwischen angewöhnt, meinem zukünftigen Selbst dafür zu danken, dass es mich auf meinem Weg immer weiter voranzieht.